115. Spukgestalten in Köpenick.

Mündlich.


Im Schlosse zu Köpenick wohnte einst eine Prinzessin, welche eine unglückliche Liebe hatte; die soll sich, als sie das Leben nicht länger ertragen mochte, von der Schloßbrücke in den Graben hinabgestürzt haben und so [119] ums Leben gekommen sein. Nun aber läßt's ihr keine Ruhe im Grabe und sie geht im Schlosse um; namentlich aber sieht man ihren weißen Schleier oft des Nachts von der Plattform desselben herabwehen.

Abends und Nachts sieht man oft in Köpenick einen großen grauen Hund mit feurigen Augen herumgehen, der heißt Morro und hat sein Lager im Sande bei der Pyramidenbrücke; besonders sieht man ihn vor den Häusern gewisser Leute sitzen und sie gleichsam bewachen. Namentlich saß er oft stundenlang an der Thür eines langen dürren Friseurs, der in seiner ganzen Erscheinung so recht etwas Grauenhaftes hatte.

Auch sieht man um die Nachtzeit oft einen Reiter ohne Kopf auf einem Schimmel durch die Straßen von Köpenick reiten, dem Hunde nachfolgen, die gleichfalls keinen Kopf haben. Ganz dieselbe Erscheinung zeigt sich auch in Straußberg und andern Orten.


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TextGrid Repository (2012). Kuhn, Adalbert. 115. Spukgestalten in Köpenick. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-C0CA-0