282. Die Zwerge im M ûmkenloch.

Mündlich.


An dem Paschenberge, welcher über der alten Schaumburg liegt, befindet sich ein großes Steinloch, zu dem eine enge Schluft durch den Stein führt; die nennt man das M ûmkenloch. Nun hat vor Zeiten auf der Schaumburg ein Graf gelebt, der hat es mit einer Zwergin, der Art es viele hier in der Gegend gegeben, gehalten und hat sie immer heimlich in dem M ûmkenloch besucht. Seiner Frau ist es aber bald aufgefallen, daß er so oft [246] ausblieb, und sie hat den Diener, der ihn immer bis zur Höhle begleiten mußte, vermocht, daß er Erbsen auf den Weg streue, damit sie ihn finden könne. Da hat sie endlich einmal beide bei einander überrascht, und der Graf hat ihr versprochen, die Zwergin nicht wieder zu besuchen. Seit der Zeit haben aber die Zwerge dem Grafen allerhand Schaden zugefügt, namentlich auch einmal das Schloß arg bestohlen. Endlich aber sind sie fortgezogen, und zwar hat man eine Stimme gehört, die hat gerufen: »Auf, auf, Prinz, Prinzerlenz, Prinz ist todt!« und bald danach ist in der Nacht einer zum Fährmann in Großwieden gekommen und hat ihm geheißen, die Fähre bereit zu halten, denn er solle Leute übersetzen. Das hat er denn auch gethan und hat viermal überfahren müßen, hat aber niemand gesehen, und dennoch ist die Fähre so tief gegangen, als wenn sie ganz voll wäre. Als er endlich zum vierten mal übergefahren ist, hat der, welcher ihn gedungen hat, gesagt, er solle einmal auf die Wiese sehen; als er das gethan, hat er auf der Wiese Kopf an Kopf erblickt, die hatte er alle übergefahren. Darauf hat sich der Kleine bei ihm verabschiedet und ihm noch zugerufen, seine Bezahlung liege in der Fähre; der Fährmann hat auch sogleich zugesehen, aber nichts als Pferdemist gefunden, den er ärgerlich mit dem Fuße ins Waßer gestoßen hat. Etwas ist ihm aber in seinem Schuh sitzen geblieben, das sind am andern Tage lauter Pistolen gewesen.

In Kleinbremen bei Bückeburg erzählte man auch früher noch viel von den Unterirdischen oder Zwergen, und zwar sollen sie sich besonders im Dienhagen oder Kienhagen (?) aufgehalten haben, jedoch zuletzt fortgezogen sein, weil einer derselben von einer Rüde zerrißen worden.


Zu der Sage vom Grafen und der Zwergin vgl. Nr. 165[247] mit der Anm.; in Freiligrath u. Schücking's Romantischem Westfalen ist die Sage ebenfalls mitgetheilt und enthält auch den Zug mit dem Haar; die Gräfin ruft dort: »Gott bewahre deine schönen Haare.« – Zu dem Ausruf: »Prinz, Prinzerlenz, Prinz ist todt« vgl. Norddeutsche Sagen, Nr. 119, 1. mit der Anm.; zum Abzug der Zwerge ebendas., Nr. 270, 1. mit der Anm.; Panzer, Beiträge, I, 139, 189, 198. Im ganzen übereinstimmend findet sich die Sage auch bei Lyncker (Heß. Sagen, Nr. 88), nur daß bald nach dem Fortgang des Grafen ein Zwerg auf der Spitze des Bergs erscheint und nach der Schaumburg hinunterruft: »Die Mäume ist todt! die Mäume ist todt!«


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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Kuhn, Adalbert. 282. Die Zwerge im Mömkenloch. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-C0E4-1