66. Der suckowsche Kammerherr.

Mündlich von einem Müller aus Gramzow.


Unter andern Kunststücken, die der suckowsche Kammerherr von Pumpfuß gelernt hatte, war auch das, daß er mit Wagen und Pferden über's Wasser fahren konnte wie auf ebner Landstraße. Als er das auch einmal that, bemerkte er, daß ein Bauer aus Flieth immer hinter ihm herfuhr; auf dem Wasser mochte er nun aber nicht mit ihm anbinden und that daher, als sähe er nichts, am andern Tage ließ er aber den Bauer kommen und fragte ihn, wie er sich unterstehen könne, ihm auf diesem Wege [62] nachzufahren? Der antwortete: »ich fahre da schon seit länger als zehn Jahren, und sehe nicht ein, warum ich nicht auch einmal zu derselben Zeit, wie ihr, da fahren soll.« Da entgegnete der Kammerherr, das werde sich bald zeigen, ob er diese Kunst wirklich verstehe, und befahl ihm, am nächsten Tage wieder aufs Schloß zu kommen. Als nun der Bauer erschien, setzten sie sich zu Tische, und es wurden Fische aufgetragen; von diesen schälte der Kammerherr einem das Fleisch fein säuberlich ab, so daß Kopf und Gräten ganz unversehrt blieben, und ließ darauf eine Schüßel mit Wasser bringen, warf Kopf und Gräten hinein und da waren die Fische wie der lebendig und schwammen lustig im Wasser umher. Nun forderte er den Bauer auf, das solle er ihm nachthun; der zauderte auch nicht lange, nahm einen Fisch, biß ihn kurz und klein, daß auch nicht die kleinste Gräte unversehrt blieb, und warf dann Alles ins Wasser, und siehe da! sein Fisch ward noch lebendiger als die andern. Da merkte denn der Kammerherr wohl, daß der mehr könnte, als Brot eßen und ließ ihn ruhig seiner Wege ziehn.

Das und noch vieles Andre erzählt man sich vom suckowschen Kammerherrn, und man sagt auch, auf dem Schloße liege noch bis auf den heutigen Tag eine alte Bibel, die sei mit gewaltigen Ketten verschlossen: und das ist auch nöthig, denn darin befinden sich alle sieben Bücher Mosis und darunter auch die zwei, die in den gewöhnlichen Bibeln fehlen und in denen das rechte Zauberzeug drin steht. Die Schrift des Buchs ist aber schon ganz vergelbt und kaum noch lesbar.

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TextGrid Repository (2012). Kuhn, Adalbert. Märchen und Sagen. Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche. A. Sagen. 66. Der suckowsche Kammerherr. 66. Der suckowsche Kammerherr. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-D1D7-7