102. Mårte.

Mündlich aus Kemnitz.


Die Mårte oder der Mårder drückt den Menschen im Schlaf und ist eigentlich ein Mensch, der von den Pathen verwünscht ist, d.h., die Pathen haben bei der Taufe irgend ein Versehen gemacht.

Mal hat einer eine Mårte gefangen und Licht angesteckt, da hat er ein ganz naktes Frauenzimmer gefunden, die hat ihn himmelhoch gebeten, er möge sie doch wieder frei lassen, denn sie müßte noch 80 Meilen zurücklegen, bis sie wieder nach Haus käme.

Ein Knecht hat auch immer am Mårtedrücken gelitten, da hat er eines Tages alle Löcher in der Stube verstopft, und die andern gebeten, mit ihm zu wachen, und das haben sie auch gethan. Als er nun so liegt, hört er es plötzlich an seinem Bette, als klettre eine Katze herauf; da packt er zu und hat die Mårte gefangen. Da hat er die andern gerufen, die haben schnell ein Astloch, das man noch offen gelaßen, verstopft, haben Licht angesteckt und da hat man denn ein junges nacktes Frauenzimmer gefunden. Die hat der Knecht geheirathet und hat mit ihr zwei Kinder gezeugt. Mal aber, als so das Gespräch darauf gekommen ist, hat er ihr das Astloch gezeigt, zu dem sie hereingekommen ist, und hat den Pflock herausgezogen; aber kaum hat er das gethan, so ist sie verschwunden gewesen. Doch ist sie nicht ganz von ihm geblieben, denn jeden Sonntag ist sie wiedergekommen, hat die Kinder gewaschen und gekämmt und ihnen reine [91] Wäsche angelegt, aber alles, ohne daß sie einer gesehen hätte; und das hat so lange gedauert, bis der Knecht einmal dem Prediger alles erzählt, der darauf gekommen ist und sie examinirt hat; da hat sie ihm alles gesagt, daß sie weit, weit aus England her sei, und auch nie wieder zu ihrem Manne kommen könne, da er ihr das Astloch gezeigt. Und seit der Zeit hat sie sich nicht wieder vernehmen laßen.

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TextGrid Repository (2012). Kuhn, Adalbert. Märchen und Sagen. Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche. A. Sagen. 102. Mårte. 102. Mårte. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-D66B-A