[334] An den Ischler Himmel im Sommer 1838

Himmel! seit vierzehn Tagen unablässig
Bist du so gehässig und regennässig,
Bald ein Schütten in Strömen, bald Geträufel;
Himmel, o Himmel, es hole dich der Teufel!
Gurgelst wieder herab die schmutzigen Lieder,
Hängen vom Leibe dir die Fetzen nieder,
Taumelst gleich einem versoffnen zitternden Lumpen,
Hin von Berge zu Berge mit vollem Humpen!
Warfst den Bergen die Kinder aus ihren Betten,
Alle Bäche heraus, und plump zertreten
Hast du die reifende Saat den armen Bauern;
Unband! wie lange noch soll dein Unfug dauern?
Wenn doch endlich tüchtige Winde brausten
Und dich rasch von dannen peitschten und zausten!
Aber du wirst von Stunde zu Stunde noch frecher,
Lümmelst schon dich herein bis auf unsre Dächer.
Hast an harten Felsen den Kopf zerschlagen,
Und noch bist du nicht hin! seit vierzehn Tagen!
Blinder Unhold! es ist das Auge der Sonnen
Und das Auge des Monds dir ausgeronnen.
Ungastfreundlicher Strolch! die schönsten Frauen
Kamen, zu baden und das Gebirg zu schauen;
Baden können sie gnug, doch den Hals nie strecken
Aus dem Tale, dem riesigen Badebecken.
Hätte Ischl nur dich und seine Solen,
Hätt ich mit einem Fluche mich längst empfohlen;
Doch nebst dir und deinem Wolkengewimmel
Hat es zum Glück noch einen andern Himmel!

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Lenau, Nikolaus. Gedichte. Gedichte. Viertes Buch. Vermischte Gedichte. An den Ischler Himmel im Sommer 1838. An den Ischler Himmel im Sommer 1838. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-DEB7-9