Niagara

Klar und wie die Jugend heiter,
Und wie murmelnd süßen Traum,
Zieht der Niagara weiter
An des Urwalds grünem Saum;
Zieht dahin im sanften Flusse,
Daß er noch des Waldes Pracht
Widerstrahlt mit froher Muße
Und die Sterne stiller Nacht.
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Also sanft die Wellen gleiten,
Daß der Wandrer ungestört
Und erstaunt die meilenweiten
Katarakte rauschen hört.
Wo des Niagara Bahnen
Näher ziehn dem Katarakt,
Hat den Strom ein wildes Ahnen
Plötzlich seines Falls gepackt.
Erd und Himmels unbekümmert
Eilt er jetzt im tollen Zug,
Hat ihr schönes Bild zertrümmert,
Das er erst so freundlich trug.
Die Stromschnellen stürzen, schießen,
Donnern fort im wilden Drang,
Wie von Sehnsucht hingerissen
Nach dem großen Untergang.
Den der Wandrer fern vernommen,
Niagaras tiefen Fall
Hört er nicht, herangekommen,
Weil zu laut der Wogenschall.
Und so mag vergebens lauschen,
Wer dem Sturze näher geht;
Doch die Zukunft hörte rauschen
In der Ferne der Prophet.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Lenau, Nikolaus. Gedichte. Gedichte. Viertes Buch. Reiseblätter. Niagara. Niagara. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-E0C3-B