Herbstentschluß

Trübe Wolken, Herbstesluft,
Einsam wandl ich meine Straßen,
Welkes Laub, kein Vogel ruft –
Ach, wie stille! wie verlassen!
Todeskühl der Winter naht;
Wo sind, Wälder, eure Wonnen?
Fluren, eurer vollen Saat
Goldne Wellen sind verronnen!
Es ist worden kühl und spät,
Nebel auf der Wiese weidet,
Durch die öden Haine weht
Heimweh; – alles flieht und scheidet.
Herz, vernimmst du diesen Klang
von den felsentstürzten Bächen?
[53]
Zeit gewesen wär es lang,
Daß wir ernsthaft uns besprächen!
Herz, du hast dir selber oft
Wehgetan und hast es andern,
Weil du hast geliebt, gehofft;
Nun ists aus, wir müssen wandern!
Auf die Reise will ich fest
Ein dich schließen und verwahren,
Draußen mag ein linder West
Oder Sturm vorüberfahren;
Daß wir unsern letzten Gang
Schweigsam wandeln und alleine,
Daß auf unsern Grabeshang
Niemand als der Regen weine!

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Lenau, Nikolaus. Gedichte. Gedichte. Erstes Buch. Herbst. Herbstentschluß. Herbstentschluß. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-E13A-A