80.
Fragment aus einer Farce, die Höllenrichter genannt, einer Nachahmung der βατραχοι des Aristophanes

Bacchus geht nach der Hölle hinunter, eine Seele wiederzuhohlen.

Doktor Faust (einsam umher spazirend.)

In ewiger Unbehäglichkeit,
In undenkbarer Einsamkeit,
Ach, von nichts mehr angezogen,
Verschnauf' ich hier des Erebus Wogen.
Bittre Fluten, liebtet ihr mich,
Wär' ich in eurem Schooß' ersunken,
Hätte da Vernichtung getrunken;
Aber, ach! ihr haßtet mich!
Fühltet ihr, wie's mich gelabt,
Als ihr brennend mich umgabt,
Wie es kühlte meine Pein,
Mich von etwas umfangen zu wissen!
Von der Schöpfung losgerissen
Noch von etwas geliebt zu seyn!
Aber, ach! betrogen, betrogen!
[199]
Auch ihr haßt mich, grausame Wogen!
Ist kein Wesen in der Natur,
Das, nicht lieben, nicht erbarmen,
Das mich gränzenlosen Armen
Bey sich dulden wollte nur?

Bacchus
(tritt von hinten herzu und berührt ihn mit Merkurs Stabe.)

Mein Freund!

Doktor Faust
(wendet sich um.)

Ihr Götter!
(Bacchus zu Füßen.)

Welche Stimme!
Kommst du vielleicht mit zehnfachem Grimme,
Grosses Wesen, meiner Pein
Neue endlose Stacheln zu leihn?
Willst du eines Verzweifelten spotten?
Oder kömmst du, wie dein Gesicht,
Liebenswürdigster! mir verspricht,
Mich auf ewig auszurotten? –
Nimm meinen Dank und zögre nicht!
Bacchus.

Keins vou beyden. – Dein Herz war groß –
Faust – – – du bist deines Schicksals los,
Und, wenn dir die Gesellschaft gefällt,
Komm mit mir zur Oberwelt!

(Faust sinkt in einer Betäubung hin, die, weil sie der Vernichtung so ähnlich war, eine unaussprechliche Ruhe über sein ganzes Wesen ausbreitet.)

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Lenz, Jakob Michael Reinhold. Gedichte. Gedichte. 80. Fragment. 80. Fragment. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-E36F-8