XXVIII. Die Furien

Suidas in Αειπαρϑενος


Meine Furien, sagte Pluto zu dem Boten der Götter, werden alt und stumpf. Ich brauche frische. Geh also, Merkur, und suche mir auf der Oberwelt drei tüchtige Weibspersonen dazu aus. Merkur ging. –

Kurz hierauf sagte Juno zu ihrer Dienerin: Glaubtest du wohl, Iris, unter den Sterblichen zwei oder drei vollkommen strenge, züchtige Mädchen zu finden? Aber vollkommen strenge! Verstehst du mich? Um Cytheren Hohn zu sprechen, die sich das ganze weibliche Geschlecht unterworfen zu haben, rühmet. Geh immer, und sieh, wo du sie auftreibest. Iris ging. –

In welchem Winkel der Erde suchte nicht die gute Iris! Und dennoch umsonst! Sie kam ganz allein wieder, und Juno rief ihr entgegen: Ist es möglich? O Keuschheit! O Tugend!

Göttin, sagte Iris; ich hätte dir wohl drei Mädchen bringen können, die alle drei vollkommen streng und züchtig gewesen; die alle drei nie einer Mannsperson gelächelt; die alle drei den geringsten Funken der Liebe in ihren Herzen erstickt; aber ich kam, leider, zu spät. –

Zu spät? sagte Juno. Wie so?

»Eben hatte sie Merkur für den Pluto abgeholt.«

Für den Pluto? Und wozu will Pluto diese Tugendhaften? –

»Zu Furien.«


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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Lessing, Gotthold Ephraim. 28. Die Furien. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-E5FA-D