Die Stadt

Ein weißer Vogel ist der große Himmel.
Hart unter ihn geduckt stiert eine Stadt.
Die Häuser sind halbtote alte Leute.
Griesgrämig glotzt ein dünner Droschkenschimmel.
Und Winde, magre Hunde, rennen matt.
An scharfen Ecken quietschen ihre Häute.
In einer Straße stöhnt ein Irrer: Du, ach, du –
Wenn ich dich endlich, o Geliebte, fände ...
Ein Haufen um ihn staunt und grinst voll Spott.
Drei kleine Menschen spielen Blindekuh –
Auf alles legt die grauen Puderhände
Der Nachmittag, ein sanft verweinter Gott.
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Notes
Entstanden 1913. Erstdruck in: Die Aktion (Berlin), 3. Jg., Nr. 40, 1913.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Lichtenstein, Alfred. Die Stadt. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-EB83-5