21. Trauerweide und Reben

Die Heimat hatte mich beschenkt mit Reben,
Die pflanzt' ich ein an meine Gartenmauer
Und bat den Himmel, ihnen Schutz vor Schauer
Und ihrer Blüte Sonnenschein zu geben.
Da stieß ich mit der Schaufel hart daneben
Auf Wurzeln eines Baums von trotz'ger Dauer.
O Tränenweide, du bist's, Bild der Trauer?
Soll ich dich dulden hier, den Tod beim Leben?
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Umwinde nur, ich muß es dir gestatten,
Die Wurzeln, denen Lust entsprießt, mit deinen,
Die Nahrung saugen für der Schwermut Schatten.
So pflegt im Leben auch, entsproßt dem einen
Verborgnen Grund, sich Lust und Leid zu gatten,
Und Lächeln ist so nah verwandt dem Weinen.

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TextGrid Repository (2012). Lingg, Hermann von. 21. Trauerweide und Reben. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-F11E-D