48.
An einen guten Freund, zum drittenmal Bräutigam

Ich, von Namen wol bekanter, gar nicht fremder von Gemüte,
Trete bey mit meinen Freuden deinen Freuden, nicht auß Bitte,
Sondern, Freund, auß Hertzens-Treuen. Meine Reime sollen sagen,
Was von deinem Neu-Beginnen Sinnen für Gedancken tragen.
Freund, der kleine Flammen-Schütze hat das dritte Freuden-Feuer
Angeflammt in deinem Hertzen über Freuden, die sonst theuer;
Nämlich daß bey dreyen Ehen Liebes-Kertzen also brennen,
Daß man sie durch Haß und Grämen nimmer kan erloschen nennen,
Ausser wann der Tod geblasen. Zwar die dritte Fackel gläntzet
Dir im Hertzen nur erst neulich; daß mein Reim die Rey ergäntzet
Und die drey für voll genennet, ist verstattet den Poeten,
Die der innre Trieb von oben macht nicht selten zu Propheten.
Stiessen mich auch gleich Poeten auß von ihren klugen Zunfften,
Weiß ich schone, Freund, dein Arten, weiß ich deine Wol-Vernunfften.
Keine Liebste kan dich hassen, weil ja du das Hassen nimmer,
Weil ja du mit vollem Hertzen treu zu lieben übest immer.
Allen ist es nicht zu rathen, die nach deinen Schriten schreiten.
Manchen hat bey dreien Fackeln wo ein Irrwisch wollen leiten
In den Sumpff der tieffsten Sorgen; manchem wurden drauß Planeten,
Die ihn wirr und irre machten, manchem blasse Leich-Cometen,
Die ihm in das Grab geleuchtet; (wann ichs ärger dürffte machen:)
Manchem worden, wolt ich sagen, solche Kertzen lauter Drachen.
[516]
Dreymal freyen freut nicht Ieden; haben nicht von allen dreyen
Plage-Geister sich gewandelt, kam doch einer wol nach zweyen.
Waren alle drey nicht Græen, waren sie nicht Gorgoninnen,
Waren sie nicht alle dreye Lebens-Faden-Reisserinnen,
War es doch zum minsten eine. Frauen sind nie so gegleichet,
Daß die eine gantz der andren Sinnen und Gesicht erreichet.
Aber stille, Freund, ich schertze! Bey dem niedren Pöfel-Hauffen,
Da die Ehen auff Gewerbe, nach Gewinn und Vorthel lauffen,
Da man an der Erde klebet, da hats dreymal drey Bedencken,
Dreymal Frauen bindlich werden. Die Gemüter, die sich schencken,
Weil sie auch von dannen bürtig, nur dem Himmel sich zu leiten,
Diese, wann sie diesem folgen, werden nimmer mißlich schreiten.
In der Tugend Frauen-Zimmer, da ists gut die Bräute wehlen,
Da kan etwa nicht die dritte, da kan nimmer keine fehlen.
Die zumahl sich so gewaschen durch viel tapffres Stamm-Geblüte,
Daß die Welt, der grosse Zeuge, selbsten zeugt von ihrer Güte,
Sie auch höher stellt als andre. Wo die edlen Sinnen-Güter
Recht nur in die Handlung kummen, wo das andre Schein-Geflitter,
Nur nicht wo die Witz vergauckelt, da ist, wies der Himmel schicket,
Einmal freyen, zweymal freyen, mehrmal freyen wol geglücket.
Werther Freund, du immer Einer, hast nur immer diß ermessen;
Drum ist nie (sie wird auch nimmer) deines Sinnes Frucht versessen.
Immer hin zum dritten male! was gedrittet ist vollkummen,
Drey sind aller guten Dinge; was nur gut, ist gut mit summen!
Wer nur sonst ist gut gesinnet, ist ein Zeuge meiner Sinnen,
Du hast der gestallt umarmet alle drey die Charitinnen.
Liebe! wie du pflegst zu lieben; lebe! das dich mancher neide;
Aber stets der Himmel Liebe wüntscht ein Freund in Lieb und Leide.

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TextGrid Repository (2012). Logau, Friedrich von. Gedichte. Sinngedichte. An den Leser [1]. Desz dritten Tausend fünfftes Hundert. 48. An einen guten Freund. 48. An einen guten Freund. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-0933-7