[126] Liebeseid

Ob ich dich ewig lieben werde,
Fragst du mich, süße kleine Frau,
Ob liebend ich kein Weib der Erde
Nach dieser Stunde mehr anschau?
Närrisches Weib, den Frühling frage,
Frag ihn, ob nie er wiederkehrt!
Und denke, daß nach jedem Tage
Die Nacht das Sonnenlicht verzehrt.
Ich kenne meines Herzens Treue,
Das dankbar für die Treue ist,
Doch weiß ich auch, daß eine Neue
Mein Mund nach deinem Treubruch küßt.
Ich glaube nicht an Weiberliebe,
An Augen, die vor Reue naß,
Ich glaub' an Neid und Säbelhiebe,
Pistolenkugeln, Lug und Haß.
Aus deinen Augen laß die Tränen,
Und laß das Fragen aus dem Spiel,
Solang sich meine Adern dehnen,
Bleibt auch mein Herz für dich nicht kühl.
Ob Haß, ob Liebe wird entstehen
Für später, ist mir unbewußt –
Eins schwör ich dir, nie wirst du sehen
Gleichgültig deiner meine Brust.
Nun küß mit deinem süßen Munde
Hinweg mir den Gedankenbann –
Ich lieb dich, wie in dieser Stunde
Ich überhaupt nur lieben kann.

23. Dezember 1889

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TextGrid Repository (2012). Löns, Hermann. Gedichte. Junglaub. Liebeseid. Liebeseid. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-234E-7