18. Der gespenstige Jäger.

Der Rentmeister von Borken sendete einstmals seinen Landknecht mit etlichen Rechnungen gen Cassel. Als dieser von Cassel wieder nach Hause geht und hinter Fritzlar an das Gesträuch, nächst der Kalbsburg, kommt, hört er Jemand jagen und in das Horn blasen, auch viele Hunde bellen und sich ihm nähern. Hans, der zu Fritzlar einen guten Rausch getrunken, schreit dem Jäger nach; alsbald streicht ein gewaltiger Hirsch mit etlichen Hunden vor ihm her und darauf begegnet ihm ein Mann in einem ledernen Kleide, mit einer Axt, den er für einen Zimmermann aus Borken [14] ansieht. Denselben redet er an, der hat ihm aber keine Rede gestanden, ist vielmehr eilends hinweggegangen. Da kommt ein Jäger, der dem Landknecht unbekannt ist, auf ihn zugegangen, greift ihm ins Gesicht und streift ihm von der Stirne bis zum Bart herab. Der gute Kerl, ganz erschrocken, eilt schnellen Laufes nach Borken, legt sich, weil es spät in der Nacht ist, in sein Bett, und als er Morgens aufsteht, sieht Jedermann, wie des unbekannten Jägers Finger gegriffen haben. Es waren rothe Striche, welche von der Stirn, zwischen beiden Augen hindurch, über die Nase und durch den Bart zogen. Es war wunderlich anzusehen: wo die Finger durch den Bart gegangen, war es ganz glatt und nicht ein Härlein zu sehen. Es war ein recht Weltkind, das nach Niemand fragte, und starb über etliche Jahre hernach.

Landau, im hess. Volksbl. 1843 S. 358, nach einer alten Handschr.