Das Todtenopfer

Die Berge stehn so düster,
Von Nebeldunst umflort;
Durch banges Rohrgeflüster
Rinnt schwach das Bächlein fort;
Ein fernes Hirtenfeuer,
Am grauen Fichtenhain,
Hellt matt der Dämmrung Schleyer,
Wie Leichenfackel-Schein.
Aus Warten und aus Klüften
Fleugt scheu die Eul' empor;
Es gehn aus ihren Grüften
Die Geister leis' hervor;
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Still tanzen, in Ruinen,
Die Gnomen und die Fey'n,
Vom Glühwurm bleich beschienen,
Den abendlichen Reih'n.
Am Seegestad' erlöschen
Des Dorfes Lämpchen schon;
Des Klosters dunklen Eschen
Entlispelt Klageton;
Die Sterne blinken traurig
Vom Herbstgewölk umgraut;
Die Winde seufzen schaurig
Im hohen Farrenkraut.
Des Traurenden Gedanken
Entschweifen bang dem Schooß
Der Alpenwelt, und wanken
Um ferner Gräber Moos.
Tief ist die Ruh' der Grüfte;
Der Morgensonne Licht,
Das Wehn der Frühlingslüfte,
Weckt ihre Schlumm'rer nicht.
O Freunde! deren holde
Gestalten, mildumstralt
Von blassem Abendgolde,
Mir die Erinnrung malt:
Fünf Kränze von Platanen
Bringt, hier am Felsaltar,
Die Sehnsucht euren Manen
Zum Todtenopfer dar.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Matthisson, Friedrich von. Gedichte. In der Fremde. Das Todtenopfer. Das Todtenopfer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-2C86-1