Rhins und Luitbertas Vermählung.


Drittes Lied

Die Amme wollte lassen kein Tröpflein Zeit
Hinfließen, ohne das Werk sogleich zu beginnen;
Sie eilet zu Rhin: tapferer Gesell, seyd ihr bereit?
Geebnet sind für Euch des Glückes höchste Zinnen;
Eine Prinzessin, so licht wie Sonnenschein,
Luitberta, des Königes einziges Töchterlein,
Will, verstehet mich wohl, Euch in Treue und Züchten minnen.
Der Jüngling schauet der Amme unter die Augen scharf,
Wie soll ich, frägt ernsthaft er, diese Rede verstehen?
Der Vasall nach des Herren Tochter nicht verlangen darf –
Kommst Du her, in Pflichten falsch mich zu bespähen?
Kommst Du her mit Listen, so bringt wahrlich Dir es Noth. –
Die Amm' erzittert, ich will, schwur sie, mit dem Tod,
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Täusche ich Dich, büßen ab mein Vergehen.
Freundlicher blickt der Jüngling ihr jezt in's Angesicht;
Darf ich trauen, frägt lächelnd er, Deinem Worte?
Mein Wort ist sicher, zweifle daran nicht,
Es stehet fest, gleich eiserner Pforte;
Was ich spreche, hat alles in des Fräulein Busen Grund. –
Wohlan, so soll auch unverholen Dir mein Mund
Antwort ertheilen hier, an sicherm Orte:
Ich bin keines mächtigen Fürsten Sohn,
Kleinodien trage ich nicht, noch goldne Spangen,
Doch fodre ich für Treue, Treue zum Lohn,
Ungeblendet von der Hoheit schimmerndem Prangen.
Mich beenget kein Ansehn; in der Liebe Reich,
Sagt das Sprichwort, sey Jedes dem Andern gleich;
Vor keinem Unterschied lässt mein Busen sich bangen.
Hoch schlägt in der Brust mein Herz und voll Muth,
Als sey es erfüllet mit fürstlichem Blut –
Ey, ruft die Amme, wer wollt' auch besser es verlangen?
Bist Du gleich keines mächtigen Königes Sohn,
Und schmücken Dich nicht Kleinodien, noch goldene Spangen,
Dein junges frisches Blut gilt dem Fräulein mehr als ein Thron,
Höher als Rubinen schäzt sie Deine Purpurwangen,
Goldne Ketten sind ihr Dein blondes, geringeltes Haar,
Saphiren gleich strahlet für sie Deiner Augen lichtes Paar,
Kein Kaiser mag mit edlern Kleinoden vor ihr prangen.
Wenn morgen der König wird ausgeritten seyn,
In den grünen Forst, mit allen seinen Jagdgesellen,
Magst Du bey der Prinzessin Lustgärtlein, Dein
Warte ich bey dem Pförtlein, Dich heimlich einstellen;
Dir soll der Herzliebsten süßes Grüßen alsdann,
Alles, was ich in Eile hier nicht berichten darf noch kann,
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Mit froher Purpurlippe, klärer aufhellen. –
Hörest Du, gute Amme, gesprochen sey dieß als Mann,
Auf's Spiel setze ich mein junges, frisches Leben,
Wenn das Fräulein ich minne, ohne daß der Vater es weiß,
Doch achte ich wahrlich! nicht zu kostbar den Preis,
Denkt wahrhaft die Holdseligste dahin es zu geben.
Mit lüsternem Blicke sah oft schon auf ich zu ihr:
Wie seelig der Günstling, dacht' ich dann immer bey mir,
Den einstens umfangen solcher Rose lieblichste Ranken,
Woran sich entfaltet des Himmels reichste Frühlingszier!
Und mächtig pochte mein Busen dann bey solchem Gedanken.
Drum mache dem Fräulein meinen guten Willen kund,
Sage ihr, daß ich ihr Diener bin mit Herz und Mund,
Mein Sinn nie weichen soll aus der Ehrfurcht heiligen Schranken.
Ist wahrhaft ihr Antrag, keine Frau soll, beym Sternenheer
Schwöre ich, genossen haben des Mannes Liebe mehr,
Als voll ich will ihr an meinen Busen ertheilen;
Bewahren sie stets
In meinen Armen als das allerreichste Gut!
Und bis zum Tod dafür kämpfen mit Heldenmuth. –
Des andern Morgens hatte schon in der Frühe sich
Das Fräulein von ihrem Lager erhoben,
Das Herz pochte gewaltig ihr: o wäre, seufzte sie, für mich
Geendigt der Tag schon glücklich! mit der Hülfe von oben
Mögen die Heiligen bey diesem Schritte wachen und gnädig seyn!
Damit büßen wir nicht müssen ihn durch später Reue Pein.
Bey solcher Zerknirschung
Hatte doch die Zarte keinesweges vergessen,
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Schmücken zu lassen ihren stolzen Leib zierlich und rein;
Herzenspüppchen! rief die Amme, da sie trat ins Zimmer ein,
Steht Alles Dir doch so nett, wie mit dem Zirkel abgemessen.
Nur fehlet der Hochzeitstraus, den mag der Holde Dein
Mit eigener Hand nachher Dir an den Busen vorstecken;
In der Kapelle wartet er mit Vater Hubert, vom Land
Ist gekommen Der gleichfalls schon; laß voran uns hübsch gewandt! –
Luitberta überfiel bey solchen Worten süßes Erschrecken;
Zitternd schreitet sie die Stiege hinab, an der Amme Hand:
Mit holder Anmuth tritt der Jüngling ihr nun entgegen;
Willkommen! meine Hoffnung, rief er, meiner Seele edelstes Pfand,
Soll blühen mir in Euch der Erde, des Himmels reichster Seegen?
Kein Augenblick entfliehe künftig mir, an dem ich nicht, froh
Diese Stunde segnend,
Als meines Glückes höchsten Gipfel will betrachten.
Das Fräulein entgegnet schamhaft, daß nichts im Leben sie so
Erquicke, als seine getreue Magd bis in den Tod sich zu achten.
Der fromme Vater hatte in stiller Andacht sein Gebet
Verrichtet einstweilen, jezt trat sich räuspernd er auf die Schwelle
Des Altars, Beyden winkend: seyd ihr, ich frage an Gottes Stelle,
Bereit, das heilige Ehesacrament, wie eingesezt es steht,
Nach des Herren Wort, in Zucht und Eintracht zu beschließen?
So lasst durch ein deutliches Ja vernehmen mich es laut. –
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Da ihren Willen nun klar verkündiget Bräutigam und Braut,
Ließ beichten er sie, und darauf des Herren Leib genießen:
Es diene euch, rief
Mit heischerer Stimme er, zu fernerem Ersprießen
Des Heil's Euer Seele. –
Führend jezt aus dem alten und neuen Testament
Beyspiele an, mit Eifer, wie man müsse sich verhalten,
Um würdig zu pflegen das hochheilige Ehesacrament.
Da Beyde nun versprochen, in ihren Pflichten nie zu erkalten,
Sondern fleißig jedes Gebot, das seinen Lippen entging,
Tagtäglich zu beherzigen, und gleich einem goldenen Ring
Zu bewahren getreu, hieß treten er sie beysammen
Näher und niederknieen vor den heiligen Altar,
Einsegnend als Mann und Frau sie, unauflöslich zum Paar:
Seyd fruchtbar und mehrt euch! daß aus euerm Saamen stammen
Viele Söhne und Töchter, wie der Herr zu segnen pflegt,
In diesem Stande der Gerechten. Amen! rief, bis zu Thränen bewegt
Die Amme, wer dürfte ein so heiliges Werk jemals verdammen?
Jezt, brachen, wie beym Feuer, das unter dürre Reiser man legt,
Zwischen dem jungen Pärchen hervor der Liebe verborgene Flammen;
Ein süßes Umfangen und wonnevolles Herzen wollte nun
Beginnen zwischen Beyden, obgleich in Ehren und Züchten;
Pfuy! rief die Amme, in der Kapelle so was! – wollt ihr ruhn!
Dergleichen Dinge lassen sich ja anderswo bequemer verrichten.

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TextGrid Repository (2012). Müller, Friedrich (Maler Müller). Drittes Lied. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-5044-1