Kämpfe

O, einen Sturm!

O schilt nicht, daß mein Flug erlahmt,
daß farblos meine Lieder kranken:
mein Herz ward müde, stumpf mein Hirn,
zu stumpf für einen Glutgedanken.
Im öden Dünensand verweht
ist all mein Ringen – Lust und Fehle –,
es tönt wie müder Wogenschlag
das Lied aus einer kranken Seele.
[113]
O, einen Sturm, mein Gott, mein Gott,
daß er die Kraft mir neu belebe,
daß er in Blitz und Wetterschlag
von meinem Pfad die Nebel hebe!
Nur einen Strahl des Lichtes, Herr! –
Ich hebe aus den Eisenketten
den wundgeriebenen Arm empor:
noch kann mich deine Gnade retten.
Du schenktest einst im Morgengraun
ein köstlich Kleinod deinem Kinde,
ein Kronjuwel im Erdenstaub, –
nun hilf mir, daß es nicht erblinde!
Nun schließe du die finstre Kluft,
darin mein Bestes will versinken, –
den bleichen Schemen wehre, die
das Blut aus meinen Adern trinken!
O, einen Sturm, mein Gott, mein Gott,
daß er die Kraft mir neu belebe,
daß er in Blitz und Wetterschlag
den Bann von meiner Seele hebe!

Aus der Enge

Hinaus möcht ich ziehn in die blühende Weite,
ein Lied auf der Lippe, den Lenz als Geleite,
in rauschende Wälder an sonnigen Borden,
auf ragende Berge – nach Süden, nach Norden –
Hinaus nur, hinaus!
[114]
Hinaus möcht ich ziehn auf die lärmenden Gassen,
ein Tropfen, versinken im Meere der Massen,
der eigenen Pulse Anschwellen und Schwinden
erschauernd als Herzschlag der Menschheit empfinden;
Hinaus nur, hinaus!
Hinaus möcht ich ziehn in die schimmernde Ferne; –
schon glänzen zu Häupten mir tropische Sterne:
in glühenden Nächten, in pressenden Armen
möcht ich zu lachendem Leben erwarmen . . .
Hinaus nur, hinaus!

Spätrot

Goldene Sonne, kaum gesunken,
wolkenüberschattet Glück,
zauberst du in Spätrotfunken
einen schöneren Tag zurück?
Holde Jugend, kehrst du wieder? –
In des Abends Rosenschein
fallen mir verklungne Lieder,
halb vergessne Weisen ein:
Seufzer, Küsse, leise Klagen,
Liebeslust und Liebesnot –
daß des Herzens heißes Schlagen
mir die Brust zu sprengen droht!
Spätrotschein und solche Lieder . . .!
Und es geht mir durch den Sinn
leise Mahnung, daß ich wieder
unverzeihlich töricht bin.

[115] Irrlicht

Ich hab mich lange Zeit gesträubt
und wollt es nie und nie verstehen,
was ich im Leuchten deines Blicks,
im Zucken deines Munds gesehen.
Es war in tiefer Dunkelheit
ein Irrlicht, welches mich geblendet;
und daß der Pfad, auf den es lockt,
in Nacht und Not und Grauen endet –
Ich weiß es längst: – In bleicher Angst
halt ich die Augen fest geschlossen,
und dennoch fühl ich Fieberglut
durch alle Adern mir ergossen –
Und dennoch pocht bei deinem Blick
mein Herz in immer heißern Schlägen:
magnetisch zieht das Zauberlicht
den Tiefen mich der Schuld entgegen.

Letzte Liebe

So weiß ich, daß in blauer Ferne
dein Herz in Liebe für mich schlägt,
daß dich bis hoch ins Reich der Sterne
der Sehnsucht Engelsfittich trägt;
so seh ich noch im welken Garten
dich, lächelnder Gedanken voll,
der letzten Rosenknospe warten,
weil sie für mich erblühen soll.
[116]
Und mag auf unserer Sehnsucht Flammen
herniedertaun der Reif der Nacht,
mag schonungslos die Welt verdammen
den Traum, der uns so selig macht, –
vergeblich wird sie drohn und schelten:
in Treuen bleib ich dir geeint
und will's dir königlich vergelten,
daß du um mich – um mich geweint.
Da bricht aus winterlichem Schweigen
ein lichter Sonnenblitz hervor,
da lacht auf halbentlaubten Zweigen
ein sommerlicher Rosenflor,
und aus dem fast erstarrten Herzen,
wie einst zur holden Maienzeit,
entspringt ein Strom von Lust und Schmerzen,
ein heißer Quell der Zärtlichkeit.
So mag die Liebe dich behüten,
sie, »die nichts Böses sinnt und sucht«;
wirst atmen mit dem Duft der Blüten
zugleich den Duft der reifen Frucht.
So mag denn gleich der goldnen Sage
von Frühlingsglück und Auferstehn
durch unsrer Jugend Spätherbsttage
der Traum der letzten Liebe gehn.

Im Novembersturm

Der Sturmwind rast und der Regen schlägt
ans Fenster in schweren Tropfen –
Ich fühl in der tollen Novembernacht
mein Herz wohl hörbar klopfen.
[117]
Es schlägt in brennender Ungeduld
sehnsüchtig und beklommen . . .
Ach, wenn die Stunde doch Flügel hätt'
und wäre der Winter gekommen!
Und deckte die Ströme das blinkende Eis
und der Schnee die schweigende Runde –
und wären wir endlich allein, allein
in der heimlichen Mitternachtsstunde!
O Liebster, Liebster, – der Sturmwind rast
und der Regen rauscht endlos nieder –
mir aber fluten durch Haupt und Herz
traumselige Liebeslieder.

Sonnenwendspuk

Da blitzt aus mitternächtgem Dunkel
ein ferner fahler Schein herauf;
mit Augen, licht wie Sterngefunkel
steht meine Kindheit vor mir auf;
sie grüßt so süß, und lächelnd lauschen
möcht ich den Worten, die sie spricht, –
ich hör ihr Raunen, Flüstern, Rauschen,
doch ihren Sinn erfaß ich nicht.
Da hallt in nächtlich-tiefem Schweigen
ein leiser Laut wie Harfenton,
da gaukelt um mein Bett ein Reigen
von Freuden, die mir längst entflohn –
Mir ist, als sollt noch einmal wenden
die dunkle Bahn sich sonnenwärts:
mit leisen, kühlen Geisterhänden
pocht meine Jugend an mein Herz.
[118]
O Kinderlust, verklungne Weise
von Heimatflur und Vaterhaus,
du nahst wie Gottes Engel leise
und teilst des Lichtes Botschaft aus –
O Liebe, die mit Rosenketten
mein liedersprühend Haupt umwand,
kommst du noch einmal, mich zu retten,
zu retten von des Abgrunds Rand?! –
Von der Adventszeit geht die Sage,
sie locke manch verlornes Kind
zur Heimkehr – ach, durch leere Hage
streicht seufzend der Dezemberwind,
das ist die Nacht der Sonnenwende, –
doch glänzt für mich kein Weihnachtslicht –
O Herr im Himmel, mach ein Ende,
denn meine Kraft zerbricht – zerbricht! –
O Herr im Himmel, mach ein Ende! –
doch schon erblaßt der matte Schein;
dumpf schlägt die Uhr: – der Sonnenwende
Gespensterstunde bricht herein.
Und wieder tönt ein Raunen, Locken
wie Nixensang, wie Geisterchor. –
Mit fliegenden Pulsen, tief erschrocken
richt ich vom Lager mich empor.
Ein Gaukeln ist's, ein irres Schweifen –
die alten Götter sind erwacht,
die fieberheiße Stirne streichen
mir Schemen der Mittwinternacht, –
aus längst verschollner Vorzeit Feiern
[119]
klingt Zauberkunde dumpf herauf:
das Haupt umhüllt von Nebelschleiern
steht meine Zukunft vor mir auf.
Sie hebt beschwörend ihre Hände,
wie Drudenweisheit klingt ihr Spruch:
»Du stehst an deines Lebens Wende –
nun gilt es Segen oder Fluch!
Zwei Wege hat auch dir beschieden
geheimnisvolle Schicksalsmacht –
der eine führt zu Licht und Frieden,
der andre in die ew'ge Nacht.
Der eine führt durch steinige Gründe,
der andre durch ein blumig Tal –
ein Pfad des Lichts – ein Pfad der Sünde!
Die Götter lassen dir die Wahl!
Es quillt empor aus einem Borne
des Guten Strom – des Bösen Macht« –
so klingt der Spruch der Schicksalsnorne
in schweigender Mittwinternacht.
Ihr Blick erlischt in Sterngefunkel,
ihr Wolkenkleid zerfließt in Luft;
nun hellt kein Schimmer mehr das Dunkel,
und keine süße Stimme ruft.
Ein Warner war es – kein Erretter,
der dem Gefallnen naht voll Huld, –
klug sind sie doch, die ew'gen Götter,
und wahren sich vor jeder Schuld! –
[120]
Klug sind sie schon seit Odins Zeiten:
sie gaben uns ein fühlend Herz,
sie stellten uns in Kampf und Streiten,
sie warfen uns in Not und Schmerz.
Sie weisen uns den Kelch der Rose
und mahnen höhnend zur Geduld . . .
und bricht der Schild im Kampfgetose,
so tragen eben wir die Schuld!
Zwei Wege wurden uns beschieden
durch strengverhüllte Schicksalsmacht:
der eine führt zu Licht und Frieden,
der andre in die ew'ge Nacht.
Der eine: Tragen und Entsagen,
der andre: Lust und Lebensmut. –
Und wird der Himmel mir zerschlagen,
so geh ich durch der Hölle Glut.

Wiedersehn

Aufblitzen im goldigen Sonnenstrahl
Millionen glitzernder Sterne –
durch schneeige Flächen braust der Zug
herbei aus dämmernder Ferne.
Er keucht und stöhnt – und es gellt ein Pfiff,
ein hastiges Drängen und Treiben –
der schneidende Wind, der schwarze Rauch,
befrorene Fensterscheiben!
Und doch: es liegt mir im Sinn, im Sinn,
als käme das Glück gefahren,
Als kläng durch die Lüfte das Jubellied
heimkehrender Vogelscharen,
[121]
Als quöllen Wolken von Rosenduft
empor aus dem dampfenden Schlote,
und er nahte mir strahlend in Licht und Glanz,
der lächelnde Götterbote.
Da schmilzt das Eis in der Sonne Kuß,
da rieseln und rauschen die Quellen,
und es klingt mir im Ohr wie Möwenschrei,
wie brandende Meereswellen!
Vernahmst du jemals des Schiffers Ruf,
der sicher durchfuhr die Klippen? –
Doch eh' ich den Mund noch öffnen mag,
verschließen ihn deine Lippen.

Zuversicht

Nun mag kommen, was da will,
mag die Lust verwehen:
Jedem Unglück halt ich still,
seit ich dich gesehen!
Seit ich dir im Arm geruht,
schreckt mich nicht der Hölle Glut,
find ich noch in Schmerzen
Trost an deinem Herzen.
Mag dich hundert Meilen auch
weit das Schicksal führen,
mein ich deines Mundes Hauch
immer noch zu spüren,
strahlt mir deiner Augen Schein
leuchtend bis ins Herz hinein –
wenn mir nichts mehr bliebe,
bleibt mir deine Liebe!
[122]
Will ich heut vom Haupte mir
eine Locke trennen,
sollen morgen schon auf ihr
deine Lippen brennen, –
deine Lippen, die sich fest
jüngst auf meinen Mund gepreßt,
dort in seligen Stunden
süße Rast gefunden.
Draußen unter Schnee und Eis
will der Lenz sich regen,
aus den Wolken rauscht es leis,
linder Gottessegen.
Liebster, schau: die Welt erwacht . . .
Höher als die Frühlingspracht,
als die Blütentriebe
preis ich deine Liebe.

Auf dem Ball

Heut in der rauschenden Festespracht
hab ich, mein Schatz, an dich gedacht, –
an prunkender Tafel, in schimmernden Reihn
war meine Seele mit dir allein.
Mit Blumen, die deine Hand gepflückt,
hatt ich mir Haare und Brust geschmückt;
als am vollsten der Becher der Lust geschäumt,
hab ich vergangene Lust geträumt.
Die Weise schwoll und der Tanz begann –
mich rührte der Odem Gottes an;
aus der Seele hallte der Klang zurück:
ein Lied von künftigem großen Glück.

[123] Stummes Glück

Das war zur schimmernden Maienzeit,
da sang ich Lieder voll Lust und Leid:
des Waldquells Rauschen, der Vögel Singen,
in tönende Reime tät ich's bringen.
Und wenn ich der kommenden Lust gedacht –
wie wollt ich erst singen zur Rosenpracht,
wie wollt ich in jubelnden Tageweisen
die Sommersonne, die goldene, preisen!
Der Frühling schwand, und die Sonne stieg,
der Fink und die Finkin fanden sich –:
in Waldes Dunkel, an Baches Borden,
die jubelnden Sänger sind still geworden.
Und mir auch erging es wundersam:
als meinem Leben der Sommer kam
und die Rosendüfte mein Haupt umfingen,
In Kuß und Seufzer verklang mein Singen . . .
Von der Lippe flutet das Lied zurück:
im namenlosen, im stummen Glück
nur kann ich vor dir die Seele neigen,
nur lieben und schweigen.

Sonnenwende

Es fiel ein Blütenregen
herab auf Wald und Feld,
ein Netz von Sonnenstrahlen
umspinnt die grüne Welt;
[124]
das flammt und blüht und duftet
und höhnt den Glockenschlag,
als ging er nie zu Ende,
der süße, goldene Tag . . .
O Tag der Sonnenwende,
vollblühende Rosenzeit,
du hast mir ins Herz geduftet
berauschende Seligkeit!
Das pocht und glüht und zittert
und bebt im Vollgenuß,
als ging er nie zu Ende,
der süße, erste Kuß –
O Tag der Sonnenwende –
– – – – – – – – – – – – –

Lied

Laß ab mit deinen Blicken –
nicht können sie fortan
mich fester noch umstricken,
als sie es schon getan.
Laß ab mit deinen Worten,
die schmeichelnd mich betört, –
mein Ohr doch allerorten
nur deine Stimme hört.
Laß ab mit deinen Küssen, –
mein Herz pocht bang und schwer:
ich hab dich lieben müssen
und seh kein Ende mehr . . .

[125] Meerfahrt

Fühlst du die Bretter schwanken?
schon brandet dumpf das Meer –
am Horizonte lagern
die Wolken schwül und schwer . . .
Ha, Wogen und Blitz und Stürme!
mir wird so froh zu Mut:
ich fahre mit dir zusammen
durch die wildeste Flut!

Weltflüchtig

Das Mondlicht überfloß den Strand
mit sanftem, süßem Schein;
wir gingen beid im Dünensand
weltflüchtig und allein.
Kein Menschenauge hat gesehn,
wie du herab dich bogst
und liebesicher lächelnd mich
in deine Arme zogst.
Ich weiß nicht, war's ein Liebeswort,
das flüsternd zu mir drang,
war's träumerischer Nixenruf,
der aus den Wassern klang?!

Morgen

Der erste rosige Dämmerschein
schwimmt draußen in grauer Luft,
durchs offene Fenster der Frühwind weht
uns würzigen Fliederduft.
[126]
Zerronnen ist all im schimmernden Licht
der finstere Traum der Nacht . . .
an deiner wogenden Brust bin ich
zum Leben aufgewacht!

Lavasturz

Mein Herz ist wie die Märchenstadt,
drin Lachen und Lust erklungen,
bis donnernden Grimms die Lavaglut
ihr Totenlied gesungen.
Da sank dem Zecher der Goldpokal,
gefüllt bis zum Ueberlaufen,
da ward der Liebe das Hochzeitsbett
zum lodernden Scheiterhaufen.
Und ein Glutschrei war es, ein Flammenmeer
wie stürzender Sonnen Gefunkel,
dann legte darüber bleiern und schwer
sich Asche und Nacht und Dunkel . . . . . .

Mit leisem Nicken

An einem fernen, fremden Ort
war's, wo ich all mein Glück verloren;
ich ging, dich suchend, fort und fort
vorbei an festverschlossenen Toren.
Am fernen Horizont erblich
der Abendröte letzter Schimmer –
mit blutendem Herzen sucht ich dich
und suchte dich und fand dich nimmer.
[127]
Dann war's nach Jahren, als sich grau
das Haar um meine Schläfe schmiegte,
als auf der blütenleeren Au
der letzte Halm im Wind sich wiegte,
Daß wir uns trafen – daß du mir
von fern gewinkt mit leisem Nicken . . . . . . .
Ein Gruß von dir – ein Laut von dir –
ein Widerschein aus feuchten Blicken!
Und eh ich noch die liebe Hand
mit zärtlich festem Druck umfangen,
war schon dein Bild am Himmelsrand
wie Spätrotschein dahingegangen.
Da wacht ich auf. – Vor Sehnsucht blaß
sah Morgendämmrung in mein Zimmer;
mein Herz schlug laut, mein Aug war naß – – –
ich fühl's: ich seh dich nun und nimmer.

Vorbei

Und wenn du wieder zu mir trätest
und weinend um Verzeihung bätest,
es wird doch nimmer, wie es war:
das Glück ist tot, das wir genossen,
die Blüte, die sich uns erschlossen,
ist nun verwelkt, für immerdar.
Mir würde stets vor Augen stehen,
wie ich so maßlos dich gesehen
im Zorn, dem jeder Grund gebrach –
und bei dem Kuß von deinem Munde
gedächt ich doch der bösen Stunde,
als er so bittre Worte sprach.
[128]
In jener Stunde sank für immer
der fromme Glaube mir in Trümmer,
daß du mein Bild im Herzen trugst,
daß ich dein tiefstes Sein besessen – – –
vergeben kann ich – nicht vergessen:
die Wunde brennt, die du mir schlugst.
Nein, geh: ich hab es überwunden,
den Frieden hab ich jetzt gefunden,
den deine Liebe mir nicht gab.
Geh hin, vor deinen Gott zu treten –
und wenn ich sterbe, magst du beten
und weinen über meinem Grab.

Verlornes Glück

Noch einmal, eh' am Himmelsrande
der letzte Sonnenblick verglüht,
zieht mich ein Sehnen an die Stätte,
wo meines Lebens Glück geblüht.
Durch hochgewölbte Gänge fluten
der Dämmrung Schatten kalt und bleich –
leis mahnend pocht wie Geisterfinger
ans Fenster ein Spireenzweig.
Und rings im Haus ein tiefes Schweigen,
wie ausgestorben jeder Raum . . .
An meiner Seite lächelnd wandelt
ein halbvergessner Jugendtraum;
von weltverlornen Küsten zaubert
entflohene Wonnen er zurück
und küßt mir in die müde Seele
ein letztes Bild vom Erdenglück.
[129]
Ein letztes Lied in diesen Räumen!
Der Herbstwind rast am Gartentor –
hier aber wogen Rosendüfte
und singt ein Nachtigallenchor.
Von all den süßen Liebesworten,
die schmeichelnd deine Lippe sprach, –
von meinen Seufzern, deinen Küssen
wird hier ein flüsternd Echo wach.
Der alte Zauber lockt mich wieder,
der Leib und Seele mir gebannt:
dein Odem über meiner Stirne,
auf meinem Herzen deine Hand!
Der Spiegel wirft im Dämmerschimmer
mir dein geliebtes Bild zurück – –
zum letzten Male trink ich wieder
aus deinem Born, verlornes Glück!
Und lauter tönt des Windes Brausen,
der Sonne letzter Strahl erblich;
ich aber berg in meine Hände
das Haupt und weine bitterlich.
Nun liegt die Nacht auf allen Wegen . . . . . .
und langsam wend ich meinen Schritt
und nehm aus den geliebten Räumen
mir der Erinnrung Sterne mit.
[130]

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TextGrid Repository (2012). Müller-Jahnke, Clara. Kämpfe. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-54F5-8