Exhortatio spiritualis,

das ist

Sanftmüthige Ermahnungs-Predigt

am Aschermittwoch an die kranken und halbverlorenen Schafe und respective meine christlichen Mitbrüder, Schafsköpfe meines Pfarrdistriktes.

»Und sie waren in einen Sündentaumel versunken aus dem sie sich nimmermehr herausfanden und in die ewige Verdammniß stürzten.«


Lukas Matthäus in seinem Brief an

die Landshuter, 6. C. 5. V.


Non! Non! d'Faßnacht is vorbei und mit ihr d'Narretei. Itz will i denn doch amal segn, wie's denn heut ausschaugt mit enk – G'meindekinder [228] mag i gar nimma sog'n, verzeih mir's Gott! – Säu seid's, Wildsäu! – Und i, wer bin i? Antwort: Enker Pfarrer, also a Saupfarrer – schön, net schlecht! So weit habt's ös mit enkern schönen Fastenlebenswandel bracht, ja! so weit, daß man einstens – o daß ich es mir auch nur denken muß! – vielleicht auf meinem Grabstein lesen wird:


»Hier liegt der Pfarrer Lau,
Der Pfarrer war kein' Sau;
Doch Pfarrer von den Säu
War redlich er und treu,
Und stand er nicht am Himmelspforten,
Er wär's vielleicht noch selbst geworden.«

Solch einen Nachklang, solch einen Nachruf bereitet ihr mir vor, meine Christen! Möcht' einer da nicht vor lauter Aerger 's Lax – wollt' i sagen: zu Grunde gehen!

Ah! da kommen's itzt nach und nach zu der offnen Thür rein. Geh', machs weiter auf, Meßner, daß sich koana anstößt, wenn er eppat non net ausg'schlafen, oder eppa gor no an Rausch hätt' – Heh! non rein do Hackl-Seppel! brauchst dein Pfeiferl grod net wegz'thun, wenn's gut [229] brennt, do is net als wie beim U*** Wirth z' Müncha, wo d' Kellnerina 'n Rauch net leid'n könna, und wie beim H** Bräu, wo d'Wirthin vom Kind kommt, wennst an Sch**ß thuast – o du elender Tropf! I glab wahrhafti, d'Sau hat heut non an Rausch; geh ma rein, nacha is ma mein Fahna-Stanga net z'geweicht und net z'lang, daß i s' net abschlag an dein Tuppen, du Kerl, du elender! du – Ah! d' Renkenbauern-Waberl, die sieht recht brav aus heut, prächti, prächti, hast an Farb wie a Dampfnudel ohne Rahmel, wie ma's mei Köchin an Freitägn aufsetzt, denn der Esel lernt's so nimma! – O meine Christen, wenn a Dampfnudl net a wen'g verbrennt is, nacha hoast's nix. Tröst's der liebe Gott! Meine vorige Köchin, d'Mari-Bärbl (wischt sich die Augen), ja der ihre Dampfnudl –; Non! Requiescat in pace! – Also Waberl, du siehst recht brav aus: gelt, d'Arbeit wird da z'stark dir und 'n Wirthsandrädl; allweil in Heu und allweil in Heu, nacha legt si der Staub auf d'Brust gelt, nacha geht's so! – ja, ja, glab's wohl, mach non schön fort so! – Ui sapra die Blö! 's Fruchtbauern-Lieserl draht sie a gor rein; dera [230] henkt non a Lemonikern vor der Votzen von dem prächtigen Punsch gestern beim obern Wirth. Hob's schon g'hört, host di gor schön g'stellt darzu; i wollt dir an Punsch geb'n hobn, Liesel! I wüßt dir oan, an warmen, verstehst mi, der wär für di recht! – He! krätzige Webersfrau! gelt itzt komma deine Krätzen wieder raus, daß alls pickt und pappt auf einander, von dem schweinern G'fräs Bier, Wein und Punsch beim Wirth gestern. Juck juck juck, kratz di hint, kratz di vorn, als wie a Sau, di lausi word'n – pfui Teufel, möcht mi glei kotzen, wenn i di nur onschau! – Aha! Meßner-Schlankl, bist a schon da? Wart, i will dir z'Nachts um zwölfi Ave Maria läuten vor lauter Rausch, Halunk schlechter. Wenn non der Glockenschwengl runta g'falln wär auf dein Prosoter-Schädel, und hätt' dir 'n zammadruckt wie an Kuhflad'n so broat! Schaug i wie a Narr, stoßt mi d'Köchin mit 'n Fuß: Herr Pfarrer! sagt's, aber allweil schlaf'n, hören S' denn net läuten, was is denn itzt dös für a Wirthschaft! Kerl i hätt' an Lust, i zoagat di bei der Kirchen-Administration an, wenn i's net deiner Mutter z'lieb that; oba non oamal a solches Stückel, nacha [231] Mutta hinum, Mutta herum, nacha bist vom Dienst. – I sakra, der Pfarrknecht! Guten Tog, Sepperl, guten Tog, wohl g'ruht z'haben, Lump miserabler! Wo is denn 's Futtern bliebn gestern Abend, han? Hot 's Vieh g'schrieen mitten in der Nacht, daß ma all zwoa zamm g'woant hobn im Bett drin, i und d'Köchin. Bis Lichtmeß bitt i mir die Ehr auf an andersmal aus – verstanden Sepperl? I moan, i mach mi deutli g'nug! – Wo is denn mei Mitta-Dirn, d'Anna-Miedl? Hat ja gor, hör i, a Fledermaus g'macht – ah, schöne Mask! – Luada! i glab', du brauchst d'Fastnacht net derzu, du machst alle Tog a Fledermaus, du, und fliegst z'Nachts auf dein Futter aus; denn dein Futter, du, dös kenn i, koan Mensch kennt's besser, als grod i; di hätt i schon lang zum Teufel g'jagt, liebe Annamiedl, wär'n mir d'Händ net bund'n, aber so hat's non an andern Hacken. – Sapperment, der Sensenbauern-Toni, der hot an Türken g'macht – an Türken – ui der Tausend! Schau dein schwangers Mensch on, Lump! An Türken gelt host g'macht, konn a Teutscher a wern, Toni – also an Türken, so – du, der wird an Schnauzenbart hobn, wenn a [232] zu mir zum Taufen kommt. Schauts ma ihn on – o du elender Kerl, du miserabler, dir tragt's koan Kapuziner, vielweniger an Türken – schau! schau!

Raßti basaßti, an Schullehrer sein Rannzigi, Grüß di Gott! Bist a do? Host ja, wie i hör, a französische Bäuerin g'macht – sakra französisch! Non, non! was net is, Waberl, dös konn non wer'n; d'Anlagen sein amal da, 's ander gibt si durch d'Uebung; mach' non fort so! – Heh, Boda-Girgl! Der is gestern als Streichriemer ganga, und sein Weib als Klystierspritzen. Ausseg'n thut's schon so, nur 's Röhrl geht ihr allweil oh! I wollt di streicha, Girgl! i wollt di abziegn! Ja Girgl, du bist heut no net nüchtern. Kommt d'Sau heut früh zu mir, soaft mi ein und soaft halt allweil ein, soaft ma d'Augn ein, soaft ma d'Nasen und 's ganze G'sicht ein; brennt mi dös Ding 3 Stunden lang wie 's höllische Feuer, hob g'moant: auweh, aus is! und wie's denn der Satan grod so will, kommt der Wirth von Denning zu mir, und zahlt ma 'n Gottesdienst 13 fl. lauter Würtemberger und lauter Würtemberger, hob halt koan kennt vor Schmerzen. Boda, an andern wenn i wüßt, der mir mein Bisserl Bart abschabet, [233] dir schenket i's, so war i leb. Dös is ja unerhört, was i mit dir, du Schlankl, für an Schodn hob! – Also fast 's ganze Dörfl b'suffa, grod i und d' Köchin war'n nüchtern; und wie nüchtern warn wir heut früh! A mein Herr Kaplon! der Herr B*tmann hat sis recht gut schmecken lassen beim Fischerwirth drübn. Wos mir der Schullehrer sagt, hot er heut früh 'n Leuten an Aschen bald in d'Nosen eingriebn wie an Schnupftabak, bald in's Maul, bald in d'Augen eini g'streut, daß g'nießt hobn, daß ma g'moant hot, aus is und gor is. Is sonst brav und hot besonders die schöne Tugend, daß er nix siecht in der Hauswirthschaft, nix hinum, nix herum; was mi net brennt, dös blas i net, is sein Sprichwort, und solche Leut san meine Leut. –

Non, non, meine Kinder! es is vorbei; 's Jahr a mal passirt's ja, aber öfter d'Faßnacht, dös wär bös. Thut's nur itzt gut, itzt is ja Zeit da; betet's, fast's, gebt's Almosen! Mehr konn enk ja enker Freund, enker Pfarrer, enker Seelenhirt net sogn; aber halt aus 'n Herzn muß gehn, mit wahrer Andacht, mit wahrer Versammlung des Geistes müßt's Buß thun; thut's dös net und nur so grod auf'n Schein, nacha pfeif i – verzeih ma's Gott – auf enk und enker Seligkeit. Amen.

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TextGrid Repository (2012). Müller, Karl Theodor. Gedichte, Aufätze und Lieder. Gedichte, Aufätze und Lieder im Geiste Marc. Sturms. Exhortatio spiritualis. Exhortatio spiritualis. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-5523-9