Schertz-gedichte an Leonoren/ über die plintzen

B.N.


So offt ich euch beschau/ ihr angenehme plintzen/
So offt wird auch das hertz in meiner brust bewegt/
Dann unser Friederich ist auff den silber-müntzen
So deutlich nicht als wir in euren teig gepregt.
Eur erster ursprung kömmt durch weitzen aus der erden/
Wer weiß nicht/ daß wir auch von dieser mutter seyn?
Ihr müßt/ so bald ihr reiff/ in stroh gebunden werden/
Uns schleußt man augenblicks in feste windeln ein.
Die bauren dreschen euch/ uns aber die tyrannen/
Die in den schulen uns das hintertheil besehn:
Denn was der hencker nicht durch bauren weiß zu bannen/
Muß dennoch in der welt durch einen fuchs geschehn.
Das ist der erste tantz/ den uns die feinde spielen.
Wann euch der flegel nun den buckel abgeklopfft/
So schicket man alsdann die körner in die mühlen/
Und endlich wird das mehl in einen sack gestopfft.
[66]
So, wann die Herren uns die hülsen abgetreten/
Und wir den Calepin biß auff den band verstehn/
So sehn wir allererst auff Universitäten/
Daß weißheit und verstand auch durch die mühle gehn.
Dann was wir vor gelernt/ wird alles umbgekehret/
Man dränget die vernunfft in enge kercker ein/
Biß der gelehrte stein den groben rest verzehret/
Und unsre reden kern/ die sitten tugend seyn.
Dann strotzt man wie ein sack vor lauter phantaseyen/
Man zeigt von aussen schon/ was man verborgen trägt/
Und beyde dencken nicht/ indem wir uns erfreuen/
Was zeit und schicksal uns für martern aufferlegt.
Inzwischen fallet ihr den weibern in die hände/
Die rühren euch mit milch und weichen eyern ein:
Dann setzen sie den teig auff kohlen und auff brände/
Und lassen ihn zur lust mit zucker überstreun.
Wir aber müssen uns bey hofe lassen scheren/
Und werden durch die milch der hoffnung zubereit.
Die flammen sind der gram/ durch den wir uns verzehren/
Der zucker aber ist die süsse dienstbarkeit.
Und nunmehr fangen wir dem wetter an zu trauen/
Es scheint/ daß beyde nun ein neuer stern beglückt.
Doch eh die menschen euch/ und wir die welt beschauen/
So werdet ihr in bauch/ und wir ins grab geschickt.
Dann euch verschlinget man schon öffters bey dem tiegel/
Wir sterben, eh uns noch die sonne recht bestrahlt.
Und also sehen wir uns wie in einem spiegel/
Ihr findet euch in uns/ wir uns in euch gemahlt.
Doch eines wird und soll mich biß in tod verdriessen/
Daß man euch in den leib/ uns in den sand begräbt/
Daß euch die jungfern gar in ihre brust verschliessen/
Und unser name kaum auff ihren lippen schwebt.
Fürwahr/ ich wolte mich weit besser in sie schicken/
(Ach daß ich ärmster doch nicht eine plintze bin!)
Dann dürfft ich erstlich nur biß in den magen rücken/
So käm ich mit der zeit auch wohl zum hertzen hin.
Was händel wolt ich da nicht Leonoren machen?
Jedoch ich irre mich. Der platz ist schon besetzt.
[67]
Hier muß ein Gelidor den rosenstock bewachen/
Mich hat der himmel nur der dornen werth geschätzt.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Neukirch, Benjamin. Gedichte. Gedichte. Schertz-gedichte an Leonoren. Schertz-gedichte an Leonoren. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-60A8-8