[397] [403]An Flavien

B.N.


Ach Flavia! du qvelle meiner schmertzen/
Was hat dir doch dein treuer knecht gethan?
Daß nicht dein ohr die seuffzer meines hertzen
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Mehr/ wie vorhin/ gedultig leiden kan?
Und daß mein mund nach hundert tausend küssen/
Doch endlich nun in thränen muß zerfliessen?
Ein sclave/ der die jammer-vollen ketten
Nur mit gedult und tieffer demut trägt/
Kan endlich doch sich durch die flucht erretten/
Wenn ihm die zeit die fessel abgelegt:
Ach aber! ach! wo soll ich rettung finden?
Weil mich dein arm kan allenthalben binden.
Ich muß nur stehn und deine straffe suchen/
Die/ schönste/ mir dein strenges auge spricht:
Sonst müst ich offt dem himmel selber fluchen/
Wenn er den glantz durch trübe wolcken bricht.
Dein hertz ist ja der himmel meiner freuden;
Drum will ich auch itzt seine donner leiden.
Ich bin bißher zu glücklich fast gewesen/
Ich habe dich mehr als zu viel geküst:
Wenn ich den schnee von deiner brust gelesen/
Und unser mund wie thau zerflossen ist:
Dieweil ich nun verbotne frucht genossen/
So wird mir auch mein paradieß verschlossen.
Wohlan denn! wenn ich nicht soll länger leben/
O Flavia! so sterb ich mit gedult.
Hastu mich gleich mit thränen itzt vergeben/
So geb ich dir doch/ schönste/ keine schuld.
Denn wer zu früh will mit dem feuer spielen/
Muß endlich sich mit solchem wasser kühlen.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Neukirch, Benjamin. Gedichte. Gedichte. An Flavien [1]. An Flavien [1]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-60D9-9