Dafne

[1627.]


An die Hoch-Fürstlichen Braut und Bräutigam, bey derer Beylager Dafne durch Heinrich Schützen im 1627. Jahre Musicalisch auf den Schau-Platz gebracht ist worden.

Das starcke Liebes-Gifft, das unsre hohe Sinnen,
Die von dem Himmel sind, mit seiner Krafft gewinnen
Und wann Vernunfft erliegt, zu Boden reissen kan,
Sieh', o du Edles Par, auff diesem Schau-Platz an.
Sieh an, du freyer Heldt, du Bildnuß aller Tugendt,
Du Preyß der Zeit, und du, Sophie, Liecht der Jugendt,
Deß Vatters grosse Lust, der werthen Mutter Zier,
Sieh' an der Liebe Macht, von der du für und für
Befreyt und sicher bist. Wer so wie du sich liebet
Mit ungefärbter Pflicht, wer seine Huld ergiebet
[58]
In Urtheil unnd Verstandt, ist klüger als der Gott,
Der täglich zu uns bringt das schöne Morgenroth.
Ihm machet Dafne selbst von ihren frischen Zweygen
Den Krantz, der nicht verwelckt, sein Nachklang wird nicht schweigen,
So lange Liebe wehrt. Nim dann in Gnaden an,
Du duppeltes Gestirn, was Dafne geben kan:
Den immer-grünen Krantz, und dencke, daß die Gaben
So Fürsten als wie ihr vollauff zugeben haben,
Zwar groß, doch irrdisch sind. Die Flucht der Zeit vertreibt
Das Unsrig' und uns auch; was Dafne gibt das bleibt.

Personen deß Gedichtes.


Ovidius, Vorreder.Der erste Hirt.
Dafne.Der ander Hirt.
Apollo.Der dritte Hirt.
Venus.Chor der Hirten.
Cupido.Der Nymfen und Hirten.

Der Vorreder

Ovidius.


Ihr sterblichs Volck, der ich nit sterblich bin,
Komm jetzt zu euch von den Elyser-Feldern,
Wo unsre Geister ziehen hin
Und letzen sich in grünen Wäldern;
Durch deß bleichen Charons Meer
Komm' ich, o ihr Menschen, her.
Ich bin der Mann, der ich so rühmlich sang
In meine Harpff' und die beruff'nen Seiten.
Wie Amors Macht und harter Zwang
Den Himmlischen vor alten Zeiten
Hat verwandelt die Gestalt
In Geflügel, Wildt und Waldt.
Ich habe mich die schwere Liebes-Kunst,
O dich, mein Rom, zu lehren unternommen;
Hab' auch gezeigt, wie solcher Brunst
Ein Hertze wider ab soll kommen.
Daß man recht liebt, kömpt durch mich,
Daß man nicht liebt, thu' auch ich.
[59]
Schau' aber zu, was für ein heller Schein
Umgibt mich doch, und wessen werd' ich innen?
Was Majestät muß dieses seyn,
Die mir bescheint Gesicht' und Sinnen?
Was doch blincket für ein Liecht?
Ist es mein Augustus nicht?
Ich kenne dich, du Blume dieser Zeit,
Du Zier und Spiegel aller Jugendt.
Der Rautenkrantz, die Freundlichkeit
Verrhätet dich, o Glantz der Tugendt;
Alle Menschen loben dich,
Und die Elbe neiget sich.
Du edle Braut, wol deiner Lieb' und dir;
Ich aber will jetzt wie vorweilen singen,
In was für Noth ein Cavallier
Und eine Dame sich kan bringen,
Die nicht nach der Liebe fragt,
Und nur thut, was ihr behagt.
Ihr werdet sehn für schwerer Liebes-Pein
Denselben Gott mit nassen Säufftzen klagen,
Der uns den schönen Tage-Schein
Herumb führt auff dem güldnen Wagen,
Der uns Allen gibt das Liecht,
Sieht für Liebe selber nicht.

Der erste Act

Der erste Hirt.

Unter diesem Schatten hier
Liegt das grimme Wunderthier;
Ihr Hirten weicht, geht weg ihr Schäfferinnen,
Schaut, daß kein Ast sich nicht bewegt,
Daß kein Geräusche sich erregt,
Es wird sonst euer innen.
Der andere Hirt.

So müssen wir dann auß Gefahr
Die süssen Felder meyden
Und können unser Vieh unnd weissen Lämmer Schar
Nicht sicher weyden?
[60] Der dritte Hirt.

O Jupiter, der du mit Donner-Flammen
Erschütterst See und Landt,
Nim deinen Plitz und Hagel gantz zusammen,
Beut her die starcke Hand;
Komm uns Armen doch zu Steuer
Wider dieses Ungeheuer.
Der erste Hirt.

Umb diesen Wald und Schatten haben wir
Bißher gesehn das Blutgetränckte Thier.
Echo. Hier.

Wie daß ich jetzund sicher bin?
Ists weg, ists anderswo dann hin?
Echo. Hin.

Ich weiß nit, wie ich doch diß Ebentheuer deute.
Kömpt es ins künfftig auch noch wider für uns Leute?
Echo. Heute.

Ach! Ach, wer dann tröstet mich,
Wann das Thier lässet sehen sich?
Echo. Ich.

Wer bistu, welcher mir verheist so grosse Wonne?
O bester Trost, den je beschienen hat die Sonne,
Echo. Die Sonne.

Bist du der Gott auß Delos, welcher sich
Mir zeigen will? O Sonne, hör' ich dich?
Echo. Ich dich.

Du, du hast Pfeil' und Krafft, drumb steure der Gewalt
Der grimmen Bestien, o Phebus, also bald.

Echo. Bald.

Apollo.

So ist dann nun dem Drachen
Durch meines Bogens Macht
Gestillt der wilde Rachen?
Umbringt ihn nun die Nacht,
Der vor die Pest der Erden,
Die Scheu der Menschen war?
Ihr Hirten, bringt die Herden,
Ihr seydt nun auß Gefahr.
Ihr Nymfen, windet Kräntze,
Hegt schöne Lobe-Täntze,
Kompt kühnlich in den Wald,
Singt, daß die Heyd' erschallt.
Das Thier wird nicht forthin
Die Lufft vergifften können
Und Kranckheit nach sich ziehn.
Erfrischet Hertz und Sinnen,
[61]
Die Wangen müssen nun euch nachmals nicht verbleichen,
Sie sollen Lilien und roten Rosen gleichen;
Dann die Schlang' ist umgebracht,
Die euch Kummer hat gemacht.
Chor der Hirten.

Du grosser Gott, der du den Feuer-Wagen
Rings umb den schönen Himmel führst,
Der du den Tag, so offt es pflegt zu tagen
Mit einem güldnen Mantel ziehrst,
Daß der helle Schein sich dringet
Durch der finstern Nächte Ruh,
Daß uns klares Liecht umbringet,
O Apollo, das machst du.
Daß auff den Frost diß grosse Rundt der Erden
Sein graues Winter-Kleyd ablegt,
Daß Wiesen, Feld und Wald verjünget werden,
Daß deß Geflügels Heer sich regt,
Daß sie in den Lüfften fliegen
Und uns lieblich singen zu,
Daß die Bäume Bletter kriegen,
O Apollo, das machst du.
Du Künste-Gott, du Artzt, du Traumaußleger,
Du Senger-Fürst, du Kraußpenhaar,
Du Immer-jung, du Meister aller Jäger,
Von dir kömpt alles gantz und gar;
Doch dein Pfeil und schneller Bogen,
Deines güldnen Köchers Pracht,
Wird dem allen für gezogen,
Was dich sonst berühmet macht.
Wer kondt' ohn dich, o Phebus, überwinden
Das wilde Gifft- und Flammen-Thier?
Komm, Cynthius, laß frische Kräntze binden
Umb deiner gelben Haare Ziehr,
Laß die Blumen, so wir haben
Dir, o Vatter, lieber seyn
Als der edlen Palmen Gaben
Und der Cedern reichen Schein.

[62] Der andere Act

Cupido. Venus. Apollo.

Cupido.

Was suchet ihr,
O Königin der schönen Frauen?
Wollt ihr nach Rosen schauen,
Nach Lilien zu eures Häuptes Ziehr?
Nein, liebste Mutter, nein.
Venus.

Was wird es dann wol seyn,
Mein Kind, das mir gebricht?
Cupido.

Wol Lilien noch Rosen nicht:
Adonis liegt euch in den Sinnen.
Und wo ein schöner Hirte sunst,
Die Ursach einer neuen Brunst,
Mag angetroffen werden können.
Venus.

Du kleiner Bösewicht.
Cupido.

Seht ihr den Gott auß Delos nicht?
Venus.

Was wird hernach doch auß dem Himmel werden?
Gehn jetzt doch fast die Götter gantz uff Erden.
Apollo.

Erzehle, du berühmbter Schütze,
Worzu sind dir die Pfeil' und Bogen nütze?
Ist ein grimmes Thier,
Das du meinest umbzubringen,
Oder auch gedenckst du, dir
Einen Drachen zu bezwingen?
Cupido.

Zwar Python ist durch meine Hand,
Apollo, nicht entleibet worden,
Jedennoch ist bekandt,
Was ich für Thaten thue.
Ich bin so wol in deinem Orden,
Bin auch ein Gott wie du.
[63] Apollo.

Das weiß ich wol; doch wann dein Bogen
Wird von dir abgezogen,
Machst du sehend Andern Wunden,
Oder triffst du auch verbunden?
Venus.

Im Fall du ja wilt wissen,
Apollo, was mein Sohn
Erwiesen hat im Schiessen,
So höre nur hiervon.
Was neben uns Neptun im Wasser sage,
Und über uns der Jupiter;
Geh' unter uns zum Pluto hin und frage,
Alsdann komm wider her.
Apollo.

Weil Himmel, See und Erden
Und was darunter lebt,
Von dir gezwungen werden,
Weil dir nichts widerstrebt,
So zeige man mir doch noch einen Himmel an,
Noch einen Erdenkreyß, in dem ich frey seyn kan.
Cupido.

Ich wuste wol, du würdest mich verlachen,
Und daß ein Kind bey dir nichts gilt,
Du grosser Schütz und Todt der grimmen Drachen;
Halt mich für närrisch, wie du wilt.
Apollo.

Erzörne dich so sehr nicht über mir,
Cupido mein, o wende Gnade für;
Wilt du mir ja mit deinem Bogen lohnen,
So wolltest du des Hertzens doch verschonen.
Venus.

Du wirst wol sehn, was du gethan,
Wann auß dem Schertzen Ernst entstehet,
Wirst sehen, was mein Söhnlein kan,
Wiewol es bloß und blind hergehet.
Cupido.

Bring' ich dem stoltzen Hertzen
Nicht Angst und Todtes-Pein,
So will ich nicht dein Kind mehr seyn.
[64] Venus.

Du empfindest billich Schmertzen,
Eyferst billich, lieber Sohn.
Gieb ihm seinen rechten Lohn,
Daß er möge noch erfahren,
Was deine Macht und seine Hoffart thue;
Du wirst hier keiner Kräfften sparen.
Cupido.

Ich habe weder Rast noch Ruhe,
Biß ich mich recht an ihm gerochen
Und mit dem Bogen hier,
Den er verhöhnt zur Ungebühr,
Ihm seinen stoltzen Muth gebrochen.
Gar gerne thue ich's nit, das ich soll von dir gehen,
Ich bleib' auch, wo mir's wirdt geschafft;
Doch Rache, die man an läßt stehen,
Verleurt durch Saumung ihre Krafft.
Venus.

Geh immer hin in Zeiten
Und denck auff Rach' und List;
Dann wann du zornig bist,
So hat man ohn Gefahr dich nit an seiner Seiten.
Ich kan allhier in dessen bleiben,
Und umb den grünen Waldt
Die Zeit vertreiben;
Hernach, so bald
Du her kömpst, will ich mit dir hin
In unsern Himmel ziehn.
Wer von der Lieb' ist franck und frey
Der mag wol billich frölich leben,
Doch schau er zu, daß er nicht sey
Der Hoffarth allzusehr ergeben.
Er laß' uns unverlacht;
Diß ist der Schluß, den hat mein Son gemacht,
Der Abschied, den er spricht.
Fühlt ihr gleich Lieb' anjetzund nicht,
So kan doch bald ein Stündlein kommen,
In dem durch ihre Pein
Euch Muth und Hertze wird benommen.
Alsdann wird Amors Macht
Euch nicht verborgen seyn,
Die ihr anjetzt verlacht.
[65] Chor der Hirten.

O, du kleiner, nackter Schütze,
Wann der Bogen, den du spannst,
Giebet solche Liebes-Hitze,
Daß du Götter fällen kannst,
Was dann wirst du nicht, o Kind,
Uns thun, die wir Menschen sind?
Unser Hertze muß sich kräncken,
Unsre Sinnen sind betrübt,
Wann wir an den Jüngling dencken,
Der sich in sich selbst verliebt;
Der verlohr die Menschen-Art,
Und zu einer Blumen ward.
Aller schönen Nymfen Hertzen
Brannten gegen ihm für Pein,
Aber er ließ ihre Schmertzen
Ohne Trost und Hoffnung seyn.
Zwar sehr groß war seine Zier,
Doch der Hochmuth gieng ihr für.
Eine starb in Liebes-Orden,
Gar zu tieff durch ihn versehrt,
Die hernach ein Schall ist worden,
Den man nach uns ruffen hört;
Aber Amors grimme Macht
Straffte solche strenge Pracht.
Wie er sonst hatt' euch versehret,
O ihr Nymfen, für der Zeit,
Also ward er jetzt bethöret
Durch sein' eygne Zierlichkeit,
Biß er noch sein Ende nahm
Und in Zahl der Kräuter kam.
Laßt uns ja uns selbst nicht lieben,
Bild' ihm niemand zu viel ein,
Will er sich nicht selbst betrüben
Und in Furcht ohn' Hoffnung seyn:
Wündsch' ihm weder Weib noch Mann,
Zu erfahrn, was Amor kan.

[66] Der dritte Act

Dafne. Apollo.

Dafne.

Es ist die Spur deß Hirschen ja für mir;
Wie laß bin ich! Ach, wer er doch allhier.
Apollo.

Wer muß nur diese seyn;
Die auß den Augen lässet blincken
So einen hellen Himmels-Schein,
Den ich spür' in mein Hertze sincken?
Dafne.

Ich denck ihm noch wol für zu biegen,
Im Fall ich eyle.
Ich muß nur sehn, ob auch der Peil wird fliegen
Und scharpff seyn, wie er soll.
Apollo.

Ach, scharpff genung sind deiner Augen Pfeile,
Ich fühle sie ja wol;
Sie verwunden mich von ferrnen.
Bist du nicht der Nymfen eine,
Oder, wie ich auch vermeine,
Eine Göttin auß den Sternen?
Wie daß du Pfeil' und Bogen an dich henckest?
Dafne.

Ich such' ein schnelles Wild
Und bin ein sterblichs Weibesbildt,
Nicht eine Göttin, wie du denckest.
Apollo.

Gläntzt in der schönen Sterbligkeit
Dergleichen Liecht,
So frag' ich nach dem Himmel nicht.
Dafne.

Das Thier verläufft sich allzu weit;
Ich muß den Fuß nur ferrner setzen.
Apollo.

Du kanst doch mit den Augen hetzen,
Im Fall du schon nicht Berg und Thal
Mit deinen Pfeilen
Durchsuchest überall.
[67] Dafne.

Nichts anders wündsch' ich zu ereylen;
Die Lust, so ich im Sinne führe
Sind Berge, Püsch' und Thiere:
Diß ist der Raub, der bey mir gilt.
Apollo.

Du fällest nicht nur blosses Wildt;
Dann deiner stoltzen Augen Liecht
Kan auch die Götter selbst versehren;
Ihr Hertz' ist für dir sicher nicht.
Dafne.

Die Götter pfleg ich hoch zu ehren;
Durch meine Pfeil' und Bogen
Wird nur das Wild betrogen.
Du aber säumest mich
Mit langem Stehen.
Apollo.

Vergönne mir, daß ich
Mag mit dir gehen.
Ich weiß die Thiere wol zu fällen;
Wir wollen eine Jagt
Mit grosser Lust anstellen,
Die mir und dir behagt.
Dafne.

Es darff sich nichts zu mir gesellen
Als Pfeil und Bogen nur. Glück zu.
Apollo.

Ach, warte! warumb eylest du?
Erkenne doch, o Schöne, wer dich liebet;
Ein Gott ist's, der sich dir ergiebet,
Der dich begehrt, gieb deinem Glücke statt,
Nimb an den guten Rhat.
Ach fleuch, ach fleuch doch nicht!
Mein Hertze das zerbricht
Und zwingt mich, daß ich schneller eyle
Als diese meine Pfeile,
Wann mir ein Wild auffstößt.
Du rennest, läuffst und gehst,
Wohin du wilt, so will ich folgen können.
Wer eyfrig liebt, dem kan kein Ding entrinnen.
[68] Chor der Hirten.

Liebe, wer sich selber haßt;
Aber wer sein gutes Leben
Will der freyen Ruh ergeben,
Reißt sich von der argen Last,
Suchet für das süsse Leyden
Felder, Wild, Gepüsch' und Heyden.
Ihm gefällt die Faulheit nicht,
Die nicht als zum Bösen wachet,
Die den Trägen schwächer machet
Und der Starcken Krafft zerbricht,
Die den Geist zeucht auff die Erden
Und heißt Männer Kinder werden.
Seine Lust, die er begehrt,
Die ihm kürtzet manche Stunde,
Sind berühmbte schnelle Hunde
Und ein ritterliches Pferdt;
Sein Gemüthe muß sich letzen
Mit dem adelichen Hetzen.
Wann der Reiff das Feldt betaut,
Und die Vögel mit dem Singen
Umb die Morgenröthe springen,
Sitzt er munter auff und schaut,
Ob er mit den schnellen Winden
Kan ein schönes Stücke finden.
Also dringt die scharpffe Pein
Nimmer in sein grosses Hertze,
Das von Wollust, Lieb' und Schertze
Gantz will frey und sicher seyn,
Will nicht von den Freuden wissen,
Die Gemüth' und Leib muß büssen.
Flieht ingleichen diese Lust,
Die doch nur den weichen Sinnen,
So nichts Mannlichs üben können
Soll bekandt seyn und bewust,
Die nur wie ein Schatten stehet,
Der bald wird und bald vergehet.

[69] Der vierdte Act

Cupido. Venus.

Cupido.

Was gilt's, ich habe dir den stoltzen Muth gebrochen,
Der meine Macht sonst hat verlacht,
Und mich an dir gerochen?
So lernt, ihr Götter, nach der Zeit
Hier meines Köchers innen werden,
Und ihr, ihr Sterblichen, erhebet weit und breit
Mein hohes Lob auff Erden.
Venus.

O süsser Sohn, was hastu doch gethan?
Was will diß Frölichseyn und Lachen?
Was ist es doch, mein Kind? Sag an,
Daß ich mich auch kan lustig machen.
Cupido.

O Mutter, laß mir einen Wagen
Von Gold' und edlen Steinen bauen;
Jetzt mag ich einen Krantz zum Sieges-Zeichen tragen,
Die Götter sollen heute schauen
Wie recht ich triumphiren kan.
Der Gott, so von der Himmels-Bahn
Mit seiner Strahlen Krafft die gantze Welt durchscheint,
Hat meines Bogens Nach' empfunden,
Geht jetzt und weint,
Ist kranck an Liebes-Wunden.
Venus.

Kan ein Gott auch rühmen sich,
Daß er für dir frey sey blieben?
Sohn, Sohn, dencke wer bin ich,
Folgt doch deine Mutter dir,
Muß nach deinem Willen lieben
Götter oben, Menschen hier.
Cupido.

Zwar traurig hab' ich dich gemacht,
Jedoch so hast du auch gelacht.
Ich hab dich gar nie gesehen weinen,
Wie Mars in deinen Armen lag,
Eh' als der helle Tag
Verrhäterisch den Glantz ließ auff euch scheinen.
[70] Venus.

Ach schweig; doch weissest du, wie mir entfiel der Muth
Und wie mein Antlitz ward als Blut.
Aber laß uns hier nicht stehen;
Es ist Zeit,
Heim zu gehen
In das Hauß der Ewigkeit.
Chor der Hirten.

Kein schnelles Wild, das in den Püschen lebt,
Dem Graß die Nahrung giebt,
Kein Vogel auch, der umb die Wolcken schwebt,
Kein Fisch bleibt unverliebt;
Nichts ist, was wohnt auff Erden,
Wo Lufft und See durchstreicht,
Was ist und noch soll werden,
Das nicht der Liebe weicht.
Die Kräuter selbst, so ohne Geist auffgehn,
Sind Freund doch unter sich,
Kein Element kan bey dem andern stehn,
O Amor, als durch dich;
Der Mensch ist's, der die Gaben
Deß Liebens von sich streicht
Und will ein Hertze haben,
Das nicht der Liebe weicht.
Der eine stellt auff ungezähmtes Wild,
Der reyset Tag und Nacht,
Ein andrer hört wann die Trompet' erschüllt
Und Fug' zum Kriegen macht,
Der schauet, daß mit Schertze
Und Lust die Zeit verstreicht,
Damit er hab' ein Hertze,
Das nicht der Liebe weicht.
Doch wann uns kömpt deß Leibes theure Wahr'
Der Augen Strahlen für,
Der weisse Halß, das Goldtgemengte Haar,
Der rothen Lippen Ziehr,
So muß man innen werden,
Daß nichts sich ihnen gleicht
Und kein Ding sey auff Erden
Das nicht der Liebe weicht.

[71] Der funffte Act

Apollo. Dafne.

Apollo.

Bleib, Nymfe, bleib; ich bin dein Feind ja nicht,
Daß du so lauffst, mein Liecht,
Als wann ein armes Schaff vom Wolffe wird getrieben.
Mein Folgen kömpt vom Lieben.
Ach, ach, daß für die grosse Brunst
Kein Kraut wächst auff der Erden!
Was hilfft mich jetzo meine Kunst,
Durch welche sunst
Ein Jeder heil kan werden.
Dafne.

O Vatter Peneus, nim mich an,
Dein unbeflecktes Kind. O Vatter, hilff doch mir,
Im Fall ein Fluß auch helffen kan.
Bedeck, o Erde, mich, nim zu dir meine Zier,
Verschling sie, oder laß sich meinen Leib verkehren
In etwas, welches mich kan der Gewalt erwehren.
Apollo.

Soll dann, ihr harten Rinden,
Die unbefleckte Zier,
So Hertz und Sinn mir kundte binden,
In euch verdeckt seyn für und für?
Ihr Augen, die ihr mehr ein Quell als Augen seyt,
Bleibt an die Zweige hier gehefftet jederzeit.
Hier, da ist das edle Hertze,
So das meine mir zerbricht,
Hier ist meiner Sonnen Liecht,
Das die helle Tages-Kertze,
Die Vertreiberin der Nacht,
Aller schwartz und tunckel macht.
Wiewol ich sonst unsterblich bin,
Doch sterb ich ihrentwegen hin.
Ach Nymfe, die du' dich
Hast eines Gottes Lieb' erwehret,
Dardurch dein schöner Leichnam sich
In einen Lorbeerbaum verkehret,
Es widerfahr in Ewigkeit ja nicht,
[72]
Daß ich dein Lob nit soll' in Himmel mit mir führen.
Mit deinen Blättern will ich allzeit, o mein Liecht,
Diß güldne Haar mir ziehren.
Diese meine Pflantze hier
Soll begrünt seyn für und für,
Soll in Kält' und Hitze stehen,
Für dem Wetter frey und loß:
Donner, Plitz und harter Schloß
Soll bey dir fürüber gehen.
Die Regenten dieser Welt
Und ein unverzagter Heldt,
Der sich ritterlich geschlagen
Unter seiner Feinde Schar,
Soll umb sein sieghafftes Haar
Diese frische Zweyge tragen.
Herd' und Hirten sollen dir
Lassen deine grüne Zier;
Hier soll frey von andern Dingen
Nymf' und Göttin ihre Zeit
Lustig und in Frölichkeit,
O du edler Baum, verbringen.
Der Nymfen und Hirten Tantz umb den Baum.

O schöne Nymfe, freue dich,
Dein Leib, der vor besorget sich,
Man würd' ihn nicht verschonen,
Nach dem er Laub und Schatten giebt,
So wird der schöne Baum geliebt,
Auch da wo Götter wohnen.
Kein Plitz ist, der dein Kleyd zerbricht,
Du achtest keinen Regen nicht,
Blühst stets mit grünen Haaren,
Legst nimmer von dir deine Zier,
Bekräntzest grosse Fürsten hier
Und auch der Götter Scharen.
Nun wachse fort, als wie du thust,
Geneuß mit Freuden deiner Lust
Und deiner schönen Gaben.
Wir wollen, wo ja Amors Pfeil
Uns gleichfalls giebet unser Theil,
Ihn auch in Ehren haben.
[73]
Und trügen wir dann Liebes-Gunst,
Laß unsrer Augen treue Brunst
Der Liebsten Sinn durchdringen,
Laß unsers guten Hertzens Pflicht
Wie Eyß, das von der Sonnen bricht,
Ihr hartes Hertze zwingen.
Wo aber es sich auch begiebt
Daß die von uns nicht wird geliebt,
Die uns liebt je auff Erden,
So laß diß unser Haar allhier
An stadt deß Lorbeerbaumes Zier
In Heu verwandelt werden.
Nun grüne fort, und mit dir auch
Der überedle Rauten-Strauch,
Der uns erhält das Leben;
Der Himmel laß' ihn seine Frucht,
Die manches krancke Land jetzt sucht,
Von Zeit zu Zeiten geben.
Nim zu und wachse für und für,
O Rautenstrauch, der Felder Zier,
Für dem die Schlangen fliehen,
Der böse Lust und Schmertzen stillt,
Für dessen Krafft kein Gifft was gilt
Und kan unß nicht durchziehen.
Nim zu und wachse für und für,
Und deine Zweygen neben dir,
Die alle Schönheit ziehret,
Von denen einer sich jetzt giebt
Dem Löwen, der ihn hertzlich liebt
Und hin in Hessen führet.
O schöner Frühling, freue dich,
Der Blumen Lust erhebe sich,
Die Vögel müssen singen;
Der Zweyg so dich, o Löw', ergetzt,
Den Venus in dein Land versetzt,
Wird neue Zweyge bringen.
Wir sehen schon, wie nach der Zeit,
Wann Jupiter den harten Streit
Durch Teutschland noch wird stillen,
Wir sehen, wie der Rauten Ziehr
Mit grüner Lust wird für und für
Feldt, Berg und Thal erfüllen.

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