Joseph Franz Ratschky
Gedichte

[3] Vorrede

Wohlan, es sey!
Auch ich will's wagen,
Was ich in Tagen
Der Wonne, frey
Vom Joch der Sorgen,
Und fern vom Zwang,
Dem grauen Morgen
Entgegensang,
Dem Vaterlande
In diesem Bande
Trotz allem Dräun
[3]
Der Zoilaster
Und Kritikaster
Getrost zu weihn.
Zieht hin, ihr Spiele
Der Jugendzeit,
Wo, unentweiht
Vom Weltgewühle,
An Klio's Arm
Mir fern vom Schwarm
Der Sauertöpfe
Manch Lied gedieh!
Zieht hin, Geschöpfe
Der Phantasie,
Die im Genusse
Der frohsten Musse
Mein Geist gebar!
Zieht hin in Frieden!
[4]
Die holde Schaar
Der Pieriden
Mög' auf der Bahn
Zum hochgeweihten
Parnass hinan
Euch sanft geleiten!
Verzagt nicht gleich,
Ihr meine Lieder,
Wenn hin und wieder
Im deutschen Reich
Sich Journalisten
Kühn wider euch
Zur Fehde rüsten!
Oft ist ihr Muth
Nur Kinderwuth,
Und halten Männer,
Die man als Kenner
[5]
Des Schönen ehrt,
Euch lieb und werth,
So lasst die frechen
Pedanten schreyn,
Die insgemein
Nur Sylben stechen!
Doch solltet ihr
Mit Pfefferdüten
Und Zuckerhüten,
Wie Löschpapier
Je, klein zerstückelt,
Um Häringe
Herumgewickelt,
Als Flüchtlinge,
Gleich hundert andern,
Das Land durchwandern,
Nähm' euch das Heer
[6]
Der lockern Schneider
Zum Mass für Kleider,
Ja fänd' ich leider!
Euch ungefähr
In Käseläden
Bey Leichenreden,
Busspredigten
Und Fasts Scharteken,
Bey kritischen
Bibliotheken
Und Zeitungen
Zu meiner Schande,
O so verweilt
In diesem Stande
Der Schmach nicht! eilt
Im schnellsten Trabe
Nur bald zu Grabe,
Und sträubt euch nicht;
[7]
Ein schlecht Gedicht
Bringt seine Schwächen
Durch Widersprechen
Nur mehr an's Licht.
Wenn aber (schüchtern
Hoff' ich's) die Welt
Beglücktern Dichtern
Mich zugesellt,
Wenn ihr zu Zeiten
Durch eure Kunst,
Ihr sanften Saiten,
Bey wackern Leuten
Mir Beyfall, Gunst
Und Lieb' erringet,
Wenn's euch gelinget,
Ihr Liederchen,
Schwermüthigen
[8]
Ihr Leid zu mindern,
Wenn ihr, geschätzt
Von schönen Kindern,
Lehrt und ergetzt,
Und mir hiernieden
Die kurze Frist
Mit Lust versüsst,
So seyd zufrieden
Mit diesem Lohn,
Wenn euch auch schon
Des Nachruhms Adel
Ein Recensent
Dreist aberkennt,
Und euch den Tadel
Der Enkel dräut!
O mir gedeiht
Ein Bisschen Ehre
Bey Lebenszeit
[9]
Mehr, als die leere
Unsterblichkeit.
Was hilft im Grabe
Der Nachruhm mir,
Wenn ich dafür
Kein Ohr mehr habe?

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Ratschky, Joseph Franz. Gedichte. Gedichte. Vorrede. Vorrede. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-8CA4-0