[107] An die heutige Kritik

Wien im Brachmond 1782.


Ausgeartete, die, gleich dem Wetterhahne,
Jeder Windstoss hin und wieder weht,
Die, gleich einem lecken Schifferkahne,
Keiner Woge widersteht!
Einst der Weisheit Magd, nun jedes Knaben Dirne,
Dessen Steiss noch heut die Ruthe fühlt,
Und der morgen mit verwägner Stirne
Schon Minervens Priester spielt!
Sprich! soll lange noch dein toller Unfug währen?
Stürzt noch lange deiner Schüler Tross
Schlau vermummt auf Männer, die wir ehren,
Gleich Banditen, rücklings los?
[108]
Thörinn! soll der Mann des Nachruhms edle Krone
Von der Gunst des Knaben sich erflehn?
Soll er knechtisch vor dem Richterthrone
Eines jungen Miethlings stehn?
Ziemt es Lehrlingen, mit Männerruhm zu spielen,
Wie und wann es sie gelüstet? ... Nein!
Stürzt die Afterrichter von den Stühlen,
Die Vernunft und Recht entweihn!
Denn wo Knaben dreist verdammen und begnaden
Und ein Jünger sich erfrechen kann,
Seinen Meister vor Gericht zu laden,
Da erscheint kein braver Mann.

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TextGrid Repository (2012). Ratschky, Joseph Franz. Gedichte. Gedichte. An die heutige Kritik. An die heutige Kritik. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-8D10-1