Johann Rist
Das Friedejauchtzende Teutschland /

Welches /

Vermittelst eines neuen Schauspieles /

theils in ungebundener / theils

in gebundener Rede und

anmuthigen Liederen


Mit neuen / von

Herrn Michael Jakobi / bey der

löblichen Stadt Lüneburg wolbesteltem

Cantore und fürtrefflichem Musico,

künst und lieblich gesetzten Melodeien,

Denen / mit guter Ruhe und Frieden nunmehr

wolbeseligten Teutschen

Teutsch und treumeinentlich

vorstellet


Johann Rist.

Erklärung

[210] Erklärung deß Titelblats.
Fama
oder
Das Gerücht redet.

Es jauchtze mit Freuden der heitere Himmel;

Weil scheidet das schüchtere Waffengetümmel!

das Teutscheland trauet drey streitende Kronen /

die künfftig wird Ruhe mit Wonne bethronen:

Die Engel deß Friedens Oehlzweigelein finden /

und solche mit güldenen Banden verbinden;

Sie sollen die höhesten Häubter bekräntzen /

und schirmen der Christenheit mächtige Grentzen.

Daß Teutschland den Frieden / fast über Verhoffen /

nun endlich mit Franckreich und Schweden getroffen /

das bringet und klinget hier meine Trompeten /

bestimmet vom Rüstigen Elbe Poeten.

So jauchtze mit Freuden der friedliche Himmel;

weil scheidet der kriegenden Wolcken Getümmel!


Seinem Hochgeehrten Herrn Gesellschafter

setzet dieses zu sondern Ehren

Der Spielende.

[Widmung]

[210] Dem HochEdlen / Gestrengen
und vesten Herrn /
H. Vincent Möller /
Dero Königl. Maj. zu Schweden
wolbesteltem Hofraht und
Residenten /
Auch dero zu Schleßwig / Holstein Regierenden
Hochfürstl. Durchl. Geheimen Raht /
Meinem sonders Großgünstigem / Hochgeehrtem
Herrn / und mächtigem
Gönner.
Hoch Edler / Gestrenger und Vester /
sonders Großgünstiger / Hochgeehrter
Herr Resident /

Wann Jch die Flüchtigkeit dieses elenden / nichtigen Lebens is ernstlich bey mir betrachte / so befinde ich /daß in demselben anders nichts beständig sey / als nur dieses / nemlich unseren Gott hertzlich lieben / und in den allerrühmlichsten Tugenden sich üben. Die Liebe zu GOtt verursachet in unseren Hertzen eine sonderbahre Freude / und erfüllet die Seele mit einer himmlischen Liebligkeit und Klarheit / gegen welcher aller Weltlüste / sie mügen auch heissen wie sie immer wollen / nur wie Koht auf der Gasse sind zu schätzen. Die übung der Tugend / gleich wie sie eine überirrdische Bewegung ist / und von einer Gottliebenden Seele herrühret; Also schaffet und erhält sie auch ein fröliches / ruhiges Gewissen / reitzet den [211] NebenChristen an zu rühmlicher Nachfolge / machet uns willig unnd geschickt zu sterben / und bringet auch nach dem Tode einen so lobwerten / süssen Nachklang zu wegen / daß sie gleichsam die Gebeine im Grabe wiedrüm machet grünen / ja setzet die schiervergessene löbliche Thaten dergestalt wiedrüm an das Liecht / daß dessen auch offt die hinterlassene würcklich zugeniessen haben. Jn diesem Chor der Tugenden / welche uns gleichsam auß dem Schlamme erheben und sehr weit von der Erden und von allen dem jenigen / was jrrdisch gesinnet heisset / abführen /habe ich / meiner Weinigkeit nach / die Danckbarkeit / als eine sehr schöne Tochter deß guten Verstandes und der auffrichtigsten Neigung / von meiner Jugend an höchlich und hertzlich geliebet / die jenige allein für vernünftige Leute haltend / welche die empfangene Wolthaten is mit einer rechtschaffenen Danckbarkeit / die gantze Zeit ihres Lebens zu erkennen wissen.

Und eben diese Tugend ist es / welche mich auch zu diesem male reitzet und treibet / daß meinem hochgeehrten Herrn Residenten / als meinem großgeneigten Gönner und Wolthäter / ich dieses mein Friedejauchtzendes Teutschland unterdienstlich übergebe und für sein eigenes darreiche / keiner anderen Meinung / als allein hiedurch zu erweisen / wie gar gerne mit schuldigem Dancke meinem hochgeehrten Herrn ich wolte begegnen / wenn ich nur etwas in meiner Gewalt hätte / vermittelst welches ich dasselbe werckstellig machen könte.

Mein Großgünstiger Herr Resident lasse ihm doch nicht widerlich seyn / daß ich in dieser kurtzen Zuschrifft der gegenwertigen / vielleicht auch der künfftigen Nachwelt nur mit weinigem das jenige zuverstehen gebe / welches sonst eine grosse und weitläufftige Lobrede / ja wol ein gantzes Buch schwerlich könte fassen. Es geschiehet solches nicht eben zu dem Ende / [212] daß meines Herrn Residenten unvergleichliche Tugenden und fürtreffliche Eigenschafften hiedurch auf den Thron der Unsterblichkeit werden erhaben /angesehen selbige / ohne den jenigen Preiß / welches etwan von meiner stumpfen Feder könte herfliessen /gar wol wird bestehen; Sondern / daß beydes meine Freunde und Feinde mügen erkennen / wie wunderlich offt unser frommer GOtt rechtschaffene tapffere Leute erwekke / die sich meiner und anderen redlichen Gemühter / welche Kunst und Tugend lieben und üben /mit hertzlicher Treue / Aufrichtigkeit und Beständigkeit annehmen / und uns / so viel ihnen nur immer menschlich und müglich / beförderlich erscheinen. Es sind bereits etliche / ja ziemlich viele Jahre verflossen / als ich zum erstenmal die sonderbare Gewogenheit / womit mein hochgeehrter Herr meiner wenigen Person für vielen anderen sich zugethan erwiesen /klärlich habe verspüret / nicht wissend / was etwan denselben zu sothaner Gunstbezeigung gegen mir müge angetrieben haben.

Zwar / meinen Eigenschafften / dieweil sie so gar schlecht und von keiner sonderlichen Annehmligkeit oder Beliebung / darf ich es durch aus nicht zuschreiben / nur halte ichs gäntzlich dafür / daß / demnach mein großgeneigter Herr Resident / der grossen Liebe und Lust / welche ich jederzeit gegen allerhand gute Künste und Wissenschafften getragen / auch selbige zu erlernen mich unnachlässig bemühet / etwan wahr genommen / habe er / als ein hochgelehrter / wolversuchter / und der allerfürtreflichsten Sachen sehr erfahrner Herr und grosser Liebhaber / mir so vielfältige Freundschafft wollen erweisen / auf daß er mich üm viel besser müchte anfrischen / solchen lobwürdigen Verrichtungen mit grösserem Eifer und Ernst nachzuhengen / und solche Dinge zuerlernen / durch welcher Außübung zufoderst GOTT und seiner Kirchen /nachgehends auch manchem redlichen Menschen könte gedienet werden. Zu dem Ende hat er auch als ein solcher / [213] der viele fremde Länder / Königreiche und Völker in seinen kostbaren Reisen gesehen / deroselben Religion / Ordnung / Policinen / Regiment und Sitten mit höhestem Fleisse beachtet / und unterschiedliche fremde Sprachen zu seiner grossen Ehre und Nutzbarkeit erlernet und gefasset / mich vielmals mit sonderbarer Freundligkeit gleichsam gelehret und unterwiesen / von hohen und weitaußsehenden Staatsachen / seiner und vieler grossen Leute vernünfftige Meynung mir entdecket / ja zu besserer Erlernung derselben mit unterschiedlichen neuen / und von mir niegesehenen Bücheren in mehrerley Sprachen beschencket / und mich also niemalen ohne Vermehrung meiner / sonst schlechten Geschickligkeit und Erfahrung / auch Schärffung meines wenigen Verstandes /sehr wol vergnüget von sich gelassen / welche Gutthaten schon für sich so hoch unnd theur zu schätzen /daß sie mich billig reitzen und treiben selten / alle mügliche Mittel herfür zu suchen / Krafft welcher ich meine schuldige Danckbarkeit nur ein wenig gegen meinem Herrn könte blicken lassen.

Es hat aber mein hochgeehrter Herr Resident Gutthaten mit Gutthaten gehauffet / in deme er / unangesehen die Vielheit und Wichtigkeit seiner Geschaffte /mit welchen er in unterthänigster allergetreuster Bedienung einer so grossen Königinn / und deroselben hohen Staatsachen fast stündlich wird bemühet / nicht unterlassen wollen / meine weinige Person an meinem geringen Orthe vielmals zubesuchen / und solches fast kein eintziges mal ohne Erneuerung Seiner Wolthätigkeit / welche leutselige Freundschafft üm so viel höher von mir zu schätzen / daß er dieselbe nicht nur bey guten Tagen und wenn mirs glücklich und wol ergangen / sonder auch in meinem Unfalle und betrübten Zustande hat fortgesetzet / wie ich mich denn annoch sehr wol erinnere / daß / wie mir der liebe GOTT im nechst verflossenem Jahre ein nicht schlechtes Unglück und [214] Haußkreutz hat zugeschicket / in deme ich mit einem hohen Wagen von einem gähen Hügel herunter stürtzend / mein Schulterblatt dergestalt zerschmettert / daß ich ungläubliche Schmertzen deßwegen habe außstehen müssen; Mein großgeneigter Herr und Günner damals alle seine schwere Verrichtungen beyseit gesetzet / ungesäumet zu mir herauß kommen / mit gutem Raht und Trost mir beygesprungen / auf das freundlichste zugesprochen / nachgehends zu Erkaufung eines anderen und bequemeren Wagens mit milter Hand gar behülflich sich erzeiget / ja sich meiner nicht anders / als wäre ich etwan sein leiblicher Bruder oder nähester Blutsverwanter / getreulichst hat angenommen / massen ich auch noch ferner nicht vorbey kan / seiner Freygebigkeit hochrühmlich allhier zugedencken / welche er mir in eben demselben Jahre / da mir alle meine / so saur erworbene Baarschafft dieblicher Weise entwendet /und ich dadurch aller Lebensmittel gäntzlich ward beraubet / so vielgünstig hat erwiesen / in dem er der allererste gewesen / der nach solchem erlittenen grossen Schaden mich mildiglich wiedrüm beschencket / ja auch hertzlich gerne andere fürnehme Herren und Freunde zu gleichmässiger freygebigkeit überredet /auch wol ein ansehnliches erhalten hätte / wenn theils deroselben Gemühter so wenig als meines Herrn Residenten getreues Hertz an dem Mammon hatten geklebet / wiewol ich nicht läugne / daß gleichwol etliche / jedoch gar wenige / unter welchen zwene fürnehme / und bey Königen und Fürsten / in hohen Aemteren sitzende tapffere Edelleute und Rähte gewesen /sich auch hochgünstig gegen mir erzeiget und klärlich dargethan / daß ihnen mein Unfall nicht weiniger / als hätte er sie selbst getroffen / zu Hertzen gienge / massen sie solches nicht nur mit Worten / sondern vielmehr thätlich und im Wercke erwiesen / welches der Geber [215] alles Guten diesen und anderen meinen Wolthäteren mit reichem Segen ungezweifelt wird vergelten.

Damit ich aber die Ursachen / welche mich angetrieben / dieses mein Friedejauchtzendes Teutschland meinem hochgeehrten Herrn Residenten für vielen anderen zuzueigenen / noch ferner müge entdecken; So bleibet mir ja billich in frischer Gedächtnisse / das günstige Versprechen / welches über alle / oberzehlte / viele / mir erwiesene Gutthaten / auch meinem Sohne für etlicher Zeit von ihme geschehen / wo durch mein Herr sich freywilligst hat erbotten / daß er demselben / so lange er in dem wolbestelten / löblichen Gymnasio zu Hamburg / unter der getreuen Auffsicht und fleissiger Unterweisung dessen hochgelehrten Professorn und weitberühmten Männer sich würde auffhalten / zu Erkauffung nützlicher und nöhtigster Bücher ein gewisses Geld jährlich wolte darreichen lassen / und wenn er künfftig auff hohen Schulen würde leben sollen / ihme sothane Freygebigkeit gedoppelt / und ferner alle mügliche Beföderung erwiesen werden / daß ich also nebenst meinem Sohne ja die grösseste Ursache habe / nicht allein solcher unverdienten Gewogenheit uns höchlich zuerfreuen /sondern auch Tag und Nacht auf Mittel bedacht zu seyn / wie wir samt allen den lieben Unserigen sothane Liebe unnd Gutthaten gegen meinen hochwehrtesten Herrn Residenten und allen den jenigen / welche ihm lieb und angenehm sind / nur in etwas mügen erwideren / denn / solche seine Wolthaten mit vollenkommener Danckbarkeit zuverschulden / ist uns so weinig thunlich / als es meinem Herrn müglich ist /aufzuhören / mir und den meinigen alles Liebes und Gutes zu erweisen.

Wer siehet nun hierauß nicht / wie hoch und theur die rühmliche Tugenden zu schätzen / welche auß einem recht Edlen Gemüte und hohem Verstande / mit Kunst und Geschickligkeit begleitet herfliessende / so herrliche Wirckunge haben / gestalt denn ein jedweder offenhertzig wird bekennen müssen / [216] daß solche hochlöbliche Gemüthsneigunge bey einem nichtswissendem unerfahrnem Menschen / wenn er gleich in seinen Schätzen und Reichthümeren biß an die Ohren lege vergraben / sich nimmermehr werden finden lassen. Erscheinet derowegen heller als die liebe Sonne / daß meines hochgeehrten Herrn Residenten Hertz / Sinn und Gemühte / welches durchauß nicht an dem irrdischen und Vergänglichen klebet / sondern mit und durch die Tugend sich gleichsam über die Sterne erhöhet und Himmelan schwinget / für allen Dingen die Beföderung der Ehre Gottes / Fortsetzung und Außübung mancherley Künste / Wissenschafften und Sprachen / Unterhaltung treubeständiger Liebe und Freundschafft / Aufmunterung und Erziehung der studierenden Jugend / schließlich aber die rühmliche Verewigung eines wolgeführten Lebens und Wandels / welche auf das vorhergehende nohtwendig muß folgen / sich hertzlich angelegen seyn lässet.

Jn Erwegung dieses alles / wird mir es kein Verständiger Mensch verargen / daß ich in dieser Zueigenungs-Schrifft nur das jenige der Gelehrten Welt /ohne einige Schmeicheley oder Liebkosen / habe zuvernehmen geben wollen / was an sich selber der Warheit durchauß gemeß / unnd vielen grossen Leuten / ja auch mächtigen Fürsten dermassen wolbekant ist / daß ich mich eines solchen Zuschreibens im geringsten darf schämen / und demnach kein eintziger Neider noch Mißgönner / er sey auch wer er wolle /das Hertz wird haben / auch nur mit dem geringsten Wörtlein dawider zu mucken / oder diese meine unterdienstlichste Ubereignungs-Schrifft zu tadelen.

So wil denn meinem hochgeehrten Herrn Residenten ich hiemit demühtigst ersuchet haben / er dieses mein Friedejauchtzendes Teutschland mit günstigen Augen und Händen / von seinem getreuen Diener annehmen / selbiges wolgemeintes Schauspiel durch sein hohes Ansehen / wider die neidige Tadeler [217] bester massen schützen / seinem grossen Verstande nach /alles / was darin enthalten / zum Guten deuten / und ferner mein mächtiger Patron und hochgeneigter Gönner jederzeit wolle verbleiben. Jch verpflichte mich hinwieder / daß / so lange mir GOtt mein Leben wird gönnen / ich nicht auffhören wolle / denselben getreuen Gott von gantzem Hertzen anzuflehen und mit inniger Begierde zuersuchen / daß Er meinen Großgeneigten / sehr wehrten Herrn bey langem Leben / guter Gesundheit / glücklicher Verrichtung vieler hochangelegenen Staatsgeschäffte / und aller Leibes unnd der Seelen Gedeiligkeit in Gnaden wolle erhalten / mir auch dermaleinist Mittel an die Hand geben / die vielfältige von ihme / mir und den Meinigen erwiesene Gutthaten mit geziemender Danckbarkeit zuerwiederen / damit ich der gantzen Welt klärlich müge bezeugen / wie gar hoch ich sey verbunden / zu leben und zu sterben


Meines hochgeehrten Herrn

Residenten gehorsamst ergebener

aller getreuester Diener


Geschrieben zu Wedel / am

Tage deß Apostels Bartholomæus /

war der 24. deß Augustmonats im

1653. Jahre.

Rist.

Vorbericht

[218] Vorbericht an den auffrichtigen Teutschen Leser.
Auffrichtiger und wohlgeneigter Leser.

Es haben unsere Teutsche ein altes / zwar kurtzes / jedoch feines Sprichwort / welches heisset: Zusage machet Schuld. Und eben desselben erinnere ich mich zum Anfange dieses meines Vorberichtes gar billich.

Denn / als ich für etlichen Jahren mein Friedewünschendes Teutschland ließ heraußkommen / habe ich in desselben Vorbericht unseren redlichen Teutschen versprochen / daß / dafern der getreue Gott unser aller Gebet und Seufftzer in Gnaden erhören und unser liebes Vatterland mit dem hocherwünschetem / edlen Friede dermaleinst widrüm würde beseligen / so wolte auch ich das Friedejauchtzende Teutschland hervorgeben / und in einem solchem neuen Schauspiele / mit sonderbaren Lobliederen dem Allerhöhesten für seine vatterliche Güte hertzlich dancken.

Nun hätte ich / nach erhaltenem vielerwünschetem Friede / schon längst dieser meiner Verheissung nachgelebet / wenn ich nicht zu unterschiedlichen malen daran mercklich wäre verhindert worden. Und zwar /so hat mich erstlich die Unsicherheit / oder vielmehr die Ungewißheit des allgemeinen Friedens in Teutsch land sehr zu rücke gehalten / gestalt es denn auch mit demselben noch für weiniger Zeit nicht also beschaffen gewesen / daß Teutschland so gar freudig über seinen Friede hätte jauchtzen / oder sich deßwegen von Hertzen lustig machen können. Man betrachte doch nur den neuen Streit / welcher bald nach beschlossenem Frieden / zwischen den beyden [219] Hochfürstlichen Häuseren / als dem Churfürsten zu Brandenburg / und dem Hertzogen von Neuburg / sich angesponnen! auß welchem Füncklein gar leicht ein grosses / und dem gantzen Teutschen Reiche hochschädliches Feuer aufs neue hätte entstehen können / wenn selbiges nicht durch zu thun der höhesten Häubter und Friedeliebenden Gemühter / bey guter Zeit gestillet / und dessen aufgehende Flamme / ehe sie gar überhand genommen / klüglich wäre geleschet worden. Und lieber / was für einer beständigen Sicherheit deß Friedens hat sich Teutschland biß auff gegenwärtige Stunden doch wol zu rühmen? Man erkündige sich nur wegen dieser / etwas gefährlichen Frage / bey fürnehmen Staatsleuten; da wird man gewißlich Wunder über Wunder hören und vernehmen.

Ferner / so habe ich auch gegenwärtiges mein Friedejauchtzendes Teutschland nicht gerne wollen heraußgeben / ehe und bevor ich dasselbe auf der Schaubühnen öffentlich hätte vorgestellet oder sehen lassen / massen ich bereits von Herrn Andreas Gärtner /der auch mein Friedewünschendes zum ersten male in Hamburg / für etlichen Jahren hat gespielet / von Dantzig auß Schrifftlich bin ersuchet worden / ich doch dieses neue Schauspiel so lange mögte zurücke halten / biß er auf Hamburg käme / da er denn die Ehre zu haben verhoffte / selbiges ebenmäßig zum allerersten male auf die Schaubühne zu bringen / welchen Begehren ich auch dazumal statt gegeben / und diese meine Arbeit ihme zugefallen fast Jahr und Tag widrüm hinweg und zu rücke geleget habe. Ob nun wol zu Hamburg schon einige Zubereitung / dieses Schauspiel daselbst aufzuführen gemachet / ist auch das Spielhauß eine geraume Zeit für den Herrn Gartner ledig gehalten worden / so ist er doch mit seiner Gesellschafft nicht ankommen / was ihn nun hiezu verursachet / daß er seinem / schrifftlich gethanen[220] Versprechen nicht nachgelebet / davon kan ich zwar nichtes eigentliches / noch gewisses schreiben / das aber weiß ich wol / daß die Beföderung zum Drucke dieses meines Friedejauchtzenden Teutschlandes /länger als ein gantzes Jahr durch diesen Verzug und Außbleiben ist gehemmet und zurücke gehalten worden.

Was nun nach Verfliessung dieses / mir auch ferner von den jenigen wiederfahren / welche sich schon vorlängst erboten / dieses Wercklein zum Drucke zu beföderen / hernachmals aber anders gesinnet worden /davon wil ich zu diesem male / als da ich mich nohtwendig der Kürtze befleissigen muß / schweigen / soll aber an einem anderen Orte zu vieler Leute höhester Verwunderung von mir entdecket / und aller Welt /zwar nicht ohne sonderbare Ursache / kund gemachet werden.

Nach deme ich nun / auffrichtiger lieber Leser / dir etliche Zufälle zuverstehende gegeben / welche den öffentlichen Abdruck dieses meines Schauspieles bißhero gehindert / so erforderts nun ferner die Nohtwendigkeit / daß ich von der eigentlichen Beschaffenheit unseres Friedejauchtzenden Teutschlandes ein weinig mit dir rede / nicht so eben üm deinent willen / demnach ich wol weiß / daß du / der du selber teutsch und redlich bist / auch nicht anders / alß teutsch und redlich davon wirst urtheilen / sondern meinen Neidern /oder den jenigen zugefallen / welche gerne alles mügen tadlen / und doch selber etwas Gutes zu schreiben oder herauß zugeben / gantz und gar nichts taugen. Jch will aber anfänglich alle die jenige gebeten haben / welche etwan vermeinen / daß Schauspiele zuerfinden / aufzusetzen und vorzustellen eine so gar schlechte oder gemeine Sache sey / daß sie es doch nur mit einem eintzigem Aufzuge wollen versuchen /was [221] gilts ob sie nicht ein andermal / mit ihrem unzeitigen urtheilen zu rücke halten und diese müheselige Arbeit wol unangerühret werden bleiben lassen? Unterdessen ist es warlich eine gar geringe Kunst / anderer Leute Schrifften frech zu tadelen / bald hie / bald da ein Wörtlein auß selbigen wegzuklauben / alles zum ärgsten deuten / und doch selber nichts bessers oder nützlichers an den Tag bringen. Aber / wie könte man sonst wissen / daß solche Gesellen unverständige / grobe Neidhämel wären / wenn sie sich nicht /wie die Spitzmäuse / durch solches ihr eigenes Esel Geschrey selber verriehten? Sonderlich aber / können diese Leute durchauß nicht leyden / daß man die nackende Warheit rund und dürre herauß sage / schreibe oder singe / wie ich denn schon vorhin weiß / daß unser Naseweiser Meister Tadelgern mit meines Wahremundes harten Bußpredigten gar nicht zu frieden seyn wird / angesehen besagter Wahremund in denselben die Laster / welche leider in allen Ständen deß gantzen Teutschlandes mit Hauffen befindlich / zimlich scharff angegriffen / und so weinig der Geistlichen als Weltlichen hat verschonet. Aber / vermeinest du Splitterrichter / es sey den Geistlichen hierin zu viel geschehen? Ach nein! du bist weit betrogen: Wahremund schliesset sich selber nicht auß / jme ist nicht unbekant / daß er ja so wol / als andere seines Standes / menschlichen Fehlern und Gebrechen ist unterworffen / darüm begehret er sich auch allein nicht weiß zu brennen. Er läugnet zwar nicht / daß annoch /Gott lob / viel hocherfahrne / gelehrte / gewissenhaffte / und das falsche Christenthum unter uns außzurotten / oder vielmehr zu verbesseren / recht eiferige und sehr begierige Leute unter den Geistlichen werden gefunden; dagegen aber muß man auch gestehen / daß es leider! leider! mehr denn allzuwahr sey / daß etliche unter ihnen dem verfluchten Geitze / [222] etliche dem Sauffen / Schwelgen und Müssiggange / etliche dem ungeistlichen Weltleben dergestalt sind ergeben und zugethan / daß sie schwerlich von den Gottlosesten Leuten / ja den allertollesten Welthümmelen können unterschieden werden / es wäre denn / daß man gleichwol ihre Geistlichkeit nur in langen Röcken und Mäntelen wolte suchen und durch solche Kleidung ihr böses / sündhafftes Wesen und Schalckheit zudecken und verhälen. Aber / was bedarff es doch viel ümschweiffens oder heuchlens? Es finden sich unter den Herren Geistlichen ja solche Haderkatzen / solche neidische / mißgönstige und tadelsüchtige Zäncker / daß mancher grosse Ursache hat / sich mit mehrerem Fleisse für ihrer Feindschafft / als dem Schlagen eines hitzigem Pferdes / oder dem Beissen eines grimmigen Hundes zu hüten: Jch für meine Person / kan hievon so klärlich zeugen / als einiger Mensch unter dem Himmel: Meine is grösseste und hefftigste Verfolgung habe ich gantz unverschuldeter Weise von den Geistlichen müssen erleiden; Aber / Gott sey ewig Lob /nicht von solchen Geistlichen / welche ihres Gottseligen Lebens und Wandels / hohen Verstandes und Geschickligkeit / wolverdienten Fleisses / und der Kirchen Gottes zu gute / angewendeten / nützlichen Arbeit / auch anderer fürtrefflichen Eigenschafften halben bey allen tugendliebenden hochgeehret / gerühmet und geliebet werden. Nein traun: Solche redliche Leute haben mir alle Ehre / Liebe / Treue und Freundschafft erwiesen / wie solches / Gott lob / weltkündig; Sondern / alle meine Wiederwärtigkeiten / Verläumbdung und heimliche Nachstellungen sind mir von solchen Priesteren herkommen / welcher grösseste Kunst ist / daß sie einen Sermon / den sie durch Hülffe einer Postillen außwendig gelernet / ohne Geist und Erbauung daher schwatzen / [223] bißweiln auch wol etliche Predigten außschreiben / und dieselben unter ihrem Nahmen drücken lassen / damit es heissen müge: Sie haben gleichwol auch Bücher gemachet / ihre übrige Zeit aber / entweder mit wucheren und geldsamlen /oder schwärmen / sauffen und müssiggehen zu bringen / ja / von solchen Geistlichen / welche offt besser geschicket sind / arme / unschuldige Weiber / welche sie Hexen nennen / an die Folter werffen zu lassen / ja sich grausamer als die Hencker gegen ihnen zuerweisen / von solchen Geistlichen / welche / demnach die rechte grobe Jdioten / und zu keiner eintzigen nützlichen Verrichtung oder Arbeit geschicket sind / für tollem Eifer gleichsam brennen / ja für neidischer Mißgunst ihr eigenes / vergalletes Hertz fressen / wenn sie sehen / daß andere von dem grundgütigen Gott mit einem Pfündlein auß lauter Gnaden sind begabt / welches sie billich zu des Allerhöchsten Ehren / Erbauung seiner Kirchen / Aufmunterung vieler Christlichen Hertzen / und ihnen selbst zu erwerbung eines rühmlichen Namens anlegen; da stehen sie alsdenn und spitzen die Ohren / wie deß Biliams Leibroß /rümpfen die Nasen / wie die Affen / schüttlen die krausen Haare / wie die / vom schwimmen ermüdete Wasserhunde / ja / da setzen sie sich dann in solcher Boßheit hin / schmieren heimlich Ehrendiebische Paßquillen und Lügenbriefe zusammen / schmähen und verläumden ihren wolverdienten Nechsten hinter Rückens / und machen es also / daß hernachmalen /wenn ihre schöne Stücke und Tücke offenbar werden /und offt wunderlich / zu ihrer äussersten Schmache und ewigen Schande / an den Tag kommen / sie recht wie die alten Weiber / mit Vergiessung der Thränen /solche ihre begangene Bubenstücke bereuen / bald darauf dem armen Altelander Teufel die Schuld zumessen / sich höchlich beklagend / daß sie von demselben zu solchen leichtfertigen [224] Händelchen sind angereitzet und verführet worden. Sind mir aber das nicht schöne Fratres in Christo?

Jch meine ja / Wahremund habe sich noch viel zu sanfftmühtig / in Beschreibung ihres ungeistlichen Lebens / erwiesen / es könten aber mit der Zeit härtere Püffe erfolgen.

Solte nun auch ferner unter den Weltlichen sich jemand beklagen / daß vielbesagter Wahremund ihren Stand etwas zu scharff angegriffen / oder demselben auch zu nahe wäre getretten / derselbe beweise mir erstlich / daß ein eintziges Wort in diesem Auffzuge zufinden / welches wieder die Warheit lauffet? Dieweil er aber solches in Ewigkeit nicht wird thun können / so muß er auch ja billich deß Wahremundes Straffrede ungetadelt lassen / und nur frey herauß bekennen / daß unter der Fürsten und grosser Herren Bedienten / eben solche Ambtleute / Richter / Vögte /Verwalter / Schreiber / is und wie sie etwan mehr heissen / werden gefunden / gleich wie sie allhier von Wahremund sind abgemahlet / und warhafftig beschrieben worden.

Man ist in diesem Schauspiele nur bloß auf die Laster gangen / mit einer oder etlichen gewissen Personen hat man dieses falles gar nichts zu schaffen: wil aber einer oder der ander / das jenige / was allhier geschrieben stehet / auf sich ziehen / so kan zwar ein solches ihm nicht gewehret werden / unterdessen aber mag er dieses wol wissen / daß man gantz und gar nicht bedacht ist / mit ihme / welchen man auch vielleicht wol nicht einmahl kennet / deßwegen einen sonderlichen Krieg anzufangen.

Dafern nun aber jemanden sein böses Gewissen plaget oder drücket / der lasse sich den guten Raht unseres tapfferen und weltberühmten Philanders von Sittenwald / meines hochgeliebten Herrn Mitgesellschaffters / zubenamt deß Träumenden / den er in der Vorrede seines Sechsten / wunderlichen [225] und warhafften Gesichtes / Höllenkinder geheissen / (welches schöne und lehrreiche Gesicht / der liebe Philander /meiner weinigen Person in dem letzsten Abdrucke zugeeignet) hat auff gezeichnet / sehr fleissig anbefohlen seyn / und lese / was der Teutsche Mann mit folgenden Worten schreibet:

Jst einer Jrgend ohngefähr hie getroffen? Er schreibe es nicht dem armen Philander (oder Wahremund) zu / sondern sich selbst und seinem eigenem Willen und Wesen! Er schweige nur stille / und nehme sich dessen bey Leuten nichts an / so wird es ihme keiner an der Nasen ansehen. Und bald darnach:

Darüm / so jemand geschossen oder getroffen ist? Er lache mit / so achtet man sein nicht. Wann eine gantze Gesellschafft lachet / so kan man den Narren nicht wol finden. Oder wer sicherer gehen wil / der lasse ab vom Bösen / so ist er der is Züchtigung frey. Ein Schalck gewesen seyn / schadet nicht / wenn man nur aufhöret / weil noch Zeit ist. U. S. W.

Und eben diese Meinung hat es auch mit anderen Stands Personen und sonderlich mit dem Herrn Sausewind und dem Juncker Reinhart / wie denn durch den Ersten nur die Auffschneider / durch den letzsten aber / die Fuchsschwäntzer ins gemein / Niemand gleichwol absonderlich werden verstanden oder bezeichnet. Dafern sich nun (dieses alles ungeachtet) einer würde beklagen / daß man etwan ihn für den rechten Sausewind oder Juncker Reinhart halte / in deme man ihn durch diese Schauspieler ziemlich klar und deutlich vorbilde / der wird sich hiedurch selber entweder zum Lügner / oder zum Fuchsschwäntzer machen / dafür man ihn sonst vielleicht sobald nicht würde schelten därffen. Jm übrigen / bin ich der gäntzlichen Meynung / daß sehr viele Sausewinde hin ünd wieder in der Welt zu finden / unter welche ich die jenige Phantasten [226] unnd Sprachenverderber mit gutem Fuge mag rechnen / welche / unangesehen sie kaum in Franckreich oder Welschland gegücket / und den Grund selbiger Sprachen im weinigsten verstehen / gleichwol in ihren Gesprächen mit einem Hauffen fremder / außländischer Wörter / wie der Sausewind / Mars / Staatsmann und andere tolle Alamodisten in unserm Schauspiele thun / schier alle Augenblicke üm sich werffen / und unsere alleredelste /Teutsche Mutter und Heldensprache schändlich dadurch verunreinigen.

Unter die Sausewinde sind auch zu zehlen alle die Geckshäuser / welche auß eigenen Laßdunckel oder ingebildeter Hoffart sich für die jenige Leute außgeben / die sie doch in der Warheit nicht sind / auch in Ewigkeit nicht werden können / verläugnen wol dabenebenst ihre ehrliche Elteren und Geschlechte / veränderen ihren Namen / wollen mit Gewalt Rittere und Cavallire heissen / da sie doch nur arme elende Dorfteüfel sind / erdichten ihnen selber ansehnliche Wapen / machen falsche Briefe / Diplomata und Zeuchnissen / und damit sie ja sich trefflich mügen erheben / und groß machen / so verachten sie offt fürtreffliche und hochbegabte Leute / da doch dergleichen Sausewinde vielmals nicht würdig sind / daß sie solchen tapferen / gelehrten und hochverständigen Männern / welche sie dergestalt in ihrem Abwesen und hinterrückens schmähen / solten die Stifelen putzen.

Was sonst die beyde Zwischenspiele betrifft / so hat man in Auffsetzung derselben etlicher massen ein Absehen gehabt auf den Spanischen Don Kichote, in welchem gar artig-beschriebnem Büchlein viele wunderliche Fratzen und seltene Erfindunge / den allergrössesten Auffschneideren der Welt sehr dienlich /sind zulesen / wie man sich denn auch deß Frantzösischen Buches / welches Titul ist: Le Berger Extravagant, [227] oder der Närrische Schiffer / welchem unser verliebter Sausewind in vielen Dingen sich gantz gleich hält / etlicher massen hat bedienen wollen / gestalt solches die jenige / welchen obgemeldete Bücher bekant sind / leicht ersehen werden.

Es wird aber der auffrichtige Teutsche Leser freundlich gebeten / daß er sich an der ungewöhnlichen Art zu reden / welche in unseren Zwischenspielen vielleicht befindlich / ja nicht ärgeren / noch ein ungleiches Urtheil von derselben wolle fällen.

Es wird in den Schauspielen fürnemlich dieser Weltlauff nebenst ihren Sitten / Worten und Wercken außgedrucket / und den Zuseheren / Anhöreren und Lesern für gestellet / dabey nun muß man keine andere Art zu reden führen / als eben die jenige / welche bey solchen Personen / die auf dem is Spielplatz erscheinen / üblich. Zum Exempel: Wenn ein Niedersächsischer Baur mit der Hochteutschen Sprache bey uns kähme aufgezogen / würde es fürwar leiden seltzam klingen / noch viel närrischer aber würde ein solches Zwischenspiel den Zuschaueren fürkommen /darin man einen tollen / vollen Bauren und fluchenden Dreweß / als einen Andächtigen betenden und recht Gottseligen Christen aufführete / dann / was ein ruchloser Baur / wenn er zu Kriegeszeiten für seiner ordentlichen Landes Obrigkeit sich nichts hat zufürchten / sondern nach seinem eigenem Belieben mag hausen / dafern er dem Feinde und dessen Kriegesbedienten nur richtig die Contribution erleget / für eine wilde-Ehre und Gottvergessene Creatur sey / davon können wir / die wir auf dem Lande wohnen / und die Krieges Beschwerligkeiten selber ziemlich hart gefühlet haben / zum allerbesten Zeugnisse geben / also /daß der Bauren Gottlosigkeit in diesen Zwischenspielen noch gar zu gelinde ist fürgebildet. Ja / solte man ihre Leichtfertigkeit / [228] Morden / Rauben / und andere grausame Thaten / in welcher Verübung sie / in Zeiten deß Unfriedens / auch die Kriegsleute selber weit übertreffen haben / allhier recht abmahlen / es dörffte mancher darüber für Schrecken erstaunen.

Ja sprichstu: Deine Bauren gebrauchen sich gleichwol gar unhöflicher Reden / für welchen ehrbare Leute etwas Scham und Abscheu haben / könte man die nicht hinweg lassen / oder ein weinig subtiler beschneiden? Nein / vielgeliebter Leser: Was hat man doch von einem übelerzogenem / groben Tölpel und Baurflegel / von einer unflätigen und versoffenen Sau für Höflichkeit zuerwarten? Kan man auch Trauben lesen von den Dörnern / oder Feigen von den Disteln? der Vogel singet nicht anders / als wie ihm der Schnabel gewachsen. Wenn Sausewind auffschneidet / Juncker Reinhard Fuchsschwäntzet / Türcken und Tartern Gottslästerliche Wort außspeien / Mars und sein Wühterich mit Teuflen / Hageln und Donnern üm sich werffen / so redet ein jedweder / leider! also / wie es seine verfluchte Gewohnheit mit sich bringet / ist demnach der Verfasser solcher Schauspiele / wegen dieser bösen Art zu reden / eben so weinig zuschelten / so weinig man die Propheten und heilige Gottesmänner für straffwürdig kan außschreien / wenn sie die verdamte Reden / welche die Gottlosen in ihrem sündlichem Munde führen / und wol sagen dörffen: Es sey kein Gott. U.S.W. in heiliger Schrifft haben verzeichnet. Wir setzen in unseren Schauspielen nur das / was vielmals (Gott erbarme es!) unter den boßhafften Weltkindern vorgehet und getrieben wird /wollen aber unterdessen gantz und gar nicht / daß man demselben nachfolgen / sondern vielmehr das Widerspiel belieben / unnd an statt deß Heydnischen Gottslästerens / deß Martialischen Fluchens / deß Sausewindischen Lügens / deß Reinhartischen Heuchelns und Schmeichelns / wie auch der Bäurischen Grobheit / und Unflähterey / der wahren Gottesfurcht / [229] Gebetes / Warheit / Auffrichtigkeit und Höfligkeit in Worten / Wercken und Geberden / aller Mügligkeit nach sich soll befleissen.

Betreffend nun weiter die unterschiedliche Lieder /welche in diesem Friedejauchtzendem Teutschland zu finden / und mit guter Manier müssen gesungen und gespielet werden / so hoffe ich / daß selbige dem Kunstliebendem Leser nicht unangenehm fürkommen werden. Jch habe es schon an einem andern Orte erwähnet / daß meinem schlechten Bedüncken nach /die jenige Schauspiele zum allerbesten von statten gehen / welche in ungebundener Rede gesetzet / und mit anmühtigen Liederen außgezieret werden / da denn die Aenderung von einer Redensart zur andern /gleich wie in allen andern Dingen / also auch in diesem die beste Lust gebieret / zugeschweigen / daß die Schauspieler in ungebundener Rede viel besser fortkommen / und / wenn schon bißweilen ein kleiner Jrthum darin fürgehet / sie denselben doch gar leicht wieder können zu rechte bringen / wie ich es denn offtmahls für diesem / ja auch noch neulich bey den Brabändischen Schauspielern / welche allerhand Traur- und Freudenspiele in ihrer Muttersprache / und zwar alles Reimenweise / oder in gebundener Rede pflegen fürzustellen / habe bemercket / daß sie sehr offt und viel in ihrer Rede gefehlet / fürnemlich wenn ihnen etliche Verse oder Reimzeilen waren entfallen /wodurch sie so gar auß der Ordnung kamen / daß sie alles gantz jämmerlich zerstümmelt daher schwatzeten / und man nicht wissen könte / was ihre Gedichte /oder Geschichte (sonderlich wenn sie etwas fremde waren) solten bedeuten / dessen sie sich aber in ungebundener Rede so leicht nicht hätten dörfen befahren. Sonsten bin ich nicht in Abrede / daß auch die / nach Art der Jtaliäner / Gesangsweise gesezete Traur und Freudenspiele ihre sonderbahre Anmuhtigkeit haben /wie ich es denn selber mit [230] einer Biblischen Geschieht unlängst habe versuchet / hätte wol Lust / wenn ich bißweilen ein Stündlein müßiger Zeit übrig könte haben / mich ferner hierin zu üben.

Anlangend die Melodeien / mit welchen diese meine neue Lieder sind außgeputzet / hat dieselbe mein grosser / und an Sohnes statt geliebter Freund /Herr Michael Jakobi / bey der löblichen Stadt Lüneburg wolbestalter Cantor, ein Mann / der nicht nur in der Vocal- sondern auch Instrumental Music treflich ist beschlagen / und vielleicht weinigen seines gleichen Künstlern in denselben etwas bevor giebet /alle / jedoch nur mit einer Singstimme und dem GeneralBaß, meinem Begehren zu folge / gesetzet / wiewol man bey dem Eilften Liede zwo Diskante / bey dem letzten aber / vier Stimmen / zwey Trompetten sambt dem GeneralBaß sehr wol gemachet / wird finden. Ein Musikverständiger / der Lust dazu hat unnd sich nur so viel wil bemühen, / kan dieselbe alle gar leicht in Partitur bringen. Unterdessen halte sich der Musikliebende Leser versichert / daß / wenn diese Lieder von guten Discantisten oder Tenoristen / in eine Clavicimbel, Laute / Theorbe, Viole di Gamba, oder ein ander dergleichen Corpus fein deutlich / hell und lieblich mügen gesungen / das Lied aber der sieben Nympfen oder der Töchter der Prinzessin Batavia / fein wechselweise / bald mit Stimmen / und bald mit Violen di Gamba, endlich auch das Beschlußlied bey einem jeden Satze / wenn die ersten sechs Reimezeilen mit Stimmen gesungen / die folgende Tripel oder Rittornellen aber / auf unterschiedlichen Jnstrumenten / als Trompetten und Paucken / Geigen und Lauten / Pandorn und Harffen / Pfeiffen und Zincken / wol und mit Fleisse mügen gemachet und gespielet werden / viele Zuhörere zu guten und Christlichen Gedancken / sonderlich aber wegen deß / uns so gnädig [231] verliehenen /güldenen Friedens / GOtt / den getreuesten Liebhaber unsers Lebens / hertzinniglich zu loben und zu preisen / werden bewogen und angereitzet werden.

Zum Beschluß / Teutscher / auffrichtiger / und vielgeliebter Leser / ersuche ich dich hiemit zum allerfreundlichsten / du wollest üm das jenigen willen /was dir etwan in diesem Schauspiele mißgefällig fürkommen müchte / nicht also bald das gantze Werck verwerffen / noch den Verfasser desselben verdammen. Jch erbiete mich / daß / dafern man mir mit guten Gründen kan zeigen oder darthun / wie und welcher Gestalt desselben Mängel zuverbesseren sind / ich mich hertzlich gerne weisen lassen / und deiner Klugheit allein die Ehre geben wolle. Soltest du aber / teutschgesinneter Leser / so wol / als diejenige / welche täglich mit mir ümmegehen / die Vielfältigkeit meiner Geschäfte unnd Arbeit sehen und wissen / du würdest mir alle die Mängel und Gebrechen / welche etwan in meinen bißhero außgegangenen Büchern mügen gefunden werden / und wenn gleich derselben noch vielmehr wären / gar leicht und mit willigem Hertzen zu gute halten / und meiner Schwachheit / in Betrachtung so grosser Mühe und Arbeit / freundlich verzeihen.

Und ob nun schon dieses mein Schauspiel seine Fehler hat / wie ich denn solches zu läugnen nicht begehre / dieweil auf dem gantzen Erdboden nichts vollkommenes zu finden / so ist jedoch mein Zweck vielmehr zu loben / als zu schelten: Es ist ja dieses Wercklein Gott zu Ehren / seinem H(eiligen) Namen zu Lobe und Preise / den Frommen zur Lust und Lehre / den Gottlosen zur Warnung und Ermahnung /und denn endlich den Nachkommenden zum Unterricht und Zeugnisse von allen den grosse Wercken /die Gott an uns gethan / in deme er das höchstbedrängte / und gantzer dreissig Jahre hero äusserst geplagte Teutschland / aus dem grimmigem / bluttrieffendem [232] Kriege / in den alleredelsten / honigsüssen und güldnen Frieden / wider vieler tausend Menschen Glauben und Gedancken / hat versetzet / von mir zu Papier gebracht und zum Drucke übergeben worden. Gefält es dir / freundlicher lieber Leser / so dancke ich deiner Bescheidenheit / und erbiete mich zu mehreren dergleichen nützlichen Erfindungen. Kan aber dieses Schauspiel dich nicht vergnügen / in deme es dir etwan allzu Weltlich vorkomt / (da doch wenn du es nur recht ansihest und betrachtest / gar viele Christliche / hertzrührende / nützliche Ermahnunge und Betrachtung / darin verzeichnet zu finden) so nim zu besserer Befriedigung deines Gottliebenden Gemütes meine Geistliche Schrifften unnd Bücher zur Hand /wie du denn ehister Tagen zu den vorigen bereits an den Tag gegebenen / weiter auch meine Gottselige alltägliche Haußmusic / mit sehr lieblichen / gantz neuen / von dem hochberühmten Künstler Herrn Johan Schopen / wolgesetzten Melodeien außgezieret / solst zugewarten haben / worauff denn der ander Theil meiner Sabbattischen Seelen-lust / welcher die Lieder über die Fest-Evangelien begreiffet / wird folgen / und da es dem frommen und getreuen Gott also gefällig / mich bey Leben und Gesundheit noch eine kleine Zeit zu erhalten / werde ich der Kirchen Gottes auch meine Cathechismus-Lieder (zwar ein hochnötiges unnd nützliches Werck!) gantz gerne mittheilen /und dir im übrigen / Christlicher lieber Leser / alle mügliche angenehme Dienste / meiner Schuldigkeit nach / erweisen.

Nun hätte ich zwar in diesem Vorberichte noch viel ein mehreres zuerinneren / meine vielfältige Bemühungen aber / unter welchen ich bey dieser Zeit auch etliche sonderbahre Erfindungen [233] auf eim Hoch Fürstl(ichen) Fest unterthänigst aufzusetzen gnädigst bin befehlichet / heissen mich auf disesmal schliessen / dich aber / Teutschgesinnter / treugeliebter Leser / freundlichst und demühtigst ersuchen / daß du Gott für mich bitten / meiner allemal im besten gedencken / und mich dir / zeit deines Lebens / wollest anbefohlen seyn lassen / dagegen aber sicherlich glauben und gäntzlich dafür halten / daß ich mit meinem andächtigen treueiferigen Gebete / wolgemeinten Diensten und alle dem jenigen / was von einem rechtschaffenem Christlichen Gemühte kan und mag erfordert werden / dir gerne und willig an die Hand gehen /ja dein eigener seyn und bleiben wolle / so lange ich werde heissen / dein allergetreuester Diener


Der Rüstige.

[234][236]

Personen

Personen dieses Schauspieles.

    • Die Warheit.

    • Wühterich.

    • Geistlicher.

    • Weltlicher.

    • Bürger.

    • Teutschland.

    • Wahremund.

    • Hoffnung.

    • Friede.

    • Drey singende Engel oder Knaben.

    • Mars.

    • Junker Reinhart.

    • Sausewind.

    • Das Gerüchte.

    • Wolraht.

    • Staatsmann.

    • Misstrau.

    • Oßmann.

    • Cham.

    • Jberus.

    • Batavia mit ihren 7. Töchtern.

    • Degenwehrt.

    • Römischer Kaiser,
    • König in Franckreich,
    • Königin in Schweden,
    • Vulkan, , diese dreyallerhöchste Personen reden nichts.
      Personen deß Zwischenspieles.
    • Degenwehrt / Obrister.

    • Drewes Kikintlag,
    • Beneke Dudeldei / , zwey Bauren

    • Hans Hun / Korporal.

    • Göbbeke / Drewessen Weib.

    • Sausewind.

    • Junker Reinhart.

    • Bullerbrok / Sausewindes Junge.

    • Rosemund / die schöne Schäfferin / deß Sausewindes Liebste.
    • [236]

Vorrede

Das walte Gott!
Die Vorrede
Dieses Schau- und Freuden-Spiels
wird gehalten von einem
Weibesbilde / welches geheissen

DIE WARHEIT.

Das gedencket und urtheilet ihr doch wol / hochwerthe / vielgeehrte und von mir / ohne einiges Ansehen der Personen / sonders Geliebte Zuhörer / oder vielmehr Zuschauer / daß ich unansehnliches / schlechtgekleidetes / armes Weibesbild so kühnlich / ja so frisch und freudig / für einer so grossen Menge / allerhand Standes Personen / am heutigen Tage darff erscheinen / den Anfang dieses itztbestimmten neuen Schau und Freudenspieles zu machen? Und / was meinet ihr wol / wer ich sey / die ich für allen meinen Spielgenossen zum allerersten auff diesem Schauplatz mich lasse sehen / vielleicht auch von manchen öffentlich verhöhnen unnd außlachen? Glaubt mir sicherlich / ihr theils vernünfftige / theils vorwitzige Zuschauer / das ich mich selbet zum höhesten verwundere dieses meines schier unglaublichen Unterfangens / daß ich / nachdemal mir sehr wol wissend / welcher Gestalt ich von aller Welt auff das äusserste werde gehasset und verfolget / mich gleichwol einem so gewaltigen Hauffen Volckes freymühtig darff für die Augen stellen! Ey / ey bin ich doch ein rechter Spott der Leute und Verachtung deß Volcks! Und / was leben doch für Menschenkinder unter [237] dem Himmel / die mich nicht anfeinden und hassen? Sehr wenige / Ja wol gar keine werden derselben gefunden. Jst doch kein Ort in der Welt mehr / woselbst ich mit Frieden wohnen könte! Die Gotteshäuser / welche ja billich Freystädte und sichere Plätze für alle / sonderlich die Tugendhaffte Menschen seyn solten / sind mir zu meinem Auffenthalt sehr gefährlich / und wil man mich auch in den Kirchen fast gar nicht mehr leyden. Komme ich nach Hofe / so sihet man daselbst den schwartzen Teuffel auß der Höllen lieber / als mich / und zwar / so habe ich mich der Allerhöhesten Ungnade nicht etwan nur von den Hofedienern / sondern auch wol von den Fürsten selbst zu befahren / es wil mich der Höheste so wenig als der Geringste daselbst wissen / und wenn man mir noch grosse Gunst erweiset / so lässet man mich mit Hunden hetzen und über Halß und Kopff vom Hofe hinweg jagen. Spatzire ich ferner nach den Rahtshäusern der Reichs-Kauff- und Handelsstätte / so bin ich daselbst eben so wilkommen als ich zuvor bey Hofe gewesen. Man empfähet mich an solchen Oerteren so freundlich / als der Bauer einen Dieb im Kohlgarten oder auff dem Kornboden / und wann man gar höfflich mit mir wil umbgehen / so fraget man mich / wer mich an diese Oerter zukommen befehliget / und ob ich etwan lust habe mich eine Zeitlang unter die Erde stecken zu lassen? oder sonst einen von Stein gemaurten Rock anzuziehen? Verfüge ich mich hin zu den Kauffleuten / Handwerckern / Schiffleuten / Ackersgesellen / Taglöhnern / und was sonst mehr für mancherley Standes Menschen in der Welt leben mögen / so werde ich von allen / unnd einem jedweden besonders dermassen gehasset und angefeindet / daß ich nirgends mehr weiß zu bleiben / muß mich also auff daß allererbarmlichste von der gantzen Welt / sonderlich aber von den meisten Kriegesleuten (die mich schon längst deß Landes verwiesen / und auß ihrer Gesellschafft [238] gebannet haben) plagen und biß auff den Tod verfolgen lassen. Nun werdet ihr / meine hochgeehrte Zuhörer / zweiffels frey bey euch selber gedencken / vielleicht auch wol einer zum anderen sagen: Daß muß wol ein gar elendes betrübtes Weib seyn / welche in der gantzen Welt keine bleibende Stätte hat! Sie wird es aber auch vielleicht darnach machen / und ihren Wandel und Leben also anstellen / daß kein Mensch ihr hold seyn / noch in guter Vertrauligkeit mit ihr ümmegehen kan. Aber / Nein ihr lieben Leute / mir wiederfähret dieses falles das höheste Unrecht / ich habe niemalen einigen Menschen / auch nur die allergeringeste Unbillichkeit zugefüget. Und / ich bitte euch / saget mir / welchen unter euch habe ich jemalen beleidiget? ich weiß gewisse / keinen / und nichtes desto weniger bin ich gnugsam versichert / daß kein eintziger Mensch unter diesem gantzen Hauffen zu finden / der mir von rechten Hertzen hold oder günstig sey / Ja / wenn ich meinem Gebrauch nach etwas offenhertzig mit euch reden solte / so würde ich gar leicht einem jedwedem unter euch mit dem geringsten Worte erzürnen / denn ich mehr als zu wohl weiß / wie daß ihr meine Reden gar nicht könnet leiden / wie würde ich mich denn einiger Freundschafft von euch gegen mir zu versehen haben? Jch spühre aber an Euren heimlichen Unterredungen und auffmerckenden Gebehrden / daß euch gar sehr verlanget zu wissen / wer ich denn endlich sey / und was ich verhassetes Weib eigentlich für ein Ambt und Namen führe? So wisset denn / ihr meine sonders geliebte Zuschauer / daß mein Vatterland oder Heimaht nicht ist von dieser Welt / weiß auch von keinen leiblichen Eltern allhie zu sagen; Sondern / meine Geburt-Statt ist der Himmel / in welchem der Allerhöchste GOtt wohnet / welcher auch mein allerliebster HErr und Vatter ist / und werde ich in reiner teutscher [239] Sprache die Warheit genennet / die Warheit sage ich / welche von dem heiligsten GOtt so hertzlich geliebet / von der grundbösen Welt aber so gar erschrecklich wird angefeindet / geneidet / gehasset / geplaget unnd verfolget. Kennet ihr mich denn nun endlich / hochgeehrte liebe Zuhöhrer? Jch halte Ja / Jhr müsset mich / die Warheit / ja kennen / dafern ihr mich anderst nur kennen wollet. Habe ich euch aber zu Anfange meiner Rede nicht recht gesagt / daß man mich unglückseliges Weib / nemlich die Warheit / nirgends wolle leiden? Fraget nur Eur eigen Gewissen / ob ihr dem jenigen wol günstig seyd / welcher euch die Warheit unter die Nase reibet? Ja wol! was gilts / ob ihr nicht auff gut Pilatisch sagen werdet: waß ist Warheit? hinweg mit der Warheit / wer die Lauten der Warheit schlägt / und ein recht klingendes Stück darauff spielet / dem soll man das Saitenspiel auff den Kopffe zertrümmern / packe dich Warheit! Ob ich nun zwar wol weiß / das diesem nicht anders ist / als wie ich gleich jtzt davon geredet habe / so muß euch doch die Warheit etliche Sachen verkündigen oder anmelden / welche vielen von Hertzen lieb / vielen vielleicht nicht wenig Leid seyn werden. So mercket denn nun auff / ihr teutsche Zuhörer / ich wil es gar kurtz machen / denn ich spühre schon / daß ich von etlichen sehr scheel werde angesehen / und diesem nach meines bleibens hieselbst nicht lange seyn wird / wiewol ich es mit euch allen / ja auch mit einem Jedweden insonderheit / auß dem Grunde meines Hertzen gut meine. Wollan denn / so höret mir zu und nehmet itzt wol in acht / alles / was euch die Warheit zu verstehen gibt:

Teutschland / ach ja / Teutschland das herrlichste Käiserthumb der Welt / ist nun mehr auff den Grund außgemergelt / verheeret und verderbet / diß bezeuget die Warheit! Der grimmige Mars oder der verfluchte Krieg ist die allerschrecklichste Straffe und abscheulichste Plage / mit welcher [240] GOtt die übermachte Boßheit und unzehlige Sünden deß unbußfertigen Teutschlandes nunmehr gantzer dreissig Jahre hat heimgesuchet / diß saget die Warheit!

GOtt / der da überreich ist von Gnade unnd Barmhertzigkeit / hat endlich durch so viele heisse Seufftzer und Zähren frommer / und mit unnachlässigen Beten anhaltender Christen / am allermeisten der jungen Kinder und Säuglingen sein zorniges Hertz lassen erweichen / daß er nunmehr daß höchstbedrängte / und in den letzten Zügen liegende Teutschland mit dem alleredelsten Frieden widerumb beseeliget / und nach so vielen außgestandenem grossen Jammer und Elende hat erfreuet / das saget euch die Warheit!

Ob aber ermelter Honigsüsser Friede beständig in Teutschland verbleiben / und viele Jahre seine Wohnung darinn wird bevestigen / das kan man euch in der Warheit nicht sagen.

So seyd denn nun emsig / auffmerckig und andächtig zu hören und zu sehen / was euch in diesem Schauspiele soll fürgestellet werden / lasset euch dasselbe / als eine liebe Tochter der himlischen Warheit / in eure gute Gunst befohlen seyn / urtheilet nach der Billigkeit und Warheit von demselben / gebraucht es zu eurem Nutzen / fürnemlich aber zur Besserung eures bößlich geführten Lebens und Wandels / und haltet euch versichert / daß eure hieselbst angewendete Zeit / Mühe unnd Kosten euch nimmermehr werde gereuen. Bleibet GOtt in der Warheit befohlen!

1. Akt

1. Aufzug
Erster Auffzug.
Hie tritt auff ein wilder Mann / gantz rauch bekleidet und grimmiges Ansehens / treibet für ihm her in einer grossen Ketten zusammen geschlossene drey Personen / deren die erste wie ein Geistlicher /die andre wie ein fürnehmer Weltmann / die dritte /wie ein Bürger oder Ackersmann bekleidet daher gehet / mit gar traurigen und wehmütigen Geberden.
Der Wilde Mann / Namens Wühterich / ruffet ihnen zu mit nachfolgenden harten Dräuworten.

WÜHTERICH.

Jmmer fort / immer fort ihr Hunde / wisset ihr denn nicht / daß ihr noch einen zimlichen Weg für euch habet / muß ich denn ohn unterlaß auff euch zuschlagen Er peitschet sie umb die Lenden. und euch mit der Peitschen die is Faulheit vertreiben / fort / fort sage ich / ihr nichtswürdige Creaturen.

GEISTLICHER.

Ach Wühterich / wie magst du doch so grausamlich mit uns umbgehen / wie lange wirst du uns noch so jämmerlich herum schleppen / gedenckest du denn nicht einmal / daß wir Menschen theils auch hohen unnd fürnehmen Standes Leute sind?

WÜHTERICH.

Was herum schleppen? Was Menschen? Was fürnehmen Standes seyn? Mich wundert / daß ihr euch noch mit dem geringsten Worte über mich möget beklagen. Jhr wisset ja / daß ihr diese und noch viel grössere Straffen schon längst habt verdienet / was dörffet ihr dann noch viel murren? O daß ich nur die Macht hätte / ich wolte euch auff Stücken zerreissen!

[242]
WELTLICHER.

O der viehischen Unbarmhertzigkeit! O der erschröcklichen Tyranney! Jst es nicht gnug Wühterich / daß du deine unaußsprechliche Grausamkeit nun fast dreissig gantzer Jahre an uns Unglückseligen hast erwiesen / und mit einer solchen Hefftigkeit auff uns arme Teutsche zugeschlagen / daß wir auch nunmehr fast keinen Schritt können weiter setzen? Ach wie weit gedenckestu uns denn noch in diesen Ketten unnd Banden zu treiben? Wann wird man uns einmal frey / loß und ledig lassen?

WÜHTERICH.

Ja wol frey lassen! machet euch nur keine Gedancken von der Freyheit. Jhr könnet ja nicht ehe frey werden / biß ich euch / meinem empfangenen Befehl zu folge / in den Abgrund deß Verderbens gestürtzet / und das Garauß mit euch habe gespielet.

BÜRGER.

O wehe / wehe uns! wenn es noch ein solches klägliches Ende mit uns nehmen würde! Solte das der Außgang seyn unsers dreissigjährigen Elendes? das wollen wir ja nimmermehr hoffen.

WÜHTERICH.

Jhr möget hoffen oder nicht / so bleibet es doch dabey / daß ich meines gebietenden Herrn / deß Großmächtigsten und unüberwindlichen Kriegshelden Mars ernstlichen Befehl exequiren, und euch so lange muß herumb treiben / biß ihr gantz und gar abgemattet / auff das äusserste verderbet / vernichtet / ja dem Koth auff der Gassen gleich seyd gemacht / verstehet ihr diese teutsche Sprache wol?

GEISTLICHER.

O Wühterich / Wühterich / wie bist du doch deinem Herrn / dem Mars / in Verübung aller unmenschlichen [243] Thaten so gar ähnlich? Gedenckest du denn nicht / daß der gerechte Gott dich deßwegen dermaleins hart wieder straffen werde?

WÜHTERICH.

Daß mein Herr / der tapffere Mars / eure alls gemeine Mutter / das Gottlose Teutschland / und ich / als ein getreuer Diener meines Herren / euch deroselben gantz gleiche / sehr ungerahtene Kinder nun viele Jahre hero gar härtiglich gestraffet / auch noch ferner straffen und plagen werden / das wissen wir beyderseits / daß aber auch ein GOtt seyn solte / der ihn und mich hinwieder straffen würde / dasselbige glauben wir nicht / und woher wolt doch die Gewalt kommen / die mich und meinen Herrn könte stürtzen / unnd euch verfluchte Leute auß unser Hand erretten? Wir haben uns für keiner irrdischen noch himmlischen Gewalt zu fürchten.

WELTLICHER.

O Wühterich / du redest erschröckliche / ja Gotteslästerliche Worte! Wir müssen dennoch in unserm Elende / als geborne Teutsche / frey sprechen / dieweil wir ja ohne das unauffhörlich geschlagen und geplaget werden / darum höre doch unsere Worte: Wenn gleich du und dein tyrannischer Mars sich für keinen Menschen scheuet / so sollet und müsset ihr doch gleichwol euch für dem fürchten / der im Himmel sitzet / und die Macht und Gewalt hat Leib unnd Seele zugleich in die Hölle zustürtzen.

WÜHTERICH
schlägt mit der Geissel auff sie zu.

Wer hat euch Hunden das Hertz gegeben / mir zu wiederbellen? was Himmel? was Hölle? wir glauben von dem einen so viel / als von dem andern / das wissen wir aber wol / daß wir Teutschland mit ihren Kindern rechtschaffen müssen martern und plagen / und da will ich meines theils nicht auffhören / so lange ich noch eine Hand kan rühren.

[244]
BÜRGER.

Ach Wühterich / Wühterich / hast du denn so grosse Lust uns alle Tage / ja schier alle Stunden so grausamlich zu ängstigen / so unmenschlich zuschlagen / unnd so grimmiglich zu quälen?

WÜHTERICH.

Fraget ihr Bösewichter noch / ob ich Lust darzu habe? Ja freylich ist es meine höchste Lust / wenn ich über euch hartnäckische boßhafte Teutsche meinen Grimm überflüssig mag außschütten / ja biß auff den Tod euch martern und plagen / und fürwar / wenn mein Herr / der unüberwindliche Mars / es mir nur wolte vergönnen / ich wolte euch viel übeler zurichten / als der ärgste Henckersbube unter der Sonnen thun solte. Seyd versichert / ich wolte euch die Haut abschinden / und mir dieselbe bey Stücken auff der Roster lassen braten / eure Hertzen / Lungen und Lebern wolte ich klein hacken / und mir damit meine Torten lassen anfüllen / euer Fleisch solte von mir gekochet / und eure Adern an statt eines Zugemüses dabey aufgetragen / und also mit Lust von mir verzehret werden. Eure Häupter wolte ich in Pasteten setzen / und dieselbe mit eurem eigenen Blute und Gehirn lassen zurichten / auß euren Knochen wolte ich selber das Marck saugen / euer verfluchtes Jnngeweide aber und Gedärmer / meinen Hunden zu fressen geben / und dieses solte mir das lustigste Bancket seyn vor allen / welche ich die gantze Zeit meines Lebens habe gehalten.

GEISTLICHER.

O deß grausamen Bancketes! O der nie erhörten Wüterey! Ja Wüterich / ist das dein Wunsch? Begehrest du noch grimmiger mit uns umzugehen / als du bißhero gethan hast? Woltest du dergestalt die redliche Teutsche tractiren? Das mag ja den höchsten Gott in seinem Himmelreich erbarmen! Sie heulen alle drey.

[245]
WÜHTERICH.

Was soll das weibische Klagen und Heulen bedeuten? Du Pfaffe / du Kavalier / du Haußwirth / ich schwere euch bey dem Bluttrieffenden Schwert meines unüberwindlichsten Gebieters und Kriegshelden deß Mars / daferne ihr nicht ablasset / diese rechtmässige Straffen und Plagen / mit welchen ihr werdet angesehen / zu beweinen / daß ich dieselben dieses Augenblick will verdoppeln / ja euch zehenmahl härter peitschen / denn ich wil kurtzum / daß ihr mir gehorchet in allen dem jenigen / was ich euch / krafft meiner inhabenden Gewalt / anbefehle.

WELTLICHER.

Ach Wüterich / was sollen wir denn endlich thun? Was begehrest du doch ferner von uns? Wir sind ja arme / elende / gefangene und gebundene Leute / ich meine / wir haben ja bißhero alles / alles thun / und nach deiner Pfeiffe oder vielmehr Peitsche redlich tantzen müssen.

WÜHTERICH.

Wie denn ihr Hunde / fragt ihr noch / was ihr thun sollet? Jch befehle euch ernstlich hiermit / daß ihr mir unverzüglich ein Lied singet / machet euch bereit / oder meine Peitsche wird sich tapffer lassen gebrauchen.

GEISTLICHER.

O wehe uns armseligen elenden Leuten / wie können wir doch in unserm unaufhörlichen Jammer frölich seyn / und in unserm heulen singen? O Wühterich / wer könte nun singen?

WÜHTERICH
schlägt abermal mit der Geissel auff sie zu / und spricht.

Jhr halstarrige muthwillige Buben / woltet ihr euch unterstehen / meinen Befehl zu verachten? da müste euch ja angst und bang für werden / geschwinde lasset mich ein Lied hören / oder ich will euch mit Füssen auff die Hälse treten / geschwinde machet fort.

[246]
ALLE DREY.

Ach / schone doch / Wühterich / schone doch / wir wissen ja nicht / was für ein Lied wir sollen singen / ach sey doch gnädig!

WÜHTERICH.

Singet / ihr verfluchten Hunde / singet / das erste Lied / das euch nur vorkomt / das beste / es gilt mir alles gleich / ihr höret ja wol / daß ich meine Lust daran haben will / daß ihr mir unter der Peitsche auch zu Zeiten einst singet / bey frölichem Muhte ist es keine Kunst / ein Lied hören zu lassen.


Hie fahen sie alle drey / oder auch wol nur einer an / folgendes Lied fein beweglich und mit deutlichen Worten zu singen.

Klag-Lied.

Der gefangenen und vielfältig geplagten drey Hauptstände in Teutschland.


[247] [249]1.

Hjmmel / laß doch unser Klagen
Steigen auff in dein Gezelt /
Und vernim die schwere Plagen /
Welche Mars uns hat bestelt /
Wühterich führt uns gefangen /
Wühterich der wilde Mann /
Friede / Friede / komm' heran /
Und erfüll' uns diß Verlangen!

2.

Müssen denn die Gotteshäuser
Samt den Schulen ledig stehn?
Muß ein Priester / muß ein Greiser
Für den Thüren bettlen gehn?
Muß der wilde Mars denn prangen
Mit der Kirchen Haab und Schatz?
Komm / O Fried / einst auff den Platz
Und erfüll uns diß Verlangen!

3.

Ach wie werden unsre Fürsten
Durch den Krieg herunter bracht!
Solt' uns nicht nach Friede dürsten
Weil der Krieg uns arm gemacht?
Krieger gleichen sich den Schlangen /
Welcher stechen tödlich ist /
Komm' O Fried / in schneller frist
Und erfüll' uns das Verlangen!

4.

Aller Handel ist zu Lande
Auch zur See schier abgethan /
Triegen / Lügen / Spott und Schande
Herschen itzt auf unserm Plan /
Gut und Nahrung ist vergangen /
[249]
Alles raubt man mit Gewalt /
Friede / Friede komm' itzt bald
Und erfüll' uns das Verlangen!

5.

Laß denn / Himmel / unsre Klagen
Steigen auff in dein Gezelt /
Und vernimm die schwere Plagen /
Welche Mars uns hat bestelt /
Steure dem / der uns gefangen /
Der die teutsche Stände plagt /
Komm' O Friede / schönste Magd /
Und erfüll' uns das Verlangen.
2. Aufzug
Ander Aufzug.
Teutschland in Gestalt einer ansehnlichen Leidtragenden Königin / schwartz bekleidet / gehet auf mit Wahremund / einem gleichfals ansehnlichen unnd auf gar altfränckische Art bekleideten Priester. Wühterich stehet unterdessen mit seinen drey Gefangenen auff einer Ekken deß Schauplatzes.

TEUTSCHLAND.

Mit überaußgrossen Mitleiden hertzliebster Wahremund / haben wir hinter jenen Bäumen angehöret / ein erbärmliches Klaglied absingen / welches Liedes Jnnhalt ein sehnliches Verlangen nach dem alleredelsten Friede / der uns nunmehr eine so geraume Zeit hat verlassen / genugsam zuverstehen gibt / sage mir aber / mein getreuster Wahremund / was doch dieses immermehr für Leute seyn mügen / welche / ihrem Klagen nach / so viele unmenschliche Grausamkeiten müssen erleiden / [250] und deßwegen die Wiederbringung deß edlen Friedens so hertzlich wünschen und begehren?

WAHREMUND.

Ohn allen Zweifle! sind diese / O allergnädigste Königin / eben deine eigene teutsche Untersassen / und so viel ich auß dem jetzt angehörtem Gesänge mercken können / so sind es die drey Häubtstände deines großmächtigsten Reiches / als der Geistliche / Weltliche / und Hauß-Stand / welche sich gleich itzt sehr schmertzlich haben beklaget / daß die Diener Gottes / Lehrer und Prediger / wie denn auch Fürsten / Obrigkeiten und Regenten / benebenst den Bürgern / Handelsleuten / Handwerckern / Ackersleuten und anderen Landsassen von deß Blutdürstigen Mars lieben getreuen / dem Wühterich / äusserst verfolget / geschlagen und geplaget / ja biß auff den Grund verderbet werden.


Unterdessen daß Teutschland und Wahremund mit einander reden / tritt Wühterich ein wenig von dem Spielplätze / als aber Wahremund hat außgeredet /da fahen Die Drey Gefangene den letzten Satz ihres Liedes wiederüm an zu singen.

Laß / O Himmel / unser Klagen
Steigen auff in dein Gezelt /
Und vernimm die schwere Plagen /
Welche Mars uns hat bestellt /
Steure dem / der uns gefangen /
Der die Teutsche Stände plagt /
Komm' O Friede schönste Magd /
Und erfüll' uns das Verlangen!
[251]
TEUTSCHLAND.

Ach Wahremund / sind diese nicht meine liebe getreue Unterthanen? Sehe ich nicht in diesem elenden Jammer-Spiegel die traurige Beschaffenheit meiner untergebenen Lehrer und Prediger / Fürsten und Edelleute / Bürger und Bauren? Ach deß elenden Zustandes!

WAHREMUND.

Freilich ja / gnädigste Königin / sind es eurer Majestät hochbetrübte Unterthanen / welche der unversöhnliche Mars durch diesen grausamen Wühterich schon dreissig gantzer Jahre dermassen erbärmlich hat jagen / schlagen und plagen lassen.

DIE DREY GEFANGENE
zugleich auf ihren Knien liegende.

Ach Mutter Teutschland / allerliebste Mutter Teutschland / erbarme dich über deine elende Kinder / und hilff uns doch dermaleinst aus diesem übergrossen Drangsahle!

TEUTSCHLAND.

O ihr meine liebe Unterthanen / O ihr meine Hertzwerthe Kinder und Stände / wie hertzlich gerne wolt ich euch nicht allein mit tröstlichen Worten / sondern auch mit der That selber behülfflich seyn! Mein treues Mutterhertz bricht mir schier in meinem Leibe / daß ich euch in solchem Elende und grosser Kümmerniß für meinen Augen muß sehen! Ach aber / mein Unglück ist so groß / daß ich noch zur Zeit mir selber nicht weiß zu rahten / hilfft euch GOTT nicht / so weiß ich in Warheit euch nicht zu helffen / der Himmel wolle sich über euch in Gnaden erbarmen.

DIE DREY GEFANGENE.

O Mutter Teutschland / du grosse Königin / müssen wir denn itzo so gar trostloß von dir scheiden? Jst es immer Menschlich und müglich / so hilff uns doch bald / und wende dein liebes Mutter Hertz ja [252] nicht von uns / ach leiste uns kräftigen Beistand / ehe und bevor der grimmige Wühterich (dessen Widerkunft wir alle Augenblikke erwarten) unsere Marter widerhole / und uns gar in den Abgrund deß Verderbens stürtze.

WAHREMUND.

Nun / nun / ihr liebe Teutsche / ich bitte und ermahne euch gantz fleissig / stellet doch euer Hertz in Ruhe unnd seyd eine kleine Zeit zu frieden / betet und seufftzet auß einem bußfertigen Gemühte zu dem / der im Himmel sitzet / und gläubet nur sicherlich / daß alsdenn die Hüllffe und eure Erlösung nicht lange mehr aussen bleiben werden.

DER GEISTLICHE.

Ach! das helffe uns die Barmhertzigkeit deß grossen Gottes / der Himmel sey und bleibe uns allen gnädig!

DIE ANDERE BEIDE GEFANGENE.
Amen / Amen / Amen.
WÜHTERICH
/ komt gleich schnaubend und brüllend wider herfür / hält eine rauchende Tabackpfeiffe im Maule / und ruffet mit lauter Stimme.

Was habt ihr Bestien allhie viel zu klagen und zu schreien? Was wünschet ihr untereinander? Was ruffet ihr Amen / Amen. Aber sihe da / ich halte es gäntzlich dafür / ihr habt euch mit diesen schönen paar Volckes in meinem Abwesen unterredet? Ei der feinen Geselschafft! Ei des anmühtigen Gespräches! hätte ich Zeit / ich wolte der alten Donnerkatzen mit ihrem Pfaffen den Danck mit der Peitschen dafür bringen / Aber ich muß euch das Gelag zerstören / und einen andern Tantz mit euch anfangen / Er schlägt auff die Gefangene tapffer widrüm loß. / Fort / fort / ihr Hunde / geschwinde trollet euch wider fort / oder ich werde euch allen die Hälse brächen. Die Gefangene ruffen mit kläglicher Stimme. Ach Mutter Teutschland / Mutter[253] Teutschland / dem höhesten GOTT zu hundert tausend mahlen befohlen / der wolle sich unser aller in Gnaden erbarmen / Ach Mutter Teutschland! Mutter Teutschland!


Teutschland unnd Wahremund stehen und seufzen /ringen die Hände / und thuen über die masse kläglich / unterdessen ruffet.
WÜHTERICH.

Ja Mutter Teutschland / warüm nicht: Mutter Franckreich oder Mutter Engelland? Seid ihr Teutschen / so muß ich euch üm so viel fleissiger peitschen / Teutschen / peitschen / Teutschen / peitschen / Teutschen / peitschen / fort / fort / ihr Hunde / fort! Er gehet ab mit seinen Gefangenen.

3. Aufzug
Dritter Aufzug.
Teutschland. Wahremund.

TEUTSCHLAND.

Ach / daß es Gott in seinem hohen Himmel erbarme! Jst es nicht schon mehr denn zuviel / daz der grausame blutdurstige Mars mich unglückselige Königin nunmehr eine so lange geraume Zeit nach seinem eigenen Lust und Gefallen hat geplaget / ja mir so viel Hertzleid zugefüget / daß keines Redners Zunge so fertig / kein Dichter so sinnreich / kein Schreiber so geschwind / der es mit Worten / oder auch nur auff dem Papier / der Welt könte für stellen / unnd muß ich noch darzu für meinen Augen sehen / welcher gestalt des grimmigen Mars lieber getreuer / der gottloser Wühterich / meine arme Stände und Unterthanen alle Stunden und Augenblick so jämmerlich zermartert / peitschet und schläget / daß auch an seiner übermachten Tyranney ein mehrers nicht fehlet / als daß er ihnen nur nicht [254] die Haut über die Ohren ziehet / und also das Garauß mit ihnen spielet / da muß der Geistliche leiden / da muß der Weltliche herhalten / da muß der gemeine Unterthan diesem grausamen Höllteuffel unter den Füssen liegen / und sie alle müssen mehr außstehen / als schier in menschlichen Kräfften unnd Vermögen zu finden.

WAHREMUND.

Jch bekenne es / großmächtigste Königin / daß mir / so wol deiner armen Unterthanen und sämtlichen Stände / als auch dein eigenes schweres Unglück über die masse sehr zu Hertzen gehet / unnd wünsche uns allerseits von dem allerhöchsten Gott / Hülffe / Linderung / und völlige Errettung / aber eines bitte ich / allergnädigste Königin / E[ure] Majest[ät] bedencke es nur / wie oft ich ihr gesagt / auch noch diese Stunde sage / es könne und müge ja nicht anderst seyn / der gerechte Gott werde darzu genöhtiget und gezwungen / daß er die Teutschen Stände durch den wilden Wühterich dermassen hefftig lässet angreiffen / und heimsuchen / sie glaube nur sicherlich / wären nicht so grosse und vielfältige Sünde / so folgten auch nicht so grosse und vielfältige Plagen.

TEUTSCHLAND.

Gar gerne bekenne ich zwar / mein Wahremund / daß meine Untersassen diese schwere Straffen mit ihren unzehlichen Sünden wol verdienet haben / daß aber gar kein Unterschied / so wenig unter den Straffen als den Personen / welche gestraffet werden / wird gehalten / und dieser Wühterich gantz frey und ungehindert / so wol Geistliche als Weltliche / so wol hohes als niedrigen Standes Personen mag schlagen und plagen / dasselbe bedünckt mich gar zuviel seyn / es solte doch billich einer und der ander / in Betrachtung seiner Beschaffenheit / nur in etwas übersehen / und verschonet werden.

[255]
WAHREMUND.

Großmächtigste Königin / eben hierin bestehet die Gerechtigkeit der Straffen GOttes / in deme keine Person wird angesehen / sondern wer Unrecht thut und böse ist / der erleidet billich / was seine Wercke verdienet haben. Es ist ja kein eintziger Stand unter Euer Majestät Botmässigkeit / der sich für den andern könte rechtfertigen. Nicht rede ich solches nur bloß hin / ich kan und will es auch Sonnenklar beweisen / wenn ich nur die Gnade mag haben / daß Euere Majestät Jhren getreuesten Diener kürztlich will hören.

TEUTSCHLAND.

Ja Wahremund / die Rede sey dir erlaubt / unterrichte mich nur kühnlich von der itzigen Beschaffenheit meiner Unterthanen / ich will dich zu diesem mahle gedültig hören.

WAHREMUND.

Allergnädigste Königin und Frau / ich bedancke mich unterthänigst / daß mir frey zu sprechen wird vergünnet. Jch soll und muß die Warheit reden / mein Nähme heisset Wahremund / nicht Lügenmund / mein Amt unnd Gewissen treiben / ja nöhtigen und zwingen mich / daß ich die offenbahre Mängel für straffbahr ausschreien / das Finstere Schwartz / unnd die Laster Untugend muß nennen: Mit hertzlichem Mitleiden hat euere Majestät gleich jetzt angesehen / welcher Gestalt der unbarmhertzige Wühterich die drey Hauptstände jhres großmächtigsten Reiches / wie das unvernünftige Viehe für sich hergetrieben / gegeisselt und geschlagen. Jch bekenne es / dieses grausame Verfahren hat uns fast die Thränen auß den Augen getrieben. Was wollen wir aber viel sagen / unnd womit wollen wir diese Leute entschuldigen? Jch spreche nochmalen: Sie leiden was ihre Thaten werth sind. Wolte jemand gedencken: Ey man solte doch billich der Geistlichen verschonen / [256] dieser Stand sey ja von Anfang der Welt her in sondern Ehren und Würden auch so gar bey den Heyden / ja wilden barbarischen Völkern gehalten / es sey gleichwol gar zu grob unnd viel / daß man diese gute Herren / als Gottes Haußhalter und Gesalbte / so unmenschlich handele / sie beraubet / schläget / verwundet / ja wol gar üm Leib und Leben bringet! Aber nein / Teutschland / in Ansehen ihrer Verdienste geschiehet ihnen gar nicht zu viel / wiewol ich es nicht kan läugnen / daß offtmalen der Unschüldige mit den Schüldigen muß leiden. Bedencke es nur Teutschland / was du in diesen letzten funftzig Jahren / sonderlich aber in der Zeit deß dreissigjährigen Kriegs / für Geistliche unter dir gehabt / was für seltzame Geschöpfe / (etliche Fromme und Gottselige außgenommen) die du bey diesen elenden wunderlichen Läuften habest ernehret! Sie zwar selten ihre untergebene Schäffelein zur Sanfftmuth / Demuth / und Friedfertigkeit ermahnen und anreitzen / so sind sie leider eben die jenige / welche sich selber auf das eusserste untereinander bestreiten / sie sind es / die einander verdammen / verketzern / ja gar dem Teuffel übergeben / und also viel weniger / als deine weltliche Fürsten / Friede untereinander zu erhalten / unnd Christliches teutsches Vertrauen nach so langwürigen zancken unter sich zu stifften / oder wiederzubringen begehren. Soll der allerhöchster Gott Teutschland mit dem edelsten Friede begaben / welchen diese zancksüchtige Leute mit Händen und Füssen von sich stossen? Soll er den jenigen Ruhe verleihen / welche ihre höchste Lust daran haben / daß sie mit ihren Nebenchristen und Brüdern in steter Unruhe unnd ärgerlicher Verwirrung [257] mögen leben? Mit was Augen und Hertzen mögen sie doch wol ansehen / lesen / und betrachten / die güldene Worte ihres Seligmachers / wenn er allen Menschen / zuforderst aber seinen Dienern / so ernstlich zuruffet: Lernet von mir / denn ich bin sanfftmütig / und von Hertzen demütig / Selig sind die Sanfftmütigen / sie werden das Erdreich besitzen! Wer darff sich hie noch viel verwundern / daß denjenigen / welche abgesagte Feinde sind aller Liebe unnd Sanfftmuth / das Erdreich / oder ihr Land und Sand / zum wenigsten das Jnkommen von denselbigen / wird hinweg genommen? Ja Teutschland / unter deinen Geistlichen sind sehr viel schändliche Geitzhälse und eigennützige Mammons-Diener / Gold ist ihr Gott / und treibet ein Theil unter ihnen einen ja so gewinnsüchtigen Wucher / als etwan die ärgeste Juden / oder Gewissenlose Käuffleute und Wechsler thun mögen. Jch kenne ferner etliche unter ihnen / welche so abscheulich fluchen und Gott lästern / daß sie es auch einem ruchlosen Landesknechte / der zwantzig Jahre zu Felde gelegen / damit wol bevor thun / und dieses lassen sie offt auch an den Sonn und Feiertagen / wann sie nemlich mit ihren Pfarrkindern im Wirtshause unten und oben liegen / selbigen frey lustig auff die Haut sauffen / ja sich wol frisch mit ihnen herum schlagen / am allermeisten von sich hören / da solte einer schweren / daß solche ruchlose Gesellen viel ehender Fechter / als Geistliche wären. Jch will hier nicht sagen / wie ein grosser Theil unter ihnen sich gar wenig üm die Erbauung der Kirchen GOttes / Fortpflantzung deß Christenthumes / und ihrer so theuer anvertrauten Schäffelein Seeligkeit bekümmert. Jhrer viel werffen die Bücher gar hinter die Banck / spotten anderer / die nechtst fleissiger Beobachtung ihres Hirten-Amts eiferig bemühet sind / in guten Künsten und allerhand nützlichen Sprachen [258] etwas zu erlernen / und die Welt mit erbaulichen Büchern zu versorgen. Dagegen ihre Lust ist / wenn sie nur ihren Gewinnsüchtigen Vortheil wol in acht nehmen / die zeitliche Nahrung suchen / den Ackerbau befördern / der Viehezucht obliegen / ja sich nirgends / als üm Welt und Geld / üm den Hals unnd Bauch mögen bekümmern. Wenn denn / O Teutschland / schier der grösseste Theil deiner Geistlichkeit wenig nach Gott fraget / ja sich fast gar nichts bemühet / desselbigen heiligen Nahmens Ehre und ihrer anvertrauten Schäflein Seligkeit ernstlich zu befördern / was ists denn wunder / daß sie dem Mars eben so wol als andre Stände zur Beute worden / und von demselbigen der grausamen Züchtigung deß unmenschlichen Wühterichs sind untergeben worden?

TEUTSCHLAND.

Ach Wahremund / Wahremund / du führest ja deinen rechten Nahmen / ich erkenne / daß deine Rede ohne Heucheley ist / du liebest die Warheit von Hertzen / wie du mir denn das ungeistliche Leben meiner also genannten Geistlichen dermassen deutlich hast fürgestellet / daß ich nunmehr gäntzlich dafür halte / es sey der Gerechtigkeit Gottes gleichsam unmüglich gewesen / ihrem unchristlichen Wandel und ärgerlichem Leben länger zuzusehen / ja das mit höhester Billigkeit / so wol Grosse / als Kleine / so wol Hohe als Nidrige / so wol Gelehrte / als Ungelehrte / durch den Wühterich deßwegen zerschlagen / geplaget / und Härtiglich gestraffet werden / ach aber deß grossen Elendes!

WAHREMUND.

Sey zu frieden großmächtigste Königin / unnd laß dich den Schmertzen nicht so gäntzlich überwinden / murre nicht wieder die Gerechtigkeit deß Höhesten / sondern [259] gib ihme die Ehre / unnd erkenne ferner die Billigkeit der Straffen / mit welchen er deine Untersassen biß anhero hat gezüchtiget. Laß dir weiter von mir mit wenigen zu Gemühte führen / wie übel auch viel deiner Fürsten / fürnehmlich deroselbigen Bediente / Amt- Leute unnd Gewaltige bißhero haben gehauset / so wirstu selber urtheilen / daß sie nicht weniger als die Geistliche straffwürdig / und dahero billich deß Wühterichs grausamer Tyranney untergeben / und zu Sclaven deß unersättlichen grausamen Mars sind gemachet worden.

TEUTSCHLAND.

Ja / ja! fahre nur immer fort / mein Wahremund / in deiner angefangenen Rede / ich will selbige mit grosser Gedult ferner anhören.

WAHREMUND.

Daß deine Fürsten / allergnädigste Königin / in ihrem Leben und Wandel die Gebühr nicht allezeit in acht nehmen / darüber zwar hat man sich eben nicht so sonderlich zu verwundern. Wenn ein Fürst ein unordentliches Leben und Regiment führet / so ist vielmahls seine übele Erziehung schuld daran / denn worzu man in der Jugend wird gewehnet / dabey verbleibet man gemeiniglich im Alter. Hierzu komt ihre grosse Freyheit / welche ihnen fast unzähliche Mittel an die Hand gibt / bißweilen unrecht zu thun / den Wollüsten nachzuhengen / und sonst vielfältig zu sündigen / und welches noch das allerärgste ist / so will sich fast niemand lassen finden / der ihnen die Warheit auffrichtig zu verstehen gebe / oder sie nur erinnerte / worinnen sie etwan gefehlet / und in welchen Stücken sie die Gebühr und das Ambt eines Christlichen Fürsten übergangen hätten. Da ist leider fast kein eintziger an ihren Höfen / der das Maul auffthun / deß Fürsten Mängel berühren / und sich dadurch einen ungnädigen Herren zu machen begehret. So lange sich nun keiner herfür thut / [260] der der Katzen die Schellen anzuhängen / und den hohen Häubtern ihre Gebrechen zu zeigen bemühet ist / so lange scheinet es unmüglich zu seyn / daß die Fürsten ihr Regiment gebürlich anstellen / unnd dasselbe zu Beförderung der Ehre Gottes / Auffnehmen ihrer Unterthanen / und ihrer selbst eigenen Wolfahrt selten führen unnd verwalten. Sonst wird kein verständiger Mensch können läugnen / daß unter deinen Fürsten / O du großmächtiges Teutschland / noch dermassen tapffere / vernünftige / gelehrte / erfahrne / tugendhaffte und fruchtbringende Helden jederzeit gelebt haben / auch noch biß auff diese gegenwertige Stunde gefunden werden / daß kein Volck der Welt / es mag auch heissen wie es immer wolle / mit ihnen zuvergleichen.

TEUTSCHLAND.

Es ist mir von hertzen lieb / O du mein getreuester Wahremund / daß ich ein so herrliches Zeugnisse / von den unvergleichlichen Eigenschafften etlicher meiner Fürsten und Gewaltigen auß deinem eignen Bekäntnisse mag anhören unnd vernehmen. Sage mir aber / worann fehlet es denn doch / daß es gleichwol im weltlichen Stande so gar übel daher gehet / und derselbe so hefftig wird gestraffet?

WAHREMUND.

Jch habe es bereits gesaget / großmächtigste Königin / sage es auch noch / daß die Fürsten / dieweil sie Menschen sind / wie andere / nicht alles wissen noch erfahren / vielweniger selber oder persönlich alles außrichten und verwalten können. Dahero werden sie gezwungen / durch ihre Rähte / Ambtleute / Richter und andere derogleichen Bediente ihre Länder und Unterthanen regieren zu lassen. Da findet sich nun leider der rechte Mangel / daß die Diener ins gemein so übel sind beschaffen / daß die Unterthanen von ihnen anders nichtes / als lauter böses [261] lernen / folgends auch dasselbe außüben unnd zu Wercke richten können.

Ein Gottloser und boßhaffter Forst / der fromme und Tugendhaffte Rähte und Diener hat / ist seinen Landen unnd Unterthanen bey weitem nicht so schädlich / als ein guter und Tugendliebender Fürst / der mit Gottlosen / eigennützigen unnd Lasterhafften Rähten und Dienern ist ümgeben. Es ist und bleibet ja die Gottesfurcht die rechte Quelle / Mutter und Gebererin aller anderen Tugenden / folgends auch aller darauß entspriessenden Wolfahrt und Glückseligkeiten / wo nun aber keine Gottesfurcht zu finden / da stehen alle Laster in ihrem vollen Wachsthum. Nun bitte ich / O Teutschland / du wollest dir doch nur deine fürnehmste Hoff und Weltleute ein wenig vorstellen / so wirst du klärlich befinden / daß der grösseste Hauffe unter ihnen (ich sage / der grösseste Hauffe / nicht alle / denn mir auch in Warheit recht Gottesfürchtige Hofeleute bekant sind /) so wenig gläubet / daß ein Gott / Teuffel / Himmel / Hölle und nach diesem ein anders und ewiges Leben fürhanden sey / daß sie auch mit den jenigen / welche / in Betrachtung dieses gerne als Christen wollen leben / nur ihren Spott und Kurtzweil treiben / ja wol öffentlich dörffen herauß sagen: Es sey unmüglich / daß einer zugleich ein guter Christ und ein verständiger Hoff- und Weltmann seyn könne / ein rechtschaffener Politicus oder Staatsmann müsse sich üm die Pfaffen- Händel und die Bibel nicht eben bekümmern / im Falle er bedacht sey / seinen Stand / Ehre und Güter hoch zu bringen. Nun sind aber eben diese ansehnliche / prächtige und weitschauende Hoff und Weltleute die jenige / welche nicht allein an statt ihrer Fürsten für ihre Person [262] weit und breit das Regiment führen / sondern auch denen sämtlichen Ländern / Städten / Flecken und Dörffern / unterschiedliche Befehlshaber / Ambtleute / Richter / Verwalter / Schreibere / Vögte und dergleichen müssen vorstellen. Weil es denn hiemit also beschaffen / so ist es ja gantz und gar kein Wunder / daß es hin und wider in Teutschland so viele Gottlose Ambt- und Befehlichsleute giebet / dieweil sie oftmahlen von solchen Häubtern werden bestellet und eingesetzet / die wol selber nicht glauben / daß ein Gott sey / und dahero / wenn sie unrecht handlen / sich so wenig ein gewissen darüber machen / daß sie sich vielmehr ihrer Spitzfindigkeit erfreuen und darüber lachen. Da urtheile nun selber / großmächtigstes Teutschland / was die Unterthanen von dergleichen Amtleuten gutes lernen sollen. Es werden grosse Fürsten und Herren recht und wol genennet Hüter oder Beschützer der beider Göttlichen Gesetztaflen. Dieweil sie aber nicht allenthalben gegenwertig seyn können / sitzen die Richter / Amtleute / Vögte und dergleichen Befehlshabere an ihrer Stelle. Aber / mein Gott / mit was Gewissen sitzet mancher daselbst; Wie elendiglich beschützet Er die beide Göttliche Gesetztaffeln? Die Flucher und Lästerer deß heiligen Göttlichen Namens sollen nicht ungestraffet bleiben! ja wol! der Amtmann / Richter / Vogt / Schreiber / oder wie er sonst mag heissen / ist selber der grösseste Flucher / den man hören mag / wie kan denn die Gotteslästerung unter den andern gemeinen Leuten daselbst abgethan / und gebührlich bestraffet werden? Die Sabbather und andere Feirtage / sollen nach dem ernstlichen Befehl Gottes geheiliget / Gottes Wort an denselben fleissig gehöret und betrachtet / nüchtern und mässig gelebet unnd der lieben [263] Armut alle Gunst und Barmhertzigkeit erwiesen werden. Wie kömt es aber / daß die Unterthanen in Beachtung dieses Gebots so treflich faul und nachlässig sind / daß auch kein Tag schnöder gehalten noch schändlicher wird entheiliget / als eben der Sabbath und andere Feirtage?

Eben daher kommt es / daß der Richter selber für / unter und nach der Predigt in öffentlichen Wirtshäusern / beim Bier / Wein und Brantewein sitzet / sich toll und voll säuffet / und wenn er denn gleich einmahl auß der Schencken zur Kirchen eintritt / nichts anders thut / als daß er sich in seinem Stule ordentlich zur Ruhe begiebt unnd den Rausch gar gemählich und fein außschläft / ja dabey schnarchet / daß es oft durch die gantze Kirche erschallet. Da gedencke einer / was für schöne Exempel die Unterthanen von solcher Obrigkeit nehmen / und wie jämmerlich sie sich an solchen ihren Leben und Wandel müssen ärgern?

Eben daher / sage ich / komt auch das unchristliche Leben der Unterthanen / fürnemlich an den Sonn- und Feirtagen / daß der Schreiber oder Vogt unter den Gottesdienste spatziren fähret / oder auf die Jagt reitet / oder sonst seine Lust und Kurtzweil suchet. Eben daher kommt es / daß der Amtman / Vogt / Verwalter / Richter / Schreiber auff fein gut Epicurisch lebet / in Jahr und Tag / ja wol in etlichen Jahren sich zu keiner Beicht oder Abendmal lässet finden. Solten es denn seine untergebene Leute besser machen? Unser Erlöser hat uns Friede und Einigkeit zum allerfleissigsten anbefohlen / auch allen Obrigkeiten ernstlich aufferleget / daß sie die streitige Parteien unverzüglich mit einander vergleichen / und alle Mittel / so zu Christlicher Versöhnung dienlich sind / sollen herfür suchen.[264] Wie wird aber solchen ernstlichem Befehl Gottes von vielen Amtleuten nach gelebet?

Hegen und führen sie nicht selber allerhand schwehre Streitigkeiten?

Halten sie die Parteien nicht auf von einer Wochen von einem Monat von einem Jahre zum andern / und dasselbe fürnemlich ümme ihres schändlichen Eigennutzes willen / unterdessen gehen die armen Leute in ihren unpersönlichen Hasse und Bitterkeit dahin / finden sich weder zur Beicht noch zum H[eiligen] Abendmahl / und fahren darüber vielmals gar zum Teuffei? Ach Gott / wie schwehr / schwehr haben dieses unsere Regenten zu verantworten! Ja liebes Teutschland / deiner Fürsten bestellte Amtleute und Bediente solten alle Dieberey / Finantzerey / Wucher und dergleichen lose Fünde ernstlich straffen. Aber mit was Gewissen können viele unter ihnen dasselbe thun. Sind sie doch theils selber die allergrösseste Wucherer / Schinder und Baurenplager / welche auf zweien Füssen gehen mügen / als die mit List und Gewalt alles zu sich reissen / was ihnen nur mag werden! Sie sind ja verpflichtet / aller Unzucht / so viel immer müglich / zu steuren und zu wehren / keine öffentliche Huren zu leiden / noch denselben unterschleiff zu geben. Da findet sich aber gerade das Wider spiel. Man gestattet hin und wider öffentliche Hurhäuser / man nimmt Geldt von den unzüchtigsten Bälgen und lässet sie ein solches Leben führen / daß der Himmel darüber möchte erzittern / ja viele Amtleute halten selber Conkubinen und leichtfertige Huren bey sich in ihren Häuseren / begehren sich nicht einmahl zu verehelichen / [265] zeugen mit ihren Schandmetzen ein Kind nach dem anderen / und geben den Unterthanen ein so greuliches Ergerniß / daß sich die Erde auffthun und solche boßhaffte Verführer deß armen unverständigen Volckes möchte verschlingen.

Jn Betrachtung dieses alles / sage ich kühnlich herauß / daß es gantz närrisch gethan sey / wenn man sich über das Gottlose Leben unnd den unchristlichen Wandel der Unterthanen itziger Zeit so hoch und viel beklaget. Wären die Aemter an allen Orten mit Gottesfürchtigen / frommen und ehrlichen Leuten bestelllet / welche üm die Beförderung der Ehre Göttliches Namens / und Erhaltung der lieben Gerechtigkeit ernstlich eiferten / so würde es auch wol anders daher gehen und den Epicurischen Wesen in Teutschland bald gesteuret werden. Es kann ja nichtes thörichters in der Welt seyn / als daß man klaget; es sey kein Recht oder Gerechtigkeit im Lande mehr zu finden; Ei lieber woher komt das? Eben daher komt es / daß man Leute zu Richtern / Vögten / Ambtleuten hinsetzet / die ja so wenig wissen / was recht oder unrecht ist / so wenig ein Blinder die Farben kan unterscheiden / soll der jenige in allerhand schweren und verwirreten Sachen ein gerechtes Urtheil sprechen oder fällen / der kaum lesen oder seinen Namen kan schreiben.

Man sihet ja heute zu Tage fast gantz und gar nicht mehr auff Kunst und Geschicklichkeit / oder daß man gelehrte Leute für andere befördere. Wenn einer nur gute Freunde und Gönner bey Hofe hat / oder kan ein ansehnliches Stücke Geldes spendiren / oder weiß tapffer zu Fuchsschwäntzen / oder kann praff sauffen / GOtt gebe / er sey [266] ein Stallknecht oder Lakey / oder sonst ein gemeiner Stiefelputzer bey Hofe / so wird er bald zu Würden und Aemtern befördert / welche zu bedienen er doch eben so geschickt ist / als der Esel die Laute zuschlagen. Zu Zeiten machen die grosse Welt und Hofleute auch wol eine abgebrandte Kriegsgurgel / oder Soldatischen Auffschneider zu einem Richter / Amtmann / Vogt oder Verwalter / welcher denn treflich wol geschikt ist / die armen Unterthanen biß auf die Knochen zu schinden / dieweil in der Zeit seiner Kriegsbestallung das Baurenplagen gründlich hat gelernet / und mit höchstem Fleisse zu seinem sonderbaren Nutzen in den Quartieren außgeübet. O solche Leute machen hernachmals zur Friedenszeit treffliche Christliche Unterthanen!

So richte nun selber / großmächtigs Teutschland ob die jenige / welche solche Gottlose / ungeschickte / ungelehrte / eigennützige und lasterhaffte Leute zu Aemtern befördern / und denselben so viele Menschen zu regieren untergeben / dasselbige nicht gar hoch und schwer für Gott im Himmel / und ihren Lands-Fürsten auf Erden zu verantworten haben / und ob nicht sie und ihre Geschöpffe oder Schoßkinder / die untüchtige Amtleute / und Gewissenlose Bediente / die rechte und eigentliche Ursachen sind deß lästerlichen Lebens und falschen Christentums / daß in allen Ländern deß weiten und breiten Teutschlandes / biß auf diese Stunde / von den allgemeinen Unterthanen wird geführet und betrieben?

TEUTSCHLAND.

Ach Wahremund / Wahremund / ich muß es bekennen / daß alles was du mir in deiner wolgemeinten [267] Rede jetzund hast zu Gemühte geführet / im Wercke und der That sich also verhalte / ich kan und mag wieder die Warheit nicht streiten. Es ist freilich die Schuld meinen Fürsten / sonderlich aber derselben fürnehmen Bedienten / wenn sie dergleichen gottlose untüchtige Amtleute bestellen / zuzumessen / daß dannenhero meine Unterthanen und Teutsche Kinder bißher so schändlich haben gelebet / und ihnen diese schwere Straffen dardurch auff den Hals gezogen / wenn gleich du mein Wahremund / unnd andere deines gleichen getreue Prediger und eiferige Seelenhirten / sich noch so hoch und viel bemühen / die Unterthanen zu einem andern / GOtt wolgefälligen Leben zu bringen / unnd auff den rechten Weg zu führen / so werden sie doch weniger als nichts außrichten / dafern ihnen von den Weltlichen die hülffliche Hand nicht wird geboten / also / daß die Schuldige gestraffet / die Frommen aber beschützet werden / wehe wehe aber meinen unchristlichen Amtleuten in alle Ewigkeit!

WAHREMUND.

Ja / großmächtigste Königin / verstehest du nun mit der Zeit / warüm so wol der Weltliche als Geistliche Stand dem Wühterich in Ketten und Banden sey übergeben / und auß was Ursachen sie von demselben so jämmerlich geschlagen und gehandelt werden? Jch meine ja / du wirst dich nun besser in ihr grosses Elend können schicken. Daß aber der Haußstand / als Bürger und Bauren / unter diesem grimmigen Thiere es nicht erträglicher / sondern offtmahls viel ärger als Geistliche und Weltliche haben / und unaußsprechliche Trangsalen außstehen müssen / darüber darff man sich gantz und gar nicht verwundern. Denn was / so wol auf dem Lande / in Flecken / und Dörffern / als in den grossen Reichs -See- Kauff und Handels- Städten / für unzehliche Greuel werden getrieben /[268] das fället meiner Zungen außzusprechen unmüglich. Es ist die Abgötterey / Fluchen / Schweren und Lästerung deß heiligen Namens GOttes / die Verachtung Göttlichen H[eiligen] Worts und der Sacramenten / Ungehorsam / Hurerey und Unzucht / Geitz / Betriegerey / Wucher / Haß / Neid / Lügen / Rachgier / und tausend andere Laster / dermassen gemein / bey Bürgern und Bauren / Kauff unnd Handwercksleuten / Taglöhnern und Bettlern / daß es groß Wunder ist / daß die Gerechtigkeit GOttes diese schöne fruchtbare Länder nicht eben wie Sodom und Gomorra / durch einen feurigen Schwefel-Regen vom Himmel herab vertilget / und die grossen Städte wie Jerusalem / Babylon / Tyrus und Sydon in den Staub leget / und zu Grunde auß verderbet / ist demnach fürwar wol ein trefflicher Beweißthumb der unaußsprechlichen Langmuth unsers GOTTES / daß ihrer noch so viel biß auff gegenwertigen Tag fast gantz und gar unbeschädiget sind überblieben / ja daß noch etliche Städte sich bey zimlichen Zustande und Wolergehen befinden.


Hie wird hinter dem Aufzuge Lärm geblasen / die Trommel gerühret / und etlich mahl starck geschossen / worüber Teutschland hefftig erschrickt / und gantz bestürtzet anfähet zu ruffen.
TEUTSCHLAND.

O wehe / wehe mir unglückseligen Königin! Ach mein Gott / soll die mir unlängst verliehene kleine Ruhe und Verschnauffung von dem verderblichen Kriegswesen / so bald ihre endschafft erreichen? O wehe / wehe mir! Mein abgesagter Feind / der blutdurstige Mars wird warhafftig widerum fürhanden seyn / ich höre schon sein grimmiges rasen und blasen.

[269]
WAHREMUND.

Allergnädigste Königin / eure Majestät wolle doch nicht gar zu sehr über diesem / ihr vielleicht eine Zeitlang hero ungewöhnlichen Lärmen erschrecken / GOtt lebet noch / der wird sie samt allen ihren Untersassen mächtig zu schützen / und von der Grausamkeit ihrer Feinde zu rechter Zeit wol zu befreien wissen.

TEUTSCHLAND.

Ja mein allerliebster Wahremund / du / oder kein Mensch auf dieser gantzen Welt kan zur Gnüge verstehen das grosse Elend und den unaußsprechlichen Jammer / den ich unglückseligste Königin nunmehr fast dreissig gantzer Jahre erlitten / und außgestanden / O wehe / wehe mir! der übersättliche Mars ist zweiffels frey in dieser Gegend widerum verbanden: [Teutschland fällt in Ohnmacht / und sincket in den Armen deß Wahremundes Der sie zu halten begehret. gantz und gar zur Erden.]

WAHREMUND
mit kläglicher Stimme.

Wie denn großmächtigste Königin? wie unüberwindliches Teutschland / wilt du mir denn unter meinen Händen todt bleiben? Fürchtest du allertapferste Heldinne die jenigen so hefftig / von welches Überwindung du mehrmalen so manchen herrlichen Siegespracht hast erobert und davon getragen? Ermuntere dich Teutschland / unnd erquicke dein geängstetes Hertz / mit der glückseligsten Hoffnung deß allersüssesten Friedens / eröffne deine helleuchtende Augen doch wieder / unnd lasse alle Welt deine Großmütigkeit sehen unnd spüren.

[270]
4. Aufzug
Vierdter Aufzug.
Hoffnung / Wahremund / Teutschland / Der Friede mit den singenden Kindern.

HOFFNUNG
erscheinet in gewöhnlicher Weiber- Kleidung / mit freudigem Gesicht / und annehmlichen Geberden / redet den Wahremund an mit folgenden Worten.

Glück zu mein getreuer Freund Wahremund / du würdiger Knecht deß Allerhöchsten / Jch habe nicht unterlassen wollen / nach deme Jch dein Winseln und Klagen von weitem erhöret / mich zu dir zu nahen / ob ich dir etwan mit meiner Gegenwart behülfflich seyn könte.

WAHREMUND.

O du süsse / O du angenehme Hoffnung / sey mir zu hundert tausend mahlen willkommen / zu einer rechten erwünscheten Zeit sehe ich dich an diesem Orte / gelobet sey GOtt / der dich hieher zu mir hat gesendet / in meiner grossen Trübsal mich zu erquicken.

HOFFNUNG.

Wie soll ich das verstehen / Wahremund / daß ich dieses Weibesbild / welches / dem Ansehen nach / schon todt ist / in deinen Armen / dich aber so von Hertzen darob bekümmert und betrübet befinde?

WAHREMUND.

Ach Hoffnung / habe ich nicht grosse Ursache mich ängstlich zu bekümmern / in Betrachtung unsere allergnädigste Königin / das Großmächtigste Teutschland / auß übermässiger Furcht / für der abermaligen uhrplötzlichen [271] Ankunfft ihres grausamen Feindes / deß grimmigen Land-Verwüsters Mars / mir schier unter den Händen will sterben / und dahin gehen?

HOFFNUNG.

Was sagest du Wahremund / ist das Teutschland / die zwar grosse / aber auff das eusserste geplagte unglückselige Königin? sol ich dieselbige abermahl in solchem betrübten Zustande finden?

WAHREMUND.

Ja freylich ist es diese gewaltige Königin. Er schüttelt Teutschland aufs neue sehr hart. Auf / auf / allergnädigste Königin / ermuntere dich Teutschland / und laß diese neue TodesAngst dein edles Hertz doch nicht gar zubrechen. Hie findet sich die Hoffnung / eine von deinen allergetreuesten Freundinnen und Dienerinnen / eine Jnnwohnerin deß unermeßlichen Himmels / selbige begehret anders nichts / als dir in deiner Trübsäligkeit allen möglichen Rath / Hülffe und Beystand zu erzeigen.

HOFFNUNG.

Ach ja Teutschland / du aller berühmteste Königin der Welt / fasse doch ein Hertz / komme doch wieder zu dir selber / unnd verzage nicht in deinem Unglükke. Wie / Teutschland / kennest du mich nicht? Mich deine allergetreueste Freundin? Jch bin die Hoffnung / ja die allerglückseligste Hoffnung bin ich / welche nimmermehr lässet zu schanden werden die jenige / welche GOTT vertrauen.

TEUTSCHLAND
schläget die Augen gar kläglich auf / und spricht mit halbgebrochener Stimme.
Ach Gott / wo bin ich? wie ist mir doch geschehen / ist Mars schon fürhanden?
WAHREMUND.

Nein Allergn[ädigste] Kön[igin] Mars hat sich noch zur Zeit nicht wider sehen lassen / Eure Majestät [272] befindet sich in Gesellschafft ihrer Außerwehlten Freundinnen der Hoffnung und ihres getreuesten Dieners Wahremunds / sie bekümmere sich nur gar nicht / es wird / ob Gott will / alles gut werden.

TEUTSCHLAND
stehet wieder auf / und umhalset die Hofnung gantz begierlich / also sprechend.

O du edle Freundin meiner Seelen / wie hertzlich hat mich die blosse Erinnerung deines süssen Namens erquicket / ach wie bin ich doch für diesem so wol vergnüget / unnd höchlich erfreuet von dir geschieden!

HOFFNUNG.

Ja großmächtigstes Teutschland / eben mit einer solchen / ja noch wol grössern Freudigkeit hoffe ich auch / dieses mal dich von mir zu lassen / dir wird ja annoch wol wissend seyn / was dir von der Hoffnung deß allersüssesten Friedens schon für einer geraumen Zeit ist versprochen?

TEUTSCHLAND.

Ja wol Frieden liebe Tochter! hast du denn nicht vernommen / wie grausamlich mein abgesagter Feind / der Blutdurstige Mars / widerum anfähet zu wüten und zu toben?

HOFFNUNG.

Stelle dich doch zur Ruhe / mein allerliebstes Teutschland / Mars wird hinfüro mit seinem Wüten wenig außrichten / es ist ihme schon vom Himmel sein Ziel gestecket / welches er nicht kan übergehen. Sein Toben rühret anders nirgend von her / als daß ihm durch das Gerüchte von herannahung des alleredelsten Friedens eine gewaltige Angst und grosser Schrekken ist eingejaget worden / denn / wenn er nur den Frieden höret nennen / so wil der Menschenwürger gar auß der Haut fahren.

TEUTSCHLAND.

Ach Hoffnung / wehrte Hoffnung / wolte Gott / wolte Gott / daß das Gerüchte deß ankommenden [273] viel verhoffeten Friedens eine solche Gewißheit mit sich brächte / als ich ein sehnliches Verlangen trüge / dessen unaußsprechliche Süssigkeit einmal widrum zu schmekken / aber / aber / ob man schon viele Jahre davon hat gesagt / ist doch leider bißhero gar nichtes erfolget!

HOFFNUNG.

Zweiffle nur nicht / großmächtiges Teutschland / dein Friede wird kommen und nicht aussen bleiben / GOTtes Zorn währet ein Augenblik / denn Er hat Lust zum Leben / und dieser grundgütiger GOtt wil dich nach so vielen außgestandenen schwehren Anfechtungen wiederumb mit Gnaden erfreuen.

WAHREMUND.

Großmächtigste Königin / habe ich eurer Majestät dieses nicht offt vorher gesaget? habe ich sie nicht offt und vielmals mit der unermäßlichen Barmhertzigkeit GOttes getröstet? Jch glaube sicherlich / es wird sich der edle Friede nun bald wiederumb zu uns nahen.

TEUTSCHLAND.

O Wahremund / GOtt gebe ja / daß dein Mund zu diesem mahle eben so waar rede / wie ich ihn sonst jederzeit befunden. Was soll ich aber viel sagen? Mein Glaube ist dermassen schwach / daß mir dieses hochgewünschetes Versprechen gar schwerlich will zu Hertzen gehen. Ach Hoffnung / daß ich doch den Tag bald erleben möchte!

HOFFNUNG.

Habe ich dir nicht gesagt / großmächtigstes Teutschland / du sollest nur nicht zweiffelen? Bald / bald / ja noch diese Stunde soll dir ein erwünscheter Friedensblik erscheinen / glaube nur meinen Worten.

[274]
TEUTSCHLAND.
Was sagst du Hoffnung / solte mir der Friede erscheinen?
HOFFNUNG.

Ein Friedensblick / Teutschland / ja ein Friedensblik sage ich / wird sich gleich itzt von dir sehen lassen / und bald darauff wird sich der edle Friede selber vollenkömlich wiedrüm zu dir wenden.

TEUTSCHLAND.

Das walte der grosse GOtt des Friedens / der mich auß aller Trübsal deß Krieges durch seinen gewaltigen Arm weiß zu erretten / und nach so vielen außgestandenen Müheseligkeiten wiedrüm mit süsser Ruhe zu erfüllen.

WAHREMUND.
O Hoffnung / dieses dein güldenes Versprechen lasse der gütige Himmel erfüllet werden / Amen! Amen.

Hierauff öffnet sich der innerste Schauplatz / in selbigem stehet gleich von weitem der Friede / in weisser Seide gar köstlich bekleidet / eine güldene Krone auff dem Haupte tragend / in der einen Hand einen Oelzweige / in der anderen Fruchthorn ein (Cornu copiæ) haltend / auch sonst mit güldenen Ketten und Kleinodien herrlich gezieret. Es muß aber der Ort mit vielen Lichtern und Lampen hellgläntzend gemacht werden, üm den Frieden her stehen etliche gantz weiß bekleidete / auff dem Haupt bekräntzete / und in Händen Oel- und Palmzweige tragende Kinder / selbige erheben ihre Stimme gantz freudig / und singen alle / oder / nach deme es der Schauspieler gut befindet / nur eines /folgendes Lied / wozu fein heimlich und sanfft (damit man die Worte desto eigentlicher hören kan)
auff einer Klavicimbel oder Laute muß gespielet werden.

[275] Hoffnungslied /


So von den Kinderen / welche üm den edlen Frieden her stehen / freudig wird gesungen.

[276] 1.

O Teutschland / grosse Königin /
Du schönstes Wunderwerck der Erden /
Steh' auff / leg' alles Trauren hin /
Dir soll und muß geholffen werden /
Bald trennen wir die Krieges Strikk'
Und zeigen dir den Friedensblik!

2.

Erkenne nur / was Wahremund
Auß reinem Hertzen hat gesprochen /
Das Büchsen machet dich gesund /
Durch Büchsen wird der Zorn gebrochen /
Bald trennen wir die Kriegesstrikk /
Und zeigen dir den Friedensblik!

3.

Frisch auff / das Wetter ist vorbey /
Das Donnerschaur ist übergangen /
O Königin / bald wirst du frey /
Bald sehen wir dich herrlich prangen /
Bald trennen wir die Kriegesstrikk
und zeigen dir den Friedensblik!

[277] 4.

Was Hoffnung dir hat vorgesagt /
Soll in der That erfüllet werden /
Du bist schon lang genug geplagt /
Hinweg ihr grimmige Beschwerden.
Bald trennen wir die Kriegesstrikk
Und zeigen dir den Friedensblik!

5.

Schau hie das allerschönste Bild
Des Friedens / welchen wir umringen /
Deß Friedens / der so süss' und mild /
Deß Friedens / welchen wir besingen
Jtzt trennen wir die Kriegesstrikk'
Und zeigen dir den Friedensblik!

6.

Was gilts / der tolle Mars muß fort /
Frau Friede wird in Teutschland kommen /
Sie stehet schon an diesem Ort'
Und zeiget sich zu Trost den Frommen /
Hinweg / hinweg ihr Kriegesstrikk /
Hie stehet schon der Friedensblik!
TEUTSCHLAND.

Ach Hoffnung / allerliebste Schwester / Ach Wahremund / mein getreuster Freund / wie hertzlich werde ich durch diesen allersüssesten Friedensblik erquikket / dieses Trostlied ist kräfftig genug auch die allerbetrübteste Seelen zu erfreuen / ach möchte ich nur auff meinen Knien hinzukriechen / dem edelsten Frieden die Hände zu küssen / und für diese so hoch- und längsterwünschete Vertröstung Lob und Danck zu sagen.

[278]
HOFFNUNG.

Sey zu Frieden / großmächtigste Königin / die von GOtt bestimte Zeit wird bald heran kommen / in welcher der güldener Friede vollenkömlich sich wieder anhero wenden / und bey dir wird finden lassen / Hie wird an einer Seiten des Spielplatzes hinter dem Vorhange geschossen / getrumlet und geblasen. Aber / was höre ich dort für einen Lärmen? Jch dörffte schwehren / es sey niemand anders als der grimmige Mars.

TEUTSCHLAND.

Fürwar der wird es seyn / Ach! lasset uns schleunig von hinnen fliehen / Sie gehen eiligst ab und wird der innerste Schauplatz geschlossen.

5. Aufzug
Fünffter Auffzug.
Mars komt auff den Platz mit schiessen / tromlen /lermen blasen / schreien / und dergleichen / Er ist gantz gewapnet / führet ein blosses und blutiges Schwert in der Hand / mit ihme kommen / Junker Reinhart / und Monsieur Sausewind / darnach komt das Gerüchte in Gestalt eines Weibesbildes mit Flügeln / hat ein Kleid an / das voller Zungen / sie bläset auff einer Trompete.

MARS.

Blitz / Donner / Hagel / Blut / Feur / und Waffen sollen das unselige / widerspenstige Teutschland noch zu Grunde und trümmern schlagen / ja gäntzlich verheeren und verzehren / nach deme ich einmal meinen Fuß wieder auff ihren Boden gesetzet und die andere Europische Länder auff eine kleine Zeit habe verlassen. Aber / sage an / mein [279] lieber getreuer Junker Reinhart / wie haben dir meine Offaires, welche ich eine Zeitlang hero durch gantz Europen schier getrieben / sonderlich aber die letzte doch gefallen?

JUNKER REINHART.

Über alle masse wol / großmächtigster und unüberwindlichster Herr Generalissime, es düncket mich / daß / seithero ich dem allertapffersten Mars auffgewartet / ich in dem Thron der allervollkommensten Glückseligkeit bin gesessen.

MARS.

So recht / Junker Reinhart / du redest wie ein Kriegesverständiger Cavallier von meinen geführten Actionen soll urtheilen. Aber / sage mir mein Freund / wie sind dir meine Krieges proceduren in Franckreich angestanden?

JUNKER REINHART.

O Mars / du theures Heldenblut / du gewaltigster Kämpffer auff Erden / ich schwere bey der Stärcke deines unüberwindlichen Armes / daß ich gäntzlich dafür halte / es könne kein lustiger Krieg unter dem Himmel geführet werden / als eben der Frantzösische / es ist mir in Warheit derselbe vorkommen / als eine rechte Olla podrida, dieweil es in demselben so gar artig alles durcheinander ist gehakket. Ein Theil in Franckreich ist Königsch / das ander Theil Kondeisch / das dritte Parlamentisch / das vierdte Spanisch / das fünffte Lottringisch / das sechste Macerinisch / das siebende / ich weiß nicht was / es verdreust mich / daß wir nicht noch länger im selbigen Lande haben mögen bleiben / und die Parmafoische Kavallier helffen todt schlagen und ruiniren.

[280]
MARS.

Sey nur zu frieden / Junker Reinhardt / ich muß Teutschland erstlich fertig machen / darnach wollen wir die ala mode messieurs bald wieder finden. Aber was sagt denn unser Monsieur Sausewind / wie hat demselben unser Weltberühmter Krieg in Engelland gefallen?

SAUSEWIND.

Höchlich wundert es mich / allertapfferster Mars / daß ein solcher Held mich seinen unterthänigsten Sclaven darumb mag fragen: Hat nicht Sausewind die grösseste Vergnüglichkeit an selbigen Orten genossen / welche ihme eine edle und tapffere Seele mag wünschen? Jch meine ja / daß ich Lust und Freude daran hatte / wenn ich bald in Engelland / bald in Schottland / bald in Jrrland mit meinem mutigen Pferde im Blute der erschlagenen offt eine gantze Stunde müde herum schwimmen / da es denn recht kurtzweilig war anzusehen / wie die todten Cörper bey tausenden / etliche gantz / etliche halb auff und nieder stossen / mit welchem anmuhtigen Soldaten-Spectacul ich meine lustrende Augen vielmahls gar frölich pflag zu weiden.

MARS.

So recht / so muß ein rechtschaffener Soldat seine beste Lust vnd Kurtzweil im Blute der Erschlagenen suchen und finden!

JUNKER REINHART.

Ja / Großmächtigster Mars / es war dem Herren Sausewind nicht eben üm das Blut schwimmen zu thun / sonderen das schöne und anmutige Englische Frauenzimmer / das hat unserem Courtisanen so wol gefallen / daß er sich trefflich gerne daselbst noch eine Zeitlang hätte auffgehalten.

SAUSEWIND.

Zwar läugnen kan ich es nicht / mein lieber Junker Reinhart / daß ich die Engelische Damen zu caressiren [281] mir eusserstes Fleisses habe angelegen seyn lassen. Aber sie waren auch gar zu liebreich / man könte es ihnen nicht versagen / und wer möchte das nicht / sprach der Abt von Posen?

MARS.

Ja / ja / Sausewind / war das die rechte Ursache / daß du so gerne länger in Engelland wärest geblieben? Wisse aber / daß solches meine Gelegenheit dieses mal nicht leiden wolte? Aber von solchen Weiberhändeln jetzt zu reden / hab ich gantz und gar keine Lust. Saget mir aber ferner / meine liebe Getreue / wie haben euch doch meine Kriegsactiones in Polen gefallen? gieng es da nicht rechtschaffen braff daher?

JUNKER REINHART.

Fürwar / da schür es Kappen / da theilete man extraordinari stattliche Püffe auß. Da ließ der unüberwindlichste Mars seine Tapfferkeit / Mannheit und Erfahrenheit dermassen klärlich sehen und spüren / daß / wenn ich noch daran gedencke / das Hertze mir darob vor Freuden auß dem Leibe wil springen.

SAUSEWIND.

Ja bey dem Element / da haben wir uns herum getummelt / daß Himmel und Erde erzitterten. Jch glaube nicht / daß durch gantz Teutschland in zehen Jahren so viel Ochsen werden geschlachtet / als daselbst Türcken / Tartern / Kosakken / und wie das Teuffelsgeschmeiß mehr heisset / von uns sind niedergemachet / und dem Pluto zum Opffer hingeschikket worden? Jch hatte allein für meine Person dreymal hunderttausend Ohren von den Tartern an eine Schnur gezogen / welche ich zum Beweise mit herauß bringen wolte / denn es sonst die Leute in Teutschland schwerlich sollen glauben / daß wir deß Lumpengesindes [282] so viel niedergemetzelt / es sind mir aber alle diese Ohren in einer Nacht von den Katzen / (welche dieselbe zweifelsfrey für SchweinsOhren im Finstern haben angesehen) in der letzten Herberge auffgefressen / vnd verzehret worden.

JUNKER REINHART.

Ey das ist Jammer und Schade / man hätte noch manches gutes Essen von diesen Tartar Ohren können zurichten / ey! daß die Mäuse die losen Katzen wieder fressen müssen / das gebe GOtt / doch hin / ist hin!

MARS.

Was wir für unvergleichliche Heldenthaten in erwehntem Königreiche haben verrichtet / das bezeugen die Gewaltige / von uns daselbst gehaltene Schlachten und erlangte Siege meiner Pohlen / und hält man es gantz und gar nicht nöhtig seyn / solches mit Tartern und Kosakken Ohren zu beweisen. Aber / ihr meine liebe Getreue / es will nunmehr hoch vonnöhten seyn / daß wir Franckreich / Kathalonien / Engelland / Niederland / Polen / Kandia / Türkey / Portugal / und wo wir sonst unglaubliche Thaten haben außgerichtet / ein Zeitlang in Ruhe und zu frieden lassen / und muß wieder an Teutschland (welches nunmehr eine geraume Zeit die übermenschliche Macht unsers siegreichen Armens nicht sonderlich gefühlet /) machen / und in demselben rechtschaffen wüten und toben / alles mit Raub / Mord / Blut / Feuer und Brand erfüllen / ja das gantze Land um / und das oberste unterkehren. Nun frisch daran meine Brüder / Teutschland muß nun endlich der Rest werden gegeben.

JUNKER REINHART.

So recht / Großmächtigster Mars / das sind Heldenworte / da spielet der Teuffel mit / wir wollen Teutschland bremsen / die gantze Welt soll davon zu sagen wissen.

[283]
SAUSEWIND.

Tsa / tsa / tsa / das ist mein rechtes Leben / nun werde ich eine Zeitlang die teutsche schöne Damen entretiniren / O Krieg du süsses Freuden-leben / dir wil ich ewig mich ergeben / Tsa / tsa / nur frisch auff / Teutschland fort.

DAS GERÜCHTE
hat ein Frauen-kleid an / welches voller Zungen gemahlet / es ist auch beflügelt / hält in der einen Hand eine Trompete / kompt gar schnell und gleichsam fliegend auff den Schauplatz / stosset etliche / und zwar zum wenigsten dreymal in die Trompete / so offt es nun geblasen / ruffet es folgende Reimen mit lauter Stimme auß.
Der Friede komt schon schleichen
zu dir O Teutsches Land /
und Mars der muß abweichen
gar bald mit Spott und Schand.

Wenn sie dieses also etliche mal außgeblasen / und außgeruffen / fliehet sie gleichsam geschwinde wieder davon unterdessen stehet Mars mit Junker Reinhart und Sausewind hefftig bestürtzet.
MARS.

Was zum tausend Hencker ist das für eine unverhoffte Zeitung / welche das lügenhaffte Gerücht für unsern Augen und Ohren / ihr meine allergetreueste Freunde / außruffet und außbläset?

JUNKER REINHART.

Held der Helden / ja du großmütigster Printz aller wolversuchten Kämpffer / entsetze dich nur nicht für dieser höchschädlichen Relation, Jch halte diese Zeitung für lautere grobe / erdichtete / schändliche Lügen / kein Mensch wird den Tag erleben / daß den Teutschen der längst verjagte Friede wieder gegeben werde / Vive la guerre!

[284]
SAUSEWIND.

Was Friede / was Friede / ich wolte lieber einen Finger auß der Hand missen / als erfahren / daß diese Zeitung waar wäre. Nein / mein Teutschland muß noch besser daran / wir wollen ihm die Friedens-Artickul mit der Pünte vom Degen auffsetzen / und bey weitem nicht ihre Städte und Festungen / sondern öollends ihre Beutel evacuiren / oder ledig machen.

MARS.

Ja Sausewind / nach meinem Kopffe solte es auch gantz und gar nicht anderst gehen / ich kan aber nicht wissen / was etwan Zeit unsers Abwesens mag vorgelauffen seyn / der Teufel mag ja die Teutschen Stände nicht etwan haben geritten / daß sie / wie sie denn schon in meiner Gegenwart den Anfang darzu gemachet / sich bemühet / den Friede wieder ins Land zu bringen.

JUNKER REINHART.

Großmächtigster / unüberwindlichster Printz / mein Rath wäre / daß wir uns je ehe / je lieber / wegen dieses hochimportirlichen Werckes erkündigten / damit im Falle etwan neue Rathschläge deß Friedens obhanden / wir dieselben bey Zeiten könten ummestossen und zu nichte machen.

SAUSEWIND.

Eben dasselbe ist auch meine Meinung / der Allerdurchleuchtigste Mars wird die lumpen Friedens-Tractaten leicht zu hintertreiben / und den edlen Krieg fortzusetzen wissen.

MARS.

Gar recht / gar recht / ihr meine Lieben / wir wollen bald / bald erfahren / wie die Sachen stehen / lasset uns nur weiter forteilen. Aber Blitz / Hagel / Donner / Feuer und Blut / soll dem widerspenstigen boßhafften Teutschlande noch auff den[285] Kopff kommen / das wil Jch ihr bey meinem scharffschneidenden Schwerdt / ja bey dem donnern und brausen meiner Feuerspeienden Karthaunen / Mörser und Feldschlangen zugeschworen haben / nun Tsa / tsa / tsa immer fort! Sie gehen ab mit schiessen / paucken / und Lärmen blasen.


Ende der Ersten Handlung.
Hie wird musicirt.

1. Zwischenspiel

Erstes Zwischen-Spiel.

Degenwerth / ein versuchter / gelehrter /verständiger und muhtiger Soldat kommt erstlich auf den Schauplatz / bald nach ihme zween Bauren /als Drewes Kiekintlag / und Beneke Dudeldey / nach ihnen kommt der Korporal / Hans Hun mit Drewes seinem Weibe / Göbbeke genant / die tantzen miteinander / immittelst tritt der ergrimmte Sausewind auff den Platz / und lauffen die andern alle davon / außgenommen Degenwerth / mit welchem Sausewind etwas weniges redet / und plötzlich wiederum abtritt / worauf Junker Reinhart komt / welchem Degenwerth die fürtreffliche Eigenschafften deß Sausewindes beschreibet und erzehlet.

DEGENWEHRT.

So gehets! Ein Tag folget dem andern / und die liebe Zeit laufft dahin / ehe und bevor wir Menschen es selber recht vernehmen oder glauben können. Jch habe mich schon sechzehen gantzer Jahre beym Kriegeswesen auffgehalten / in welcher Zeit ich manchen sauren / auch wol [286] manchen guten Tag zum End gebracht / viel gesehen / viel gehört und erfahren / bin aber nunmehr deß Soldaten-Lebens so müde / als hätte ichs mit Leffeln gessen / wünsche demnach von Hertzen / daß ich einmahl möge zur Ruhe kommen / und der Süssigkeit deß hochverlangten lieben Friedens würcklich gemessen / zu welches Wiederbringung gleichwol bey dieser Zeit dem schier gar zu Grunde gerichteten / krafftlosen Teutschlande sehr gute Hoffnung wird gemachet / wie denn auch viel hundert tausend Seelen auß innerster Begierde ihrer Hertzen täglich darnach seufftzen. Jch zwar höre hin und wieder darvon murmeln / daß der längestgesuchte Friedenschluß nunmehr gefunden / und ehest offentlich soll außgeruffen / ja der gantzen Welt kund gemachet werden: Mich soll aber zum höchsten wunderen / was doch unser Oberster Feldherr / der Blutdürstige Mars (mit welchem ich nebenst vielen andern Rittermässigen Personen neulich auß Franckreich wieder in Teutschland bin angelanget) zu diesem Friedenshandel werde sagen? Jch zwar halte mich versichert / daß Er sich über dieser Zeitung zum allerhefftigsten entrüsten / und seinem alten Gebrauche nach mit fluchen / schelten / donneren / schreien und dreuen sich demselbigen eusserst widersetzen werde. Aber / was wird Er endlich damit außrichten: Jch sage weniger denn nichts. Eine unaußsprechliche Thorheit ist es / dem im Himmel gemachten Göttlichen Rathschlusse widerstreben wollen / es muß doch gehen / wie es dem Allerhöhesten wolgefällt / und wünsche ich nochmahlen von Hertzen / daß wir des hochtheuren güldenen Friedens schon völlig möchten geniessen. Es hat sich schon vorgedachter unser General [287] Feldherr / der Kriegesbegierige Mars / aller duten Gunst / wie auch stattlicher Beforderung gegen mir erboten; Jch mag aber solcher seiner Beförderung nicht abwarten / habe auch keine Lust dieselbige anzunehmen / es pfleget offt mißlich mit derselbigen herzugehen / und gedeiet dieselbe manchem ehrlichen Manne zu seinem zeitlichen und ewigen Verderben. Jch zwar dancke meinem GOtt / daß ich in meiner Jugend so viel gelernet / daß ich auch ausserhalb Kriegesdienstes ehrlich leben / und mich zu andern nützlichen Verrichtungen in wolbestalten Regimentern rühmlich kan gebrauchen lassen / deswegen ich auch bey Herantretung des lieben güldenen Friedens / den mühseligen Kriegs- harnisch gäntzlich abzulegen / und den edlen Schulsak (in welchem ungeachtet aller Spötter / Großsprecher / und Auffschneider Beschimpffung / unaußsprechliche Schätze verborgen liegen) wieder herfür zu langen / gantz und gar kein Bedencken trage / komme nur bald / edler Friede / und erfülle mein Verlangen!


Hie kommen auff den Platz zween Bauren / der einer heisset Drewes Kikintlag / der ander Beneke
Dudeldey / dieser spielt auff einer Sackpfeiffe oder Schalmey / oder Leire / oder was man dergleichen Bäurischer Jnstrument eins zum besten kan haben /jener aber / nemlich Drewes Kikintlag / singet darein folgendes Liedlein / wobey er zugleich tantzet und springet.

[288] Lied des ersten Zwischenspiels.


Welches von den Bauren wird gesungen / gespielet und getantzet.

[289] 1.

Juchhei / juchhei / juch / wat geit id lustig tho /
Wann ick so wat schlenter
Hen nam Marcketenter /
Und versupe Hof und Schoo /
Dat füllt mi de Panssen /
So kan ik braaf dansen / ja dansen / ja dansen.

2.

Lüstig / Lüstig / Lüstig Benke leve Broer /
Laht din Ding ins klingen /
Kickintlag skal singen /
Wo he sinen Fencker schoer /
Als he Göbken Wife
Führig wul toh live / toh live / toh live.

3.

Kikint / Kikint / Kikintlag schneet ehm ein Gatt /
Achter in den Köller /
Hei / reep unse Möller:
[290]
Drewes / worüm deist du dat?
Wo wart he die Hüden
Darvor wedder brüen? Ja brüden / ja brüden!

4.

Ne du / Ne du / Ne du Deef / dat hefft neen Noth / Kammeraten /
Buren und Soldaten
dat sünd gode Maaten / dat sünd
Wat? min Fenker ist ein Bloht:
He skal mit mi supen /
Edder sik verkrupen / verkrupen / verkrupen.
DEGENWEHRT.

Das mag mir wol ein schöner Gesang seyn / auß welchem gleichwol zu muthmassen / daß diese Bauren mit den Soldaten in gar guter Vertrauligkeit leben / ist wol ein grosses Wunder / daß bey diesen elenden Krieges-Zeiten / die viel geplagte Land-Leute sich noch so frölich können erzeigen! Jch muß gleichwol ein wenig mit ihnen reden / um zu vernehmen / auß was Ursachen sie sich mit singen und spielen so lustig machen?Er spricht zu den Bauren. Glük zu meine Freunde / was habt doch ihr heute gutes getrunken / daß ihr so frölich seyd.

DREWES.

Ja / Danck hebbet / geve usk Gott! Wat skulwe veele drunken hebben / als wor einen goien Söep Beer / ein Känneken Brannewin unde ein paar Stige Pipen Tobak / unde worümme skul wy nich lustig wesen? He gy Fründ? yd düret jo man use leve Dage. Juch / korasie / herüm unde ümme.

[291]
DEGENWEHRT.

Mein Freund / ihr scheinet wol ein lustiger Kompan zu seyn / aber / saget mir doch / wer hat das schöne Lied gemachet / welches ihr gleich ietzt in die Leire oder Sackpfeiffe habt gesungen?

DREWES.

Wenn gy yd jo gerne weten wilt Junker / so hefft yd dysse redlike Kerl / de myn Naber unde myn Vadder ys / Beneke Dudeldey gemaket / ja Herr Junker / wat dünket uk dar wol by kan yd nich passeren?

DEGENWEHRT.

Ja freilich kan es wol passiren / es muß dieser euer Nachbar wol kein gemeiner Mann seyn / dieweil er solche treffliche schöne Lieder weiß zu dichten.

DREWES.

Ja wat skult nich ein braf Kerl wesen? dat lövet man Junker / Darmen hefft he im Koppe / he ys in usem Dorpe use bestellende Lülkenspeler / he ys use Lyrendreyer / he ys use Finckenfanger / he ys use Putzenmaker / he ys use Vördantzer / he ys use Rimer / he ys use Limer / he ys use Leedermaker / unde wenn de Stadtlüe herut kamet / unde höret synen künstigen unde kortzwiligen Schnack an / unde dat he so rimen unde limen kan / so seggen se / dat he ook ein Paut ys / dat vorstah wy nu hyr im Dorpe so even nicht / [292] wat dat vor Tüg ys / man dat segge ick yuw / Juncker / wenn he unde syn Mahte / Peter Loikam thohope im Kroge sitten / so hebbet se vaken solken Jacht / unde drivet sülke Putzen / dat man sick dar thohandes dul mag aver lachen / ja yd synd my Gäste / Juncker / sünderlik dysse Kumpen / Beneke / de kan Leeder maken / wenn he man will.

DEGENWEHRT.

Nun / das muß ich sagen / so viel Künste hätte ich hinter diesem euerem Nachbarn mit keinem Knebelspiesse gesuchet / aber saget mir / ihr guten Leute / wie könnet ihr euch doch bey diesen elenden Zeiten / da ihr annoch unter dem schweren Contributions-Joche / und so vielen andern harten Kriegesbedrükkungen sitzet / gleichwol mit singen und springen so frölich und lustig erzeigen?

BENEKE.

Schnik / schnak / schyht / scheet / wat hebben wy usk üm den Krieg tho schehren? Krieg hen / Krieg her / wenn wy in uses Krögers / Peter Langwammes / synem Huse man frisk wat tho supen hebbet / so mag yd gahn als yd geit / ein Skelm de dar nich alle Dage lustig unde goier Dinge mit ys.

DEGENWEHRT.

Ohne allen Zweiffel erzeiget ihr lieben Leute euch deßwegen so frölich / weil ihr vernommen / welcher gestalt / durch sonderbare Göttliche Verleihung / Gnade und Barmhertzigkeit / dem Landverderblichen Kriegeswesen nun[293] bald wird seine Endschafft gegeben / und der güldene Friede dem hochbedrängten Teutschlande ehister Tage herwieder gebracht werden?

DREWES.

Wat schnakke gy dar Munsör? skold Freede weren? Dat wul jo wol den Düvel hebben! Er stehet bestürtzet.

DEGENWEHRT.

Freylich / mein lieber Freund / wird es / ob GOTT will / bald / bald in unserm Teutschlande Friede werden.

BENEKE.

Dar behöde usk jo de leeve GOdt vör / Ja / so möchte wy seggen / dat wy use goien Dage alle hadt hadden.

DEGENWEHRT.

Wie so mein guter Mann? wünschet ihr denn nicht von Hertzen / daß ihr bald bald mit dem güldenen Friede möget beseeliget / und das außgemergelte Teutschland dermaleins wiederumb erquikket werden / das kömt mir fürwar wunderlich vor!

BENEKE.

Neen Junker / dat höre gy jo wol / kwul leverst / dat ik ein Skelm were / als dat ik dat wünschen skulle / dat yd Frede würde.

DREWES.

Dat segge ik bym Elemente ok / myn leve Beneke-Vadder / welker Düvel wull sik uppet nie van usen Papen unde Beamten alle Dage wat wedder scheren unde brüden laten?

[294]
DEGENWEHRT.

Ey behüte mich der höhester GOtt / was höre ich? Wollet ihr elende Leute noch lieber unter den hefftigen Kriegespressuren leben / als unter eurer ordentlichen Obrigkeit in gutem Glükke / erwünschtem Friede und stiller Ruhe sitzen?

DREWES.

Ys dat ok wol fragens wehrt Junker? Gy möhet (mit Vorlöf) jo wol ein dummen Düvel wesen / dat gy dat nicht vorstahn könet / Jm Kriege hebt yd de framen Hußlüe dusendmahl beter / als wenn yd Frede ys / dat syn wy nu eine tydtlang wol wyß worden.

DEGENWEHRT.

Habet ihr bessere Sache zu Krieges- als Friedeszeiten? Jch sage noch einmal / daß ich gar nicht verstehe / wie das könte zugehn.

DREWES.

Hört Munsör / wenn gy yd nich wehtet / so moth ik yd yuw seggen: Nu yd Krieg ys / unde dat use Ovricheit usk nichts tho befehlen hefft / de Kriegers usk ook so rechte veel nich mehr tho brüen unde tho scheren fahtet / wenn wy man dem Böversten unde den andern Affencerders unse Tribuergelder tydes genog betholen / so möge wy dohn [295] allent / wat wy wilt / dar möge wy so wol deß Sondages unde hillige Dages / als deß Warkeldages mit Wagen unde Pagen / Ossen unde Töten / Junges unde Deerens warken unde arbeiden / könt ok alle de Fyrdage / ahne grohte Versümnisse hüpsken in den Kroog gähn unde den heelen Dag lustig herüm teeren / tovören müste wy vaken deß Söndage Morgenß twe heele Stunde in der Karken sitten / dat einem de Ribben im Lyve weh deden / nu günne wy usem Kröger Peter Langwamß dat Geld / unde supen dar erst ein goth Oeselken Branwyn vör in de Pansse / dar kan man denn ein Vatt vull Spek unde Kohl up uth freten / dat einem de Buk davan quäbbelt. Unde wenn wy usk denn glyk mit Kannen unde Skrifhöltern im Kroge dicht wat herümmer kihlen / dat vaken ein groht Pool Blodes under dem Diske steit / so dröfe wy dar nich straks Bröke vör geven / alse wy ee Dages in fredenstyden dohn müsten. Use olde Ovricheit hefft nu GOtt loff so veel Macht nich / dat se eenen lahmen Hund uht den Aven künne lokken / unde use Pape hefft ook dat Harte nicht / dat he usk dat ringeste wohrt tho wedderen [296] secht / unde / wat hefft he ook veel tho seggen? Maket he doch averlanck sik sülvest rechtschapen lustig mede / unde plegt mannigen leeven Dag mit dem Feneker / Schreianten / Kapperahl / der Sülverngarfe / de in usem Dörpe ligt / unde wo de Skrubbers allmehr hehtet / bym Marketenter / edder ook by usem Kröger Langwams tho sitten / unde süpt / dat he Dörnsen unde Kameren vull spiet / all du dusent kranket / Junker / wat plegt yd dar braf her tho gahn / sünnerk wenn ik unde Beneke Vadder mit syner Lyren so Dag unde Nacht lüstig mit herdör davet / singet unde springet.

DEGENWEHRT
halb lachend.

Warlich ihr guten Leute / wie ich höre so kans nicht wol fehlen / ihr müsset bey diesen Kriegeszeiten ein recht säuberliches Leben führen.

BENEKE.

Jk meene man Junker / wy föhren ein süvrik Leven / dat yd einem Minsken im Harten mag lüsten. Averst / dat segge ik yuw / Vadder Drewes hefft yd noch nich ins half vortellet / wo wy dörgaht. O wat plegge wy eine brafe Jacht mit den Wifern unde den Deerens tho hebben / sünnerken[297] wenn Se mit usk im Kroge sittet unde lahtet dat Hänneken üm den Kop gahn / unde singet denn: Laht Talken frie gahn / laht Trynen frie grynen / laht Liesken frie krießken / Ja / so meene Jk / spele wy erst Pulter alarm / dat ehnen de Rökke aver den Koppe thohope schlaht / denn so heet yd / Stroh vör dat Gatt / Meken dat dy / unde worüm skul wy ook mit dem Wifertüge nich wat jagt unde kortwyl hebben / man darff dar jo nene Bröke vörgeven / plegen uns doch de Soldaten by unsen Wiveren sülke putzen ook wol süm tyden tho maken?

DEGENWEHRT.

Ach GOtt! wie führet ihr Leute ein Leben! Kaum kan ich es glauben / daß euch der edle Friede / dessen ihr euch selber so gar unwürdig machet / so bald soll wieder gegeben werden. Aber / meine Freunde / saget mir einmal / woher nehmet ihr doch die Mittel / welche ihr in solcher Leichtfertigkeit und üppigem Leben / mit huren und buben / fressen und sauffen verzehret?

DREWES.

Wo / Gy sünd wol ein rechten dummen Düvel / Junker / dat gy dat nich wehtet! Staat dar nene Borne nog im Holte / de wy daal houen unde naar Stadt föhren köhnet? [298] Jk hebbe vaken in einer Weken so veel Holt affhakket unde vörköfft / dar Jck een halff Jahr de Contributie van geven könen / tho deme skulle wy nich so drade wat stehlen könen alß de Soldaten? Ja / ja Munsör / wy hebbet dat Musend jo so fix lehret / alß de besten Musketerers / wy dörfet jo man averlank uppem Passe / in der Buskasie / effte ook im Grafen liggen / unde luhren up / wenneer so vörnehme Affencerders, Kooplüde unde anner reisend Volck voraver thüt / wanne du Kranckt / wo plegen wy dar manck tho hagelen / dat se byr Sören edder bym Wagen dahl ligget / alß de Flegen edder Schniggen / dar make wy denn friske Buhte unde lahtet ehnen nicht eenen Faden an ehrem helen Lyfe / unde seht / Hunne unde Vösse möhtet ook jo wat tho frehten hebben / unde welker Düvel wehtet denn / effte yd Buhren edder Soldaten dahn hebben? Tho dem ook / staht is dar nichteen hupen Herenhüse / Amtstaven unde dergelyken Gebüwe leddig / dar men de Finster / Müersteene / Hauensteene / Dehlen / Balcken / Jserwark / unde wat süß noch nagelfast [299] ys / licht uthbreken / na der Stadt föhren / unde darsülvest vör halff Geld kan vörköpen? O! dar hebbe wy Hußlüde mannigen stolten Dahler van maket! Jn Sumniß Summarium / wy möget dohn / wat wy wilt / wy möget den Drooß by Tünnen edder by Küfen vull flöken / wy möget uns schlahn unde hahrtagen / dat yd men een Lust ys / wy möget mit den Wifern unde den Deerens nedden unde baven liggen / wy möget nehmen / wor wat tho kriegen ys / dar darf uns neen Düvel een Wohrt van seggen / wenn wy men tho seet / dat de Böversten eere Triebuergeld unde wat tho freten unde wat tho supen kriget / so geith yd im Krige dusendmahl behter her / alß do yd noch Frede was / neen / neen Junker / wil gy unse Fründ wesen / so last den nien Frede vanner Näsen.

BENEKE.

Dat segg ick ook / Vadder Drewes / Jck wull leverst / dat se allthomahlen de Knüvel weg hahlen / de dar tho helpet / dat yd Frede skul werden / neen / neen laht yd dar men by blyven / alß yd all mannig leve Jahr her wesen ys / [300] use Oevrigheit skul usk / went Frede würde / wol uppet nie wat tho brüden unde tho scheren fahten.

DEGENWEHRT.

O der grossen Blindheit / welche euch armseligen Leuten den Verstand so gar hat verfinstert und hinweg genommen / daß ihr auch Lust habet eure eigene zeitliche ja auch ewige Wolfahrt muthwilliger weise zu verhindern! Nun ihr ein wenig Linderung fühlet / in deme ihr unter der Contribution lebet / bey welcher steten Erlegung der Krieg nicht mehr so gar hefftig in Teutschland wird geführet / begehret ihr nicht einmal den unermäßlichen Schatz des Friedens zu erlangen / ja ihr wünschet vielmehr unter dem grausamen verderblichen Kriegeswesen beständig zu verbleiben / und zwar dasselbe eintzig und allein darumb / daß ihr nur euer Gottloses / Epicurisches Leben beharrlich fort treiben / und euch in allerley Sünden und Schanden wie die Säue im Schlam / wältzen möget / sind diese nicht schöne Früchtlein des teutschen Krieges zu nennen? Ach GOtt / erbarme dich über die grosse Sicherheit der Menschlichen Hertzen!


Unterdessen Herr Degenwehrt also redet / stehen die Bauren und sauffen einander auß einer grossen hötzernen Kannen lustig zu / trinken auch Tobak bey einer Lunten. Jn deme komt ein
Soldat oder Korporal herauß springen / führet des Drewes Kikintlags Frau bey der Hand / hertzet und küsset sie / hüpffet und tantzet mit ihr herumb und machet allerhand seltsame leichtfertige Possen / dieses ersiehet Drewes / der rufft mit lauter Stimme.

[301]

Wo nu thom Henker / Kappral / wo geit dat tho? wo daafe gy nich anners mit mynem Wive? Weht gy nicht / dat se wat goodes doon skal / mag dat nich ein betken ringer wesen? Jck löve / dat gy dul effte vull sid!

HANS HUN.

Wie nau zum Zeufel / Herr Wirtz / mag ich eure Frau und meine Leibste nicht einmal kützen / dar skal sie nicht von sterben / soll Sie ein Kintz haben / wer weiß / wer der Vatzer darzu ist?

DREWES.

Vaer tho wesen? dat haep Jck jo wol / dat ick dat bin / twul süß de störten kranckheit hebben / Segge du dar men de Wahrheit van myn leve Göbbeke Wif / bin Jck er nich Vaer tho unde skal dat Kind ook nich liffhafftichen uthsehn alß ick doh? hee du?

GÖBBEKE.

Wo skult anners uht sehn / myn harten truten Drewes Vaer / Gy sünd yo myn rechte echte Gade / unde gy hebbet ook jo wol teinmahl mehr alß de Kapparaal by mick schlappen / dat weht gy ook jo sülvst wol?

[302]
DREWES.

Ja / wo skul ick dat nich wehten? darmit ysset denn jo nu klahr / unde dat ick de rechte lyfhafftige Vaer thom Kinne bin / nich so Münsor Kappral.

HANS HUN.

O Ja / mein lieber Herr Wirtz / das Kindz soll Eur / die Frau soll mein seyn / so wahr ich Hanß Huhn heitze / ist das nicht so recht / Wöbbeke / dar seided ihr ja alle beidze mit zu friedzen?

DREWES.

Jck wehter bal den Düvel van / wol heer een den annern wat brüet / wat dünckter dick hier by / Beneke Vadder?

BENEKE.

Schnick / schnack / Jck dencke yd ys jo wol lyke veel / wem dat Kind tho höret / unde / süe dar Drewes / du draffst den Kapprael jo man tho Fadderen bidden / so ys he wedder brüet / he muht dick jo noch wol eenen halfen Dahler vaddern Geld geven.

HANS HUN.

Bei Goss / das is wahr so bin ich redlich weider gescharen / nu Drewes / dat geiht frisch auff die neue Gefatzerschafft hin / da muß ich mit deiner und meiner Frauen noch einmal auff dansen / Ey Beneke / laze dinen Dudeldei ins klingen / ich muß einmal kradandi spielen: Juch holla / kradandi / kradandi / kradandi!


[303] Hans Huhn tantzet mit Wübbeken / Beneke spielet darzu / und Drewes singet folgendes Lied / die Kanne immer in die höhe haltend.

Anderes Lied

Deß ersten Zwischenspiels /


Welches von den Bauren wird gespielet / getantzet und gesungen.

[304] [306]1.

So geit ydt frisck toh / so geit ydt frisck tho /
Versup' yck de Föite / so hold' yck de Schoo /
Hei lustig krassibi /
De Bütte vul Tibi /
Dit moht yck in myne Pansen begraven /
So kan yck van Harten recht singen und daven.
Kradandi!

2.

Springt lustig doch fohrt / springt lustig doch fohrt /
Spring Jachim / spring Tonnies / spring Simen / spring Kohrt /
Spring Mewes / spring Benke /
Spring Göbke / spring Leenke /
Springt dat yück de Buuck rechtschapen mocht beven /
Kradandi / kradandi / so möchte wie leven! Kradandi!

3.

Nu pipe dat Wyf / nu pipe dat Wyf /
Myn fründlycke Schwager / so krig yck neen Kyf /
Laht flegen / laht ruschen /
Jck moht einmal tuschen u.s.w.
Kradandi / kradandi.

Jn deme der Baur diesen letzten Satz singet / die andere aber frisch daranch tantzen und spielen / da komt Sausewind herauß / gantz hefftig ergrimmet und halb rasend / gibt Feur mit einer Pistohlen /worüber die gantze Gesellschaft sehr erschrikt / also daß der Corporal / [306] Weib und Bauren davon lauffen /Herr Degenwehrt bleibt auf einer Ekken gar alleine stehen / üm zu sehen was der erzürnte Sausewind machen will / der läuft mit entblössetem Degen ruffend.
SAUSEWIND.

Pfui / pfui / wie verdreust mich es doch von Grund meiner Seelen / daß mir der leichtfertiger Vogel / der ohnmächtige laus semper, der nichtswürdige Junker von der Ehlen / so liderlich entwischet ist / ich schwehre ihm bey den Diamantinen Augen meiner unvergleichlichen Göttinnen Rosemund / daß / wenn ich ihn hätte ertappet / ich wolte ihm die Spitze meines Degens im Hertzen abgebrochen / und mit der Pistohl den Kopf auf kleine Stükken haben zerschmettert. Ach allersüsseste Rosemund / wie hastu es doch über dein liebreiches Hertz können bringen / einen solchen elenden Bärenhäuter Audientz zuertheilen? Ach Rosemund! Rosemund!

DEGENWEHRT.

Glük zu mein Herr Sausewind / was ist doch dem Herren widerfahren / daß er so gar schelig und unmühtig ist?

SAUSEWIND
noch gar erzürnet.

Ey / was solte mir widerfahren seyn / ich wolte / daß mich der Herr ungemolestiret liesse / der Kopff steht mir gleich itzt nicht darnach / daß ich mit dem einem oder anderen viel parlirens solte machen. Zu deme: Tuâ quod nihil refert, percontari desinas, man lasse mich unperturbiret.

DEGENWEHRT.

Eine schlechte Höfligkeit von einen solchen grossen Kavallier / als der Herr sein will! wenn ich das jenige nicht soll wissen / was ihme angelegen / so darff er es ja nur mit gute von sich sagen / und was habe ich auch seines Schnarchens viel nöthig? Doch solchen Leuten die unter dem Huhte nicht wol verwahret sind / muß man offt viel Dinges zu gute halten.

[307]
SAUSEWIND.

Ma foy, Monsieur, wenn ich nicht gleich itzt müste weiter gehen / den jenigen Ehrendieb / der mir meine Seele zu stehlen sich hat unterstanden / mit diesen meinen ritterlichen Armen zu züchtigen / ich wolte ihme bald sagen / was da heisse einen vaillanten Cavallier etwas zu gute halten / aber mein rechtmässiger Eifer zwinget mich / den Räuber meines Lebens zu suchen / immittelst adieu, und er versichere sich / daß ich Sausewind heisse / Gehet zornig ab.

DEGENWEHRT.

Jst das nicht lächerlich / daß dieser elende Phantast so viel pochens und prahlens daher machet / und ist doch das allerverzageste Geschöpffe / das unter dem Himmel kan gefunden werden. Junker Reinhart gehet auf. Was mag doch dem Leimstängeler dißmahl im Kopfe liegen? Jch dörfte schier schwehren / daß er aufs neu wiedrüm sey verliebet. Aber / sihe da / sein Kammerad / Junker Reinhart! Wo mag doch der hingedencken?Er ruft ihm zu. Wo hinauß / wo hinauß / Junker Reinhart?

JUNKER REINHART.

Jhme zu dienen / mein hochgeehrter Herr Obrister / Jch wolte gerne zu meinem Kammeraden Monsieur Sausewind gehen / denn derselbe in einer angelegenen Sache meines Beystandes begehret.

DEGENWEHRT.

Ja / Monsieur Sausewind? der ist gleich diese Stunde allhier fürüber gangen / der Kopf war ihme über alle masse närrisch / er sagte ja von Degenspitzen im Hertzen abzubrechen / von Köpfen zu zerschmetteren / wer nun derselbe eigentlich sein möchte / welchen er dergestalt dräuete zu züchtigen / kan ich noch zur Zeit nicht wissen.

JUNKER REINHART.

Eben dieser Sache halben gehe ich gleich itzt zu ihme / er hat mich zu seinen Secunden erfodert / angesehen er bedacht ist / ein grosses Unrecht / das man ihme hat erwiesen / zu revengiren.

[308]
DEGENWEHRT.

Wer ist aber derjenige / der ihn so hoch beleidiget / und wodurch ist doch der gute Sausewind so bald in den Harnisch gejagt worden?

JUNKER REINHART.

Dieses will ich meinem hochgeehrten H[errn] Obristen kürtzlich erzehlen: Sausewind hat widrüm eine neue Liebste / weiß nicht / ob es die sechste oder siebende Rosemund ist / von Geschlechte und Herkommen ist sie eines Altflikkers oder Schuplätzers Tochter / in seinem Sinne aber hält Er gäntzlich dafür / sie sey von lauter Fürsten und Grafen entsprossen / ihre Handthierung ist / daß sie den Schiff- oder Booßleuten die Hemder wäschet / und solchem Völklein bißweilen auch sonst andere Liebesdienste erweiset / wiewol er vorgibt / daß sie zu Hause nichts anders thue / als Bücher lesen / Bücher schreiben / Lieder machen / Gedichte aufsetzen / ausserhalb Hauses aber / fahre sie zu Winterszeiten in Schlitten und Karreten / deß Sommers in Lustschiffen / auf den anmuhtigsten Seen und Flüssen spatziren / und halte sich weit prächtiger / als viele andere reiche und fürnehme Princessinnen. Jn diese gute Wäscherin nun ist unser Ritter sehr hefftig verliebet / es hat sich aber vorgestriges Tages zugetragen / daß / wie er gantz unversehener weise zu seiner Göttinnen in ihren Keller kommen / (denn ihre Wohnstatt hat sie unter eines fürnehmen Bürgershause) deroselben unterthänigst aufzuwarten / er einen Ladenjungen bey ihr gefunden / der sie freundlich in den Armen gehalten / und / aufs beste er nur gekönt / hat gehertzet und geküsset / worüber denn unser Sausewind dergestalt ist entrüstet worden / daß / wenn ihme der Ladenjunge nicht wäre entsprungen / er demselben eine rechtschaffene gute Ohrfeige hätte zugestellet. Dieweil aber mehrgedachter unser H[err] Sausewind ungerevengiret nicht zu leben begehret / als hat er vielerwehnten Ladenjungen lassen vor die Klinge [309] foderen / der sich auch resolviret hat / ihme zu kommen / und demnach zu befahren / daß derselbe noch wol etliche mehr von seiner Burß mit sich bringen werde / so hat Herr Sausewind von mir / als seinem itzigen Kammeraden / freundlichste begehret / daß ich ihm eine Secunde geben / und mich dieser Sache ernstlich mit wolle annehmen / welches zu thun ich ihm auch gestriges Tages mündlich habe versprochen.

DEGENWEHRT.

Das habe ich ja leicht können gedencken / daß der Narrenkopff abermal verliebt wäre / und zwar in ein solche / derergleichen er unterschiedliche für diesem gehabt / welche gleichwol in seinem Sinne lauter Prinzessinen / Gräffinnen oder zum wenigsten Freyfräulein müssen heissen / unangesehen / sie entweder gar nicht in der Welt zu finden / oder doch zum höhesten nur armselige Waschmägde / Misthämmele und Küchenratzen sind. Wundert mich demnach von euch sehr hoch / Junker Reinhart / daß ihr / der ihr doch sonst fast allenthalben in der Welt / sonderlich aber bey Hofe in gar guten Ansehende unnd Ruf seyd / euch des Sausewindes seiner groben Narrenpossen möget theilhafft machen / wodurch ihr endlich nohtwendig nebenst ihm in die äusserste Verachtung müsset gerathen.

JUNKER REINHART.

Jch bekenne es / hochgeneigter H[err] Obrister / daß die Ehre / welche ich von seiner Conversation habe / schlecht genug ist / daß ich aber gleichwol zu Zeiten mit ihme ümme gehe / thue ich eintzig und allein darümb / daß ich nur etwas Lust und Kurtzweil mit ihme [310] könne machen. So weiß auch ja mein Herr wol / daß ich ihn nur eine gar kurtze Zeit habe gekennet / nemlich die jenige Zeit / so er in Frankreich hat zugebracht / welche sich gleichwol nit einmal drey gantzer Monat beläuft / wiewol er sonst viel von Frankreich pfleget zu prahlen / worinnen er doch kein gantzes Viertel Jahrs hat gelebet / wie er denn auch nicht fünff Wort Frantzösisch recht weiß zu reden.

DEGENWEHRT.

Wahr ist es / Herr Reinhart / es ist noch nicht so gar lange / daß ihr diesen verliebten Narren habt gekennet / ihr wisset auch noch zur Zeit nicht recht / was hinder ihm stekket / ich aber kenne ihn so gründlich / daß ich mich gäntzlich versichert halte / es lebe kein Mensch unter der Sonnen / der seine Beschaffenheiten eigentlicher / als eben ich könne oder wisse zu beschreiben / denn ich schon über die sechszehen Jahre seine närrische Händel und Verrichtungen habe gesehen und erfahren.

JUNKER REINHART.

Könte ich die Ehre haben / hochgebietender H[err] Obrister / etwas weiteren Bericht von vielgedachten unseres Sausewindes fürtreflichen Qualitäten zu vernehmen / solte es mir gar sehr lieb seyn / denn ich gerne wissen möchte / ob er denn ein solcher gelehrter / verständiger / geschikter Kavallier sey / als er von sich selber pflegt zu rümen.

DEGENWEHRT.

Jch diene euch dieses falles gerne / mein Herr Reinhart / und berichte euch demnach kürtzlich / daß dieser unser Sausewind so voller Eitelkeiten stekket / daß es groß Wunder ist / wie es doch müglich / daß er für seinen eingebildeten Stoltz und Ehrgeitz nicht gar von einander [311] bärstet. Der hoffärtige Phantast schämet sich seines Herkommens / seiner Eltern und Verwandten / bißweilen verläugnet oder ändert er den Nahmen seines Geschlechtes / wie Er denn einsmalen mit einem Edelmann (seinem Fürgeben nach) beym Trunke Brüderschaft gemachet / und also fort desselbigen Zunamen an sich genommen. Als ihme nun nach der Zeit verweißlich ward fürgehalten / er wäre ja von keinem adelichen Geschlecht entsprossen / könte auch nimmermehr beweisen / daß ihm der Römische Käiser den Adel / Schild und Helm hätte gegeben / warum er denn diesen Namen angenommen? gab er gantz ernstlich zur Antwort / dieweil ihn dieser Edelmann für seinen Dutzbruder erkennete / als wolte er sich auch desselben Zunamens hinfüro gebrauchen / und damit er ja den Gek rechtschaffen sehen liesse / so hat er für sich selber ein Wapen erdacht / fast wie jenes Bauren Sohn in Holland / der ihm auch selber ein Wapen gab / welches er in vier Felder hatte abgetheilet / und Löwen / Greiffen / Adler und Elephanten hinein gesetzet / ja so gar das güldene Flüß unten daran gehänget / und sich hernach gerühmet / daß es seine eigene Erfindung wäre. Eben also hat es auch unser Herr Sausewind gemachet / in dem er auß seinen eigenen Eulen oder Tauben-gehirn ein neues Wapen erdichtet / und einen offenen Helm darauf zu setzen sich selber erlaubet. Bey diesen unerhörten Eitelkeiten hat er es nicht lassen bewenden / sondern noch ferner fürgeben / er seye auch ein Ritter / hat sich durch öffentlichen Druk in seinen Büchern (welche er von andern außzuschreiben / und hernach für seine Arbeit außzugeben / sehr geschikket ist) Equitem strenuum et nobilissimum, einen hochedlen und gestrengen Ritter selber genennet / kan aber kein Mensch erfahren / wer ihn doch zum Ritter [312] habe geschlagen / ob es etwan der König in China / oder der grosse Mogul / oder der in Japon gethan habe / denn in der Christenheit weiß traun niemand von solchem seinem Ritterorden zu sagen / als er allein / wie er sich denn auch selber gar hochmütige Vers und Gedichte zu ehren pflegt zu machen / und hernach Namen darunter setzet / solcher Leute / welche vielleicht niemahls in dieser Welt sind gesehen worden.

JUNKER REINHART.

Ey behüte mich mein Gott / Herr Obrister / was höre ich doch von diesem Grillenfänger wunderliche Händel / ich habe vermeinet / daß der Kerl vielleicht was sonderliches hätte studiret / auß meines Herren Obristen Relation aber / vernehme ich / daß in der Welt kein grösser Phantast / als er sey zu finden.

DEGENWEHRT.

Dieses ist noch nichtes / was Jch euch von ihme habe erzehlet / hätte ich Zeit / ihr sollet Wunder über Wunder hören / von seinem unaussprechlichen Ehrgeitze und selbst eingebildeter Geschikligkeit / ja auch von seiner Thumkühnheit / angesehen / er sich nicht scheuet / anderer gelehrten Leute Arbeit für seine eigene außzugeben / darf wol / wenn ein anderer ehrlicher Mann / auß gewissen / ihme absonderlich bekanten Ursachen / ein Büchlein ohne vorsetzung seines Namens / in offenen Druk heraus giebet / seinen Sausewindes Namen dafür setzen / oder in Kupffer stechen lassen / massen ich solches mit meinem eigenen kan beweisen. Ferner so rühmet er sich auch unterschiedlicher Sprachen Wissenschafft / und kan nährlich verständlich Teutsch reden / ja / wenn er das Außschreiben nicht gelernet hätte / so wäre er der elendeste Hümpler unter dem Himmel. Was soll ich aber von seinen erdichteten / oder im Traume [313] abgebildeten Schäfferinnen / in welche Er sich fast alle Tage aufs neue verliebet / viel sagen? Da wäre allein ein gantzes Buch von zu schreiben: man findet zwar auch unter gelehrten Leuten und berümten Poeten etliche / welche allerhand erdichtete Namen den Schäfferinnen kunstzierlich aufzuführen / und deroselben lobwürdige herrliche Eigenschaften gar artig zu beschreiben / sich haben belieben lassen: Aber so närrisch sind sie nicht / daß sie dieselbe in der Warheit für Fürstliche / Gräfliche / und andere hohen Standes Personen erkennen / oder außgeben / ja sich öffentlich rühmen solten / daß sie von denselbigen hertzinniglich geliebet / mit beweglichen Schreiben ersuchet / und mit herrlichen Geschenken würden beseliget. Dieser unser Sausewind aber / aller Haasen Großvatter / bildet ihm solche Personen für / die niemahls in dieser Welt gewesen / auch in Ewigkeit nicht darein kommen werden. Die eine nennet er Liebewitz / die andere Perlestirn / die dritte Rosemund / und wie die Waschmägde alle mehr heissen / welches man zwar alles könte hingehen lassen / wenn er nur nicht so tummkühne wäre / und sich unterstünde die Leute zu überreden / es wären diese Nimfen warhafftig lauter hohen Standes Personen / hätten übertreflich wol studiret / schrieben allerhand anmuhtige Gedichte (welches zu beglauben / Er selber bißweilen etwas machet / und unter diesen erdichteten Namen lässet herauß kommen) Sie hielten sich gar prächtig / führen in stattlichen Carreten, hielten ihre Diener / Pagen und Lakqueien / wolten aber noch zur Zeit sich niemand anders / als ihme alleine zu erkennen geben / demnach sie sich so gar hefftig in ihn hätten verliebet. Es sind fürnehme und verständige Leute gewesen / welche / nach deme sie in diesem seinem Vorgeben [314] anfänglich Glauben zugestellet / nach der Hand aber demselbigen ernstlich nachgeforschet / zu letzt klärlich haben befunden / daß alles schändlich von ihme erdichtet und erlogen. Wenn er nun deßwegen zur Rede gestellet worden / hat Er berichtet / daß die von ihme besagte unnd gepriesene fürnehme Weibespersonen zwar in der Welt und seine Liebsten gewesen / aber unlängst zu seinem grossen Hertzleid verstorben wären / wormit er denn eine Lügen durch die andere hat abgelegt / und zum Theil beschlossen. Sonsten bildet er sich festiglichen ein / so bald nur ein Weibesbild ihn einmal ersiehet / müsse sie sich augenbliklich in ihn verlieben / gestalt er denn mir selber einsmahlen hat erzehlet / daß er auff einer Reise / welche zu thun er fürhabens wäre / die Hofstadt einer fürnehmen Fürstinnen (welcher Herr dazumal noch lebete) nothwendig auff dieses mal müste vorbey gehen / also / daß er seinen unterthänigsten Gruß bey derselben nicht könte ablegen / dieweil Er eigentlich wüste / daß hochgedachte Fürstinn gar zu sehr in ihn verliebet wäre. Und als ich ihn ferner befragte: ob er denn mit hochbemeldter Fürstinn vor diesem geredet / und solcher ihrer Liebe waar genommen hätte? Gab er mir zur Antwort: daß er zwar noch zur Zeit nicht mit ihr geredet hätte / dieses aber wäre gar gewiß / daß sie ihn einsmalen von ferne im Garten hätte ersehen / da denn diese überauß schöne Fürstinne / nach dem sie von dem Gärtner (von welchem er auch diese Nachricht hätte) verstanden / daß er der Herr Sausewind wäre / gar freundlich hätte gelachet / worauß er bald vermerket / daß sie schon hefftig gegen ihn wäre verliebet. Sind mir aber das nicht schöne Possen / dergleichen mir doch fast unzählich von ihme wissend sind? Unlängst hat er gar hoch betheuret / daß ihm zween treffliche Heyrahten vorstünden: Eine zwar mit einer Adelichen Damen / derer Brautschatz [315] sich auff vier Tonnen Goldes belieffe. Die andere wäre Fürstliches Standes / würde ihme aber nicht viel mehr / als nur eine Tonne Goldes zubringen / Jedoch hätte er zu dieser letzten / als einem überauß schönen Fräulein die beste Lust / wäre jhme auch mehr an dem Hohen Fürstlichen Ehrenstande / als dem gar grossen Reichthume gelegen. Jn Summa ich solte nun bald sehen / (sagte Er mir unter die Augen) wie er mit sechs Pferden fahren / einen Hauffen Diener und Lakqueien halten / ja dermassen stattlich wolte auffgezogen kommen / daß ich mit Verwunderung würde sagen: Jst das unser Herr Sausewind! Denn / sprach Er / der eine Fürst begehret mich für seinen Residenten zu bestellen / der ander will mich für einen geheimen Rath / der dritte zu seinem Cantzler annehmen / weiß bald selber nicht / welchem unter ihnen ich am ersten soll zu Willen werden. Ey gedachte ich bey mir selbst / du elender Dorffteuffel / weitest du Fürstliche Personen heyrahten / und ist wol keine Kuchen-Magd / die dein begehret; woltest du ein Fürstlicher Resident oder Rath werden / unnd bist nicht tüchtig der geringste Schulmeister zu seyn? Woltest du mit Kareten fahren / Pagen und Lakqueien halten / und hast nicht so viel Mittel / daß du einem eintzigen Jungen kanst zu fressen geben? du magst wol der grössester Auffschneider heissen / der im gantzen Römischen Reiche zu finden!

JUNKER REINHART.

Für war / hochgeehrter Herr Obrister / ich muß mich schier zu Tode verwundern / über dieses Menschen erschrökliche Lügen / am allermeisten aber / über seine unverschämte Stirne / daß er verständigen Leuten / die Gehirn im Kopffe haben / solche unglaubliche Sachen / ja rechte Kinderpossen mag fürbringen?

[316]
DEGENWEHRT.

Und eben das ist es auch / das mich so hefftig auff ihn verdreust / worzu noch dieses komt / daß er gelehrte / fürtreffliche unnd berühmte Leute / ja solche Männer / denen er die Schuhe zu putzen nicht einmahl würdig ist / hinter ihrem Rucken verleumbderischer Weise schmähet unnd beschimpffet / welche ihme doch manches mahl das Wort geredet / ja zu der Zeit / als er recht natürlich wie ein Bettler unnd Landstreicher zu ihnen kommen / alle Liebe unnd Freundschaft haben erwiesen. Jch schwere es ihm aber bey meinen Ehren / daß / im falle ich erfahre / daß er redliche Leute hinfüro nur mit dem geringsten Worte / heimlich oder öffentlich zu schmähen oder zu beschimpffen / sich wird unterstehen / ich sein gantzes Leben / und die darin geführte unerhörte / mir wol bewuste Händelchen / erschrökliche Lügen und grobe Unwissenheit / in einem öffentlichen Buch / der Teutsche Aufschneider genandt / der gantzen erbaren Welt dergestalt wil kundt machen / auch das grösseste Theil derselben / mit seinen gar vielen / und andern eigenhändigen Briefen so klärlich beweisen / daß auch die Kinder auff der Gassen davon sollen zu sagen wissen / und er für einen viel grössern Phantasten / als der Spanische Don Kichote, oder der Frantzösischer Berger Extravagant, zu teutsch / der närrische Schäffer / soll gehalten / und durch unser gantzes Teutsche Reich außgeruffen werden.

JUNKER REINHART.

Warlich / mein Herr Obrister / dieses Verfahren wäre auch deß ungestreifften Haasen rechter Lohn / unnd kan ich nicht vorbey / ihm mit dem ehesten einen artigen Possen zu machen / dessen denn mein Herr Obrister genug wird zu lachen haben.

[317]
DEGENWEHRT.

Wolan / Junker Reinhart / thut euer bestes / es soll mir nicht zu wiedern seyn / Narren muß man mit Kolben lausen / vielleicht möchte der Phantaste klug / und zu bessern Gedanken dadurch gebracht werden. Jch muß mich aber hinein machen / um zu sehen / wie doch unser Feldherr Mars seine Sachen ferner anstellen / und was es endlich mit dem Friedenschlusse für einen Außgang werde nehmen.

JUNKER REINHART.

Wol / H[err] Obrister / eben das bin ich auch zu thun gesinnet / und erkenne ich mich verpfllichtet / unserm gebietenden Herrn Generalissimo unterthänigst auffzuwarten / wie ich denn auch versichert bin / daß derselbe nach unserer beyderseits Ankunfft ein sonderlichs Verlangen wird haben und tragen. Sie gehen beyde ab / und wird darauff die Music / so gut man sie immer kan haben / angestellet.


Ende der ersten Handlung.

2. Akt

1. Aufzug
Erster Auffzug.
Wahremund in langen geistlichen Kleidern /Wolraht / als ein Königlicher oder Fürstlicher Rath / nach ihnen komt Mars / und mit demselben Staatsmann.

WAHREMUND.

Jst es glaublich und müglich / Wolrath mein Freund / daß sich Mars so gar eiferig bemühet / den verfluchten Krieg fort zu setzen / und den herannahenden edlen Frieden in Teutschland zu verhindern?

[318]
WOLRAHT.

Es ist leider mehr denn all zu waar / mein hochgeliebter Herr Wahremund / daß der ruchlose Mars sich kein Ding unter der Sonnen so fleissig und ernstlich anlegen seyn lässet / als wie er seine blutige Kriege an allen Orten der Welt / sonderlich aber in Teutschland beständig erhalten / und unsere allerliebste Königin ferner auff das eusserste plagen / ja biß auff den Grund möge verderben.

WAHREMUND.

An seinem guten Willen habe ich niemahlen gezweifelt / was er aber für Mittel habe / den so nahe herangebrachten Frieden zu hintertreiben / und wiederumb rukstellig zu machen / solches würde ich vielleicht schwerlich können errahten.

WOLRAHT.

Freilich / Herr Wahremund / kan es der jenige / deme seine Anschläge unbewust sind / nicht leichtlich errahten / ich aber habe sein jetziges Vorhaben (ihme zwar gantz und gar unwissend) auß seinem eigenen Munde gehöret und verstanden.

WAHREMUND.

Ey Lieber / er lasse mich auch doch etwas davon vernehmen / in Betrachtung wir dieses Orts ja gantz allein sind / zu deme auch wir beyde / ich zwar als ein Geistlicher und Kirchendiener / der Herr aber als ein Weltlicher und Hoffrath / eine Königin / nemlich das großmächtigste Teutschland / mit redlichem Gemühte bedienen.

WOLRAHT.

Er redet dieses Falles die Warheit / mein liebster Herr / und sehe ich keine Ursache / warumb ich diese Geheimnissen (welche ich an einem verborgenem Orte von ihnen unvermerckct / mit Verwunderung angehöret /) für dem Herren solte verschwiegen halten / mag er demnach wissen / [319] daß vielgedachter blutdurstiger Mars den grossen Verkehrer und Verderber aller guten Regimenter und Herrschafften / den leichtfertigen verfluchten Staatsmann / welchen die Lateiner Ratio Status heissen / zu seinem geheimesten Rath nunmehr hat angenommen und bestellet / da habe ich nun Wunder über Wunder gehöret / was ihm derselbe für listige / gefährliche / und hochschädliche Anschläge gegeben / unter welchen auch dieser gewesen / daß er eine gantz neue Rüstung / Waffen und Schwerd solte machen lassen / darauff müsten mit grossen güldenen Buchstaben nur diese zweene / weitaussehende Wörter stehen / nemlich Religion auff der rechten / und Freyheit oder Libertas auff der lincken Seiten / und hat ihn der Staatsmann versichert / daß / wenn er sothane Rüstung mit besagten beyden Wörtern (welche gar stark und unaußleschlich in dieselbe müsten gegraben oder vielmehr geetzet werden) nur stets über dem Leibe tragen / und selbige zu rechter Zeit den Teutschen in die Augen würde schimmeren lassen / sie alsdenn keinen Frieden begehren / sondern den Krieg nochviele Jahre allerseits fortzusetzen von Hertzen wünschen / und suchen würden. Sehr viel andere Rathschläge hat mehr besagter Staatsmann dazumal dem Eisenfresser Mars mitgetheilet / welche ich dem Herrn ins künfftige offenbaren werde / zu diesem mahle erwarte ich nur besagten Mars Anherokunfft / denn er dem Staatsmann versprochen / bald an diesem Orte zu erscheinen / um ferner von ihme zu vernehmen / auff was Art und Weise der auffwachsende Friede zu unterdrucken / und das halbtodte Teutschland durch die Kriegerische Waffen ins künfftige zu quälen / ja gar unter die Erde zu bringen.

WAHREMUND.

O des hinterlistigen Achitophels! des durchtriebenen Weltfuchses! des unglücksuchenden Staatsmanns! [320] hat er denn noch nicht lange genug die Religion und Freyheit zum Deckmantel aller geführten Kriege / und in demselben so vieler begangenen gefährlichen Boßheiten offentlich mißbrauchet? Soll man dieselbige nun noch endlich gar auff die Rüstungen und Waffen schreiben? Aber was hilfft es. Seine betriegliche List und listige Betriegligkeit ist nicht außzugründen / Mars und Staatsmann gehen auff. und kan ich leicht erachten / daß er dem Mars noch viel andere Anschläge von weit höherer Beschaffenheit an die Hand habe gegeben / nun GOtt wird ihn stürtzen.

WOLRAHT.

Dem ist nicht anders / aber stille / stille / laß uns eilig etwas an die Seite treten / sie sind schon da / wir wollen uns ein wenig in diese Ecke verbergen / um zu hören / was der Staatsmann doch noch weiter für Praktiquen dem Mars an die Hand geben werde?

MARS.

Sehr angenehm ist mirs / mein vielgeliebter Staatsmann / daß du mir den sonderbaren Gefallen erweisen und deinem versprechen zu Folge dieses Ortes hast erscheinen wollen / mich ferner zu unterrichten / auff was Art und Weise die in Westphalen neuangestellete Friedenstractaten zu hintertreiben / und meine bißhero fast durch die gantze Welt berühmte und ritterlich geführte Kriegs-actiones wider Teutschland weiter fortzusetzen?

STAATSMANN.

Gnädigster Herr / daß ich in Unterthänigkeit anhero komme / euer Excellentz ferner beyrähtig zu seyn / wie und welcher gestalt der Teutsche Krieg in gutem Vigor möge erhalten werden / solches erfordert meine Schuldigkeit / und hat mir Euer Excellentz in diesen und andern ihren affairen kühnlich zu commendiren.

[321]
MARS.

Wir bedancken uns dieser Offerten halber gnädigst / und werden es mit hoher Gunstbezeigung gegen deiner Person (als durch welcher zuthun und inrahten alle Kriege dieser Zeit klüglich und nützlich müssen geführet werden) Zeit unsers Lebens hinwieder zu demeriren / uns eusserstes Fleisses angelegen seyn lassen. Aber / sage mir / mein getreuester Staatsmann / wie gefält dir diese neue Rüstung / ist sie auch recht nach deinem Sinne zugerichtet / und mit den beyden herrlichen Scheinwörtern der Religion, und der Freyheit sattsam verwahret / und zur Genüge versehen?

STAATSMANN.

Aller unüberwindlichster Mars / so viel die neugemachte Rüstung betritt / so muß ich in Warheit bekennen / daß selbige dermassen fleissig ist außgearbeitet und zugerichtet / daß ich nicht sehe / auff was Art oder Weise selbige zu verbessern / ich habe aber dem Handel etwas reifflicher nachgedacht / und befinde / daß es mit sothaner Rüstung allein (wiewol dieselbige biß anhero an theils Orten hochnöhtig gewesen / bey vielen auch noch biß auff diese gegenwertige Stunde ein treffliches Ansehen hat) bey den nunmehr schlauen / und mehrentheils hochverständigen Teutschen dahin noch nicht kan gebracht werden / daß sie den blutigen Krieg in ihrer Ländern zu continuirn sich solten überreden lassen / mein Gnädigster Herr / dieses will es ihm allein nicht thun / Staatsmann muß auch noch auff andere Griffe bedacht seyn / Er muß andere Mittel hervor suchen / krafft welcher Euer Excellentz rühmliches Vorhaben könne effectuiret und ins Werck gerichtet werden.

MARS.

Mein Staatsmann / ich habe dieser meiner mit Religion und Freyheit außgezierten Rüstung gar ein grosses zugeschrieben[322] / verspüre aber auß deinen Discursen, daß du noch andere und vielleicht wichtigere Consilia führest / ersuche dich demnach gnädigst / du wollest mir selbige offenhertzig communiciren.

STAATSMANN.

Gnädigster Herr / es ist nicht ohne / daß ich mit vielen andern und höhern Consiliis ümme gehe / als man ins gemein durch gantz Teutschland sich einbildet oder davon gläubet / derer etliche und zwar die weniger gefährliche / ich Euer Excellentz mündlich zu eröffnen gantz und gar kein Bedenken trage / die geheimere aber und mehr angelegenere will ich derselbigen mit dem allerehesten schrifftlich zustellen / zumahlen dieselbige ihrer Weitläuffigkeit halber besser auß dem Papier / als der Rede können vernommen werden / immittelst werde ich es versuchen / sie alle dergestalt anzubringen / daß Euer Excellentz rühmliches Propos seinen gewünschten Zweck möge erreichen.

MARS.

Wolan denn mein Freund / so offenbare mir doch nur etwas / auff daß ich mein Feuerbrennendes Kriegwünschendes Hertz und Gemühte nur ein wenig contentire, denn ich nicht ehender kan ruhen / biß ich einige Mittel sehe / durch welche der Krieg in Teutschland eiferigster massen könne und möge fortgesetzet werden.

STAATSMANN.

Es ist unstreitig / allertapfferster Mars / daß ich / der so weltberühmte Staatsmann / an allen Höfen der gantzen Christenheit in hohen Respect und Ansehen bin / sonderlich aber habe ich mich eine Zeit hero bey den mächtigsten Fürsten in Teutschland dermassen angenehm und bekandt gemachet / daß ich nicht zweiffele / sie meine Rathschläge [323] nicht allein gut heissen / sondern auch denselbigen zu folgen / kein Bedencken werden tragen. Es ist zwar in der Warheit also beschaffen / daß sie fast alle ein hertzliches Verlangen nach dem Friede tragen / und schier anders nichts als Friede Friede / auß vollem Halse schreyen; Aber da muß man ihnen mit scheinbaren Argumenten und Gründen fleissigst remonstriren / daß ihnen nichts schädlichers / nichts nachtheiligers / ja auch nichts schimpfflichers / als eben der Fried / im Gegentheil nichts zuträglichers / als die Fortsetzung oder Continuirung des Krieges könne begegenen oder widerfahren / insonderheit erachte ich es für hochnöhtig / daß man die kriegende Partheien überrede / man müsse den Krieg so lange mit allem Ernst und Eifer handhaben / biß daß ein Theil das ander gäntzlich zu Grunde gerichtet / und über dasselbe so wol zu seinem höhesten Nutzen als auch ewigwährenden Ruhme herrlich triumphiret habe.

MARS.

Jch schwehre bey allen Höllischen Furien / mein getreuester Staatsmann / daß dieser Anschlag sehr gut / scheinet auch / daß derselbe von dir gar leicht könne practisiret werden.

STAATSMANN.

Daran zweifele ich zum wenigsten; Eure Excellentz aber höre mich nur ferner / man muß der Sache noch etwas näher tretten: Es ist ausser Zweiffel / daß bey herwiederbringung des Friedens alle Teutsche Stände auch eine überaußgrosse Summa Geldes werden zusammen bringen / und zu Erstattung der unglaublichen Kriegeskosten contribuiren müssen. Da will ich nun vorgedachten Ständen / Fürsten und Reichstätten zu Gemühte führen / wie daß es ihnen unmüglich fallen werde / derogleichen Summa Pfenningen [324] von ihren / nunmehr biß auff den äussersten Grad außgemergelten Unterthanen zu extorquiren. Es hat der Krieg den allergrössesten Reichthum von Teutschland consumiret und hinweg genommen / und der bevorstehende Friede soll nun den Rest nachhohlen? so wird end lieh den sämptlichen Jnwohneren gar nichtes übrig bleiben / denn nichts von nichts abgezogen / bleibet nichts. Dagegen / wenn sie den Krieg ernstlich fortsetzen / so wird es an Gelde nicht leicht mangeln; Hat Teutschland nunmehr gantzer dreissig Jahre dem großmächtigesten Mars contribuiren können / was solte daran fehlen / daß es solche Contributiones zum wenigsten nicht so lang continuirte / biß das eine Theil das ander vollenkömlich zu Grunde gerichtet und sich über gantz Teutschland zum Herren und Meister gemacht hätte? Was gilts / gnädigster Herr / ob nicht bey ponderirung dieses raisonablen Schlusses / die Friedewünschende Teutsche gar bald andere Gedanken werden fassen?

MARS.

Jch kan deine Scharffsinnigkeit und hohen Verstand nicht gnugsam erheben / O du mein getreuester Staatsmann / ich bitte dich / fahre fort / deine Anschläge / welche du zu Fortsetzung des Krieges hast ersonnen / mir ferner zu eröffnen.

STAATSMANN.

Ob wol die Zeit gar kurtz / meine An- und Rahtschläge aber eine Eilfertigkeit und unnachlässige Resolution erfoderen / so muß ich jedoch euer Excellentz billich in Unterthänigkeit gehorchen. Mag sie demnach wissen / daß ich ferner mit nachdenklichen und durchdringenden Worten die teutsche Stände werde erinnern / wie daß [325] an Wiederbringung des Friedens / die gäntzliche Ruin und das äußerste Verderb vieler tausend hochverdienter Soldaten hänge: Diese euer Excellentz wolgezogene Kinder / welche theils auß hohem und edelen / theils auß schlechten und geringem Stande sind entsprossen / haben grösseren theils anders nichtes gelernet / als ihre Nahrung mit dem Degen suchen und ihres Lebens Unterhalt im Kriege erwerben. Was sage ich aber von der gemeinen Burß? Lasset uns so viele hohe Officirer und tapffere Helden betrachten / die nunmehr gewohnet sind / so wol im Felde / als in den Guarnisonen sich auff das delicateste tractieren zu lassen / wie denn ihre schwehre Travaillen solches auch sehr wol verdienen / wenn nun aber Friede wird / wer wil ihnen alsdenn dergleichen etwas bringen? Unterdessen müssen solche vornehme Kavallier gleichwol leben und sich mit Essen / Trinken / Pferden / Kleidung und Dienern ihrem Stande gemäß verhalten / da muß man nun ferner den teutschen Ständen remonstriren / wie gefährlich und beschwehrlich es ihren sämptlichen Länderen und Herrschafften / ja dem gantzen Reiche fallen würde / wenn so viele hohe und vornehme Officirer / ihrer Chargen enturlaubet / aller Lebensmittel beraubet / dabenebenst auch so viel tausend gemeiner Soldaten gäntzlich solten cassiret / und so wol als ihre Officirer äusserst disgoustirret werden. Es bedenkens doch nur die Teutsche Fürsten und Stände / was endlich sothane Officirer sollen anfangen und beginnen? Deß Betteins müssen sie sich ja schämen / und das Arbeiten wird ihnen auch nicht wol anstehen. Sollen sie denn Gastwirthe [326] oder Krüger geben / welche den reisenden Leuten die Pferde fütteren und den Gästen zu Tische dienen? Das stehet für solche vornehme Kavallier ja gar schimpflich / noch viel schimpflicher aber / wenn sie sich für Schäfer / Kühe- oder Schweinhirten müsten bestellen oder gebrauchen lassen / welches doch endlich mit manchem wird geschehen müssen. Ja wie leicht könten die gemeinen Soldaten einen neuen gefährlichen Auffruhr oder Lärmen in Teutschland anrichten / alles hinweg nehmen / brennen / und rauben was sie nur vor sich finden / wenn sie hinführo nicht mehr zu leben haben? Derowegen soll und muß Teutschland alle seine Wolfahrt und Glükseligkeit einig und alleine in den Waffen suchen / Krieg ist für Teutschland das allerbeste / und wil ich nach allem meinem Vermögen dazu helffen und rahten / daß der Friede auff ewig möge verjaget und auß Teutschland gäntzlich bannisiret werden.

MARS.

O des hochvernünfftigen Staatsmannes! O des unvergleichlichen Rahtgebers! O des übertreflichen Soldatenfreundes! Wie kan ich doch dein wolmeinendes Hertz gnugsam erheben? Frau Mißtrau gehet auff. Aber sage mir mein allerliebster Freund / hast du auch etwan noch andere Vorschläge mehr / derer du dich in Forsetzung meiner Kriegerischen Actionen künfftiger Zeit nützlich vermeinest zu bedienen?

STAATSMANN.

Freilich habe ich deroselben noch mehr / und zwar so bestehen dieselbe nicht in blossen Worten / Rahtschlägen und überredungen / sondern in der Thätligkeit selber / zu welchem Ende ich drey unterschiedliche Personen [327] habe anhero citiret / welche fürtrefliche instrumenta seyn werden / entweder unser Teutschland auffs neue mit einem grausamen Kriege zu überfallen und zu verwiklen / oder ja zum wenigsten die Einführung des Friedens zu verhindern / gestalt denn euer Excellentz von ihnen selber solches vernehmen werden / wenn sie sich nur eine kleine Zeit wollen gedulden.

MARS.

Von Hertzen gerne / mein lieber Staatsmann / ich wil gar wol so lange patienz tragen / Er sihet Frau Mißtrau. Aber / was sehe ich da für ein wunderseltzames Weib mit zweien Angesichtern? Die kommt ja leident fremmd auffgezogen!

STAATSMANN.

Gnädiger Herr / dieses Weibesbild heisset Fräulein Mißtrau / die Frantzosen nennen sie Madame Diffidence / sie ist eine von den dreien Personen / welche ich anhero gefedert / vermittelst ihrer / den Krieg in Teutschland unauffhörlich fort zu setzen / wir wollen alsobald mit ihr anfangen zu reden.

2. Aufzug
Zweiter Auffzug.
Mars / Staatsmann / Madame Mißtrau / hernach kommen Osman der Türke / und Cham der Tartar.

MARS.

Glük zu Madame / ihrer Ankunfft halber bin ich zum theil erfreuet / zum theil aber verwundert / angesehen ich [328] vom Herrn Staatsmann vernommen / daß sie zu Fortsetzunge unserer remarquablen Kriege in Teutschland sich nebenst uns bestes Fleisses wolle gebrauchen lassen.

FRAU MISSTRAU.

Ja / großmächtigster Mars / euer Excellentz zu dienen befinde ich mich jederzeit so schuldig / als willig / bin auch zu dem Ende auff des Herren Staatsmannes / als meines nahen Blutsverwanten / vielfältiges ansuchen gerne erschienen / man lasse sich nur herauß / was man von mir begehret?

STAATSMANN.

Madame Diffidence, sie weiß ja gar wol / welcher gestalt gegenwertiger unüberwindlichster Mars / mein gnädigster Herr / nunmehr fast dreissig gantzer Jahre das Regiment in Teutschland geführet / und seine unvergleichliche Tapfferkeit dergestalt darinnen sehen lassen / daß schier alle Welt davon weiß zu singen und zu sagen: Nun wird aber von vielen Orten die eigentliche Zeitung eingebracht / ob wären die sämptliche teutsche Stände ernstlich bemühet / die ewige Feindin des allertapffersten Mars / den Frieden sage ich / ja eben den uns hochschädlichen Friede zu reduciren / und zum äussersten Ruin und Verderb so vieler tausend hertzhaffter Soldaten mit grosser Begierde wiederumb auff und anzunehmen. Dieses schädliche Vorhaben nun zu hintertreiben / wenden wir billig allen unsern Fleiß / Kunst und Geschikligkeit an / und gebrauchen uns so wol des Fuchßbalges / als der Löwen Haut / bald müssen wir uns der hinterlistigen Betrieglichkeit / und bald darauff öffentlicher Gewalt bedienen / weßwegen wir euch Madame anhero fordern lassen / daß sie uns doch in diesem rühmlichen [329] Vorhaben behülflich seyn / fürnehmlich aber den Saamen des Mißtrauens in die Hertzen der teutschen Fürsten und Stände außstreuen wolle / welches denn ein sehr kräfftiges Mittel seyn wird / den bevorstehenden / und schier halbbeschlossenen Friede schleunigst zu vernichten.

MARS.

Nunmehr erfahre ich es in der Warheit / mein allerliebster Staatsmann / daß du es treulich und auffrichtig mit mir meynest / ja nun merke ich erstlich / zu was Ende du gegenwertige Madame Diffidence hast lassen anhero kommen! aber / sie sage mir mein Fräulein / was ist sie wol bedacht bey diesem Handel fürzunehmen?

FRAU MISSTRAU.

Gnädigster Herr / was solte ich viel anders fürnehmen / als was gleich itzt Herr Staatsmann hat erwehnet? Eben dieses ist auch meine Meinung / man müsse in die sämtliche teutsche Stände ein solches Mißtrauen pflantzen / daß sie alles das jenige / was bißhero in der langwirigen kostbaren Friedenshandlung vorgangen / für lauter ungegründete / vergebliche Worte oder vielmehr hochschädliche Vorschläge / durch welche das eine Theil das andere zu hinterlisten gedenket / halten / ja vestiglich glauben / es könne anders kein Friede / als zu ihrem äusserstem Verderbe gemachet oder beschlossen werden.

STAATSMANN.

So recht / mein allerliebstes Fräulein / so recht! das ist auch mein sentiment, und muß sie für allen Dingen erstlich dieses wol in acht nehmen / daß sie den teutschen Ständen den Unterscheid der Religionen und so vieler darauß herrührenden inconvenientien fleissig inpredige / da muß man sie mit einer sonderbaren Spitzfündigkeit überreden / es sey nicht müglich / daß waare Einigkeit bey so unterschiedlichen Glaubensbekäntnissen unter ihnen [330] könne erhalten werden / denn CHristus und Belial / Liecht und Finsternisse / Warheit und Lügen werden sich nimmer zusammen reimen / das allerbeste Mittel sey / man setze den Krieg so lange mit beständigem Eifer fort / biß das eine Theil gäntzlich sey unterdrükket und vertilget wor den.

FRAU MISSTRAU.

Ob zwar / vielgeehrter Herr Staatsmann / der Unterscheid der Religionen kein schlechtes Mißtrauen in den Gemühtern der kriegenden Theile gebiehret / ich auch dannenhero nicht unterlassen werde / diesen Punct den sämptlichen Ständen / so viel nur immer müglich / einzublasen; So erachte ich doch auch für hochnöhtig / daß man einem jedweden Fürsten und Herren / ja auch einer jeglichen Stadt / und so gar unzehlich vielen Privatpersonen ihr sonderbares interesse, die zeitliche Güter betreffent / mit beweglichen Gründen vorhalte / und ihnen listiger weise zu Gemühte führe / was sie bey Wiederbringung des Friedens für einen unglaublichen Schaden zu gewarten haben / denn da wird man erstlich recht üm das Meum und Tuum spielen / ja / da wird mancher mit grosser Betrübnisse / zu seinem äussersten Verderb / wieder müssen herauß geben / was er schon so viele Jahre geruhiglich hat possidiret und besessen / da wird mancher ins Fäustlein lachen / wenn er nun sihet / wie sein Nachbar die schönste Herrschafften / Adeliche Sitze / Häuser / Landgüter / ja wol gantze Städte und Länder wieder muß quitiren / und hat doch ein anderer keine Versicherung / ob er auch noch die / durch den Friedenschluß ihme zugeeignete Güter ins künfftig werde behalten / Warlich[331] / euer Excellentz glauben mir / das Mein und Dein sind die allerkräfftigste Mittel / wodurch das Mißtrauen in den Hertzen der teutschen Stände kan gepflantzet / fomentiret / und vermittelst desselben der schon vor Augen schwebender Friede schleunigst wieder zu rükke getrieben werden / Osman der Türke gehet auff in türkischer Kleidung und Rüstung.

MARS.

Es ist freilich mehr denn all zu wahr / daß die teutsche Herren und Stände die jenige Herrschafften und Güter / welche sie von so langen Zeiten her besessen / mit höhestem Unwillen wiederumb werden abtreten / worauß den folgen muß / daß sie den ihnen bißhero nützlichen Krieg mit dem bevorstehenden hochschädlichen Friede gantz ungern werden vertauschen / bitte demnach sehr freundlich / Madame Diffidence wolle bey denen teutschen Ständen allen müglichen Fleiß anwenden / daß ja der eine gegen dem andern in das höheste Mißtrauen gesetzet / die Continuirung des Krieges behauptet / und die neue Friedenshoffnung gäntzlich möge vernichtet werden. Aber sihe da / ist das nicht mein Osman / der Welt zwingende Türke / mein allergetreuester Mignon, was wird derselbe gutes bringen?

STAATSMANN.

Eben derselbige Osman ist es / gnädigster Herr / und wolle sich eure Excellentz über seiner Ankunfft nur nicht verwunderen / ich habe ihn lassen anhero foderen / in Betrachtung er ein gar fürnemes Werckzeug ist / wodurch unser Fürhaben glüklich kan ins Werk gerichtet werden.

[332]
OSMAN.

Glük zu dem allerunüberwindlichsten Kriegeshelden Mars / meinem höchstgeehrten Vatter / meinem fürtreflichen Lehrmeister / FeldObristen und gewaltigsten Patronen.

MARS.

Glük zu dem tapfferen Fürsten Osman / unserem liebsten Freunde und getreuesten Diener / O wie sehe ich dich jetzt zu rechter und bequemer Zeit anhero kommen!

OSMAN.

Dem allermächtigsten Kriegeshäupte dieser grossen Welt / alle angenehme Dienste zu erweisen / soll mir die höheste Lust und grösseste Ehre seyn / und schwehre ich dem Mars bey meinem Mahomet / daß ich tausendmal lieber sterben / als meinen Säbel wil müssig liegen und im Friede lassen verrosten.

STAATSMANN.

Es zweifelt weder der großmächtigste Mars / noch auch einiger anderer Kavallier an des Sultan Osmans weltberühmten Tapfferkeit / aber / O Osman / Osman / der großmächtigste Mars ist bey dieser Zeit deiner getreuen Dienste sehr höchlich benötiget!

MARS.

Ja mein redlicher Osman / kanst du nun etwas sonderliches außrichten zu meinem Besten / so wil ich dich rühmen / so lange ich dieses Schwerdt der gantzen Welt zum Schrecken werde führen. Der Tartar Cham tritt auff in seinem Tartarischen Habit mit Flitzbogen und Pfeilen.

OSMAN.

Wie Mars? Kan denn in einem solchen großmächtigen Hertzen / wie das seinige ist / wol einiger Zweifel [333] hafften / so wol wegen meines guten Willens ihm zu dienen / als auch des Vermögens / das begehrte couragieux zu vollenbringen?

MARS.

Jch zweifel gantz und gar nicht daran. Aber sehet da! Ein neuer und zwar sehr fleissiger Held in unserer Kriegesschule! Tartar Cham kommt auch uns heimzusuchen / warlich mein Cham / du bist uns von Hertzen willkommen.

CHAM.

Großmächtigster Mars / Herr und Vatter aller Tartarischen Käiser und Myrsen / daß deine Hoheit mich / deinen leibeigenen Diener und Vasallen / durch gegenwertigen Staatsmann hat lassen anhero fodern / solches empfinde ich als ein sonderbares Zeichen deiner Wolgewogenheit / und daferne man mir etwas zu befehlen hat / bin ich bereit solches nach allem meinem Vermögen schleunigst ins is Werk zu stellen.

STAATSMANN.

Ja tapfferer Tartar Cham / der unüberwindlicher Mars begehret so wol von dir / als dem Türken Osman / daß ihr euch in einer / uns allen hochangelegenen Sache getreulichst wollet gebrauchen lassen / und zwar so muß euch hiemit nohtwendig ohne einige Weitläufftigkeit vermeldet werden / welcher gestalt das mächtigste unter allen Christlichen Königreichen / nemlich Teutschland / sich deß langen / und bey dreissig Jahren hero geführeten schweren Krieges gäntzlich zu entschütten / daß ihr durch den gewaltigen Mars aufgelegtes Joch von sich zu werffen / und unsere allerärgeste Feindin / nemlich den Frieden bey sich zu haben und zu behalten gantz inbrünstig begehret / welches [334] aber zu verhindern ihr beide / als unseres Beherrschers und Gebieters des großmächtigsten Mars / getreueste Diener und Kriegesvasallen / alle Mittel werdet herfür zu suchen wissen.

OSMAN.

Was sagst du Staatsmann? will der Römische Kaiser / das treflichste Haupt der gantzen Christenheit / und die teutsche Fürsten Frieden in ihren Ländern stifften?

CHAM.

Was? wollen die Teutsche unsern Mars verstossen / und an dessen Statt den Friede auff und annehmen? Das sey ferne / welcher Teufel auß der Höllen hat diesen Vorschlag erdacht oder zum erstenmal herfür gesuchet?

MARS.

Ja / ihr meine getreue Untersassen / deme ist nicht anders / das grosse Teutschland schreyet nichtes / als Friede / Friede / Friede I was wil auß diesem Handel endlich werden?

OSMAN.

Bey dem heiligen Haupte des Mahomets / ich erschrekke von Hertzen / ja die Haut erschüttert mir / daß ich hören muß / es soll der Friede in Teutschland herwieder gebracht werden / hat Teutschland Friede / so werden wir mit aller unser Macht demselben hinführe gar wenig können schaden / ja ich fürchte sehr sehr / daß alle meine Mühe / welche ich bißhero angewendet / das Königreich Kandiam / und durch dasseble folgendes viele andere mehr / sonderlich aber Teutschland zu erobern / gantz und gar vergebens sey / Ach / ach / ich kenne die teutschen Helden allzuwol / wehe uns wo wir diesen Adlern in die Klauen gerathen!

[335]
CHAM.

Wie nun zum hundert tausend Teufel / Bruder Osman / wie stellest du dich so weibisch und verzaget? Lebt denn nicht unser Vater Mars noch und hat derselbe nicht Mittel genug / nebenst uns den Frieden auß der Welt zu jagen / und den uns angenehmen Krieg in alle ewige Ewigkeit fortzusetzen? Zu deme / so weiß ja Staatsmann noch andere Anschläge genug / den Frieden zu verhindern / und den großmächtigsten Mars bey seinem Ansehen zu erhalten.

STAATSMANN.

Das war recht und wol geredet / Tartar Cham / du hast ein Manneshertz / wiewol ich auch am Türken Osman nicht zweifele. Jch habe einen gar guten Muht / unser Vorhaben glüklich hinauß zu führen / denn / sehet / dieses Fräulein Mißtrau wird die Hertzen der Teutschen Fürsten und anderer Stände dergestalt einnehmen / daß keiner zuletzt deß Friedens wird begehren / und / dafern ja noch etliche nach dem Friede würden schreien / so must immittelst du / großmächtigster Weltbeherrscher Osman / deinen Krieg wider die Venetianer auff das eiferigste forttreiben / ja du must auch ferner deine Leute in Ungern dahin halten / daß sie den Christen / sonderlich aber den Teutschen nirgends Friede lassen / sie müssen ihnen täglich einfallen / sie müssen unnachlässig streiffen / rauben und brennen / biß gar auff Oesterreich / Böhmen / Schlesien / Steiermark / Krain / und noch andere / diesen Herrschafften nahe gelegene oder angräntzende Oerter. Ferner must du durch etliche / dem Teutschen Kaiser zugehörige Länder / für dein Volk freien Paß oder Durchzug begehren / und wenn dir solches wird gewegert / denselben mit Gewalt nehmen / ja du must allerhand Gelegenheit herfür suchen / daß du den Teutschen [336] in die Hahre kommen und sie der Hoffnung des so viel begehrten Friedens gäntzlich mögest berauben.

OSMAN.

Großmächtigster Mars / alles was Staatsmann zu diesem mahle in deinem Namen von mir begehret / wil ich dermassen treulich und fleissig außrichten / daß alle Welt möge erkennen und urtheilen / daß ich aller Teutschen abgesagter Feind und dein getreuster Diener leben und sterben wolle. Was? solte Teutschland Friede haben? Jn Ewigkeit nicht: Jch wil den Teutschen ein neuer Teufel / ja mehr denn tausend Teufel seyn / ich wil ihre Gewaltige / ihre Fürsten und Obrigkeiten schlachten / wie das Mastviehe / ich wil ihre Weiber und Jungfrauen meinen Löwen und Hunden zu zerreissen fürwerffen. Jch wil ihre kleine Kinder und Säuglinge mit Pferden zutretten / ich wil ihre noch übrige grosse Städte der Erden gleichmachen / alles mit Feur verbrennen / und durch gantz Teutschland dergestalt hausen / daß die gantze Welt für meinen Waffen soll zittern und erschrekken.

MARS.

So recht / mein getreuster Oßman / du hast in meiner Kriegesschule so wol und fleissig studiret / daß ich dir für vielen andern ein sonderbares wolverdientes Lob muß geben.

STAATSMANN.

Ja / großmächtigster Mars / Osman ist in Warheit hoch zu rühmen / was solte aber dem Tartar Cham fehlen / meinet euer Excellentz nicht / daß er zum Kriege wider die Teutschen ja so hurtig sey als jener?

[337]
CHAM.

Was? solte ich nicht ja so wol ein getreuer Diener des Mars als mein Vetter Sultan Osman seyn? das müste mich bey dem Machomet / ewig verdriessen!

STAATSMANN.

Habe ich es doch schon gesaget / du tapfferer Tartar Cham / daß an deinem Heldenmuhte im wenigsten sey zu zweiffeln / dieses aber muß ich dich wolmeinentlich erinnern / daß du in deinem angefangenen Kriege wider die Polen / gleich wie Osman wider die Venetianer und Ungern ernstlich fortfahrest / und allen müglichen Fleiß anwendest / daß du mit Hülffe des Osmans dieses Königreich unter deine Gewalt bringest / wenn du nun solches glükklich hast außgerichtet / so kanst du mit gar geringer und leichter Mühe auch Teutschland überfallen / ja denn kanst du in Böhmen / Schlesien / Preussen / Pommern / unnd andere dem Königreiche Polen nahe gelegene Länder leicht einbrechen / und folgends gantz Teutschland erobern. Was gilts / es soll sich alsdenn der Fried so wenig in Teutschland als in Frankreich / Kandien / und mehr dergleichen Oerter lassen finden!

CHAM.

Herauß du mein Blutsprützender Säebel / Er ziehet vom Leder. herauß du Menschenzerfleischer / wehe dir Teutschland / wann ich erstlich über dich komme! wie wil ich deine junge Mannschafft zerknirschen / wie man die reifte Trauben pfleget zu keltern / du Teutsches Fleisch / sollest mir hinfüro meine Mahlzeiten bestellen / das Blut deiner Jünglinge und Jungfrauen soll mir der allersüsseste Wein und das angenehmste Getränk seyn / meinen Rossen wil ich mit Menschen lassen streuen / das Mark auß den Knochen deiner zarten Kinder / soll mir an statt des Schmaltzes und der Butter seyn / ja Menschengehirn wil ich für [338] Reiß essen / gantze Ströhme von Blut wil ich in Teutschland vergiessen / man soll Wolkenhohe Berge von Menschen- Knochen darin finden / ich wil mein Feldlager mit lauter Todtenschedlen und Gebeinen der erschlagenen Teutschen lassen umbmauren / und auff eine solche Art wil ich den Friede / nicht allein auß Teutschland / sondern auß der gantzen weiten Welt jagen / bannen und vertreiben.

MARS.

Das mögen ja Hertzbewegende kühne Verheissungen seyn / welche einen tapfferen Held erstlich recht munter und freudig können machen! O Osman / du behertzter Türke / und du unverzagter edler Cham / ihr seyd es / welche auff hochvernünfftiges Jnrahten meines vielgeliebten Staatsmannes die Ehr meiner Waffen zu befördern / und den verfluchten Frieden auß dem Teutschen Reiche zu verjagen tüchtig werdet befunden / euch beyden und dem Fräulein Mißtrau befehle ich nochmalen meine Wolfahrt / und schwere euch bey meinen hellgläntzenden Waffen / daß ich solche eure getreue Dienstleistungen mit höhester Gnade und Gutthaten zu erkennen / mir die gantze Zeit meines Lebens wil angelegen seyn lassen.

OSMAN.

Allerunüberwindlichster Mars / hie stehe ich und bin bereit ins Feld zu gehen / so bald es dir nur wird belieben / deinen gehorsamsten Diener solches zu befehlen.

CHAM.

Und eben ich erwarte nichts anders / als daß zum Auffbruche ein Zeichen gegeben / und meine sieghaffte Tartarn wider das Teutsche Königreich angeführet / und ihnen alle desselben Länder zur Beute mögen außgetheilet werden.

FRAU MISSTRAU.

Thut euer bestes / ihr tapffern Helden / und haltet euch versichert / daß das Mißtrauen und der Argwohn[339] / welchen ich in die Hertzen der Teutschen Fürsten und Stände zu pflantzen bedacht bin / zu Hintertreibung des Friedens so trefflich viel soll nützen / daß der Großmächtigster Mars mir nicht weniger als euch für euere tapffere Dienste deßwegen alle Gnade zu erzeigen / sich jederzeit obligat wird befinden.

MARS.

Sie lasse nur an ihrem Fleisse nichts erwinden / Madame Diffidence, ich schwere euch nochmalen / daß ich alle zu meinem Nutzen und Verjagung des Friedens angewendete Dienste mit Ehren / Dank und Gnade überflüssig zu erkennen nicht unterlassen wolle.

STAATSMANN.

Wolan denn / die Glokke ist gegossen / und der Rath beschlossen / und weil das lange warten sehr gefährlich / so lasset uns alle eiligst auffbrechen / und von hinnen ziehen / unser Vorhaben ins Werk zu richten. Auff / auff und lasset uns den Handel nur frisch anfangen / und glücklich zum Ende führen. Fräulein Mißtrau gehet voran / ihr folgen Staatsmann in der Mitte / zur Rechten Osman / zur Linken Cham / die blasen alle drey ein jedweder in ein Horn / hinter ihnen komt Mars / der gehet ab mit grossem Pracht und stoltzen Geberden.

3. Aufzug
Dritter Auffzug.
Wahremund / Wolraht / darauff komt der Engel /und tröstet sie mit dem Gesange.

WAHREMUND.

Hilff du allerhöchster GOtt / was für greuliche Händel / was für gefährliche Anschläge / ja was für erschrökliche [340] Dränungen haben wir in dieser Stunde mit unsern Ohren angehöret! Was dünket ihme / Herr Wolrath / könte auch wol etwas ärgers wider das allgemeine Vaterland erdacht werden?

WOLRAHT.

Jch fühle annoch / mein liebster Herr Wahremund / wie daß mir alle meine Gebeine zittern / ja mein Hertz springet mir annoch für grosser Angst / wenn ich die abscheuliche Rathschläge / welche wider unsere allergnädigste Königinne / das edelste Teutschland sind angesponnen / bey mir betrachte: O Staatsmann / du rechtes Kind des Teuffels / was richtest du doch in der Welt für ein grosses Elend an! Wie wird dich der gerechte GOtt vom Himmel noch dafür straffen!

WAHREMUND.

Ja mein lieber Freund / daß dieser Staatsmann dem Gerichte GOTtes nicht werde entlauffen / dessen sind wir gnugsam versichert / unterdessen aber muß unser armes Teutschland leiden / und scheinet fast / ob würde es nicht so leicht / wie sich gar viel Leute wol einbilden / mit dem lieben Friede werden beseeliget.

WOLRAHT.

Eben der Meinung bin auch ich / daß nemlich der unseelige Krieg viel eiferiger als zuvor in Teutschland wird getrieben werden / im Falle die von uns angehörte schädliche Rathschläge einen guten Fortgang gewinnen. Und wer kan sich doch über des listigen Staatsmannes nachdenkliche Zufälle gnugsam verwundern?

WAHREMUND.

Ja freilich ist der hinterlistige Bube aller Schalkheit voll / es sehe einer nur die neue Rüstung an / [341] welche er dem Mars hat zurichten und mit dem Namen der Religion und Freyheit bezeichnen lassen / den längstgesuchten Friedenschluß dadurch zu verhindern.

WOLRAHT.

Sehr klüglich handelte meines Bedünkens der Staatsmann / als ein rechter Weltbetrieger / daß er dem Mars nur etliche seiner Anschläge / die nicht eben von gar zu hoher Wichtigkeit / mündlich offenbarete / die geheimste Sachen aber ihme schrifftlich zu übergeben / sich verpflichtete. Diese folgende Erfindung aber hat ihme ohn allen Zweiffel der schwartze Teuffel in den Sinn gegeben / daß er nemlich den Teutschen Fürsten und Ständen wil rahten / sie sollen sich ehender nicht zum Frieden bequemen / biß das eine Theil das andere völlig habe zu Gründe gerichtet und verderbet.

WAHREMUND.

Es ist freilich diese Erfindung vom Teuffel / aber noch viel ärger ist dieses / daß er die Teutsche zu überreden gedenket / wenn der Friede werde auff- und angenommen / alsdenn mancher seine Herrschafften / Wohnungen und Güter wiederumb herauß geben müsse / denn der lose Bube weiß / daß die Menschen ins gemein so sind beschaffen / daß sie das jenige / was sie im ruhigen Besitz eine Zeitlang gehabt haben / sehr ungern wieder von sich lassen.

WOLRAHT.

Was wollen wir aber von dem Fräulein Diffidence oder Mißtrau sagen? Jst der Argwohn und das Mißtrauen unter den teutschen Fürsten und Ständen nicht schon groß genug / daß diese Teuffelsbrut auch noch darzu kommen / und Oel zum Feuer muß giessen? O des leichtfertigen Staatsmannes / der dieses verfluchte Weib gleichsam auß der Höllen gebracht und zu des höchstbedrängten Teutschlandes äusserstem Verderb hat anhero geführet.

[342]
WAHREMUND.

Es ist schreklich / wenn man diese in dem feurigen Abgrunde zweifels ohn außgebrütete Rathschläge etwas fleissiger bey sich betrachtet / das allergreulichste aber / welches ich gehöret / und worüber ich zum hefftigsten bin bestürtzet worden / ist das verzweiffelte Vornehmen / daß Mars unsere Großmächtigste Königin / das unübertreffliche Teutschland / gantz und gar in den Staub zu legen / sich endlich mit Türken und Tartarn in Bündniß hat gelassen. Ach GOTT! des tyrannischen Osmans / wie auch des grimmigen Chams abscheuliche Dräuworte schweben mir noch dergestalt vor Augen / daß ich mich näherlich kan enthalten / viele heisse Thränen zu vergiessen!

WOLRAHT.

Ach ja / mein getreuster Freund Wahremund / ohne Seufftzen und Thränen kan ich diesen erschreklichen Handel eben so wenig als er selber nachdenken / ich fürchte gar sehr / wenn wir diese elende Zeitung unserer gnädigsten Königin hinterbringen / sie werde für Angst den Geist auffgeben. O Teutschland / du arbeitseeliges Teutschland.

WAHREMUND.

O wir unglükselige Teutsche / soll und muß denn der grausame Mars mit so vielen frembden und einheimischen Völkern unser stetswährender Henker und Peiniger seyn und blieben?

WOLRAHT.

O wir elende Teutsche / muß denn der Gott- und Gewissenlose Staatsmann / so vieler unzählicher Trübsalen Anfang und Ende seyn?

[343]
WAHREMUND.

O wir offtbetrogene Teutsche / muß denn der verfluchte Argwohn und das verdamte Mißtrauen / den Honigsüssen güldenen Frieden zu rukke / ja gantz und gar von unsern Grentzen treiben?

WOLRAHT.

O wir hochgeplagte Teutsche / sollen und müssen wir denn noch endlich mit unsern Weib und Kindern / Haab und Gütern den allergrausamsten Türken und Tartarn zum Raube und Beute werden? Ach GOTT / Ach GOTT / unser Elende ist ja gar zu groß!


Jndeme sie also erbärmlich winseln / heulen / die Hände zusammen schlagen / und sich fast gar verzweiffelt anstellen / eröffnet sich gleichsam eine Wolke in der Höhe des Schauplatzes / auff welcher sich ein schöner Engel zeiget / der folgendes Trostlied singet / dessen Melodey auch gar sanfft hinter dem Auffzuge mit Jnstrumenten wird gespielet.

Trost-Lied eines Engels /


Welches er in einer Wolken sitzend / gar lieblich singet mit nachfolgenden Worten.

[344] 1.

Jhr Anschläg' HErr / vernichte doch /
Zerbrich das schwere Krieges-Joch /
Gib Teutschland widerüm sichre Ruh'
Und dekk' es bald mit Segen zu.

2.

Ermuntre dich / O Königin /
Dir bleibt der Friede zum Gewinn /
Es trifft dich nicht der falsche Rath /
Den Staatsmann dir geschmiedet hat.

[345] 3.

GOtt hält der Fürsten Hertz und Muth
Jn seiner Hand / macht alles gut /
Er stifftet selbst Vertrauligkeit
Jn dieser hochbetrübten Zeit.

4.

Laß Mars in vollem Sause gehn /
Lass' alle Türken für dir stehn /
Lass' auch die Tartarn rüsten sich /
Dein Gott hilfft dennoch gnädiglich.

5.

Hinweg du Forcht / hinweg du Schmertz /
Ergreiff' O Teutschland jetzt ein Hertz /
Die Ketten schleppen Mars herfür /
Dein Friede steht schon für der Thür.

Die Wolcke schliesset sich / oder da man keine Wolcken kan haben / also daß der Engel nur bloß auff den Schauplatz komt / und sich etwan an die eine Seite stellet / so muß derselbe nach außgesungenem Liede gleichsam verschwinden / das
Lied aber auff einem Zettel geschrieben / wird vom Engel auff die Schaubühne geworffen / und von Wahremund frölich auffgehoben. Worauff Wahremund und Wolraht scheinen gleichsam gantz neu geboren zu seyn / erzeigen sich in Geberden sehr freüdig und spricht.
WAHREMUND.

Nun müssen wir ja beyderseits auffrichtig bekräfftigen / daß es tausendmal waar sey / was die heilige Schrifft von den Kindern GOttes lehret / daß sie der grundgütige Vatter im Himmel zu Zeiten zwar wol versuchet / [346] aber nicht über ihr Vermögen. Er lässet nach dem Regen die liebe Sonne wieder scheinen / und nach dem Heulen und Weinen überschüttet er uns mit Freuden.

WOLRAHT.

Ach ja / mein getreuester Freund Wahremund / haben wir daß nicht diese Stunde an uns selber erfahren? O wie tröstlich / ja wie sehr kräfftig war dieser himmlischer Gesang / mit welchem der Engel GOTTES uns / die wir für grosser Hertzens-Angst biß auff den Tod waren geschlagen / und abgemattet / wiederumb hat auffgerichtet und erquikket / nunmehr zweiffele ich gantz und gar nicht / der Allerhöhester werde das lang geplagte Teutschland nun bald / bald mit einem sicheren / gewissen und beständigen Frieden erfreuen.

WAHREMUND.

Dieser Tag ist ein Tag sehr guter Botschafft / da wir solche erwünschte Zeitungen von dem Göttlichen Abgesandten haben erfahren / welche mit keinen Schätzen dieser Welt zu bezahlen. O wie werden wir unsere allergnädigste Königin durch Anzeigung derselbigen so gar höchlich erfreuen!

WOLRAHT.

Das bin ich versichert / wenn Teutschland dieses hören wird / es soll ihr Geist gleichsam auffs neue wieder zu ihr kommen / darum / mein Ehrwürdiger Herr Wahremund / lasset uns auf seyn / daß wir unserer gnädigsten Königin diese längst erwünschte fröliche Zeitung bald mögen überbringen.

WAHREMUND.

Wolan denn / so last uns gehen / daß wir nicht allein das jenige / was wir gesehen / und gehöret / erzehlen / [347] sondern auch den allerhöchsten GOTT für seine unaußsprechliche Gnade und Wolthaten Lob / Ehre und Preiß sagen.


Sie gehen ab / und wird ein fröliches Stükke musiciret.
4. Aufzug
Vierdter Aufzug.
Teutschland / Wahremund / Wolraht.

TEUTSCHLAND.
Auf so viel Angst und Weh' /
Auff so viel bittre Schmertzen /
Erwart' ich dennoch Trost und Hülff in meinem Hertzen /
Es saget mirs mein Sinn / der Friede sey nicht weit;
Steh auff O GOTT / steh auff / zu helffen mir bereit!

Ja du mein Gott und getreuer Vatter / Du weissest es / daß ich dir / als einen heiligen unnd gerechten GOTT / meine vielfältige begangene Sünde unnd Missethaten auß dem innersten Grund meines Hertzens gebeichtet und bekennet / mit vielen Thränen sie bereuet / unnd von gantzer Seelen habe verfluchet / zweiffele demnach gantz und gar nicht / du werdest nunmehr mein gnädiger GOtt und Vatter seyn / meine vielfältige begangene Sünde nach deiner grossen Barmhertzigkeit dämpffen / und alle meine Missethaten in die Tieffe deß Meers werffen. Ach du mildreicher GOtt / dessen Güte unaußsprechlich ist / verleihe mir deine himmlische Gnade / daß Teutschland hinfüro allen Sünden [348] und Lastern von gantzer Seelen feind seyn und ein frommes Christliches / heiliges / dir wolgefälliges Leben möge führen / Wahremund und Wolraht gehen auf. So will ich dich loben / rühmen und preisen hier in der Zeit / und dort in der unendlichen Ewigkeit / Amen / hilff HErr JEsu / Amen!

WAHREMUND.

Allergnädigste Königin / der grosse GOtt vom Himmel sey und bleibe Euer Majestät Schutz und Schirm / und schenke derselben aus lauter Gnaden den längst erwünscheten Frieden.

WOLRAHT.

Der Himmel bestätige diesen Wunsch / und lasse es euer Majestät hier zeitlich und dort ewig wol ergehen.

TEUTSCHLAND.

Jhr meine liebe Getreue / das Gute / welches ihr mir so hertzlich wünschet / kan allein der geben / der selbst die Liebe und Güte ist / immittelst nehme ich sothanen euern Wunsch an mit sonderbaren Gnaden und Freuden / aber sagt mir / was haben wir nunmehr für Zeitung von Herannahung deß güldenen Friedens?

WAHREMUND.

Großmächtigste Königin / Euere Majestät können ich und Herr Wolrath nicht bergen / wie daß wir an diesem Tag sehr greuliche und erschrekliche Ding gehört / welche alle dahin gerichtet waren / daß man Eure Majetät zu Grunde verderben / durch Argwohn und Mißtrauen der Fürsten und Stände an einander hetzen / Türken und Tartern zu gäntzlicher Verwüstung des edelsten Teutschlandes aufbringen / und endlich den Garauß damit spielen möchte.

TEUTSCHLAND.

O wehe mir allerunglükseeligsten Königin / kan ich denn meines Elendes gar kein Ziel noch Ende erreichen? [349] ich verhoffte nun endlich / mit Friede und Ruh beseligt zu werden / aber da scheinet es / daß Himmel und Erde zu meinem Unglükke unnd Verderb sich wider mich verschworen / und mich allen Tyrannen zum Raube übergeben haben.

WOLRAHT.

Eure Majestät betrübe sich nur nicht so gar hefftig / wir haben schon einen andern und zwar sehr kräfftigen Trost vom Himmel erhalten / welcher E[uer] Majestät gnugsam versichert / daß alle die / von dem Gewissenlosen Staatsmann ausgesonnene gefährliche Anschläge sollen zu nichte / und wir nun bald / bald / mit dem allersüssesten Friede erfreuet werden.

TEUTSCHLAND.

Sind diese Anschläge vom Staatsmann herkommen? O mein lieber Wolrath / der ist ein über alle masse listiger Fuchs / aber was vermag seine Arglistigkeit wider die Göttliche Versehung? Was GOtt will / muß doch endlich geschehen / und wenn sich auch Staatsmann mit allen Teüffeln dawider setzete.

WAHREMUND.

Ja gnädigste Königin / ein solches vestes Vertrauen trage auch ich zu dem allerhöchsten Gott / und bekräfftiget mich in solchem meinem Glauben der herrliche Trost-Gesang / deß uns kurtz hernach erschienenen Engels / dessen Abschafft ich Eurer Majestät unterthänigst hiermit überreiche. Er gibt ihr das himmlische Trostlied / Teutschland liset es mit sonderem Fleisse und Ernst / und spricht freudig.

TEUTSCHLAND.

Hochgelobet sey GOtt / der das Elend seiner hochbetrübten verlassenen Magd so gnädig hat angesehen / ja der nach so vielen außgestandenen erschreklichen Plagen / [350] mich endlich mit Frieden und Freuden will erfüllen / verleihe mir doch / O du getreuer himmlischer Vater deine Göttliche Gnade / daß ich hinfüro ein recht Christliches und dir wolgefälliges Leben führe / ja / daß alle meine Teutsche dir dienen mögen / in Heiligkeit und Gerechtigkeit / Amen / hilff uns HErr JEsu Christe / Amen!

WAHREMUND.

Es ist / großmächtigste Königin / dieses alles sehr wol gethan / und hat Gott an den demütigen / bußfertigen und zerschlagenen Hertzen sein sonderbares gnädiges Gefallen / dahin aber müssen wir für allen Dingen trachten / daß ein anderes und besseres Christenthum unter uns Teutschen künfftiger Zeit angerichtet / sonder lieh aber / daß den sämtlichen Kirchen und Gemeinden solche Prediger werden vorgestellet / die bloß und allein auf Gottes Ehre und ihrer anvertrauten Schäflein Seelen Heil und ewige Wolfahrt ihr Absehen haben. Denn wozu nutzen doch solche Prediger / die nichtes anders können als fort und fort zancken / schelten / verketzeren / verdammen / neue Zeitungen predigen / den Aristotelem erklären / ja bißweilen auß demselben der gantzen Gemeine (darunter doch viel züchtige Jungfrauen / junge Knaben und Mägdelein sich befinden) die Lehre von Erzeugung deß Menschen / wie derselbe auß Vermischung beyderley Saamen herkomme / und was dergleichen saubere Discursen mehr sind / (wodurch unschuldige Hertzen und Ohren heftig geärgert / ja junge Mägdelein verschmitzter als alte erfahrene Wehemütter werden) mit einer sonderlichen angemasseten Klugheit öffentlich auff den Kantzlen vortragen. Jch sage in Warheit / allergnädigste Königin / wenn es bey solchen und dergleichen Predigten / wie auch bey dem unzeitigen zanken / [351] schelten / richten / verketzeren / verdammen / solte verbleiben / theils Lehrer auch in ihrem ruchlosen ärgerlichem Leben würden fortfahren / und hinfüro / wie rechtschaffenen Seelenhirten zustehet / sich nicht bezeigen / so werden wir deß güldenen Friedens / wenn uns gleich derselbe vom Himmel wird gegeben / nicht zu gemessen haben.

TEUTSCHLAND.

Mein getreuester Wahremund / ich erkenne sehr wol / wie hoch und viel meine Kirchen (die sich auff so viel tausend erstrekken) einer guten änderung und Besserung sind benöhtiget / ich will gerne das meinige thun / du und andere meine getreue Diener werden es an ihrem Fleisse auch nicht ermanglen lassen / und alsdenn wird der höhester GOtt seinen Segen und Gedeien dazu geben.

WOLRAHT.

Großmächtigste Königin / was mein würdiger Freund / Herr Wahremund / wegen Verbesserung vieler Mißbräuche / welche so wol bey den Kirchen als deroselben Dieneren an den meisten Orten eures Königreiches sich eräugnen / wolmeintlich hat erinnert / daß muß euer Majestät auch wegen derer / im Weltlichen und Regimentsstande lebenden Personen unterthänigst von mir zu Gemüthe geführet werden. Denn / gleich wie die Kirche Gottes nicht fleissig noch nützlich wird erbauet / wenn sie nicht von tauglichen Personen wird bedienet; Also werden auch die Unterthanen weder Christlich noch ehrlich ihr Leben anstellen und führen / wenn sie nicht von Gottesfürchtigen / verständigen und aufrichtigen Leuten werden regiret und zu allem guten angewiesen / wird demnach eure Majestät dahin mit gantzem Ernste sehen und trachten / daß ihre Fürsten GOTT über alles fürchten und die Gerechtigkeit [352] lieb haben / deroselben Diener / Rähte / Kantzler / Amtleute / Schreiber / Vöigte / Richter / Verwaltere / und wie sie mehr Nahmen mögen haben / keine Gottesverächter / Sabbatsspötter / Flucher / Säuffer / Haderkatzen / Wucherer / Schinder / Hurer / nichtswissende Jdioten / ungelehrte grobe Gesellen unnd derogleichen nichtswürdige Leute erfunden werden / daß auch die übermachte Gottlosigkeit unnd Boßheit in grossen und kleinen Städten abgeschaffet / unnd die Rahthäuser mit tüchtigen / GOTT unnd der Tugend ergebenen Leuten bestellet / und alles unordentliches Wesen / so viel in dieser menschlichen Schwachheit immer müglich / hinweg gethan werde.


Herr Degenwehrt gehet auff / gar statlich als ein Gesanter bekleidet.
TEUTSCHLAND.

Herr Wolraht / Jch erkenne euer auffrichtiges Tugendliebendes Hertz gar wol / weiß auch / daß die Regierung in Teutschland so gar übel ist bestellet / daß GOtt in seinem Reiche sich darüber mag erbarmen / versichert euch aber / daß ich / dafern uns der getreue Gott den allersüssesten Frieden wird günnen / alle meine Kräfte und Vermügen wil anwenden / daß es so wol mit den Regiments- als Kirchensachen zu einem viel besseren Stande soll gebracht werden. Aber / wen sehe ich dort? Jst es nicht der verständiger / tapferer und gelehrter Obrister Degenwehrt / welcher mich neulich / als er sich bey unserem Königlichen Hofe eingestellet / mit seinen hochvernünftigen Unterredungen über die masse sehr hat belüstiget?

WOLRAHT.
Ja / gnädigste Königin und Frau / eben derselbige fürtrefliche Rittersmann ist es.

[353] Degenwehrt kommet näher herzu / erzeiget der Königin in aller unterthänigkeit die geziemende Ehrerbietung / also redend.
DEGENWEHRT.

Durchläuchtigste / Großmächtigste Königin / allergnädigste Frau / die Durchläuchtigste Princessin Batavia / eurer Majestät gehorsamste Frau Tochter / lasset euer Majestät ihre unterthänige kindliche Dienste vermelden und durch meine Wenigkeit gehorsamst andeuten / welcher gestalt / nach deme es dem allerhöhesten Gott gefallen / ihre Person auch sämtliche schöne Kinder und niderteutsche Herrschaften nach vollenführeten 70 Jährigen blutigen Kriege / durch Vermittelung deß edlen Friedens / mit dem großmächtigsten Könige Jbero in gute Vertrauligkeit / Sicherheit und Ruhe zu setzen / sie nicht unterlassen wollen / ihrer höchstgeehrten Frau Mutter unterthänigst auffzuwarten und dieselbe / wenn es euer Majestät also gnädigst beliebete / noch diese Stunde mit einem Hertzerquikkenden Friede und Freudenblikke zu verehren.

TEUTSCHLAND.

Was saget ihr / Herr Degenwehrt? unsere Tochter Batavia? Jst der Streit zwischen ihr und dem gewaltigen Könige Jbero nunmehr gäntzlich beygelegt / und ist sie unserem Pallast so nahe / daß wir sie noch diese Stunde sehen können?

DEGENWEHRT.

Ja / gnädigste Königin / die Princessin Batavia ist nicht allein Persönlich für der Mauren ihres Königlichen Pallastes / sonderen wird auch von dem großmächtigsten Könige Jbero begleitet / und von sieben fürtreflichen Nimphen / ihren Fräulein Töchteren / sehr lieblich und freundlich bedienet.

[354]
TEUTSCHLAND.

Jst es müglich mein Freund / daß unsere Tochter die Princessin Batavia / in Gesellschaft eines so grossen Königes / uns in diesem annoch trübseligen Zustande will besuchen?

DEGENWEHRT.

Eure Königl[iche] Majestät versichere ich hiemit bey meinem Leben / daß beyde Durchläuchtigste Personen / König Jberus und die Princessin Batavia / durch den Friede / welcher sie beide durch Göttlicher Gnade Verleihung nunmehr in eine grosse Vertrauligkeit glüklich hat gesetzet / an diesen Ort und zu eurer Majestät sind geführet worden.

TEUTSCHLAND.

Ey Herr Degen wehrt / die Zeitung welche ihr uns zu diesem mahle bringet / ist fast gar zu gut. Aber werde ich denn auch den Frieden / ach den alleredelsten / ach den allerlieblichsten / ach den allersüssesten Frieden bey ihnen finden?

DEGENWEHRT.

Ja gnädigste Königin / ich berichte E[uer] Majestät die Warheit / der Friede gehet in der Mitte / und führet den König Jberum und die Printzessin Batavia / an ihren Händen / mit ihrem allerseits grossen vergnügen.

TEUTSCHLAND.

Eiligst / eiligst machet alle Thüre und Thore auff / damit ich diejenige Personen gegenwertig sehen müge / nach welcher Ankunfft mir von Grund meiner Seele hat verlanget.

5. Aufzug
Fünfter Aufzug.
Hie wird der innere Schauplatz gantz eröffnet / da stehen erstlich sieben sehr schöne außgeputzete Weibesbilder / bedeuten die 7. vereinigte [355] Länder oder Provinzen / in den Niederlanden / sie haben alle Musicalische Jnstrumenten und spielen gar lieblich / hinter ihnen stehet der Friede gantz weiß und schön bekleidet / hat zur Rechten den König Jberum / zur Linken die Prinzessin Batavien an den Händen gefasset / sie stehen gantz still zwischen vielen Lichtern / und wird diß folgende Lied in die sanfftspielende Jnstrumenta gesungen / wobey zu mercken / daß der eine Verß mit lauter Jnstrumenten / der ander mit Stimmen eines üm das ander kan gesungen und gespielet werden: Jedoch stehet dieses alles zu deß Schauspielers guten belieben.

Friedens- und Freuden-Lied /


Welches von den sieben Nymphen oder Töchteren der Princessin Batavia wird gespielet und gesungen.

[356] 1.

Batavia / du Heldenkind /

Komm deine Mutter zu begrüssen /

Prinzessin / eile doch geschwind' /

Jhr grosses Hertzleid zuversüssen /

Du lebest itz in Fried' und Ruh /

GOTT helffe Teutschland auch dazu!


[357] 2.

Jberus / deine grosse Macht

Jst zwar durch alle Welt erschollen /

Und gleich wol hast du dich bedacht

So / daß du Friede machen wollen /

Batavia lebt itzt in Ruh /

GOtt helffe Teutschland auch dazu!


3.

Die Mutter hat zwar lange Zeit

Jn ihren Grentzen Krieg geführet /

Noch länger hat der schwehre Streit

Die Tochter und ihr Volk berühret /

Nun aber hat sie Fried und Ruh /

GOtt helffe Teutschland auch dazu!


4.

Batavia die kleine Welt

Läst sich in ihrem Glantz itzt schauen /

Ein Siegespracht ist ihr bestelt /

An welchem Kunst und Waffen bauen /

So recht! Nun hat sie Fried und Ruh /

GOtt helffe Teutschland auch dazu!


5.

Frisch auff / erhebet Hertz und Mund /

Frisch auff und last die Seiten klingen /

O Teutsches Reich itzt kömmt die Stund' /

Jn welcher wir dir Frieden bringen /

Batavia lebt gantz in Ruh /

GOtt helffe Teutschland auch dazu!


So bald die Musik auffhöhret / theilen sich die sieben Provinzen oder Weibesbilder / in der mitte von einander / und nahet sich der Friede [358] mit dem Könige Jbero und der Prinzessin Batavia /Teutschland tritt mit ihren Leuten auch näher / und fahet mit freudiger Stimme folgender massen an zu reden.

TEUTSCHLAND.

Prinzessin Batavia / hertzallerliebste Tochter / es müsse dieser Tag / an welchem ich euch sehe in so grosser Herrligkeit / voller Ehre und Freude / durch den allersüssesten Frieden mit dem großmächtigsten Könige Jbero / in eine vollenkommene Freundschafft und Vertrauligkeit endlich gebracht / ewig seyn gesegnet / Ja / gesegnet sey die Stunde / in welcher diese liebwehrte Gesellschafft bey mir ist angelanget / und mich / das ehmahlen allerglükseligste / nunmehr aber hochbedrängte Teutschland so herrlich und hertzlich erquikket.

BATAVIA.

Durchleuchtigste Frau Mutter / gnädigste Königin / vergönnet euer nunmehr glükseligen Tochter / daß sie in Demuth mag küssen die Hände ihrer unglükseligen Frau Mutter / welcher ich von Hertzen wünsche / daß sie von gegenwertiger meiner Begleiterin dem edlen Friede dergestalt möge heimgesuchet und mit einer solchen beständigen Gegenwart erfreuet werden / als mir / fast über aller Menschen Hoffen und Gedanken / ist widerfahren.

TEUTSCHLAND.

Der allerhohester GOTT wolle diesen theuren Wunsch erfüllen / Prinzessin Batavia / und mir auß lauter Gnaden das geben / was er euch gegönnet; was er aber euch gegeben / das wolle er unverrükt biß an der Welt Ende bey euch erhalten / doch fürchte ich gar sehr / daß ich dieses letzte vergeblich wünsche. Eure Liebe aber / großmächtigster [359] König Jberus / wil ich zum allerfreundlichsten ersuchet haben / sie wolle mir Brüderlich zu gute halten / daß ich / in deme ich die Prinzessin Batavien auß Mütterlicher Zuneigung zum allerersten empfangen / und willkommen geheissen / das Ziel der Höfligkeit gegen euer Liebe zu diesem mahle habe überschritten.

JBERUS.

Durchleuchtigste Königin / hochgeliebte Frau Schwester / wie hoch und sehr eine vernünfftige Mutter sich über das wolergehen ihrer Kinder erfreuet / solches ist mir unverborgen. Jch bin nicht zu dem Ende auff dieses mahl anhero kommen / daß ich mit sonderem Prachte von Teutschland wolte empfangen werden / vielmehr habe ich einer solchen großmächtigen Königin / welcher der unersättlicher Mars mit nicht weniger Grausamkeit / als mir und ihrer Tochter Batavien schon viele Jahre hat zugesetzet / zur sonderbaren Lust und Ergötzlichkeit wollen zeigen / welcher gestalt ich mit mehrgedachter Prinzessin Batavien nunmehr in gar guter und Nachbarlicher Vertrauligkeit lebe.

TEUTSCHLAND.

Jst es denn wol müglich / Batavia / daß der blutiger Krieg / der zwischen euch und dem Könige Jbero viel länger hat gedauret / als Menschen können gedenken / nunmehr gäntzlich ist auffgehoben / und ihr auß solchen abesagten Feinden vertraute Freunde worden?

BATAVIA.

Ja / aller gnädigste Frau Mutter / eben dieses edelste Weibesbild Sie zeiget auff den Friede. der allersüsseste Friede ist es / welches alle unsere Streitigkeiten vermittelt und uns beyderseits in gegenwertigen ruhigen Stand hat versetzet.

[360]
TEUTSCHLAND.

Der Himmel kröne dich mit ewiger Ehre und Herrlichkeit / O du höhestes von allen irrdischen Gütern / welche den Menschen Kindern sind gegeben / du von mir hochverlangter Friede / Ach / ach / wenn werde auch ich deine beständige Gegenwart sehen / und derselben würklich geniessen?

FRIEDE.

Wolte GOtt / unüberwindliches Teutschland / daß ich gleich diese Stunde bey deiner Majestät und allen derselben Unterthanen mich vollenkömlich einstellen und Befehl ertheilen möchte / daß der grimmige Mars gefangen / gebunden / und endlich auff ewig auß deinen schönen Ländern bannisiret und verwiesen würde / mir wil aber nicht gebühren / solches / ehe es mir die Göttliche Weißheit und Barmhertzigkeit zulasset / in das Werk zu stellen.

TEUTSCHLAND.

Du wirst gleichwol / hocherwünscheter Friede / nicht gar lange mehr von mir bleiben / denn mein Verlangen nach dir so groß ist / daß es mit Menschlicher Zunge nicht außzusprechen.

FRIEDE.

Gedulte dich / großmächtigste Königin / nur noch eine gar kleine und geringe Zeit / bald / bald werde ich mit einer vollkommenen Macht erscheinen / und das Wüten des grausamen Mars dergestalt bey dir zähmen / daß sich die gantze Welt darüber soll verwundern.


Hie wird der letzte Satz auß dem vorhergehenden Liede: Frisch auff erhebet Hertz und Mund u.s.w.
von den sieben Nymfen noch einmal freudig gesungen und gespielet.
TEUTSCHLAND.
Diese Nymfen sind eure Töchter / Prinzessin Batavia?
[361]
BATAVIA.

Ja / gnädigste Frau Mutter / es sind meine sieben Töchter / welche zwar anfänglich gar zart und unansehnlich waren / nunmehr aber sind sie mit der Zeit dermassen groß und fürtrefflich worden / daß auch die allermächtigste Käisere und Könige der Welt umb ihre Freundschafft sich bewerben.

TEUTSCHLAND.

Das höre ich gar gerne / sie gefallen mir selber über alle massen wol / und ob ich zwar vor diesem ihrer aller Namen sehr wol gewust / so hat doch meine außgestandene grosse Trübseligkeit das Gedächtnisse mir der gestalt geschwächet / daß ich sie schier gantz wiederumb habe vergessen.

BATAVIA.

Es ist glaublich / allergnädigste Frau Mutter / daß meiner vielgeliebten Kinder Namen euer Majestät auß dem Gedächtnisse entfallen / ich wil sie aber gerne mit wenigen wiederumb andeuten: Die erste und älteste heisset Holland / die folgende / Seeland / die dritte Frießland / die 4. Uhtrecht / die 5. Gelderland / die 6. Overissel / die 7. Gröningerland.

TEUTSCHLAND.

Gar recht / meine liebste Batavia / nun erinnere ich mich wieder ihrer / mir hiebevor wolbewuster Namen / dieser jungen Prinzessinnen Halbschwestern aber befinden sich zum Theil unter eurer Liebe Gehorsam und Auffsicht / König Jberus / worunter auch gegenwertige sieben vor Alters gewesen?

JBERUS.

Ja / großmächtigste Königin / eure Liebe haben dieses alles gar recht und wol behalten / und zwar / ich habe grosse [362] Ursache mich hertzlich zu erfreuen / daß der langwiriger Streit / und allem Menschlichen Ansehende nach gantz unversöhnlicher Haß und Zwietracht / welcher zwischen den zehen Prinzessinen meines Theils / und den sieben gegenwertigen der Fürstinnen Batavien Töchtern / durch unser beyder Zuthun so viele Jahre hero hat gedauret / und in welcher Zeit so unglaublich viel Blut vergossen worden / endlich so glüklich ist beygelegt / und ich mit der Batavien durch sonderbaren Fleiß und Wirkung des alleredelsten Friedens nunmehr gäntzlich bin verglichen worden.

TEUTSCHLAND
zu dem Friede.

O du allerseligste Tochter des gütigen Himmels / du außerwehlter Schatz auff Erden / du werther und süssester Friede / was richtest du doch für herrliche und unvergleichliche Dinge auß unter den Menschenkindern! Ach Friede / Friede / komme bald auch zu mir / und lasse mich / wie diese meine Tochter / die Prinzessin Batavia / nunmehr durch Göttliche Verleihung thut / deiner unschätzbaren Früchte geniessen.


Hie wird abermal der letzte Satz auß dem vorhergehenden Liede / Frisch auff erhebet Hertz und Mund / von den sieben Nympfen gespielet und gesungen
JBERUS.

Eure Liebe sey getrost / Durchleuchtigste Schwester Teutschland / eben dieser Friede / welcher meine zehen Töchter / guten theiles / wie auch die Prinzessin Batavien mit ihren gegenwertigen sieben Kindern so höchlich hat erfreuet [363] und beseliget / wird auch das großmächtigste Teutschland wiederumb in Ruhe setzen / und den blutdürstigen Mars / der leider zwischen mir und König Gallen annoch viele grausame Händel machet / und meine Kinder hin und wieder beunruhiget / mit allen seinen Helffers Helffern zum Land außjagen / dessen wolle sie sich nur versichern.

BATAVIA.

Durchleuchtigste Frau Mutter / gnädigste Königin / eure Majestät sehe doch nur auff mich / eben der GOTT / der mir geholffen / und mir so wunderbar lieh meine Freyheit hat bestätiget / wird auch eure Majestät auß allem Elende erretten und zu gewünscheter Herrligkeit wiederumb kommen lassen.

FRIEDE.

Ja Teutschland / gläube nur mir und ihnen sicherlich / es heisset Amen / Ja / Ja / und das soll geschehen.

TEUTSCHLAND.

Wollan denn / so wil ich hierauff alles trauren lassen schwinden / meinem GOtt vertrauen und der Zeit erwarten / da du / meine allerliebste Freundinne / mein angefochtenes Reich wiederumb heimsuchest und den grimmigen Mars bezwingest. Eure Liebe aber / großmächtigster König Jberus / und meine Hertzen Tochter Batavia wil ich zum allerfreundlichsten gebeten haben / sie wollen sich belieben lassen / mit mir hinein zu gehen / damit wir dem grossen GOtt des Friedens ein gefälliges Opffer darstellen / und seinen heiligen Namen für alle unzehliche erwiesene Gutthaten von gantzem Hertzen loben / rühmen und preisen.


[364] Sie gehen alle ab / und wird der Schauplatz geschlossen / worauff folget eine sehr freudige und lustige Music.
Ende der andern Handlung.

2. Zwischenspiel

Anderes oder Zweites Zwischenspiel.

Sausewind tritt auff / träget den Arm in einer Binden / der Kopff und das Antlitz sind ihm mit unterschiedlichen Pflastern beleget / hinter ihm gehet sein neuer Junge / oder Kammerdiener /Bullerbrok / nicht viel besser als ein Bettelbube bekleidet / der muß hernach singen / nach ihnen kömt Junker Reinhart mit Rosemund / die machen Sausewind zum Schäffer / endlich kommen Drewes Kikintlach und Beneke Dudeldei / die jagen Sausewind als einen Schaffdieb vom Platze.

SAUSEWIND.

Nun muß ich unglükseeliger bekennen / daß der alten Römer wolbekandtes Sprichwort / Audaces fortuna juvat, das Glük stehet den tapffern Helden bey / schändlich sey erstunken und erlogen. Mein eigenes Exempel bezeuget ietzund das Widerspiel / wer ist jemaln im Felde behertzter / in Belagerungen muhtiger / und in offenen Feldschlachten kühner und freudiger als ich erfunden / und nichts desto weniger habe ich zu diesem male müssen erfahren / daß / wenn einem das Glük zu wider ist / so helffe weder Tapfferkeit / noch Muhtigkeit / noch Freudigkeit / noch Kühnheit / noch Färtigkeit / noch Geschwindigkeit. Ja / [365] was sage ich? War ich nicht geresolviret / den Cavallier von der Wagschalen da / den Bärenhäuterischen Ladenjungen da / den Cujon da / den Poltron da / den Hundesnasen da / den Schabbehals da / den Galgvogel da / wegen der mir von demselbigen erwiesenen großen Bravade, wie einen Hund nieder zu stossen / und meine großmütige Hände in seinem Blute zu waschen? Aber sihe / was verhenget mein Unglükke nicht? denn indeme ich mich fertig mache / mein Wammes abziehe / und in was für eine Positur ich mich legen wolle / bey mir selbst versuche / dabenebenst der Ankunfft meines vermeinten getreuen Cammeraden, des Junker Reinharts / als meiner Secunden mit hefftigem Verlangen erwarte; Sihe / da komt der Ehrvergessene Dieb / der leichtfertiger Ladenjunge mit noch andern dreien außerlesenen Galgenschwengeln seiner Art / diese vier ehrliche Vögel überfallen mich unglükseeligen Cavallier, nicht mit Degen oder Pistolen / wie meiner hochadelichen Reputation wol angestanden wäre / sondern mit grossen / starken Hagedornen Prügeln / und zerbläuen meinen ritterlichen Sausewind dergestalt jämmerlich / daß ich schwerlich ein Glied am Leibe mehr rühren / sonderlich aber dieses linken Armes mich fast gar nicht kan gebrauchen / und glaube ich sicherlich / es hätten die Ehrvergessene Schelme und Bösewichter mich gar zu tode geprügelt / wenn ich nicht durch die unversehene / aber fast zu späte Ankunfft meines Cammeraden Junker Reinharts etlicher massen entsetzet / und diese verbitterte Kramerburs von mir abzulassen wäre gezwungen worden. Nun / wer weiß / auff was Art ich mich noch an ihnen revengire? Schenke ich ihnen dieses / so soll man Monsieur Sausewind hinfüro [366] für keinen ehrlichen Cavallier halten. Unterdessen habe ich mir fürgenommen / ins künfftige allezeit einen eigenen Diener zu unterhalten / und denselben mir / als einen ansehnlichen Rittersmann mit geziemender Ehrerbietung folgen zu lassen / es ist gleichwol noch etwas besser einen getreuen Menschen / als gar niemand zu seinem Schütze bey sich führen / stehet auch nobel und reputirlich. Aber mein getreuer Diener Bullerbrok / was vermeinest du? woltest du deinem Herrn in seiner Noth auch wol redlich beystehen?

BULLERBROK.

Jch Junker? Ja / wer ik man solte / ich bin ein recht zoller Zeuffel / ihr kennet mich noch nicht halb recht / ich habe wol eher sieben auff einen Schlag geschlagen. Ad Spectat[ores]. Flegen meine ich.

SAUSEWIND.

Ja / solche Leute sind meine rechte Burß / verzagte Männer kan ich durch mein Blut nicht leiden / wilt du mein Diener seyn / so must du ein Hertz haben / so groß als ein Ochse / aber mein tapfferer Diener Bullerbrok / sage mir ferner: kanst du auch wol schweigen?

BULLERBROK.

Ja / gestrenger Junker / ich verschweige alles was ich nicht weiß / und glaubet mir Junker / das jenige / was mir in geheim wird vertrauet / davon sollen wol keine frembe Leute wissen zu sagen / die etwan außgenommen / so sich in der Badstuben / auff der Börse / in den Mühlen / wie auch in den Schenk- und Wirtshäusern befinden / O Herr ich kan elementisch wol schweigen!

SAUSEWIND.

Das gefällt mir über die masse wol / und ist eine sehr grosse Tugend an einem getreuen Diener / ich muß dich aber weiter fragen / kanst du auch wol hungern und fasten?

[367]
BULLERBROK.

O ja / gnädiger Junker / wenn ich des Tages meine vier Mahlzeiten gethan / so kan ich so wol fasten und hungern / als der beste Kapuziener-Münch / ich kan mich zum Frühstükke mit einer kleinen Rinde Brots / worunter etwan 3. Pfund Kromen verborgen / und einem Knöchlein auß einer Ochsenbraten / da etwan nur ein paar Pfund Fleisch anhenken / noch zimlicher massen behelffen / und dem Trunke thue ich auch nicht gar viel / es vergehet mancher Tag / daß ich nicht zwo oder drey Stübichen Bier in meinen Leib kriege / (mit dem Wein bin ich nicht sonderlich bekandt /) mein Herr ich kan fasten / trotz dem besten Einsiedler!

SAUSEWIND.

Jn Warheit / mein neuer Diener Bullerbrok / du hast recht gute Qualitäten an dir / du bist tapffer und behertzt / du kanst wol schweigen / du kanst wol Hunger und Durst leiden / aber eines muß ich noch von dir wissen: kanst du auch wol singen?

BULLERBROK.

Singen Junker? Ja / da weiß ich meinen Meister nicht mit. Jch kan singen / daß die Leute die es hören / sich für Freuden darüber beseichen / Euer Gnaden soll noch Wunder vernehmen?

SAUSEWIND.

Das gefällt mir über die massen wol / mein allerliebster Bullerbrok / denn ein solcher fürnehmer Cavallier / wie ich bin / hat treflich gerne auch solche Diener umb sich / welche schönen Damen zu Ehren und Gefallen ein wolgesetztes Liedichen lassen erschallen / wo hast du aber die Kunst gelernet?

BULLERBROK.

Ehrwürdiger Junker / ich habe mich eine geraume Zeit bey dem Herren Kapelmeister zu Schilde / hernach auch bey deme zu Scheppenstät aufgehalten / und von denselbigen Weltberühmten Kapelmeistern bin ich in dieser [368] Kunst so treflich wol unterwiesen / daß es zu schreklich ist / ja Monsieur / ich kan auch nach den Noten singen.

SAUSEWIND.

Ey was ist mir das eine angenehme Zeitung zu hören! Fürwar Bullerbrok / ich muß deine Kunst probieren / sihe hinter diesen Mauren / wohnet die überirrdische Rosemund / die Perle der allervollkommensten Damen / der unvergleichliche Außzug des Himmels / die eintzige Zierde und Krone meines verliebten Hertzen / ja diese ist die Rosemund / welcher zu gefallen ich die allerschreklichste Ebentheuren außstehe / die grösseste Thaten begehe / und die gantze Welt mir den höhesten Ruhm wegen meiner vielen erhaltenen Siege / über alle Helden zu geben / anreitze und bewege / ja / eben diese ist die Diamantine Rosemund / welcher ich in einem eintzigen Viertheil Jahr so viel Liebes- Briefe und Lieder habe zugefertiget / daß ich darüber zwey gantzer Ohmen Dinte / und etliche funfftzig Rieß Papier verschrieben. Ach ja / mein getreuester Diener / auß übermässiger Liebe gegen dieser allersüssesten Mensch-Göttinnen / habe ich neulich den grausamen Kampff mit den vier Ladenjungens gehalten / da ich denn / meine ewigwärende Treue gegen sie zu beweisen / unzählich viel Stösse und Schläge habe erduldet und auff ihre Gesundheit eingenommen / welches alles ich selber (demnach ich der allerfürnemste Poet von Teutschland bin) kürtzlich in ein neues Lied habe verfasset / welches ich dir hiemit überreiche und ernstlich anbefehle / dasselbe auff das allerlieblichste allhier vor der Thür / meiner überirrdischen Rosemund zu singen / vielleicht werde ich ihr Diamanten Hertz in etwas dadurch bewegen. Er giebt ihm das Lied.

[369]
BULLERBROK.

Gar gerne / gestrenger Herr / es ist mir sehr lieb / daß ich die Probe meiner Kunst der schönen Rosemund zu Ehren auff dieses mal mag ablegen / und Euer Gnaden demütigst auffwarten.Er sihet das Lied durch.

SAUSEWIND.

Wolan Bullerbrok / so singe dann / mich verlanget hertzlich / daß ich die Göttliche Rosemund hiedurch möge erfreuen.


Bullerbrok fähet an zu singen / aber gar schlecht und elend.

Klag-Lied


Des verliebten und zerprügelten Sausewindes / an seine schönste Rosemund.

[370] [372]1.

O Rosemund /
Jch bin ja dein getreuer Hund /
Wie hat man mich üm deinent willen
Wollen fillen!
Wie greulich hat man / mich zu jagen
Dörffen schlagen /
O Rosemund!

2.

Jch leide Pein /
Noch ärger als ein Mühlen Schwein /
Das machen jene Ladenjungen /
Welche rungen
Mit mir dem allerpravesten Helden /
Laß michs melden
Dir Rosemund.

3.

O liebstes Hertz /
Wie groß ist meiner Seelen Schmertz /
Den Arm trag' ich allhier im Bande /
Dir zum Pfände /
Die Pflaster sind es / die mich zieren /
Ja mich fühern
Zu Rosemund.

4.

Für diese Noth
Ja bald zu leiden selbst den Todt /
Begehr' ich anders nichts zu haben
Mich zu laben /
[372]
Als einmal dich mein Schatz zu küssen /
Laß michs wissen
O Rosemund!
SAUSEWIND.

Nun / mein getreuester Diener Bullerbrok / du hast dieses mein neugemachtes Lied dermassen wol gesungen / daß es nicht fehlen kan / es muß das Stählerne Hertz meiner unvergleichlichen Rosemund dadurch zu Wachs / und mein Bildnuß auff das festeste in dasselbige gedrukket werden / aber sage mir mein Kammerdiener / wie gefällt dir doch diese meine neue Invention, mag sie nicht wol passieren?

BULLERBROK.

Fürwar / ehrenvester Junker / wenn ich nicht wüste / daß ihr ein so fürnehmer Ritter wäret / auch nun bald Ambassadoor werden soltet / ich wolte sagen / daß unter allen Teutschen Poeten eures gleichen nicht zu finden / es wäre denn Herr Reuterhold von der blauen Wiese / welcher sonst allen das Sand in die Augen wirfft / die in der gantzen Teutschen weiten Welt zu finden / aber / hochgeborner Ritter / solte man diese überhöllische oder überirrdische Rosemund / wie ihr sie heisset / nicht etwan können zu Gesichte kriegen? Jch hätte wol gehoffet / sie solte sich für dem Fenster ein wenig præsentiret / und euere übel zerprügelte Glieder durch ihr kräfftiges und holdseliges Ansehen etlicher massen wieder geheilet haben?

SAUSEWIND.

Jch halte gäntzlich davor / daß das außerwehlte Engelchen nicht zu hause ist / oder sich etwan übel auff befindet / demnach mirs aber unmöglich fällt / ohne die Gegenwart dieser Himmel-schönen Damen länger zu leben; als wollen wir uns aufmachen / den unaußsprechlichen [373] Schatz meines Hertzen zu suchen / sihe du aber wol zu / mein Bullerbrok / daß du mir in ihrer Gegenwart allen gebührlichen Respect, Ehre und Gehorsam erweisest / und meine Befehlen mit tieffester Reverentz von mir annehmest und vollenbringest.

BULLERBROK.

Da soll kein Haar an fehlen / Ehrenvester Herr / gnädigster Junker und Ritter / auch künfftiger Ambassadeur, ich wil mich dergestalt bezeigen / daß so wol die überarsische Rosemund / als auch E[ure] Gestrengigkeit ihres Hertzen Freude und Lust daran sehen sollen. Sie gehen beyde ab.


Junker Reinhart und Rosemund (welche gantz und gar wie eine Schäfferin ist gekleidet) gehen auff /und spricht gar freundlich.
ROSEMUND.

Jst es wol müglich / mein vielwerther Junker Reinhart / daß sich unser verliebter Großsprecher Sausewind von den Laden jungen dergestalt hat zerprügeln / und auff gut Bärenheuterisch tractiren lassen?

JUNKER REINHART.

Meine allerliebste Rosemund / ich bitte freundlich / sie wolle doch mir / als der ich es selber gesehen / ja ihn noch auß den Händen dieser verwegenen Buben errettet / Glauben zustellen / über das hat sie es ja auch selber auß dem neuen Liede / (welches er gleich jetzt durch seinen schönen Diener vor ihrer Thür hat lassen singen / oder vielmehr heulen) zur Genüge verstanden / aber er muß noch viel besser von uns / als von jenen Syrupshelden gedrillet / und durchgehechelt werden.

ROSEMUND.

Freilich soll er rechtschaffen von uns gefoppet / ja gar zum Narren werden gemachet / ich wil den Eselskopff lehren / wie er sich soll einbilden / daß Rosemund [374] ihn allein / ja noch dazu in rechtem Ernst lieben / und umb eines solchen Auffschneiders willen / die Liebe und Freundschafft so vieler brafen Kavallier solte quitieren / nein fürwar / ich muß meine Freyheit etwas höher schätzen / und in ihrem Werth und Ansehen beständiger erhalten?

JUNKER REINHART.

Meine allerschönste Dame / ich schwere ihr / daß im Falle ich nur ihrer beständigen Liebe und affection gegen meine Person bin versichert / ich ihme / der unter uns beyden abgeredten Possen dergestalt wil anbringen / und in der gantzen Sache ihm so begegnen / daß er abermal eine rechtschaffene Haut voll Schläge davon tragen / und die schönste Rosemund hinfüro wol sol mit friden lassen.

ROSEMUND.

Gar recht / Monsieur Reinhart / ich bleibe euch für vielen andern mit einer solchen affection und Liebe beygethan und geneiget / als bey meines gleichen vernünfftigen und communen Damen ist zu finden / ich wil aber ja hoffen / ihr werdet alles / was zu Vollführung dieses Handels vonnöhten / mit sonderem Fleisse angeordnet / und bestellet haben?

JUNKER REINHART.

Schönste Rosemund / es ist alles dergestalt angeordnet / daß wir am glüklichen Außgange dieses Werkes durchauß nicht haben zu zweiffeln / und soll hierzu trefflich viel helffen / daß sie ihren gewöhnlichen Habit abgeleget / und sich natürlich / als eine geborne Schäferin hat bekleidet / denn durch dieses Mittel wollen wir auch ihn zum Schäffer / oder vielmehr zum Narren / und folgendes zu einem vortreflichen Prügelträger machen.


[375] Sausewind gehet auff / eine lange Tabackpfeiffe in Händen tragend / sein Diener hinter ihm her / mit einer Kannen voll Bier und einem Glase / sihet närrisch auß.
SAUSEWIND.
Mein Hertz wil mir zerbrechen /
Kein Wort kan ich fast sprechen
Küss' ich dir Schönste nicht /
O Rosemund mein Leben /
Was soll ich dir doch geben /
Von meiner Liebe Pflicht?
Mein treues Hertz verschwindet /
Jm Fall' es dich nicht findet.
O schönste Rosemund.
NB.
Dieser Satz kan von Monsieur Sausewind auch wol gesungen werden / nachdem es dem Schauspieler wird belieben.
Er sihet die Rosemund.

Aber / was sehen meine Augen daselbst für einen ungewöhnlichen Glantz? Jst diese Göttinne meine Rosemund? Sie ist es gewißlich; Aber nein / wie kan sie es seyn? Diese ist bekleidet / wie eine Schäfferin / meine überirrdische Rosemund aber ist nach Art der adelichen Damen angethan. Vielleicht irre ich? Nein Sausewind / du irrest mit nichten / was gilts / ob sie sich nicht etwan auß Liebe gegen meiner brafen Person / wie eine Schäferin hat verkleidet / denn ich erinnere mich / daß die schönste Königin Kleopatra / ihrem Liebhaber Antonio zu gefallen / sich auch wie eine Hirtin zu Zeiten hat außgeputzet. Oho / ich erkenne sie schon beym lachen / fürwar es ist meine Rosemund / ich muß näher zu ihr träten. Gehet näher hinzu / [376] und kniet gar demütig vor ihr nieder / also redend. Allerschönste Tochter des Himmels / Wunderwerk der Erden / Beherrscherin der Sonnen / und du vollenkommenstes Meisterstükk der Natur / hie sehet ihr zu eueren Füssen ligen / den unglükseligsten (wiewol tapffersten Ritter) Sausewind / gönnet ihm doch die Gnade / daß er das allergeringste Körnlein des glükseligen Staubes / welcher an euren unvergleichlichen hochadelichen Füssen geklebet / in Demuth mag küssen.

ROSEMUND.

Stehet auff / mein getreuester Liebhaber / stehet auff / und versichert euch meiner biß in den Todt beständigsten Gegenliebe.

SAUSEWIND.

O mehr als güldene Worte! O Diamantine Verheissungen! O der allerglükseligsten Stunde / darin die Honigsüsseste Rosemund dem Ritter Sausewind sich für eigen ergiebet! Aber meine allerwehrteste Hertzen-Zwingerin berichte mich doch gnädigst / auß was Ursachen sie ihren gewöhnlichen Habit ab- und diese Schäfferinnen Kleider habe angeleget?

JUNKER REINHART.

Mein Bruder / daß die schönste Rosemund ihre Kleidung auff dieses mal verändert / ist eintzig und allein umb deinet willen und dir / als ihrem hertzallerliebsten Aufwarter / zu sonderbarem Gefallen geschehen / denn diese hochvernünfftige Dame reifflich bey sich erwegend / wie daß du ein fürtrefflicher Weltberühmter Poete [377] bist / und sie nicht weniger eine sehr grosse Liebhaberin der edlen Dichtkunst / die Poeten und Poetinnen aber ins gemein sich für Schäffer und Schäfferinnen außgeben / und unter Spielung solcher Personen ihre getreueste Liebe eiferigst fortsetzen; So hat die allerklügeste Rosemund / dir zu gefallen / in der Kleidung und Habit einer Schäfferin sich hinfüro sehen lassen / auch zu dem Ende eine kleine Heerde Schaaffe an sich erkauffen wollen.

SAUSEWIND.

O Bruder Reinhart / du redliches Hertz / wie inniglich erfreuest du mich diesen Tag / bin ich nicht der allerglükseligster Cavallier auff Erden / daß eine solche übertreffliche Dame nur mir zu gefallen auß einer Prinzessin eine Schäfferin ist geworden?

ROSEMUND.

Mein Sausewind / der Liebe fällt kein Ding zu schwer / noch keine Enderung zu verdrießlich / deine herrliche Qualitäten haben mich bewogen / daß ich mir gäntzlich vorgenommen / hinfüro deine Schäfferin / deine Liebste / ja deine Rosemund zu heissen / dagegen wirst du dir es lassen gefallen / ebenmässig einen Schäfferhabit anzuziehen und mein getreuster Schäffer die gantze Zeit meines Lebens zu seyn und zu verbleiben?

SAUSEWIND.

Allerschönste Menschgöttin / ich schwere euch bey dem rauchfüssigen Pan und allen seinen tantzenden Satyren / Faunen / und Nimfen / daß ich hinfüro nicht anders / als der überirrdischen Rosemund allergehorsamster [378] Schäfer soll und muß genennet werden / O daß ich doch nur erstlich auch ein Schäfferkleid / und was etwan sonst mehr dazu mag gehören / bey der Hand hätte / wie wolte ich mich alsdenn so von Hertzen lustig und frölich darüber bezeigen!

JUNKER REINHART.

Wegen des Kleides hat sich mein Bruder gar nichtes zu bekümmern / die vorsichtige / hochweiseste Rosemund hat schon Anstalt gemacht / daß eine bequäme Schäferkleidung für dich würde zubereitet.


Er klopffet mit dem Fuß und ruffet: Holla Diener /holla / holla. /
DIENER
komt herauß.
Was ist euer Gestrengigkeit Begehren?
JUNKER REINHART.

Geschwind bringe das neue Hirtenkleid herauß / welches die schöneste Rosemund für Monsieur Sausewind hat lassen zubereiten.

DIENER.
Es soll alsobald anhero gebracht werden /Gehet wieder hinein.
BULLERBROK
zu seinem Herren.

Was zum Teufel wollen eure Ritterliche Gnaden nun anfahen / wollen sie zuletzt noch gar ein Schäferknecht werden? Das stehet ja leident toll!

SAUSEWIND.

Halts Maul du Bärenhäuter / du kennest mich nicht recht / ich bin dreierley / als nemlich ein Kavallier / ein Poet und ein Schäfer / Bullerbrok zum Volke. das ist so viel zu sagen: Jch bin ein Auffschneider / ein Bettler / und ein Narr. Der Diener bringet das Kleid und überreicht es Junker Reinharten.

JUNKER REINHART.

Sehet / da haben wir das begehrte Hirtenkleid sampt dem Huhte / Stabe / wie auch der Hirtentaschen. [379] Bruder Sausewind / du must nun deine Kavalliers Kleider von dir legen / und diese wieder anziehen.

SAUSEWIND.

Von Grund meiner Seelen gerne thue ich solches / O Rosemund / du würdiger Preiß der allerschönsten Schäfferinnen / kommet her ihr glükseligen Hirtenkleider / in welchen ich der unvergleichlichen Rosemund für allen tapfferen Helden dieser Welt eintzig und allein werde gefallen.


Hie legt er seine Kleider ab / und sie alle helffen ihme die neue Hirtenkleider anziehen / setzen ihm auch den Hirtenhuht / mit einem Krantze gezieret /auff den Kopf / hängen ihm die Tasche an / und geben ihm den Stab in die Hand / er besihet sich selber forn und hinden / darauf spricht.
ROSEMUND.

Allerliebster Philauton (denn dieses soll nun hinfüro euer Schäffername seyn / wie solchen auch Herr Reinhart für gut hat befunden) itzt behaget ihr meiner Seelen dermassen vollenkömlich / daß ich nicht unterlassen kan / in dieser angenehmen Kleidung euch / O vollkommener Philauton, mit einem recht hertzlichen affectionkusse zum erstenmal zu empfangen / Sie küsset ihn gar freundlich / dabey sagend. O du mein Allerliebster / mein vertrautster / mein außerwehlter Philauton, Philauton, Philauton!

SAUSEWIND.

Jhr großmächtigste Käisere / Könige und Printzen / behaltet nun eure hochgerühmte Herrligkeit / Pracht Macht / Wollust und Freude / Sehet diese eintzige himmlische Rosemund ist mein Käiserthum / mein Königreich meine Ergetzung / Ehre und Herrligkeit / O des Himmelsüssen Lippendaues / welches auff der Nektarischen Zungen schwebet / ist es nicht müglich allerliebste Schäferin / daß [380] sie mir von dieser edlen Feuchtigkeit / von diesem Honigsüssen Tau ihres Mündleins nur ein einziges Fächlein meiner Balsambüchsen mag anfüllen? ich getraue mir durch Krafft derselben / alle Krankheiten / sie mögen auch so schwer und gefährlich seyn als sie wollen / gründlich zu curiren / ja in Todesnöhten mich dadurch zu erholen.

JUNKER REINHART.
O du glükseliger Philauton! Es gehet alles nach deinem Willen.
SAUSEWIND.

Jch weiß für Freuden schier nicht / was ich soll beginnen / auff solches grosses Glük schmekket warlich ein Trunk / schenke mir ein Gläßlein voll / mein Bullerbrok / doch wil ich erstlich ein Pfeiffe Tabak außtrinken / dieweil solches auch die Hirten bey ihren Heerden zu thun sind gewohnet / wornach auch ich mich billich habe zu richten. Er nimmt die Tabakpfeiffe und hält sie der Rosemund an die Augen / und beginnet lustig zu singen / Bullerbrok aber säuft an statt seines Herrn das Bier auß.

ROSEMUND
zornig.

Das ist mir in Warheit eine schlechte Höfligkeit von meinem neuen Schäfer Philauton! Wie? wilt du mir die Augen außstechen du grober Rültz? Welcher Henker pflegt dergestalt mit schönen Schäferinnen zu courtisiren?

SAUSEWIND.

Das verhüte der Himmel / meine schönste Rosemund / daß ich ihr einigen / auch den allergeringsten Verdruß solte zufügen / ich habe nur diesen Tabak bey den hellscheinenden Flammen ihrer Blitzleuchtenden Augen oder vielmehr Karfunkeln wollen anzünden / denn eben diese Augen sind es / allerwertheste Rosemund / die mir das Mark in den innersten Knochen und Gebeinen / ja das Hertz in meinem Leibe brennen und verbrennen / wie solten denn solche Augen / oder vielmehr feurige Sonnen [381] diesen Tobak nicht anzünden? Darumb / O grosse Gebieterin / bitte ich demütigst / mir meine Kühnheit zu verzeihen.

ROSEMUND.

Philauton mein Schäfer / ich kan nicht mit dir zürnen / wenn ich auch gleich gerne wolte / Sihe da meine Hand Sie bietet ihm die Hand. ein gewisses Zeichen meiner Begnädigung.

SAUSEWIND
küsset ihr die Hände / welche mit schwartzen Korallen sind gezieret / und spricht.

O Hände meiner Göttinnen / mit welcher hellgläntzenden Schönheit kein Helfenbein / kein Alabaster / keine Milch noch Hagel zu vergleichen / ja gegen welche die grosse schneeweisse Orientalische Perlen fast wie Pech sind zu schätzen.

JUNKER REINHART.

Nun sehe ich gleichwol / Bruder Sausewind / daß dich in diesem neuen Hirtenstande deine Augen sehr betriegen / wie magst du doch diese schneeweisse Orientalische Perlen nennen / da es ja kohlschwartze Gläserne Korallen oder vielleicht Agathen sind.

SAUSEWIND.

Nicht mir / sondern dir fehlet es am Gesichte / mein liebster Monsieur Reinhart / Jch sage es noch / und bleibe beständig dabey / daß dieser Schmuk / welchen die vollenkommene Rosemund umb ihre Alabasterhändlein traget / schneeweisse Orientalische Perlen sind / daß sie aber so schwartz scheinen / ist die Schuld nicht den Perlen / sondern denen mehr als Hagel weissen Händen meiner Rosemunden zuzuschreiben / ihre weisse Haut ist so vollenkommen / daß auch der Schnee / die Milch / die Kreide / ja das allerweisseste Ding der Welt gegen ihr zu rechnen Pechschwartz scheinet / und sey du versichert / daß / wenn [382] ein anderes Weibesbild / als die Göttliche Rosemund / diese Perlen / oder / (wie du sagest) schwartze Korallen an ihren Händen tragen solte / würden sie viel weisser als ein Alabaster / Hagel / Milch / Schnee / Kreide oder Helfenbein seyn anzuschauen / ja / ich habe es mehr denn tausendmal gesehen / daß / wenn die unschätzbare Rosemund ihre zarte Hände etwan in Wasser oder Wein gestossen / selbige Getränke / so bald sie nur diese wunderschöne Hände wiederumb herauß gezogen / in die weisseste Milch sind verwandelt worden / und magst du wol glauben / daß die Hemmde / welche die elde Rosemund von dem allerzartesten schneeweissen Kammertuche träget / gegen ihrer Perlenweissen Haut / wie ein schwartzer Seidener Flor ist anzuschauen / denn ihre Weisse ist nicht zu vergleichen.

JUNKER REINHART.

Das mag eine wunderschöne weisse Haut / gegen dem allerfeinesten gebleicheten Kammerichtuche seyn / gewißlich / ich wünsche von Hertzen / daß ich nur die Lauß seyn möchte / welche den Leinenweber in den Nakken gebissen / als Er das Leinwand zu der allerschönsten Rosemunden Hemden hat gewebet.

BULLERBROK.
Ey / daß dir doch die Lauß den Narren auß dem Gehirn fresse / du greulicher Auffschneider!
SAUSEWIND.

Oho Bruder / der Wunsch ist gar zu hoch für dich / ich wünsche etwas edlers / nemlich / daß ich nur der glükselige Wurm seyn möchte / der die Seide gesponnen / von welcher der überirrdischen Rosemund schöne Strümpflein sind gemachet.

[383]
BULLERBROK.

Ja bey dem Elemente / Wurms genug / O du greulicher Wurm! wilt du noch grösser werden? Wurm / Wurm / Wurm!

JUNKER REINHART.

Und ich wünsche / daß ich nur den Akker einmal küssen möchte / worauff der Hanff gewachsen / von welchem der Draat oder Faden gemachet / mit welchen der allerschönsten Rosemunden Schuhe sind zusammen genähet.

ROSEMUND.

Höret auff zu wünschen / Junker Reinhart / meiner Perosn halber darff sich kein Mensch etwas gutes oder sonderliches wünschen / außgenommen mein außerkorner Schäfer Philauton, der mag wünschen / was ihm selber wol gefält. Aber / sihe da kommen meine Schäflein Hie werden 2. oder 3. Schafe / oder / welches besser / 3. Knaben mit Schaafsfellen benehet / welche auf Händen und Füssen kriechen / auff den Platz getrieben. / die wil ich / O mein Hertzvertrauten Schäfer Philauton, deiner getreusten Auffsicht anbefohlen haben / nur so lange / biß ich hingehe und das favor, welches ich dir neulich von meinen Hahren habe geflochten / anhero bringe / denn damit wil ich unsere neue Schäferliebe und Freundschafft bekräftigen / und festiglich verbinden.

SAUSEWIND.

O glükselige Stunde! O mehr als güldener Tag / daran ich die liebe Heerde der allerschönsten Rosemund mag weiden! Aber tausendmal glükseliger wird die Stunde [384] seyn / in der ich mit den güldenen Haaren der übertreflichsten Rosemund meine Hände werde bekräntzen und herfür schmükken.

ROSEMUND.

Adiou mein hertzallerliebster Philauton, laß dir meine Schaafe bester massen anbefohlen seyn / so lieb dir ist die Gnade deiner Rosemund zu erhalten / bald / bald wil ich dich wiederumb sehen und von Hertzen küssen. Sie gehet ab.

SAUSEWIND.

Nun wird es stokfinster vor meinen Augen / (BULLERBROK. Nun wirst du ein grosser Stoknarr vor meinen Augen /) denn meine Sonne gehet unter / und die Fakkel meiner Sonnen hat sich eine Zeitlang vor mir verborgen / (BULLERBROK. und ich schwitze für Angst in die Hosen.) Unterdessen / O ihr Hertzfromme Schäfflein / küsse ich euch auff die Gesundheit meiner und eurer allerliebsten Schäfferinnen / welche euch mir hat anbefohlen / zu tausendmahlen /Er küsset sie.

JUNKER REINHART.

So recht / du Feuerneuer Schäfer Philauton, nun erkenne ich erst / daß du ein rechter Schäferischer Poet bist / du weist wie man die überschöneste Schäfferinnen soll lieben und in Ehren halten.


Beneke Dudeldei und Drewes Kikintlag gehen auf und saget.
BENEKE.

Was segst du daar / Vadder Drewes / sind dik düsse Nacht dre Schape uth dem Kaven stahlen / dat wull jo dull aflopen!

DREWES.

By myner Salichheit / Beneke Naber / ydt ys mehr als all tho wahr / GOTT geve dattet de schmachtigen [385] Kriegers man nicht dahn hebbet / wente / de willen nu heel verhungern / nu se nene Tribuergeld mehr hebbet inthokahmen. Sausewind horchet genau zu / jedoch etwas von ferne / Junker Reinhart aber schleichet vom Platz.

BENEKE.

Neen / Neen / leve Drewes Naber / yck hebbe hyr wol ein anner Vögelken van singen höret / dar schal löv yck een niebakken verleffelden Scheper ankahmen syn / und dat schal een verhungerden Deef syn / kwuller wol up wedden / dat de dyne Schape hadde stahlen.

DREWES.

Bym Elemente Beneke / du segst wat / dat kan mögelyk wol wahr wesen / man / sühe yns / dar stait jo een fremd Scheper / wo yck süß recht sehe / skuul den de Düfel ock wol heerföhret hebben / dat de myk de Schape stahlen hadde / wat dünckt dyck / wyl wy öhn ins fragen?

BENEKE.

Ja / kum Drewes / laßk ins hen tho öhm gahn / wilten ins anspreken / wat ysser angelegen / he wart usk yo wol nich byhten.


Sie gehen beyd zu ihm und spricht gar trotzig.
[386]
DREWES.
Goyen Dach hyr gy Fründ / mit vörlöfe dat yk yuw frage / sy gy wor de nie Schapdeef? hee?
SAUSEWIND.

Behüte GOtt ihr Leute / wie redet ihr mich so grob an? Jch / ich bin der Göttlichen Rosemunden neuerkorner / braver und zwar glüklich verliebter Schäfer Philauton, Ja Philauton bin ich.

BENEKE.

Du syst Schnapup edder Jappup / wy fraget man / wor du de Schape heerkregen heffst / dar bist du mit rechte nicht by kahmen.

SAUSEWIND.

Sehet zu ihr Leute / war ihr redet / die Schäflein hat mir anbefohlen / die unvergleichliche überauß schöne Schäferin Rosemund / ja Rosemund / Rosemund gehören diese Schaaffe.

DREWES.

Ydt sy Rosenschnuhte edder Rosenflabbe / yk segge / dat du ein groht stükk Deefes bist / und dat de Schape my tohöret / und yk wil se wedder hebben / edder dy skal de barlyke Knüvel halen.

BENEKE.

Wat schnakkest du noch veel / Drewes Vadder / kiele den Schaepdeef inter Schnuten / dat öhm dat rode Sap aver de Nese flütt.

SAUSEWIND.

Wie komme ich unglükseeliger Schäfer doch zu diesem unverhoften Handel / ich bitte euch ihr Herren / lasset mich mit frieden.

[387]
DREWES.

Yk wyl dyk wol Heren / du Skabbehalß / süe dar hefst du eenen up diner Rosenflabben Gesundheit / Schlägt ihn an den Halß.

SAUSEWIND
ruffet heftig.

O Gewalt / Gewalt / ich bitte euch umme Gottes willen / schonet mein / ich bin ein Kavallier / ich bin ein Poet / ich bin ein Liebhabender Schäfer / Ach schonet meiner üm Rosemunds willen.

BULLERBROK.

Ach ja ihr Herren / schonet doch meiner auch / ich bin eines verlognen Bärenhäuters / eines elenden Bettlers und eines abgeschäumeten Narren unterthäniger Aufwarter unnd Diener.

BENEKE.
Süe dar hefst du enen vor den Kavallier.Schläget zu auff Sausewind.
DREWES.
Und düssen Bass geve yck den Poeten / Schläget zu.
BENEKE.
Und dyt ys vor den vorlefeden / defeschen Scheper / Schläget zu.
SAUSEWIND.

O mein gedräuster Diener Bullerbrok / springe mir doch bey in diesen meinen äussersten Nöhten / ach Bullerbrok hilff mir! Gedenke an das jenige / so du mir versprochen.


Beneke und Drewes schlagen immer lustig auf den Sausewind.
BULLERBROK
aber spricht.

Jch wolte dir den Teufel auf den Kopf helffen / solte ich dir dafür helffen / daß du mich woltest zu tode hungern lassen / schläget nur lustig auf den Bärenhäuter / es geschiehet ihme fürwar recht und mehr als recht.

SAUSEWIND.

Ach du himlische Rosemund / deine Schönheit geben mir ja Krafft / daß ich in diesem schweren Kampffe [388] ritterlich möge streiten und endlich mit Ehren und Freuden triumphiren.

DREWES.
Sü daar hefst du noch eenen up diener Rosenflabben Gesundheit.
BENEKE.
Und dat ys von Jappup Schnappup / Sie schlagen lustig fort.

Junker Reinhart und Rosemund gukken hervor /lachen / daß sie schütteln / schlagen für Freuden in die Hände / und ruffen den Bauren zu / daß sie nur immer frisch auf den Närrischen Schäfer schlagen
sollen / die vermummete Schaafe springen auch recht auff die Schenkel / und jagen nebenst den Bauren und Bullerbrok den armen Sausewind auf der Schaubühne herüm / stossen und schlagen ihn von einem zum andern / biß er letzlich hinein läuffet / und die andere alle ebenmässig sich verlieren / womit auch diß andere Zwischenspiel wird beschlossen. Hie wird abermal ein lustiges Stük gespielet und gesungen.

3. Akt

1. Aufzug
Erster Aufzug.
Teutschland / Wolraht / darnach komt Wahremund /und nach deme sich diese drey mit einander unterredet haben / öfnet sich der innere Schauplatz /wo selbst zu sehen der Römische Kaiser in der Mitten / zu dessen Linken der König in Frankreich /und zur Rechten die Königin in Schweden / hinter ihnen stehet der Friede von welchem sie bekräntzet werden / vor ihnen stehen die drey Engel oder singende Knaben.

[389]
TEUTSCHLAND.

Was dünket dich wol / mein lieber getreuer Wolraht / ist nicht unsere Tochter die Prinzessin Batavia nunmehr auff den allerhöhesten Trohn dieser zeitlichen Wolfahrt unnd Weltlichen Glükseligkeit erhoben?

WOLRAHT.

Jch kan nicht läugnen / großmächtigste Königin / Batavia ist mehr denn glükselig / in deme sie dasjenige hat erhalten / wornach sie eine so geraume Zeit / ja fast gantzer achtzig Jahre mit unglaublicher Mühe / unaußsprechlicher Gefahr und den allerschweresten Kosten / von einer fast übermenschlichen Tapferkeit begleitet / hat gestrebet und gerungen.

TEUTSCHLAND.

Ja / Wolraht / wer hätte es immermehr gegläubet / daß sie / als ein zartes unvermügliches Weibesbild / einen so mächtigen Monarchen / als der König Jberus ist / so lange Zeit die Wage solte gehalten / und vermittelst Göttlichen Beystandes und Segens / in sothane vollenkommene Freyheit sich gesetzet haben?

WOLRAHT.

Gewißlich / Durchläuchtigste Königin / ich halte dieses für ein sonderbahres Werk Gottes / Menschliche Vernunfft unnd Rahtschläge haben der Prinzessinnen Batavien den Frieden nicht wider gebracht / sondern der Friede ist ihr von oben herab geschenket.

TEUTSCHLAND.

Daran zweifele ich im wenigsten / aber / aber / wenn wird der Herr vom Himmel auch mir gnädig seyn? Ach / Ach / wenn wird er auch den allersüssesten Frieden zu [390] mir kommen lassen? Ach Friede / Friede wie so lange! Wahremund gehet auf.

WOLRAHT.

Eure Majestät betrübe sich nicht auf das neue / sie ist ja in ihrem Hertzen und Gewissen genugsam versichert / daß / nach deme sie jhr Unrecht von gantzer Seelen hat bereuet / den vielgütigen Gott üm seine Gnade unnd Barmhertzigkeit demühtiglich angeruffen / und ihme alle mügliche Besserung ihres Lebens und Wandels hat versprochen / daß sie den vielbegehrten Friede nun bald mit Freuden wider erlangen und bey sich haben werde.

WAHREMUND.

Glük und Friede wünschet euer Königliche Majestät auß dem innersten Grund seines Hertzen / deroselben unterthänigster Diener Wahremund.

TEUTSCHLAND.

Ja Wahremund / eben der Friede ists / den ich gleich itzt / wie ich schon viel liebe Jahre für diesem gethan / ebenmässig in dem innersten Grunde meines Hertzen wünsche unnd verlange.

WAHREMUND.

Großmächtigste Königin / Eure Majestät glauben sicherlich / daß die unermäßliche Barmhertzigkeit Gottes deroselben Wunsch viel ehender wird erfüllen / als sie selber mag gedenken oder gläuben.

WOLRAHT.

Eben das / Ehrwürdiger Herr Bruder / habe ich ihrer Majestät kurtz zuvor unterthänigst zuverstehende gegeben.

TEUTSCHLAND.

Es ist wahr / ihr meine liebe getreue / man hat mich schon etliche Jahre auff die Widerkunft deß abgewichenen [391] Friedens mit vielen scheinbaren Worten vertröstet / je länger aber ich darauff hoffe / je schwerer wird der Glaube in meinem Hertzen / jedoch will ich den Muht nicht gar verloren geben / der Gott deß Friedens wird seine wehrte Tochter zu mir / seiner elenden unnd verlassenen Magd widrüm kommen lassen / dessen will ich mich gäntzlich versichert halten.

WAHREMUND.

Durchleuchtigste Königin / daß Gott unser liebreichster Vatter sey / der die Hoffnung seiner Gläubigen nimmermehr lasset zu Schanden werden / daran wollen wir gantz und gar nicht zweiffelen / dieser Tag wird solcher eurer Majestät kund und offenbar machen / dieser Tag wird die Gütigkeit deß Höhesten verkündigen / ja dieser Tag wird eben derjenige seyn / nach welchem so viel hundert tausend Seelen ängstiglich geseuffzet und daran sie die Wiederkunft deß alleredelsten Friedens so hertzgründlich verlanget haben.

TEUTSCHLAND.

Was sagst du / Wahremund / solte dieser der langerwünschete Tag seyn / daran Teutschland auffs neue gleichsam geboren und in seine süsse Ruhe wiedrum solte gesetzet werden?

WAHREMUND.

Eure Majestät glaube es nur festiglich / daß eben an diesem Tage / der theure Friede den allerunüberwindlichsten Römischen Käiser / mit den beyden großmächtigsten Kronen / Frankreich und Schweden / dergestalt hat vereiniget / das Teutschland nunmehr GOtt seinem Erlöser von Grund deß Hertzen danken / desselbigen unaußsprechliche Güte rühmen / und sich von gantzer Seele darüber mag erfreuen.


[392] Hie wird der innere Schauplatz geöffnet / da stehet der Römische Kaiser in grosser Pracht und Herrlichkeit / zu seiner Linken / der junge König in Frankreich / zu seiner Rechten / die Königin von Schweden / für einen jedwederen stehet ein Knabe /oder ein schöner kleiner Engel / gantz weiß bekleidet und Oelzweige in den Händen tragend /hinter den dreyen Potentaten stehet der Friede auff einem etwas erhabenen Stul / der setzet ihnen Lorbeer-Kräntze auff / hierbey müssen gar viel Fakkeln oder Liechter brennen / daß alles sehr helleuchtend anzusehen sey. Jn deme nun der Friede also beschäfftig ist / allerhöchst und höchstgedachte Potentaten (die sich untereinander gar freundlich ansehen /) zu bekräntzen / muß nachfolgendes Lied freudigst gesungen werden.

Freuden-Lied


Welches bey Widerbringung des längsterwünscheten Friedens gar anmutig wird gespielet und gesungen.

[393] [395]1.

Lachet ihr Himmel / und tantzet ihr Sterne /
Seufftzen und Klagen und weinen sey ferne /
Springet ihr Wälder unnd Felder für Freuden /
Einigkeit lebet /
Einigkeit schwebet.
Zanken unnd Kriegen unnd Morden muß scheiden.

2.

Teutschland erhebe von neuen die Sinnen /
Mavors und Wühterich eilen von hinnen /
Schaue den Frieden mit Freuden ankommen /
Welcher drey Kronen
Jetzt wil belohnen /
Weil sie von Einigkeit sind eingenommen.

3.

Ferdinand / Ferdinand hat sich ergeben
Künfftig in lieblicher Ruhe zu leben /
Ludewig hat sich zum Friede gelenket /
Sehet die kühne
Heldin Christine /
Wie sie den Friede mit Kräntzen beschenket.

4.

Himmel und Wasser / und Flammen und Erde
Zeigen der Teutschen viel Freuden Geberde /
Weil nun drey Kronen sind gütlich entschieden /
Jauchtzet und singet /
Spielet und springet /
Preiset GOTT ewiglich / Teutschland hat Frieden /

[395] Hierauf ruffet der Knabe / der für dem Römischen Käiser stehet / seinen Oelzweig in die Höhe hebend /mit lauter Stimme also.

Daß du befriedigt wirst / O Teutsches Vatterland /
Das danke GOTT allein und Kaiser Ferdinand.

Der andere Knabe für dem Könige in Frankreich stehend / ruffet also.

Der tapffre Ludowig und sein gewaltigs Reich /
O Teutschland / wünschen dir viel Ehr und Gut zugleich.

Der dritte Knab für der Königin in Schweden stehend / rufft also.

Großmütigste Christin / du hast den Krieges-Orden
Quitiret / und bist nun die Pallas selber worden.

Hierauf gibt der Friede dem Römischen Kaiser /dem Könige aus Frankreich / unnd der Königin in Schweden einen jedweden einen güldenen Pokal in die Hand / welches bedeuten soll den Becher der Vergessenheit / und in deme sie selbige also halten /singen die drey Engel folgende drey Sätze.

Lied der drey Engel /


Welches gantz freudig wird gesungen / wenn die drey gewaltige Potentaten den Becher der Vergessenheit außtrinken.

[396] [398]1.

Njm grosser Ferdinand
Diß neue Friedenspfand /
Das hebet auff den langen Streit /
Ey trink / O theuer Held /
Hie wird dir zugestellt
Der Becher der Vergessenheit.

2.

Nim tapfrer Ludowig /
Was dir jetzt auff den Krieg
Der wunderschöne Fried' anbeut /
Hin ist der Krieges Strauß /
Trink jetzt mit Freuden auß
Den Becher der Vergessenheit.

3.

Nim muhtigste Christin'
Auf diesen KriegsTermin
Was dir jetzt bringt die FriedensZeit
Versicherung der Ruh /
Heldinne / trink im Nuh
Den Becher der Vergessenheit.

Hierauf setzen alle drey Potentaten zugleich an /und indeme sie trinken / wird unversehens mit Trompeten stark geblasen / und mit Pauken darein geschlagen / immittelst kommen die drey Engel auf den eussersten Spielplatz / machen eine tieffe Reverentz / unnd führen unter dem frölichen blasen und Paukenschlagen Teutschland mit Wahremund und Wolraht hinein / worauf der Spielplatz alsobald sich schliesset / und die Spielleute aufhören zu blasen.

[398]
2. Aufzug
Anderer Aufzug.
Mars gehet auf mit Staatsmann und dem Fräulein Mißtrau / als sich diese drey etwas unterredet haben / hören sie einen Kriegeslärmen / worauff Sultan Osman / als ein flüchtiger unnd überwundener komt gelauffen / erzehlet seine von den Venetianern erlittene Niderlage / bald darauf /als sich noch ein neuer Kriegeslärmen lässet hören /komt der Tarter Cham gleichfals verwundet / und mit zerbrochenen Waffen / beklaget ebenmässig sein erlittenes Unglük / als sie aber den Nahmen Friede hören ausschreien / lauffen sie alle plötzlich davon.

MARS.

Ey was unerwartete böse Zeitunge hast du O Staatsmann / mir auff dieses mahl anhero gebracht! Jst es denn nicht müglich / daß wir mit so vielen wolgefasten Anschlägen meine allerärgste Feindin / den Kriegverderbenden Frieden können zu rukke halten?

STAATSMANN.

Jch weiß nicht / allertapfferster Mars / was doch für unglükselige Sterne in diesem Jahre mögen regieren / daß ich so gantz und gar mit meinen sonst wol ja treflich gefasseten Anschlägen fast nirgends kan durchdringen / ich habe ja alles gethan / was einem vernünfftigen und wolversuchten Staatsmann zu thun menschlich und müglich gewesen / noch kan ich die versamlete Teutsche Stände / von deme nunmehr einhellig beliebten Friedenschlusse nicht abwendig machen.

FRAU MISSTRAU.

Und wie hoch und sehr ich Unglükselige mich bemühet / durch Eiffer / Argwohn und Mißtrauen mehrgedachte Fürsten / Stände / und Interessenten zu trennen / ja alles dahin zu richten / daß sie einander rechtschaffen [399] wieder in die Haare greiffen / und den Krieg gleichsam auffs neue wiederumb anfangen möchten / davon wird mein getreuester Freund der Herr Staatsmann sattsame Nachricht geben können.

STAATSMANN.

Ja / großmächtigster Mars / es hat Fräulein Diffidence weder an ihrem Fleisse / noch an ihrer Treue / das allergeringste nicht lassen erwinden / wir haben beyderseits gethan / was uns zu thun menschlich und müglich gewesen / gestalt solches unsere Schuldigkeit und geleistetes Versprechen auch erfordert / dieweil aber bey diesem grossen Werke der Fuchsbalg gantz und gar nichtes helffen wollen / als wil hoch vonnöhten seyn / daß wir uns hinfüro der Löwenhaut gebrauchen / worzu die unvergleichliche Tapfferkeit des allergewaltigsten Mars wol Mittel wird zu finden wissen.

MARS
halb rasend.

O ihr höllischen Furien / verlasset nun das finstere Reich eures Abgrundes / und eilet mit grossem Grimm herauff / euerem allergetreuesten Bruder und Diener in seinen höchsten Nöhten Beystand zu leisten / kommet doch / O kommet alle ihr Rachgeister / und helffet mir Himmel und Erde bewegen. O könte ich doch itzt die Sonne vom Firmament / und die Sterne vom Himmel reissen! O könte ich den gantzen Erdboden mit dem brausenden Meer bedecken / O könte ich alle grosse Städte und Schlösser im Feuer und Rauch lassen aufffliegen! O könte ich doch alle Teutsche in ihrem eigenen Blute ersäuffen! O könte ich die Elementen gantz und gar durch einander mischen! O könte ich Hagel / Blitz / Feuer / Donner / Kisel / Sturm und Erdbeben [400] erwekken! Alles / alles / alles / O Teutschland / wolte ich über dich / und deine Kinder lassen kommen / allen meinen Grimm / Zorn / Eifer und Rachgier wolte ich über dich außgiessen / ja ich wolte dergestalt in dir rumoren und toben / daß die Frembdlinge innerhalb Jahres frist mit höchstem Fleisse selten nachfragen: An welchem Orte ist doch neulich das prächtige Teutschland gestanden?

STAATSMANN.

Allertapfferster Mars / wir müssen ein Hertz fassen / und unsere Courage auch in den eussersten Nöhten und desperatesten Dingen sehen lassen / wer weiß noch / was der Sultan Osman / imgleichen der Tartar Cham für Glük haben / und ob sie nicht durch ihre ungezweifelte Victorien unsern Krieg in Teutschland erneuern / ja das zu wege bringen können / was wir vielleicht niemalen dörffen hoffen.

FRAU MISSTRAU.

Eben das vermeine auch ich / denn ich mich eiferigst habe bemühet / so wol in der Kron Polen / und deroselben incorporirten Ländern / als auch der Venetianischen Republic den Saamen des Mißtrauens klüglichster massen außzustreuen / nicht zweiflend / derselbe bald erwünschete Früchte tragen / und uns zu unserm Vorhaben treflich gute Beförderung an die Hand geben werde. Hie wird geschossen / getrummelt und gelärmet.

MARS.

Jch wil hoffen / das Glük werde uns und ihnen beystehen / aber was solte das wol für ein neuer Lärm seyn? Mein Hertz springet mir ja für Freuden / wenn ich solches schiessen / fechten / lärmenblasen / und paukenschlagen [401] auch nur von ferne mag hören / dieses mal aber weiß ich nicht / wie mir zu muhte ist.


Hie komt der Sultan Osman oder der Türk in grosser Eil gelauffen / der Rok ist ihme vom Leibe gerissen / das Hemd mit Blut besprützet / der Säbel zerbrochen / er rennet auff dem Schauplatze als ein Vnsinniger herumb / ruffet und schreiet mit erschreklicher Stimme.
OSMAN.

O wehe mir / wehe mir! O Machomet / du grosser Prophet / wie magst du doch deinen getreuesten Diener und Unterthanen so gar lassen zu schanden werden! O Mars du gewaltigster Ritter / hast du mir denn zu diesem mahle gar nichts können helffen? muß ich denn zu Wasser und zu Lande unten liegen / müssen denn meine tapffere Türken so jämmerlich ummekommen / und ersauffen! O wehe mir / wehe mir / wehe mir!

MARS
erschrikt hefftig / schläget die Hände über dem Kopffe zusammen / und schreiet über laut.

Ach Sultan Osman / mein allergetreuester Freund / und Bruder / was für ein grosses Unglük ist denn dir wiederfahren / bist du geschlagen? hast du müssen unten liegen? hast du etwan das Feld oder die See raumen! Ach sag es mir / ein Bruder Osman / sag es mir!

OSMAN.

Großmächtigster Mars / ob wol deine Anwesenheit mir ein wenig Erleichterung mittheilet / so befinde ich mich dennoch in einer solchen Confusion und Bestürtzung / daß ich nicht weiß / was ich reden oder dir antworten soll / ja Mars / ich bin zu Wasser und zu Lande geschlagen[402] / eine eintzige Republic in der Christenheit / das eintzige Venedig hemmet den Lauff aller meiner Victorien, und machet zu nichte alle meine trefliche Anschläge.

MARS.

Das wil ich nimmermehr hoffen / mein Bruder Osman! Jst denn die Macht der Venetianer so groß / daß du auch das kleine Königreich Candiam nicht völlig überwältigen / und deiner grossen Monarchi kanst unterthänig machen.

OSMAN.

Ja freilich ist diese Republic sehr mächtig / vielmehr aber tapffer und glükseelig / am allermeisten klug und verständig / denn in Ansehung meiner unvergleichlichen Monarchi, ist die Venetianische Macht gleichsam nur eine Hand voll Staubes / ihre Krieg aber führen sie mit grosser Vernunfft / und haben sie auß allerhand Völkern und Nationen dermassen kühne und behertzete Kriegesleute unter sich / sonderlich aber erweisen die Teutsche Soldaten / so wol die Gemeinen / als ihre Häupter und Officirer eine solche unglaubliche Mannhaftigkeit / daß meine Janitscharen und Spachi für ihnen nicht können bestehen / in Summa / ich bin jämmerlich von ihnen zu Wasser und zu Lande geschlagen / und in die Flucht getrieben!

MARS.

Was sagst du Osman / halten sich die Teutsche auch in Venetianischen Diensten so mannhafft und tapffer? Jch vermeinete daß sie nur in ihrem Vaterlande ihre großmütige Kühnheit sehen liessen?

OSMAN.

Was die Teutsche Helden vermögen / habe ich in Belagerung der Festung Candia mit meinem höchsten Schaden allzuwol erfahren! Nun wird aber mal geschossen / geruffen[403] / Pauken geschlagen / und Lärm geblasen / worüber sie sich auffs neue entsetzen und ruffet.

MARS.

Was meinest du Bruder Osman / solte uns wol dieser neue Tumult bedeuten? es ist vermuhtlig ein Lärm von grosser Importantz.

OSMAN.

Bey dem Machomet / ich dörffte schier wetten / daß die hochmütige Venetianer abermal einen Sieg wider meine Leute erhalten.


Hier komt der Tartar Cham jämmerlich verwundet und zerschlagen / sein Bogen und Pfeile sind zerbrochen / er schreiet mit greßlicher Stimme.
CHAM.

O du verfluchtes / O du ungerechtes / O du grundböses / O du vermaledeites Glük / warumb hast du doch den großmütigsten Tartar Cham auff den höchsten Thron der Glükseligkeit steigen / ja warumb hast du ihn zu der Regierung eines so mächtigen Käiserthums erheben lassen / da du bedacht warest / ihn biß in die unterste Hölle aller Trübsalen und Unglükseligkeit zu stürtzen. Er wirfft seinen zerbrochenen Bogen und Pfeile mit grossem Grimme zu Boden / und tritt sie mit Füssen. Hinweg ihr meine nichtswürdige Waffen / demnach ihr durch die Hertzhafftigkeit meiner Feinde zu meinem unaußleschlichem Schimpffe habet müssen zerbrochen werden.

MARS.

O grausamer Himmel! O neidige Sterne! O unbarmhertzige Elemente! Habet ihr euch denn miteinander verbunden [404] und verschworen / mich und meine allertapfferste Vasallen und Kriegsleute zu besiegen / ja gantz und gar unter die Füsse zu treten? Ey du vormahls braver und unüberwindlicher Tartar Cham / wer hat dich doch dermassen jämmerlich zugerichtet? wer hat dich so gefährlich verwundet?

CHAM.

Was magst du noch viel fragen / O kühner Mars / wer mich dermassen übel habe zugerichtet und schier biß auff den Todt verletzet? Meine Feinde die übermühtige Polen mit ihrem gewaltigen Kriegsheere haben mich und meine Tartaren trotziglich auß dem Felde gejagt / und über allen menschlichen Glauben treflich besieget.

OSMAN.

O Mein Bruder Cham / hat denn das Unglük dich ja so hart als mich trübseligen getroffen / ich verhoffte nebenst dir / unserm höchstgeehrten Oberhaupte dem allerunüberwindlichsten Mars zu unterthänigsten Ehren und Gefallen / auch zu unserem selbst eigenen Vortheil und Gewinn bald in Teutschland zu rükken / und selbiges biß auff den Grund zu verheeren und zu verderben / so müssen wir ehe und bevor wir noch einmal den Anfang hierzu gemachet haben / so schändlich geschlagen und überwunden werden / O der unglükseligen Zeiten!

CHAM.

Ja wol in Teutschland zu rükken! Ja wol / dasselbe zu verheeren und zu verzehren! Eben die Teutsche haben mir zu diesem mahle den allergrössesten Schaden zugefüget. Eben die Teutsche haben mich und die meinige in unserer eigenen Wagenburg belagert / eben die Teutsche haben uns besieget und überwunden / O gedenke doch ja bey leibe [405] keiner Teutschen / denn wenn ich nur die Teutsche höre nennen / weiß ich für Angst und Verzweiffelung schier nicht zu bleiben.

MARS.

Das ist mir wol eine erbärmliche Sache anzuhören / müssen denn die Teutschen aller Orten den Meister spielen? Was wird nun endlich darauß werden? Jch verhoffte durch unterschiedliche Mittel das halsstarrige Teutschland zu bezwingen / und sihe / der Friede nähert sich schon / mich und meine getreueste Diener gäntzlich darauß zu vertreiben / ja die Teutsche lassen ihre Tapfferkeit auch noch in der Frembde spühren!

OSMAN.

Was sagst du / großmächtigster Mars? wird es in Teutschland Friede werden? das wil ich nimmer mehr hoffen?

CHAM
erschrikt.

Solte es wol müglich seyn / Osman / daß der Friede in Teutschland ankähme? wil Mars dieses selber glauben?

MARS.

Ja meine liebe Getreue / mit äusserstem mei nem Hertzeleid habe ich gleich itzt dasselbe von gegenwertigem Staatsmanne / wie auch Madame Diffidence müssen vernehmen / ich bin schier rasend über dieser Zeitung worden / diewiel ich so gar keine Mittel sehe / wie ich den verfluchten Frieden auffhalten oder hintertreiben könne.


Hier wird in der Scena vielmalen von unterschiedenen Personen Friede / Friede / Friede /Friede / Friede / gar laut / gleichsam mit Jauchzen und in die Hände klopffen geschrien / darüber erschrekken sie alle gar hefftig und spricht Osman.
[406]
OSMAN.
Was bedeutet das ungewöhnliche Geschrey / großmächtigster Mars?
MARS.

Ach / Ach der Friede wird gar nahe seyn / Er wird schon offentlich außgeruffen / wohin sollen wir uns doch nun verkriechen? Jch fürchte mich ärger für dem Friede als für dem leibhafften Teufel. Ach höret / sie verkündigen abermal Friede.

CHAM.
Wie denn Mars / wil uns der Friede so plötzlich verjagen?
MARS.

Ja freilich wird er uns zwingen / daß wir das reißauß müssen nehmen. O Staatsmann / O Diffidence, wie wil es nun werden?

STAATSMANN.
Die Noht hat kein Gesetze / wir müssen von hinnen fliehen.
FRAU MISSTRAU.
Jch traue keinem Frieden / wer lauffen kan der lauff!
MARS.

O ihr meine allerliebste Freunde! so lasset uns doch mit einander fliehen / daß wir entweder zusammen erhalten werden oder auch zugleich sterben und verderben.


Mars läufft vor / die andere folgen ihm / und fliehen also geschwinde vom Platze.

[407]
3. Aufzug
Dritter Auffzug.
Geistlicher / Weltlicher / Bürger / kommen alle drei zugleich herauß / sind frölich und gutes Muhtes /gehen auch gar schön bekleidet / Sie treiben den Wühterich an eine grosse eisern Ketten geschmiedet vor sich her / singen ein Lob-Lied wegen ihrer Erlösung. Wühterich brüllet sehr / welches / nach deme es Mars erhöret / wil er ihn wieder ledig machen / aber der Friede komt dazu / und läst den Mars durch Junker Reinhart zu den Wühterich in die Ketten schliessen / darauff tritt der Friede ab /Junker Reinhart folget ihr mit den dreyen Gefangenen / die drey Leute aber / Geistlicher /Weltlicher und Bürger singen abermal GOTT ein Dank-Lied.

GEISTLICHER
schlägt mit der Peitschen auff Wühterich und spricht.
Fort / fort du ungeheure Bestie / fort oder wir wollen dir Füsse machen.
WÜHTERICH
brüllet schreklich und antwortet.

Verflucht sey der Tag / daran ich geboren / verfluchet sey die Stunde / in der ich zum ersten mal das Liecht dieser Welt habe angeschauet. Verflucht sey mein Vater und Mutter / sampt allen die mich angehören.

WELTLICHER.

Was murrest du Ungeheuer noch viel? was verfluchest du den Tag und die Stunde deiner Geburt? Verfluche und bereue vielmehr deine verübete unmenschliche Boßheit / und lerne / daß gleich wie wir unserer Untugenden halber in den verflossenen Jahren sehr hart sind gesteupet / auch du [408] nun billig must leiden / was deine vermaledeite Thaten haben verdienet / Er schläget frisch auff ihn.

WÜHTERICH.

Blitz / Feur / Hagel und Donner soll noch darein schlagen / komme ich nur einmal wieder auß meiner Gefangenschafft / solte ich von euch außgehungerten Buben und Schmachthunden Schläge leiden / von euch nichtswürdigen Leuten sage ich / welche ich so manches Jahr in Ketten und Banden rechtschaffen habe getribuliret und gepantzerfeget.

BÜRGER.

Ja Wühterich / du / du bist ein Bluthund / nicht wir / kanst du noch nicht ablassen zu fluchen und zu lästeren? Du soltest dich ja billich vor GOtt schämen / wenn du dich vor Menschen nicht scheuest / sihe da Er schlägt auff ihn loß. habe dieses für deine Lästerung.

GEISTLICHER.

Jhr lieben Freunde und Brüder / lasset dieses grausame Wunderthier nur immer hin murren / Er bleibet doch in unserer Gewalt / nach deme er uns von dem allergütigsten GOtt durch den edelsten Frieden / nach so langerlittenen schweren und vielfältigen Trübsalen / in die Hände ist übergeben. Dieweil aber nunmehr unser Hertz frölich und wir in vorige Freyheit sind gesetzet worden / ey so lasset uns ein Dankliedlein / GOtt zu Ehren / diesem Wühterich aber und allen seinen Mithelffern zu Trotz / miteinander anstimmen / und mit Freuden also singen.


[409] Dank-Lied


Der drey Hauptstände in Teutschland. Als der Wühterich in ihren Gewalt gerathen / und sie mit dem alleredelsten Friede wiederumb sind beseliget worden.

[410] 1.

Daß Wühterich der arge Feind /
Des Friedens Gifft und Mavors Freund /
Die Priester muß in Ruhe lassen /
Daß sein von Rach erfüllter Muth /
Mit Plagen / Morden / Raub und Blut /
Die Diener GOttes nicht kan fassen /
Ja daß wir gehn auff sichrer Bahn /
O Friede / das hast du gethan!

[411] 2.

Daß Wühterich der Fürsten Stand
Durch seine Blutgefülte Hand
Nicht gäntzlich kan zu Boden schlagen /
Daß er nach frevler Mörder Pflicht
Den gantzen teutschen Adel nicht
Erbärmlich kan zum Land' auß jagen /
Und bleiben Meister auff dem Plaan /
O Friede / das hast du gethan!

3.

Daß Wühterich die Bürgerschafft /
Und Akkersleut hinfort in hafft
An schwehren Ketten nicht darff führen /
Daß er den armen Handwerksmann
Nicht auff den Grund verderben kan /
Und Tag für Tag tyrannisiren /
Als ehmals in der Kriegesbahn /
O Friede das hast du gethan!

4.

Drauff peitschen wir an diesem Ort' /
O Wühterich / dich immer fort /
Und achten nichts dein greulichs Brüllen.
Nun Himmel / dir sey Preiß und Dank /
Daß du vertrieben Krieg und Zank /
Ja daß wir uns mit Ruh' erfüllen /
Und wandlen itzt auff sichrer Bahn /
O Friede / das hast du gethan!
WÜHTERICH
brüllet heftig.

O ihr meine abgesagte Feinde und Verfolger / ob mir zwar mein muhtiges Hertz [412] schier in tausend Stükke wil bärsten / daß ich von euch muß geschlagen und gepeitschet werden / so finde ich mich doch hiedurch viel höher beleidiget / daß ich eure spitzige Schimpffworte und Stachelreden muß anhören / Ach! für rasendem Eifer speie ich bald meine unglükselige Seele mit meinem erhitzeten Blute auß dem Leibe herauß. O Mars / Mars / du mein großmächtigster Patron / wie magst du mich doch zu diesem mal so jämmerlich in der äussersten Noht stekken / und von meinen eigenen Schlaven tribuliren lassen?

WELTLICHER.

Schreie du nur immer hin / dein Mars / der verteuffelte Bluthund wird vielleicht schlaffen / oder auch schon selber / wie du / an Ketten fest liegen.

WÜHTERICH.

Das verhüte Lucifer / mein Abgott / O Mars / kan ich denn deiner Hülffe und getreuen Beystandes so gar nicht theilhafft werden? Er brüllet greulich.

MARS
kommt mit grossem Grimm herauß gelauffen und schreiet.

Jst das nicht deine Stimme mein getreuster Wühterich? Wie? soll ich dich in Ketten und Banden finden? Bist du nun der jenigen elenden Hümpler Gefangener und Leibeigener geworden / die meine und deine Schlaven so viele Jahre hero sind gewesen? das ist mir ein unvermuhtlicher toller Handel!

WÜHTERICH.

O großmächtigster Mars / mein höchstgeehrter Herr / mein Patron, und Gebieter / nun ist die rechte Zeit mir zu helffen / diese ist die Stunde mich auß gegenwertigen Ketten und Banden zu erlösen / wie übel werde ich von diesen Teutschen geplagt / ich möchte darüber gar von Sinnen kommen!

[413]
MARS
sehr zornig.

Geschwinde ihr Hunde / löset mir diese Ketten auff / womit ihr meinen getreuesten Diener habet gefäßlet / seyd versichert / es soll euch diese Gewaltthätigkeit übel bekommen.

GEISTLICHER.

Was trotzest du noch viel / du ohnmächtiger Mars? Meinest du uns mit deinem dräuen zu erschrekken? Es ist fürwar dein Pochen nunmehr gantz und gar umbsonst / deine Tribulierzeit ist schon vorbey / der jenige / welcher uns diesen verfluchten Wühterich in unsere Gewalt übergeben / wird uns auch für deiner Tyranney gar wol können schützen.

WELTLICHER.
Sihe da / das ist für dich / du Bluthund / Schlägt ein Kniplein.
BÜRGER.
Und das ist für dich / du tyrannischer Mörder / Schlägt ein Kniplein.

Mars und Wühterich brüllen wie die Löwen und ruffet endlich laut.
MARS.

Wer hindert mich / daß ich diese drey Verächter mit meinen Zähnen nicht zerreisse / und meine Fäuste in ihrem Blute wasche?

GEISTLICHER.

Das soll ob GOtt wil der Friede thun / ja der edle Friede soll dich daran verhindern / O Friede / Friede / Friede! Friede komt herauß mit ihrem Oelzweige in der Hand / Junker Reinhart folget ihr.

FRIEDE
spricht.

Glük zu meine allerliebste Freunde / wer hat gleich itzt so sehnlich nach mir geruffen / wer wünschet so hertzlich nach meiner Gegenwart?

[414]
GEISTLICHER.

O du süsser / O du lieber / O du himmlischer Friede / wir / wir / begehren nichtes so hoch als dich den edlen Friede im Lande / schaue aber deinen abgesagten Feind / den blutgierigen Mars / wie sich derselbe noch unterstehen darff / sein grimmiges Tigerthier den Wühterich wiederumb loß zu machen / und auf freien Fuß zu stellen.

FRIEDE
zum Mars.

Was unterwindest du dich / du abgesagter Feind des gantzen Menschlichen Geschlechtes / du rechtes Kind der Höllen / hast du nebenst deinem vermaledeiten Wühterich mit dem Blute meiner armen Teutschen dich noch nicht genug gesätiget? Bald wil ich dir was anders zeigen.

MARS
erschrikt hefftig / lässet sein Schwerdt / wie auch den Helm vom Haupte fallen / und spricht mit zitternder Stimme.

O Friede du Pest meines Lebens / muß ich denn durch dich vor aller Welt zu Schanden werden? müssen mir denn durch deine Anherokunfft alle meine Kräffte entgehen? muß ich denn mein scharffschneidendes Schwerd zu deinen Füssen legen.

FRIEDE.

Ja freilich solst und must du Bluthund bey dieser meiner frölichen Ankunfft in Teutschland weichen / und wenn ich aufftrete / dich augenbliklich von hinnen pakken; das wirst du grober Menschenwürger ja noch wol wissen / wenn du gleich sonst nicht gar viel verstehest / daß Krieg [415] und Friede nicht zugleich an einem Orte können regieren oder wohnen.

MARS.

Ey Friede / es ist mir gleichwol ernstlich anbefohlen / daß ich in Teutschland residiren und darin rechtschaffen soll wüthen und toben.

FRIEDE.

Und mir ist es von dem allerhöhesten GOtt anbefohlen / daß ich dich und deinen Wühterich in die Eisen schlagen / und auß allen Gräntzen des längstgeplagten Teutschlandes soll verjagen / deßwegen befehle ich euch Herr Reinhart / daß ihr den Mars unverzagt angreiffet und zu dem Wühterich in die Ketten schliesset / nur immer frich daran!

MARS.

Das wil ich ja nimmer hoffen / daß man mich / den allergrössesten Kavallier der Welt / der massen schimpflich / ja grausamlich werde tractieren.

FRIEDE.

Kavallier hin / Kavallier her / da wil nunmehr nichts zu helffen / geschwinde gib dich gefangen / oder ich lasse dich wie einen Hund danieder stossen. Wie / Mars / verstehest du deine eigene Rede nicht mehr?

MARS.
O wehe mir! wehe mir / wehe mir!
WÜHTERICH.
O wehe uns beyden in alle ewige Ewigkeit!
JUNKER REINHART.

Was schreiet ihr Bluthunde noch viel / ich wil euch bald so wehen / daß euch die Ribben im Leibe sollen krachen / Er wirfft dem Mars den andern Theil der [416] Ketten üm den Leib und schliesset ihn fest / der Friede nimt des Mars Schwerdt zu sich / Mars und Wühterich heulen und brüllen grausamlich / und stellen sich sehr ungebärdig.

FRIEDE.

Nun ihr meine liebe Teutsche / da sehet ihr nun eure beyde abgesagte Feinde und Verfolgere den Mars und Wühterich vor euch in Ketten und Banden / ergreiffet nun eure Peitschen und schläget tapffer auff sie zu / gleich wie sie euch schon gantzer dreissig Jahre hero gethan haben / du aber mein Reinhart / führe mir diese Gefangene hinein / auff daß ich sie dem Friedejauchzendem Teutschland darstellen / und diese grosse Königin höchlich da durch möge erfreuen. Jhr immittels meine liebe Teutsche / lobet und preiset den grossen GOtt vom Himmel / der eure Feinde gedämpffet / und euch mit meiner Gegenwart so herrlich hat beseliget.Der Friede gehet ab.


Die 3. Teutsche / wie auch J. Reinhart / peitschen tapffer auff den Mars und Wühterich / biß sie zu letzt von Junker Reinhart werden hinein gestossen /und die 3. stände singen / auff ihren Knien liegende / folgendes Loblied.

Loblied der

drey Teutschen Hauptstände


Jn welchem sie GOtt ihren Erlöser von gantzem Hertzen preisen / als der Blutdürstige Mars in die Eisen ist gethan.

[417] [419]1.

Nun lasset uns alle
Mit frölichem Schalle /
Mit lieblichen Weisen
Den mächtigen Gott /
Nach seinem Gebot /
Jn dem' Er uns Frieden ertheilet hat / preisen.

[419] 2.

Frolokket mit Händen
An Orten und Enden /
Wo Teutsche zu finden /
Der Fried' unser Schatz
Beherschet den Platz /
Ja Friede kan Mars und den Wühterich binden.

3.

Wir sehen mit Freuden
Die Krieger abscheiden /
Wir haben erlebet /
Das fröliche Jahr /
Das alle Gefahr
Vertreibet und unsere Teutschen erhebet.

4.

Wir wollen dich loben
O Vater dort oben /
Daß du hast bescheret
Nun wiederumb Ruh'
Und gibest dazu
Fast alles was unsere Seele begehret.

5.

Jn friedlichen Schranken /
Mit rühmen und danken /
Mit himmlischen Weisen /
Dich mächtigen GOtt
Nach deinem Gebot
Erscheinen wir alle / dich ewig zu preisen.

Hiemit gehen sie ab / und wird ein wenig musicirt.

[420]
4. Aufzug
Vierdter Auffzug.
Teutschland / Wahremund / Wolraht / Degenwehrt.
Teutschland gehet auff gar prächtig / und viel anders als vormals bekleidet / träget eine köstliche Kron / und Scepter / ihr folgen Wahremund /Wolrath / Degenwehrt / alle drey gantz herrlich angethan / indeme sie aufftreten / wird mit Pauken und Trompeten dazu gespielet und gejauchtzet.

TEUTSCHLAND
setzet sich auff einen schönen gezierten Königlichen Thron / und spricht.

Glükselig sey das Jahr / glükseliger sey der Tag / am allerglükseligsten aber sey die Stunde / in welcher der / von so viel hundert tausend hochbetrübten Seelen längstgewünschter Friedensschluß ist getroffen / und die allergrösseste Monarchen von gantz Europa so freundlich / lieblich und brüderlich miteinander sind vereinigt worden.

WAHREMUND.

Ja freilich / allergnädigste Königin / ist eben diese Stunde von dem gütigen Himmel selber gesegnet / in welcher das Seufftzen der Armen und Elenden von der Göttlichen Barmhertzigkeit ist erhöret / und der grausame Mars bezwungen / ja gar in Ketten geschlossen. O möchten doch alle Haare unseres Haupts Zungen seyn / daß wir die unaußsprechliche Güte GOttes zur Gnüge loben / und seine unvergleichliche Freundlichkeit schuldigster massen rühmen und preisen könten!

WOLRAHT.

Nicht zweiffele ich / großmächtigste Königin / Eure Majestät werden für diese hohe und unverdiente Gutthaten [421] nicht nur / was ihre Person betrifft / GOtt dem himmlischen Friedens-Vater Lob und Dank opffern / sondern auch ihre sämtliche Unterthanen mit allem Ernst / fürnemlich aber durch ihr erbaulichs Exempel dahin halten / daß sie von gantzem Hertzen / von gantzem Gemühte / und von allen Kräfften / den grossen GOtt vom Himmel preisen / der ihnen den theuresten Schatz von allen irrdischen Dingen / den güldenen Friede / gantz unverhoffter weise hat wieder gegeben.

TEUTSCHLAND.

Gar recht / ihr meine liebe Getreue / gar recht / erinnert ihr uns unserer Schuldigkeit. Aber / wie können wir doch den HErren vergelten alle Güte und Treue / die er uns Unwürdigen hat erwiesen / damit wir aber gleichwol zum Anfange nur etwas weniges thun / so lasset durch alle meine Länder und Provincien den herrlichen Lobgesang des Königlichen Propheten außschreien / Danket dem HErren / denn er ist freundlich / und seine Güte währet ewiglich.

DEGENWEHRT.

O der Gottseligen Gedanken / O der rühmlichen Andacht! O des heiligen Befehls! unmüglich ist es / allergnädigste Königin / daß der Geist GOttes E[uer] Maj[estät] Hertz und Sinn nicht solte regieren / und führen / dieses Opffer unserer Lippen / das auß einem bußfertigen / gläubigen und dankbaren Hertzen herrühret / wird GOtt tausendmal besser gefallen / als alle Scheinheiligkeit der doppelhertzigen Heuchler / welcher Hoffnung wie Wasser muß zerfliessen / ja wie die Spinnwäbe vernichtet und zu Schanden werden.

[422]
WAHREMUND.

Gar wol wird dieses geredet / mein Herr Degenwerth / aber noch viel besser wird es gethan seyn / wenn wir unsere Dankbarkeit wegen Verleihung des unschätzbaren Friedens mit einem neuen Wandel und Christlichem GOtt wolgefälligen Leben öffentlich erweisen und darthun.

DEGENWEHRT.

WolEhrwürdiger Herr Wahremund / eben dahin ziele ich / ich habe durchauß kein anderes Absehen als dieses / und damit ich die Probe an mir selber leiste / so will nicht allein ich / für meine Person den unchristlichen Krieg von gantzem Hertzen verfluchen / sondern auch alle mir untergebene Obristen und Hauptleute mit höhestem Fleisse ermahnen und dahin halten / daß sie hinfüro ja nimmermehr gegen ihre eigene Brüder und Mitchristen / noch viel weniger gegen ihr liebes und werthes Vaterland (von welchem sie das Leben und den Namen haben) die Waffen sollen führen / es ist leider / leider mehr denn allzuviel Christenblutes vergossen / nunmehr ist es sehr hohe Zeit / daß / dafern wir ja unsere mannhaffte Gemühter / tapffere Hertzen und fertige Fäuste / wollen sehen lassen / wir uns gegen die Feinde des Namens JEsu wenden / dieselbe durch gnädige Hülffe und Beystand unseres gekreutzigten Heilandes ritterlich bekriegen und besiegen / und durch unvergleichliche Heldenthaten unsere Häupter mit Lorbeerkräntzen bezieren / ja solche Ehrensäulen erwerben und auffrichten / welche biß in die graue Ewigkeit währen und bestehen können.

TEUTSCHLAND.

Mein Degenwerth / deine itztgeführte Rede lasse ich mir insonderheit wol gefallen / ich will zu GOtt [423] hoffen / meine Unterthanen werden nunmehr ein ander Leben zu führen mit inniglicher Begierde ihres Hertzen anfangen / auch sonderlich die jenige / welche bißhero den unrechtmässigen Kriegen gefolget / ja mich / ihre eigene Mutter / auff das allereusserste gemartert und geplaget haben / zu gantz anderen Gedanken kommen / sich künfftig als ehrliche Soldaten verhalten / und da sie ja ihren Heldenmuth wollen sehen lassen / ihre Waffen nicht an ihren Mitbrüdern den Christen / sondern an Türken / Tartaren und andern Feinden des Christlichen Namens probieren / sonderlich aber der hocherleuchteten Venetianischen Republic (welche zu ihren unsterblichen Ehren schon so viele Jahre hero / mit einer unglaublichen Tapfferkeit und standhafftem Gemühte / dem Türkischen Bluthunde den Kopff geboten /) ihre ritterliche Dienste nicht versagen werden.

WOLRAHT.

Ja großmächtigste Königin / das wäre wol der allerbeste / ehrlichster und zuträglichster Rath / welchen man den gewesenen Kriegesleuten bey diesen neuangehenden Friedenszeiten geben könte / denn / was haben ihnen doch bißhero die Soldaten für einen Namen können machen / mit der grausamen Unsinnigkeit die Christen-Menschen umbzubringen / Dörffer zu plündern / Städte in Brand zu stekken / Weiber und Jungfrauen gewalthätiger weise zu schänden? Nichts anders haben sie damit außgerichtet / als daß ihrer viele den Namen eines Diebes in den Namen eines muhtigen Soldaten / und den Namen eines Raubers / in den Namen eines tapffern Capitains, haben verändert / es ist fürwar hohe Zeit / daß / wenn sie ihren / durch die Waffen erworbenen Ruhm wollen verewigen / und den [424] Ruhm Christlicher / tapfferer und lobwürdiger Obristen / Hauptleute und Soldaten erlangen / und davon tragen / sie auff eine viel andere Art und Weise ihre Kriege bestellen.

TEUTSCHLAND.

Was ihr / meine liebe Getreue / dieses Falles habet vorgebracht / solches erkenne ich alles recht und wol geredet seyn / wir wollen das beste hoffen / und immittelst fleissig zu GOtt ruffen / daß er die Gerauhter dahin wolle lenken / daß sie vom Bösen ablassen / dem Guten nachjagen / und was ehrlich / löblich und Christlich ist / vollenbringen. Unterdessen hüpffet mein Hertz für Freuden / wenn ich an die Brüderliche Vereinigung gedenke / welche zwischen den dreyen mächtigen Monarchen und gewaltigsten Potentaten der Christenheit (die mich alle drey für ihre Mutter erkennen / ich sie auch für meine allerliebste Söhne und Töchter halte) in unserer Gegenwart mit so grosser Herrlichkeit ward getroffen und beschlossen / vnd saget mir doch meine liebe Getreue / hätte man auch in aller Welt etwas prächtigers / schöners und anmuhtigers können sehen / als den Großmächtigsten / Höchstverständigsten / ansehnlichsten Ferdinand den dritten / das zwar junge / aber sehr frische Heldenblut Ludowig den 13. und die fast übermenschliche und allertapfferste Heldinne Christina? Jn Ansehung dieser meiner großthätigen Kinder unvergleichlichen Vollenkommenheit könte ich für Freuden schier kein eintziges Wort reden.

WAHREMUND.

Jch muß es bekennen / allergroßmächtigste Königin / daß / als ich diese Beschliessung des so lang begehrten / und mit so übergrosser Mühe und Kosten gesuchten Friedens unter diesen dreyen Häuptern habe angeschauet[425] / mir die Augen sind übergegangen. Auß der masse schön war es anzusehen / daß diese drey grosse Potentaten sich untereinander so freundlich an den Händen hatten gefasset / und so gar lieblich / ja recht Brüderlich und Schwesterlich anblikketen / Ach! / gedachte ich / wie fein und lieblich ist es / wenn so grosse Könige einträchtig beyeinander wohnen!

WOLRAHT.

Noch viel schöner aber war es anzusehen / daß der alleredelste Friede hinter diesen gewaltigen Monarchen / mit einem rechtfreudigen Angesichte stehende / dieselbige so herrlich bekräntzte / und gleichsam öffentlich damit bezeugete / daß nicht der langgeführte Krieg / sondern der wolgetroffene Friede sie zu rechten Siegesprachtenden Uberwindern und unsterblichen theuren Helden mache.

DEGENWEHRT.

Aber / am allerschönsten war dieses anzusehen / daß allerhöchstgedachten dreyen Potentaten der Becher einer ewigen Vergessenheit ward dargeboten / welchen sie auch mit einer solchen Auffrichtigkeit und Vertrauligkeit / (wie denn dasselbe auß ihren Geberden gar leicht war abzunehmen /) mit einander haben außgetrunken / daß man nicht weniger Ursache hatte / über diese neue Verknüpffung der Kaiserlichen und Königlichen Gerauhter sich zu verwundern / als über ihre rühmliche Vereinigung zu erfreuen.


J. Reinhart gehet auff / und treibet Mars nebenst Wühterich an Ketten gantz fest geschlossen vor sich her.
TEUTSCHLAND.

Gar fein habet ihr mich alles dessen erinnert / ihr meine liebe getreue Diener / was bey Beschliessung des [426] hochverlangten Friedens dazumal zwischen den dreyen Monarchen / meinen lieben Kindern ist vorgangen. Aber was wird uns da für eine Gesellschafft zugeführet?

DEGENWEHRT.

Großmächtigste Königin / es ist Junker Reinhart / der bringet den Bluthund Mars / nebenst desselbigen grausamen Diener Wühterich / in Ketten gar fest gebunden und geschlossen.

TEUTSCHLAND.

Wol mir / und allen den meinigen / daß wir den Tag haben erlebet / an welchem wir diese Werkzeuge des leidigen Satans / die uns so manches liebes Jahr dermassen greulich haben zermartert und geplaget / daß keines Redners Zunge so fertig / die es könte außsprechen / noch keines Dichters Griffel so wol gespitzet / der es könte beschreiben / endlich in Fesseln und Ketten sehen / nunmehr wil ich meine Lust an meinen Feinden haben / und mit Verwunderung schauen / wie es denselben auff ihren Kopff wird vergolten / O GOtt du bist ein gerechter Richter!

JUNKER REINHART
machet eine gar tieffe Reverentz.

Allerdurchleuchtigste / großmächtigste Königin / allergnädigste Frau / es läst der nunmehr bestätigter und herannahender Friede / euerer Majestät ihre unterthänigste gehorsamste Dienste / durch mich ihren allergeringsten Auffwarter / anmelden / und übersendet deroselben diese beyde eurer Majestät abgesagte Feinde / nemlich den blutdurstigen Mars nebenst dessen gewesenen Stadthalter Wühterich / und zwar überschikt sie diese Unmenschen zu dem Ende / daß E[ure] Majestät dieselbe mag annehmen / tractiren und abstraffen / wie es E[uer][427] Majestät gefällig auch dieser beyden Gesellen zeit währenden Krieges begangene schöne Thaten erfodern.

TEUTSCHLAND.

Deine Ankunfft ist uns sehr lieb / Junker Reinhart / sonderlich / dieweil du uns diese verzweiffelte Buben anhero bringest / wir halten uns dieser und vieler anderer empfangenen unschätzbaren Gutthaten halber dem Frieden dermassen hoch verpflichtet / daß wir auch kaum absehen mögen / welcher gestalt wir uns dieser Schuld können entledigen.

MARS.

Ja leider / daß mich dieses grosse Unglük getroffen / denn nunmehr großmächtigste Königin / erkenne ich mich für deinen Gefangenen.

TEUTSCHLAND.

Ja du grausamer Menschenplager / ist Teutschland nun deine großmächtigste Königin / die du zuvorn viel schnöder und jämmerlicher / als die elendeste Sclavin hast gehalten? Ja Mars du grausames Unthier / bu bist es / der du nebenst deinem verfluchten Wühterich mich hast beraubet / verwundet / geschlagen / und dermassen zugerichtet / daß es der Teuffel auß der Hölle nicht hätte ärger machen können.


Mars und Wühterich fallen für Boßheit zur Erden /wüten und toben / schreien und brüllen grausamlich / drauff spricht.
TEUTSCHLAND.

Was schreyet und brüllet ihr ungeheure Bestien noch viel? Wir befehlen dir ernstlich / Reinhart / daß / so bald sich diese beyde Höllenhunde nur im geringsten etwas regen / ja auch nur ruffen / schreien oder brüllen / du ihnen alsobald mit Füssen auff die Hälse tretest / und nicht[428] besser noch höfflicher mit ihnen ümmegehest / als man mit einem rasenden Hunde zu thun pfleget / ich für meine Person werde sie hinfüro der Würdigkeit nicht achten / daß ich diesen blutdürstigen Tyrannen (welche ich ernstlich abzustraffen bedacht bin) auch das geringste Wörtlein auff ihr Vorbringen antworte.

JUNKER REINHART.

Allergnädigste Königin / Eurer Majestät ernstlichem Befehl soll mit höhestem Fleisse in schuldigster Unterthänigkeit von mir nachgelebet werden.

5. Aufzug
Fünfter und letzter Aufzug.
Friede / die drey Hauptstände / Teutschland /Wahremund / Wolraht / Degenwehrt / J. Reinhart /Mars / Wühterich.
Hie tritt nun auff der Friede / auff das allerschönste geschmükket / vor dem Friede gehen so vieler kleiner Engel oder Kinder her / alle in weiß gekleidet / und Oelzweige in den Händen / wie auch Lorbeerkräntze auff den Häuptern tragend / so viel man solcher etwan kan haben / dem Friede folgen die drey Stände / als Geistlicher / Weltlicher und Haußstand / die kinder singen folgendes Lied.

[429] Triumphlied der Siegesprachtenden Kinder /


Welche den Edelen Frieden nach Teutschland begleiten.

[430] 1.

Triumph / Triumph / der Mars ist fort /

Hinfüro wird noch Raum noch Mord

Das teutsche Volk tyrannisiren /

Nun können wir in Fried' und Ruh'

All unser Leben bringen zu /

Weil niemand soll die Waffen rühren /

Drauff bringen wir / O Teutsches Reich /

Dir Frieden und viel Heils zugleich.


2.

Triumph / Triumph / der Himmel lacht /

Daß Mars mit seiner strengen Macht /

Uns Teutsche nicht mehr kan bezwingen /

Die Donau / Weser / Elbe / Rhein

Die jauchtzen gleichsam ins gemein /

Daß ihnen wil ihr Wunsch gelingen /

Jetzt bringen wir / O Teutsches Reich /

Dir Frieden und viel Heils zugleich.


[431] 3.

Triumph / Triumph / die GOttes Knecht' /

Auch die das Schwerdt gebrauchen recht /

Die klopffen frölich in die Hände /

Der Handwerks- Kauff und Akkersmann /

Die schauen diß mit Freuden an /

Daß nun das Kriegen hat ein Ende.

Jtzt bringen wir / O Teutsches Reich /

Dir Frieden und viel Heils zugleich.


4.

Triumph / Triumph / der Neid ist todt /

Frau Mißgunst leidet grosse Noht /

Seht / Einigkeit muß oben schweben /

Jtzt weicht dem Frieden die Gefahr /

Die Fürsten sampt der edlen Schaar /

Die wollen itzt vertraulich leben /

Drauff bringen wir / O Teutsches Reich /

Dir Frieden und viel Heils zugleich.


Hierauf steiget Teutschland von ihrem Thron / gehet dem Frieden gantz freudig entgegen und umbfähet denselben auff das lieblichste / dabey spricht.

TEUTSCHLAND.

Du mein allersüssester Friede / du wunderschöne Tochter des gütigen Himmels / meine eintzige Freude / Ja du kräfftiger Trost und Erquikkung aller Menschen auff Erden / daß du endlich / nach deme ich dreissig gantzer Jahre / wegen meiner schweren vielfältigen Ver brechen und Mißhandlungen / von dir bin verlassen / dagegen von dem grimmigen Mars und seinem Wühterich [432] erbärmlicher Massen geplaget worden / nunmehr mich wieder heimsuchest / mit deinen schier unzehlichen Schätzen und Gütern zu beschenken / dafür danke ich dem allergütigsten GOtt und Vater im Himmel auß dem innersten Grunde meines Hertzen / und wünsche von gantzer Seele / daß du hinfüro nimmermehr von mir weichen / sondern biß an den lieben Jüngsten Tag bey mir und den meinigen beständig mögest verharren.


Allgemeiner Wunsch.


Welchen die triumphirende und singende Kinder in einem eintzigen Satz lassen erschallen / jedoch also / daß sie denselbigen wiederholen.

[433] Amen / dieses werde waar /
Friede schütz uns immerdar /
Friede müss' in Teutschland bleiben;
Friede müsse Krieg und List /
Und was mehr uns schädlich ist /
Weit von unsren Grentzen treiben.
Amen / Amen / das sey waar /
Friede schütz' uns immerdar.
FRIEDE.

Gelobet sey GOTT / und hochgepriesen sey der HERR Zebaoth / der mich / O großmächtigste Königin / [434] dir auß lauter Gnaden / und nicht umb deiner Verdienste willen / hat wieder geschenket / der Allerhöhester verleihe dir ein solches Hertz / das stets wandle in seinen Geboten und Wegen / ja Jhn mit solchem Eifer fürchte / ehre und liebe / daß Teutschland nimmermehr meiner angenehmen Gegenwart möge beraubet werden.


Hie singet das Kohr der Kinder oder Engel abermal.

Amen dieses werde waar /
Friede schütz uns immerdar / etc.

Unterdessen führet Teutschland den Frieden an der Hand / und setzet ihn neben sich auff den Trohn /zur rechten Seiten desselben stehen Wahremund /Wolraht / Degenwehrt / zur Linken Seiten / die drey Stände / vor dem Trohn die Engel oder Kinder /Mars aber und Wühterich liegen in einer Ekken und werden von J. Reinhart / wenn sie sich ungebärdig anstellen / tapfer gepeitschet.
TEUTSCHLAND.

Merket auff ihr meine Lieben / und höret die Worte eurer Königin: Es erfordert die allerhöheste Nohtwendigkeit / daß in diesem meinem neuen gantz glükkseligen Stande alles / was in unserem gantzen teutschen Reiche befindlich / verbessert / geändert und in eine solche Ordnung gebracht werde / welche GOTT im Himmel gefällig und den Menschen auff Erden nützlich / nöhtig und angenehm / derowegen ihr meine getreue Rähte und Diener / Herr Wahremund / Wolraht und Degenwehrt / eröffnet ein jedweder euer Bedenken / wie ihr vermeinet / daß hinfüro unser teutsches Regiment recht und wol möge angestellet werden.

[435]
WAHREMUND.

Großmächtigste / allergnädigste Königin und Frau / ob zwar meine Schuldigkeit erfodert / E[uer] Majestät gnädigstem Befehl allergehorsamst nachzukommen / so erkenne ich doch bey diesem hohen Werke meine Schwachheit und Unvermögen / gelanget deßwegen an eure Majestät mein unterthänigstes Suchen / sie wolle ihr gnädigst belieben lassen / den Frieden / als welcher vom Himmel kommen / und demnach keine andere als himmlische und hochnützliche Vorschläge kan geben / zu ersuchen / daß sie ihren hochweisesten Raht in dieser wichtigen Sachen ertheilen / und von Wiederanrichtung eines guten Regiments ihre hochvernünfftige Meinung eröffnen wolle / nicht zweiflend / dadurch alles auff einen gar guten Fuß werde gestellet werden.

WOLRAHT.

Wenn ich / Durchleuchtigste Königin / von diesem / meines vielgeliebten Mitrahtes / des Herrn Wahremunds Bedenken ein unparteiisches Urtheil solte fällen / so muß ich bekennen / daß es nicht allein wol gemeinet / sondern auch wol getroffen / wir werden keinen bessern noch klügern Rahtgeber in dieser Welt / als eben den edlen und wehrten Frieden antreffen können.

DEGENWEHRT.

Und eben dieses / großmächtigste Königin / ist auch meine unvorgreiffliche Meinung / daß uns der wehrte Friede am allerfüglichsten eine Form oder Muster kan vorschreiben / nach welchem das teutsche Reich hinfüro müsse regieret und bey seinem Wolstande erhalten werden.

[436]
TEUTSCHLAND.

Wollan denn / ihr meine Lieben / dieweil dieser euer guter und wolgefasseter Rahtschluß / auch mir trefflich wolgefält / so wil ich / O alleredelster und wehrtester Friede / zum allerfreundlichsten dich ersuchet und gebeten haben / du wollest dir gefallen lassen / meinen / durch die langwirige / von dem grausamen Mars und seinem grimmigen Wühterich geführte Kriege und verübete Tyranney / fast gar zerrütteten Zustand zu verbessern / und wiederumb in eine richtige / zufoderst aber meinen biß auff den Grund verderbeten Unterthanen zuträgliche Ordnung zubringen.

FRIEDE.

Wie kan ich doch / großmächtigste Königin / auff so freundliches begehren meines allerliebsten Teutschlandes / derselben ichtwas versagen / ich wil zwar einen kurtzen / aber doch verhoffentlich / solchen Raht ertheilen / dessen / dafern ihm nur ernstlich wird nachgelebet / das gantze teutsche Reich biß an der Welt Ende sich wird erfreuen könenn. Und damit wir uns nicht gar zu lange auffhalten / so ist anfänglich hochnöthig daß diese beyde Bluthunde / nemlich Mars und sein Handlanger Wühterich / von dem teutschen Boden hinweg geschaffet / und an desselben äussersten Grentzen mit gewaltigen Ketten und starken Fesselen an einen hohen Felsen werden geschlossen / daselbst auch so lange angefesselt gehalten / biß die Göttliche Gerechtigkeit sie wiederumb loß gebe / und zu Bestraffung der übermachten Menschlichen Untugenden sie auffs neue in ein Land schikken / welches verdienet hat von ihnen beherschet zu werden / du aber / O großmächtigstes Teutschland / hüte dich ja auff das allerfleissigste / daß diese ungeheure Bluthunde [437] nicht umb deinet willen wiederum loß gelassen / und ihnen auffs neue / dich zu tyrannisiren von oben herab möge erlaubet werden.Teutschland schläget die Hände in einander / sihet in die höhe / und seufftzet! Und damit solches ohne Verzug möge geschehen / so befehlen wir dir Junker Reinhart / daß du ungesäumet den höllischen Schmid / Vulkan genant / anhero lassest kommen / damit derselbe / unserem ernstlichen Befehl zu folge / mehrbesagte beyde grimmige Wunderthiere auß Teutschland führe / und an die höhesten Felsen des unwegsamen Alpengebürges fest schliesse / ja / biß auff fernem Bescheid gar daselbst anschmiede.


J. Reinhart machet eine tieffe Reverentz und gehet ab / Wahremund aber / Wolraht / Degenwehrt / die drey teutsche Stände / wie auch alle Kinder oder Engel fallen zugleich nieder is auff ihre Knie / und singen folgenden Satz.

Loblied.


Dem Edlen Frieden / wegen Ertheilung so guter und hochvernünfftiger Rahtschläge / zu Ehren gesungen.

[438] Dieser Raht der komt von GOtt /
Lasset uns ihn höchlich preisen /
Und demselben ohne Spott
Ehre / Lieb' und Dienst' erweisen /
Teutschland / es ist alles gut
Was der wehrte Friede thut!

J. Reinhart und Sausewind bringen den Vulkan in Gestalt eines hinkenden Schmides / mit einem schmutzigen Schurtzfelle und grossen Hammer auff den Nakken.
FRIEDE.

Vulkan / wir haben dich lassen anhero fodern / daß du diese beyde grimmige Menschenfeinde / nemlich den [439] Blutdurstigen Mars und seinen Diener den unmenschlichen Wühterich / mit Ketten und Fesselen gebunden biß über die äusserste Gräntzen von Teutschland führen / und sie an einem gehen Felsen des allerhöhesten Alpengebürges fest sollest anschliessen / auch nicht ehe wieder aufflösen oder frey lassen / biß es dir von der Göttlichen Gerechtigkeit wird anbefohlen / hiernach wisse dich zu richten.

VULKAN.

Oho / Oho / das ist mir mal ein recht angenehmer Befehl / das ist mir fürwar ein recht gewünschtes Fressen / Er spricht zum Mars. Finde ich dich hie / du feiner Gesell? Komme nur immer her / du hast mir wol ehe ein feines paar Hörner auffgesetzet / was gilts / ich wil dir die Daumenschrauben wieder auffsetzen. Er wirft ihm noch eine Kette umb den Halß und gibt ihm etliche gute Püffe.

MARS.

O du lahmer hinkender Dieb / muß ich den Tag noch endlich erleben / daß du mich auffs neue fesselst und bindest / ja nebenst meinem Wühterich hinführest / uns zwischen die unbewohnte / rauche und grausame Felsen einzuschliessen? War es nicht genug / du stinkender Hornträger / daß du mich und deine schöne Venus in einem eisernen Gitter verschlossen und gefangen / aller Welt zum Schauspiel hast dargestellet? O könte ich mich doch grausamlichst an dir revengiren!

VULKAN.

Jch wil dich wol revengiren / kriege ich dich erstlich in das Gebürge / du leichtfertiger Hurenschelm / die Zeit ist schon vorbey / da dir die schöne Frauen in deinen Mörderischen Arm schlieffen. Fort ihr Hunde / fort.

[440]
FRIEDE.

Mache nur nicht viel Wesens / Vulkan mit diesen abgesagten Feinden des Menschlichen Geschlechtes / immer fort mit ihnen / und das geschwinde.

MARS UND WÜHTERICH
brüllen greulich und schreien mit greßlicher Stimme.

O Teutschland / Teutschland / Teutschland / sollen wir dich nun verlassen! O verfluchter Tag! O verfluchte Stunde! O verfluchter Friede! O verfluchter Vulkan! O verfluchte Ketten / alle unsere Feinde müssen verfluchet seyn ewiglich!

VULKAN.

Ja ihr verfluchte leichtfertige Schelme / ihr verfluchte Diebe / ihr verfluchte Bluthunde / bald wil ich euch an einen verfluchten Ort bringen / da ihr weder Brod noch Wasser werdet finden.


Er stösset sie hinein mit grossem Zorn / darauff fallen die drey teutsche stände auff ihre Knie und singen gar andächtig folgendes.

Dank-Lied zu GOtt.


Der drey Teutschen Häuptstände / Als der grausame Mars auß den Grenzen Teutschlandes ward hinweg geführet.

[441] [443]Gelobt sey GOtt in Ewigkeit /
Der uns so gnädig hat befreit /
Der unser Feind' hinweg getrieben /
Der woll hinfüro Tag und Nacht /
Uns schützen für des Krieges Macht /
Und als sein eigne Kinder lieben.
FRIEDE.

Sehr wol ist dieses gethan / ihr meine liebe Teutsche / daß ihr / wegen glüklicher Verjagung des grimmigen Mars und seines grausamen Anhanges / dem allerhöhesten GOtt von Hertzen Lob und Dank opffert / und dieweil nun Teutschland von dieser erschreklichen Tyranney / GOtt Lob / glükklich ist befreiet / so erfodert es auch ferner die unümbgängliche Nohtdurfft / daß der Gottesdienst auff das allerfleissigste wieder angerichtet / die Regierung des gantzen Landes klüglich bestellet / und was zu Beschützung dieses grossen Reiches von nöhten in der Zeit herbey geschaffet / und solcher gestalt alles in eine gute / richtige / nützliche und liebliche Ordnung möge gebracht werden.

TEUTSCHLAND.

Allerwehrtester Friede / wenn es müglich wäre / daß ich mich selber mit allem dem jenigen / so sich in meinem Vermögen befindet / dir gantz und gar zu eigen übergeben könte / würde es doch viel zu wenig seyn / auch nur den geringsten Theil deiner / mir erwiesenen [443] Gutthaten / dadurch abzustatten / ich überreiche dir aber dieses mein getreues teutsches Hertz / und bitte freundlichst / du wollest dir gefallen lassen / in diesem angefangenen Werke fort zu fahren / und was zu meiner Verbesserung höchstnöthig / und ferner zu vermelden.

FRIEDE.

Großmächtiges Teutschland / daß die rechte Glükseligkeit aller Herrschafften und Regimenter auff dem eintzigen Grunde der waaren Gottesfurcht bestehet / GOtt gebe was auch die verfluchte Machiavellisten dagegen plauderen / solches wird ein jedweder / der ein Kind GOttes ist / und dermaleinst das Reich GOttes zu ererben gedenket / nebenst mir bekennen müssen. Daß aber diese schönste Mutter aller Tugenden / die Gottesfurcht / sage ich / durch das verdamliche Kriegeswesen nunmehr fast gantz und gar auß deinen Ländern ist verbannet / solches / wie ich es von Hertzen beklage / also suche ich billich alle Mittel hervor / selbige Haupttugend wiederumb deinen teutschen Unterthanen zuzuführen. Zu diesem hohen Werke aber wird niemand besser können gebrauchet werden / als dieser dein getreuer Diener Wahremund / denn / dieweil derselbe auß GOtt ist / den Weg GOttes recht lehret / und nach dem Exempel unsers Seligmachers / die Warheit über alles liebet / das Ansehen der Personen nichts achtet / und nach niemand fraget; So wird Er auch hinfüro solche Lehrer den Kirchen und Gemeinden vorstellen / die das Göttliche [444] Wort lauter und rein / ohne Menschliche Zusätze / lehren und predigen / die heiligen Sacramenta nach der Ordnung und Einsetzung unsers Heilandes / ihren Zuhörern darreichen / nicht ablassen alle und jede Menschen ernstlich zu ermahnen / die blöden und erschrokkene Hertzen mit Verheissung Göttlicher Gnade und Barmhertzigkeit auffzurichten / die Bußfertige Sünder zu trösten / die Verstokkete und Halßstarrige aber zu bedräuen / zu straften / ja endlich gar zu verbannen / benebenst diesem allen aber auch ein solches Exemplarisches Leben zu führen / daß sie mit der That und Warheit ein rechtschaffenes Vorbild / der ihnen anbefohlenen Heerde können genennet werden: und demnach wir ein so grosses Vertrauen zu euch / H[err] Wahremund / haben gesetzet; Als wir euch hiemit die höheste Auffsicht über alle Kirchen / Schulen und Gemeinen / und alle deroselben Bischöffe / Prediger / Kirchen und Schuldiener auffgetragen und anbefohlen / Schaffet ab die Laster und befodert alle Christliche Tugenden / so seyd und bleibet ihr ein rechter Wahremund biß an der Welt Ende.


Hierauff fallen Wahremund / Wolraht /Degenwehrt / wie auch Die Drey Stände / nebenst allen Kindern oder Engeln / nieder auff ihre Knie und wiederholen den schon zuvor gesungenen.

Dieser Raht der komt von GOtt
Lasset uns ihn höchlich preisen / etc.
[445]
TEUTSCHLAND.

O des heilsamen Rahts! O des himmlischen Vortrages! Fahre doch fort / allerwehrtester Friede / uns ferner bester massen zu unterrichten.

FRIEDE.

Ja großmächtigste Königin / nechst Bestellung des Gottesdienstes / Beruffung treufleissiger Prediger / und Anordnung aller nohtwendigen Kirchensachen / muß Teutschland auch das Regiment in weltlichen Sachen auff eine viel andere Art und Weise / wie leider bißhero geschehen / lassen führen. Hierin aber wird niemand seinen Verstand / Fleiß und Auffrichtigkeit besser erweisen / als eben der vernünfftige Wolraht: Dieser wird die Höfe der Fürsten / ihre Kantzeleien / Rathstuben / Aempter / Vögteien und andere Bestallungen der Obrigkeiten / mit solchen Leuten zu versorgen wissen / welche für allen Dingen GOtt fürchten / denselben umb Weißheit und Verstand / Rath und Hülffe anruffen / mit Wissen und Willen keinem Menschen unrecht thun oder auch thun lassen / des Armen Recht nicht beugen / den Unschuldigen und Gerechten nicht verfolgen / keine Gaben noch Geschenke nehmen / die Frommen lieben / schützen und foderen / wider die Gottlose aber und Friedenstörer das Schwerdt ihrer Gerechtigkeit lassen gläntzen / die Bösen von ihnen hinweg thun / die Sünde / Schand und Laster ernstlich straffen / und schließlich so wol und recht auff Erden regiren / daß sie auch dermal eins mit CHristo in der ewigen Seligkeit mögen herrschen. Jn solchem Vertrauen nun / vielgeliebter [446] Wolraht / wird euch diese hohe Verrichtung auffgetragen / nicht zweiflend / ihr dem großmächtigsten Teutschlande hinfüro wol rathen und diesen schönen Namen mit höhestem Ruhm und Ehren biß in eure Grube werdet führen und behalten.


Hie fallen sie abermal alle miteinander auff ihre Knie nieder und wiederholen gar freudig den schon zweimal gesungenen Satz.

Dieser Raht der komt von GOtt
Lasset uns ihn höchlich preisen / etc.
FRIEDE.

Nun Großmächtigstes Teutschland / nach deme auch die Bestellung des Weltlichen Regiments in jetztgehörtem Vorschlage dir etlicher massen vorgebildet worden / uns allen aber sehr wol bewust ist / daß kein Königreich unter der Sonnen / welches nicht seine heimliche und offenbare Feinde habe; So muß auch nohtwendig auff den Schutz und die Beschirmung des Vaterlandes gedacht werden: dieses aber wollen wir ohne Weitläufftigkeit gegenwertigem eurem getreuen Diener Degenwehrt befehlen / dieweil ich solche Eigenschafften an ihme befinde / welche an einem rechtgeschaffenen Krieges-Obristen werden erfodert.

Mit seinem Exemplarischen Wandel und Leben wird er auch andere / zum Schutze des Teutschlandes untergebene Obriste und Hauptleute unterrichten / daß sie für allen Dingen GOtt / von deme aller Sieg und Überwindung muß herrühren / hertzlich fürchten / ihrer hohen Obrigkeit getreu verbleiben / nicht Auffrührern oder Rebellen dienen / [447] das Vaterland wider alle Feinde männlich schützen / gegen die grobe Verbrecher ernstlich und strenge / gegen die wolverdiente und tapffere Soldaten aber sich mild / freundlich und gutthätig erweisen / und endlich ihr Leben für GOttes Ehre und Lehre / wie auch ihrer Obrigkeit Wolfahrt und des Landes Erhaltung / getrost und freudig auffsetzen / und durch solche Tugenden ein unsterbliches Lob erlangen. So sey euch nun / mein Degenwerth / die hertzhaffte Beschirmung dieser grossen Königin und aller ihrer Untersassen ernstlich anbefohlen / erzeiget euch in diesem Ampte dergestalt / daß ihr ein wehrter Degen / das ist / ein tapfferer Held in aller Welt / möget gerühmet / und euer Lob biß an die Sterne erhaben werden.


Hie wird zum letzten mal wiederholet der schon etliche mal gesungene Satz.

Dieser Rath der komt von GOtt / etc.
FRIEDE.

Zum Beschlüsse / sehe ich noch zween Cavallier, welche gleichwol auch mit einem ihnen wol anstehendem Ampte müssen bedacht werden / und zwar / was Junker Reinhart betrifft / so gebe ich ihme hiemit seine Bestallung / daß er bey den Höfen der Teutschen Fürsten gemeimer Teller-Rath seyn soll / dieweil ja viele grosser Herren werden gefunden / welche viel ehender eines Wahremunden / Wolrath und Degenwehrtes / als eines Junker Reinharten können entbehren / wird sich auch Herr Reinhart bey dieser Amptsbedienung sehr wol befinden: denn was die Tellerrahts Bestallung vermag / wissen nur die / welche bey Hofe mit Fuchspeltzen handlen / zum allerbesten / Junker Reinhart lachet in das Fäustchen / und machet [448] grosse Baselmanus. Monsieur Sausewind aber betreffend / demnach er so schöne Grillen und Poetische Windmühlen im Kopffe hat / soll er hinfüro dieser großmächtigsten Königinnen Teutschlandes bestalter Hoffnarr seyn / und also ist auch er die Zeit seines Lebens treflich wol versorget / und kan er bey dieser Gelegenheit sich in alle Rosemunden / welche am gantzen Königlichen Hofe sind / nach seinem eigenen Gefallen verlieben / biß er endlich in einem Cavallier, Schäfer und Poeten in die Erde gestekket werde.


Hie wird dem Sausewind / der sehr frölich ist / und hertzlich über seine Bestallung lachet / eine Narrenkappe mit Schellen von Reinharten auffgesetzet.
TEUTSCHLAND.

O du alleredelster / O du allerwehrtester / O du allersüssester Friede / es ist mir unmüglich mit Worten außzusprechen / was für eine übertrefliche Vergnügung ich von deiner Anwesenheit und denen so klüglich / so nachdenklich / so gründlich ertheileten Vorschlägen und Bestellung / so wol Geist- als Weltlicher Regimenter bey mir empfinde. O ewig gepriesen / hochgesegneter Friedenstag / an welchem die Wolken Wein und Oel / Milch und Honig über die beglükseligte Teutschen müssen außschütten / ja daran Himmel und Erde eine süßklingende Ubereinstimmung von sich müssen hören lassen. Du aber / O mein allertheuerster Schatz / mein güldener Friede / meine Hertzentraute Schwester / sey zu tausendmalen von mir geküsset / Küsset sie sehr lieblich. und du / O grosser GOtt / du Schöpffer Himmels und der Erden / sey für diese und unzehlich viele andere Gutthaten hochgelobet und gepriesen von Ewigkeit zu Ewigkeit!

[449]
FRIEDE.

Unsere höheste Schuldigkeit erfordert dieses / Großmächtigste und unüberwindlichste Königin / daß wir für so viele unvergleichliche und gar nicht verdienete Wolthaten / dem allerhöchsten Lob und Ehre / Preiß und Dank sagen / so erhebet nun alle mit einander eure Hertzen und Stimmen / singet freudig gegen einander / lobet / ehret / preiset und rühmet mit mir den Namen des HErren.


Hierauf stehet Teutschland nebenst dem Frieden auff von ihrem Thron / die Engel und Kinder bleiben in der Mitte stehen / Teutschland aber / der Friede /Wahremund / Wolraht / und Degenwehrt / wie auch die drey Hauptstände gehen alle fein ordentlich hinter einander her / und etliche mal in die Runde umb den Schauplatz / alle singend folgendes Beschluß-Lied / das mit vielen Jnstrumenten herrlich muß gespielt werden.

[450] [457]Beschlußlied.


1.

Jauchzet / jauchzet alle Welt /
Singet GOtt mit Freuden /
[457]
Ewigs Lob werd' ihm bestellt
Der itzt unser Leyden
Hat in Lieb' und Lust verkehrt /
Ja den Frieden uns verehrt /
Alle Welt müsse dem HErren lobsingen /
Lasset Trompetten und Paucken itzt klingen.

2.

Jauchze grosser Ferdinand /
Jauchzet all' ihr Stände /
Jauchze teutsches Vatterland /
Nunmehr hat ein Ende
Des Verwüsters Grausamkeit /
Gott der gibt uns beßre Zeit /
Alle Welt müsse dem HErrn itzt singen
Lasset drauff Geigen und Lauten erklingen.

3.

Jauchzet doch ihr Gottesknecht'
Und erhebt die Stimmen /
Lasset Mars und sein Geschlecht
Sonder Macht ergrimmen /
Nunmehr soll deß HErren Wort
Gehen auff an manchem Ort'
Alle Welt müsse deßwegen lobsingen /
Lasset Pandoren und Harffen erklingen.

4.

Jauchzet doch ihr Musenvolk /
Es ist schon verschwunden /
[458]
Die betrübte Kriegeswolk /
Heut ist gantz entbunden
Teutschland seiner schweren Last /
Phœbus lebt hinfort in Rast /
Alle Welt müsse deßwegen lobsingen /
Lassen die Pfeiffen und Zinken erklingen.

5.

Jauchzet / jauchzet / jauchzet heut'
Alte mit den Jungen /
Jauchzet all' ihr Christenleut' /
Es ist Mars bezwungen /
Rühmet / lobet / preiset Gott
Unsern HErren Zebaoht /
Alle Welt muß' ihm von Hertzen lobsingen /
Endlich so wird es im Himmel erklingen /
Lass' es O höchster die Wolcken durchdringen.
NB.
Jn deme der letzte Satz wird gesungen / gehen die Personen alle fein gemählich von dem Platz /und wird hiemit die gantze Handlung beschlossen.

Ende.


Nur Gott und niemand mehr
Sey Lob / Preiß Dank und Ehr.
[459]

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Rist, Johann. Dramen. Das Friedejauchtzende Teutschland. Das Friedejauchtzende Teutschland. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-9996-3