[252] [254]Uber das Evangelium am Andern Advents Sontage

1.
Merkt auf, Ihr Menschenkinder,
Merkt auf, vergesst es nicht:
Es wird der Herr geschwinder
Erscheinen zum Gericht',
Als sonst ein Fallstrick pfleget,
Daß man auf grühner Saat
Den Vöglen hingeleget
Und wol bedekket hat.
2.
Der Herr wird wahrlich kommen
Und halten Einen Tag,
Daran das Heer der Frommen
Sich hertzlich freüen mag;
Dagegen wird erschrekken
Die Gottvergessne Schaar;
Der Richter wird aufdekken,
Waß hier verborgen war.
3.
Wie Satan ligt gebunden
Im schwartzen HöllenZelt'
Und wie die Straff' empfunden
Hat jenne Sünden Welt,
Welch' in der Fluht vergehen
Und gahr hinsinken must:
Also wird auch geschehen
Der Welt für Ihre Lust.
4.
Gott hasset Sünd und Schande,
Die Bösen kommen nicht
Zum Fried- und FreüdenStande,
Wen sein Gericht anbricht.
Hie geht es zwahr den Frommen
Zu Zeiten arm und schlecht,
Dort wird es anderst kommen:
Warum? Gott ist gerecht.
5.
Wie magst du doch so leben,
O Freches Sünden Kind,
Dich gahr der Welt zu geben?
O Blinder noch als blind!
Du sprichst: Wen wirds geschehen,
Daß Ich sol nach der Schrifft
Für jennem Richter stehen,
Der auch die Hertzen trifft?
6.
O Mensch, laß ab zu spotten:
Gott träget nur Gedult.
Er könt' Unß bald ausrotten
Und straffen alle Schuld:
Ach aber seine Gühte
Gibt Unß zur Buhsse frist;
Man schau auf Sein Gemühte,
Wie freundlich daß es ist.
7.
Immittelst sol man gläuben,
Der Tag sei für der Thür,
Der Uns die Welt wird rauben,
So bald Er bricht herfür;
Doch sollen Mohnd und Sterne
Noch erstlich ihren Schein
Verlieren, Ja von ferne
Fast nicht zu kennen sein.
8.
Ach Gott! daß hier so lange
Die Trübsahl wehren muß!
Den Leüten wird sehr bange,
Sie leben mit Verdruß.
Krieg, Auffruhr, Theürung, Sterben
Neid, Unfried', Angst und Noht,
Die häuffen das Verderben:
Wer wünschet nicht den Tod?
9.
Hört, wie die Winde sausen,
Wie Sich die Erd' erregt,
Wie Meer und Wasser brausen,
Wie Sich die Lufft bewegt.
Des Menschen Sohn wird kommen
Gleich alß ein Dieb bei Nacht.
Wol dem, der wol genommen
Hat seine Zeit in acht.
10.
Der Richter wird erscheinen
In grosser Majestat,
Dem keiner kan verneinen,
Was Er begangen hat.
Ein Frommer sol Sich freüen,
Daß Christus richten wird;
Ein Böser muß Sich scheüen,
Weil Er so grob geirt.
[254] 11.
Wen Wir nun werden sehen
Mit grosser Herrligkeit
Ihn in den Wolken stehen,
So wird der Frommen Leid
Im Augenblik verschwinden,
Dagegen wird daß Licht
Und Leben bald Sich finden
Für Gottes Angesicht.
12.
Frisch auf den, Meine Seele!
Wird gleich dein Leib gebracht
In seine finstre Höhle,
Wie bald vergeht die Nacht,
So wird dein Jesus kommen
Und ruffen: Geh' heraus,
Den werd' Ich aufgenommen
Von Ihm' ins Freüdenhauß.

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TextGrid Repository (2012). Rist, Johann. Gedichte. Geistliche Lieder. Uber das Evangelium am Andern Advents Sontage. Uber das Evangelium am Andern Advents Sontage. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-9A3E-5