Johann Rist
Perseus
Das ist: Eine newe Tragœdia, welche in Beschreibunge theils warhaffter Geschichten /theils lustiger vnd anmuhtiger Gedichten / einen Sonnenklahren Welt- vnd Hoffspiegel jedermänniglichen præsentiret vnd vorstellet.

[Widmung]

[118] Denen Respectivé Wolwürdigen / Edlen / Mannhafften / Ehrenvesten vnd Hochgelarten Herren /

H. Johanni Douw, J.U. Doctori, vnd Canonico Brunsuic.

H. Abeli Spiessen Capiteinen.

H. Petro Guden, Jurium Practico Excellentissimo.

Meinen sonders hochgeehrten sehr wehrten Herren vnd vielgeneigten Freunden.

[118]

[Widmungsschreiben]

Wollwürdiger / Edler / Mannhaffter / Ehrenveste /Hochgelahrte / großgünstige liebe Herren / Jn was grossen ansehen vnd würden die Comœdien vnd Tragœdien vor alten Zeiten gewesen seyn / das bezeugen nicht allein die Exempla der jenigen Comicorum, welche ihrer Arbeit vnd Mühe halber von den höhesten Potentaten reichlich vnd mildiglich sind begäbet worden; Besonderen es erscheinet auch daher / daß die gewaltigste Monarchen selber / sich nicht geschewet haben / die Feder anzusetzen / vnd in diesem sehr anmuhtigem vnd nützlichem Studio jhren höhesten Fleiß blicken zu lassen / insonderheit aber in beschreibunge ernsthaffter vnd ansehnlicher Tragœdien, alse welche lauter hohe vnd wichtige Sachen vorstellen / so da den Majestäten / beydes zu lesen vnd zu üben am allermeisten geziehmen. Also hat nun Julius der aller erste vnter den Römischen Monarchen die Tragœdiam Oedipum, Keyser Augustus sein Sohn den Achillem vnd Ajacem, Mecenas den Prometheum, andere gewaltige Leute / sonsten herrliche vnd schöne Sachen vor sich genommen / vnd den Nachkommennen zur sonderbahren lust vnd ergetzligkeit außgearbeitet.

Vnter den Griechen ist vor allen anderen Tragœdienschreibern sehr berühmet / Æschylus / ein gewaltiger vnd trefflicher Kriegesobrister / dessen tapfere Faust eben so wol gewohnet war / mit der Feder die Vnsterbligkeit zuerlangen / vnd durch beschreibunge heroischer vnd nützlicher Tragœdien ein ewiges Lob zuerwerben / als mit dem Schwert den Feind hinweg zu schlagen / vnd seinem Griechenlande / durch so viel herrliche Siege vnd Triumphen Ruhe vnd Friede wieder zu bringen.

Alle diese tapfere vnd gewaltige Leute haben mit höchstem fleisse in acht genommen den grossen vnd sehr so mercklichen vnterscheidt / der vnter den Comœdien vnd Tragœdien, aller Verstendigen Vrtheil nach / ist zu finden. Nicht [119] haben sie in ihren Comœdien Keysere vnd Könige eingeführet / die da hohe vnd wichtige Reichssachen vnter sich tractierten / auff welche hernach oftmahls / erschreckliche Händel / ja Mordt / Todtschlag / beraub vnd Verwüstunge grosser Länder vnd Städte erfolget / (wie denn wol heute zu tage solche wichtige Händel von vnerfahrnen Scribenten ins gemein den Comœdien einverleibet werden / welche da vermeinen / daß wenn sie nur lauter Könige / Printzen vnd Princessinnen auffs Theatrum bringen / daß sie alsdann eine schöne vnd zierliche Comœdiam angestellet haben /) besondern / sie haben was für ein grosser vnterscheidt bey der action der Comœdien vnd Tragœdien zuhalten / auffs fleissigste wahrgenommen / betrachtende / das die Comœdien, nur bloß von schlechten vnd wolbekanten Sachen handelen sollen / als da seyn / alte verlebte Geitzhälse / Junge liebhabende Gesellen vnd Jungfrawen /leichtfertige Schmarotzer vnd Tellerlecker / soldatische Auffschneider vnd Leimstängeler / eigennützige Geltnarren / die nur Tag vnd Nacht darauff bedacht sein / wie sie andere betriegen mögen / schinderische Wucherer / vnzüchtige Weiber vnd Singerinnen /vnnd dergleichen lustige Auffzüge mehr / so fast täglich vnter dem gemeinen Manne passiren vnd vorlauffen; Die Tragœdien aber viel wichtigere Sachen concernieren, alse hohe vnd weitaussehende Handlungen grosser Potentaten / welche vielmahls mit Neidt / Ehrgeitz vnd Mißgunst begleitet / endtlich einen bösen vnd tragischen Außgang gewinnen / angesehen grosse Herren / wann sie einmahl erzörnet / sich nicht so leicht wiederumb stillen lassen / insonderheit wann sie den Verleumbderen jhre Ohren willig darreichen /vnd den neidigen anbringern / ohne weiteres nachforschen / Glauben zustellen / alsdan lesset auf solch leichtfertig Angeben / der Herodes seine keusche Mariamnem vnd deroselben wolerzogene Kinder /König Philippus in Macedonia seinen ritterlichen Sohn Demetrium / Carolus Magnus seine tugendtreiche Hildegardin / Keyser Otto der dritte den vnglückseligen / jedoch vnschüldigen Grafen / [120] Keyser Justinus den tapferen Kriegeshelden Belisarium / andere grosse Herren jhre getreweste Favoriten vnd Diener ins Elend verjagen / ja so gar / morden / würgen / vnd hinrichten.

Jst demnach eine Tragœdia (wie Epictetus gesaget) nichtes anders als ein Spiegel grosser vnd gewaltiger Leute / die in allem jrem thun vnd lassen auff das blosse Glück fuessen vnd bawen.

Billich sind derowegen die Comœdien vnnd Tragœdien von den alten in hohen Ehren gehalten worden / vnd werden auch noch wol bey diesen vnseren Martialischen vnnd hochbetrübten Zeiten / nicht wenig tapfere / verstendige vnnd hochgelahrte Männer gefunden / welche in betrachtung der vielfältigen Nutzbarkeiten / die auß solchen Actionibus entspriessen / diese übung höchlich lieben vnd loben / ja rühmen vnd preisen. Denn / einmahl ists gewiß / daß die Comœdien vnd Tragœdien / wann sie recht vnd wol agiret werden / eine sonderliche Lust vnd Ergetzligkeit den Zuseheren erwecken / so / daz auch die jenige / welche durch schwere Amptsgeschäffte gleich gar ermüdet sind / höchlich dadurch wiederumb können erquicket werden. Vnmüglich ists / daß jenige Creatur / absonderlich aber der Mensch ohne Ruhe vnd Ergetzung leben könne / nach dem wolbekanten verslein:

Quod caret altera requie, durabile non est. Vnd der Philosophus saget: Qui laborant, relaxatione egent, wann sich einer müde gearbeitet / so muß er auch wiederumb eine kleine Erquickung haben. Nun ist aber vnter allen dingen / welche die ermüdete vnd abgemattete Gemühter der Menschen zu ergetzen vnd zu belustigen geschicket vnd tauglig sein / keines so lieblich vnd anmutig / alse eben die Comœdien vnd Tragœdien sein / weil durch dieselbe der gantze Mensch höchlich erfrewet wird / vnd zwar dasselbe einmahl durch die wolklingende Harmonei vieler vnterschiedlicher musicalischer [121] Instrumenten, ohne welche man durchauß keine actiones comicas sol anstellen: Darnach auch / vnd vors ander / durch die anmutige præsentirung so vieler vnterschiedlicher Persohnen / als da man bald großmächtige Könige vnd Printzen / bald schöne Frawen vnd Jungfrawen / baldt grobe Bauwren vnd Plumbsäcke / baldt lustige Possenreisser / Narren vnd Auffschneider einführet /Dabey dan die menschliche Augen vielerhandt seltzame vnd theils vngewöhnliche Manieren / Kleidunge /Sitten vnd Gebährden anzuschawen / Die Ohren aber viel lustiger Historien / Sprichwörter Sententien vnnd Figuren anzuhören höchlich bemühet seyn.

Nicht allein sind solche Actiones über alle masse lustig / vnd anmuthig / besondern auch sehr nützlich.

Nützlich sind sie den jenigen / welche jre Personen auff dem Theatro öffentlich præsentiren vnd darstellen / Nützlich sind sie auch allen Spectatoribus vnd Zusehern ins gemein. Die jenige zwar / welche bey diesem löblichen Excercitio sich selber gebrauchen lassen / haben einen fünffachen nutzen darauß zugewarten: Denn einmal ists gewiß / daß jhr Judicium vnd Verstand nicht wenig dadurch wird gescherffet /als welchen die Erkäntnisse so vieler außerlesenen Historien vnd Geschichten / treflich erleuchtet. Vors ander so werden auch die Gemühter dergestalt dadurch alteriret, daß sie den Lastern (welche in den actionibus comicis repræsentiret werden) von Hertzen gram vnd feind werden / den Tugenden aber / als deren Majestät vnd Herrligkeit sie vor äugen gesehen / beständiglich anhangen. Ferner vnd vors dritte /so wird auch die Gedechtnisse mercklich dadurch verbessert / also / daß sie andere Sachen hinfort desto leichter außwendig lernen / fassen vnd behalten können. Vors vierdte / so wird auch mancher dadurch sehr expedit vnd fertig im Reden / also das er mannigmahl seine schwache Stimme / ja auch wol daz vnziehrliche stamlen der Zunge dadurch kan corrigiren vnd verbessern. Schließlich so nehmen sie auch dadurch andere vnd löblichere sitten an sich / lernende /was jhnen [122] wol oder übel anstehet / lassen die Furchtsamkeit fahren / vnd gewehnen sich mit der zeit jhres Hertzen meinung auch in gegenwahrt hoher vnd grosser Leute / gantz freymühtig / jedoch gebürlich herauß zu reden. Nicht alleine haben die agirende Personen einen solchen nutzen auß den Comœdien vnd Tragœdien zugewarten / besondern auch die Spectatoren vnd zuseher: Denn einmahl kan dadurch der gemeine Mann zu einer feinen wissenschafft allerhandt denckwürdiger vnd nützlicher Historien gelangen / welche wann sie also öffentlich in den Schawspielen vorgebracht werden / desto leichter von jnen eingenommen / verstanden vnd behalten werden / dannenhero haben die Griechen gesaget: κωμωδία ἐστὶν ἰδιωτικῶν πραγμάτων ἀκινδυνων περιοχὴ. Ja es werden auch die Gemüter durch fleissiges anschawen allerhandt vortrefflicher historischen Sachen bewegen vnd angereitzet / die Laster so viel jhnen jmmer müglich zu meiden / die Tugendt aber höchlich zubelieben /vnd anzunehmen. Solches bezeuget der sinreiche Horatius, wann er saget:


Segniùs irritant animos demissa per aures,

Quam quæ sunt oculis commissa fidelibus.


Vnd Seneca Epist[ola] 6. schreibet auch davon solcher gestalt: Homines plus oculis quam auribus credunt. Vnd der weitberümbte Herodotus schreibet lib[er] 1. Hominibus magis incredulæ sunt aures, quàm oculi. Dannenhero spricht auch vnser Plautus gar recht vnd wol: Pluris est Testis oculatus unus, quàm auriti decem. Jn summa / was wir selber sehen /daz gleuben wir tausentmahl gewisser / als was wir auß blosser relation auch vieler hundert anderer Men schen anhören vnd vernehmen.

Jn betrachtung nun dieser vnd vieler anderen vortrefflichen Nutzbarkeiten / welche so wol die agirende Personen / als auch die zuseher / auß solchen Schawspielen / Comœdien vnd Tragœdien zuerwarten haben / bin ich von meiner kindlichen Jugendt an /biß auf gegenwertige stunde diesem studio von [123] hertzen zugethan gewesen / bevorauß / weil ich auch eine sonderbahre inclination vnd zuneigung gleichsamb von Natur zu diesem Excercitio bey mir vermercket /vnd befunden / welches mir denn entlich grosse anleitung gegeben vielgedachtes studium vmb so viel fleissiger mir angelegen sein zu lassen. Habe demnach allerhandt lustige vnd nützliche Argumenta, so wol vera als ficta vor mich genommen / vnd successu temporis eine Decade vnterschiedlicher Com[œdien] vnd Trag[œdien] horis succisivis mehrentheils verfertiget /vornehmlich zu dem ende / das ich die mühseligkeit des täglichen studierens dadurch etwas temperiren, vnd mich selbsten erlustigen möchte.

Wann aber solliche meine verfertigte Sachen etlichen gelahrten vnd verständigen Leuten / denen sie ohngefehr zuhanden kommen / nicht übel gefallen /alse haben sie mich selbige / nicht allein öffentlich /auff dem Theatro vorzustellen / besondern auch den Liebhabern deroselben durch offenen Druck zu communiciren, vielfältig ermanet.

Diesem löblichem begehren nun zu folge / habe ich nicht allein diesen meinen Perseum öffentlich zu agiren / besondern auch durch den Druck vnserem Cimberlande mitzutheilen / kein bedencken getragen / der vngezweiffelten Hoffnung / es werde dieses Exercitium, den vernünfftigen liebhabern des Studij Comici mit nichten mißfallen / welches zwar in diesem passu mein eintziges vnd höchstes begehren. Dafern ich nun ein solches werde erlangen / vnd meines Wunsches gewehret werden / sollen ob Gott wil / mehr andere vnd vieleicht bessere Inventiones, als meine Polymachia, Irenochorus, Herodes, Guiscardus et cæt[era] den comicis ingeniis zur sonderlichen Lust vnd Ergetzligkeit hervorkommen.

Anlangend nun gegenwertigen meinen Perseum, so ist das Argumentum dieser Tragœdiæ, zum theil zwar eine warhafftige Geschieht / zum theil aber ein lustiges Gedicht / [124] vnd ist nicht ohne / daß das jenige / was sich in der Warheit darinnen also befindet / von dem berümbten Historico Tito Livio mit sehr wenig worten ist beschrieben vnd auffgezeichnet worden / wie nemlich Demetrius durch falsche Verleumbdung seines Brüdern Persei, bey Philippo dem Könige in Macedonia, jhrem beyderseits leiblichem Vater / in die höheste disgratiam vnd Vngnade gefallen daß er auch endlich sein Leben darüber hat zusetzen / vnd mit einem erbärmlichen Abscheide diese Welt gesegnen müssen. Was aber sonsten vom Antigono des Königes Vetteren / item vom Alexandro vnd Eudocia des Poridis Kinderen / imgleichen von der inbrünstigen Liebe der beyden Königlichen Printzen / Persei vnd Demetrij, gegen der Eudocia, vnd schließlich von dem kläglichen vnd tragischen Abscheide mehrgedachter Persohnen / als erstlich des Statthalters Poridis vnd seiner Kinder / hernacher des Königes Philippi selbsten / desgleichen des Fürsten Antigoni, des Christen Didæ, vnd letzlich des Printzen Persei alhier ist beschrieben / Solches alles ist vmb besseren Verstandes vnd mehrer ergetzligkeit willen hinzugesetzet / vnd zwar nicht ohne sonderliche mühe / vnd embsiges nachdencken welches die jenige am besten sehen vnd erkennen werden / so da verstehen / was für eine beschwerliche vnd müheselige arbeidt es sey / Comœdien vnd Tragœdien schreiben / welche ich auch hiemit dienstfleissig wil gebeten haben / daz sie mich ja entschüldiget halten wollen / daß ich den Legibus Tragœdiarum zu wider fast gar zu viel lustiger Auffzüge vnter ernsthaffte vnd traurige Sachen gemenget /vnd also wol wissendt des rechten weges verfehlet habe. Wollen demnach die jenige / so der Sachen guten verstand haben / betrachten / daß ich mit gegenwertigen Intersceniis so dem gemeinem Manne (als der mit solchen vnd dergleichen [125] possirlichen Auffzügen am allermeisten sich belustiget) vornemlich habe gratificiren vnd dienen / mit nichten aber dieses oder jenen Landes sitten / gebrauche spräche vnd geberde dadurch auffziehen oder verspotten wollen / wie davon vnzeitige Richter vnnd Momi bißweilen vnbedachtsam genug vrtheilen / die doch so gar nicht wissen noch verstehen / quod omnis Comœdia debeat esse Satyra, vnd dannenhero einem Comico nicht so sonderlich zu verdencken sey / wann er gleich lachent zu Zeiten die warheit saget.

Daß aber ich / diesen meinen Perseum (zwar ein sehr schlechtes vnnd geringes Wercklein) E[wer] W[olwüdigen] E[dlen] vnd hochg[elarten] Gunst[en] habe dediciren vnd zuschreiben wollen / ist vornemlich darumb geschehen / weil mir sehr wol bewust /daz jnen als hochgelarten tapferen vnd erfarnen Männern / daz Studium Comicum sonderlich beliebet /auch sie dabenebenst jhrem herrlichem Verstande vnd berümbtem discretion nach am allerbesten davon judiciren vnd vrtheilen können / welches mich denn auch zugleich verursachet gar nicht zu zweifeln / daß sie so wol diese / als auch die künfftig folgende meine Comœdien vnd Tragœdien in jhr hochansehnliches Patrocinium vnd Schutz nehmen / vnd wie sie biß anhero gethan / noch ferner meinen Studiis favorisiren, Vnd denn schlißlich meine großgönstige / hochgeehrte Herren vnd Patroni sein vnd bleiben werden: Womit ich sie sämptlich dem Schütze vnd protection deß Allerhöchsten / mich dabenebenst jhrer beharlichen favor vnd freundschafft / dienstfleissig wil recommendiret vnd befohlen haben. Gegeben zur Heide in Ditmarschen / den I. Tag Junij Anno 1634.


E[wer] W[olwürdigen] E[dlen]

M[annhaften] vnd hochg[elarten] Gunsten

Dienstgefliessener

Johannes Rist.

[126]

Personen

Personæ Tragoediæ.

    • Philippus der König in Macedonien.

    • Perseus des Königs eltister Sohn.

    • Demetrius des Königes jüngster Sohn.

    • Antigonus des Königes Verwanter vnnd Vetter.

    • Poris des Königs Statthalter / des Demetrij Favorit.

    • Eudocia, des Statthalters Poridis Tochter.

    • Alexander, des Poridis Sohn.

    • Didas, des Königes Hofemeister vnnd des Printzen Persei Favorit.

    • Lurco, des Printzen Persei Tellerlecker.
      Jn den Auffzügen.
    • Hans Knapkäse / Capitain vnd Trummenschläger zugleich.

    • Laban, ein junger Bawrenknecht
    • Cocles, hat nur ein Auge.
    • Loripes, hat ein krumm Bein. , Alle drey des Knapkäsen Soldaten.

    • Telsche / die Jungfraw.
    • [127]

1. Akt

1. Szene
Scena I.
Philippus mit 2. oder 3. Dienern / darnach kommet Perseus.

PHILIPPUS.

Nvn habe ich warlich grossen Fug vnd Vrsache / den vnsterblichen Götteren ewiges Lob / Preiß vnd Danck zu sagen / nach dem mir alle meine Händel / vnd was ich die gantze Zeit meiner Regierung über angefangen / so wol vnd glücklich von statten gangen: Dann nicht allein befinde ich / daß das Glück in diesem mir sehr gönstig vnd geneigt / daß ich ein gewaltiger Monarch vnd großmächtiger König so vieler vortrefflichen Reiche / Länder vnd Provincien worden bin / besondern / ich habe mich auch über das alles dessen zuerfrewen / daß ich solche meine gewaltige Königreiche vnd Herrschafften recht vnnd wohl kan regieren / zu meinem selbst eigenem Lobe / vnd meiner Vnterthanen besten vnd gedeilichen Wolfahrt. Benebenst solcher Königlichen Glückselichkeit / bin ich auch mit vielen anderen Güteren / so zu diesem meinem Königlichen Leben gehörig / von den Göttern zur genüge begäbet / Denn nicht allein sind meine Schätze vnd Rentkammeren mit einem grossen Einkommen von Goldt vnd Silber versehen / meine Zeughäuser mit notwendiger kriegsrüstung vnd Munition herrlich zugerichtet / meine Mahrställe mit dem allermuhtigsten Caballen vnnd Rossen erfüllet / meine Schlösser vnd Städte mit den tapffersten Soldaten besetzet; Besondern ich habe vnd halte auch an meinem Hofe die allertrefflichsten Leute / meine hochverständige Rähte / die aller klügeste Männer deß gantzen Königreiches Macedonien, alse rechtschaffene auffrichtige Favoriten vnd Diener / durch welcher [128] getrewen Raht vnd kluge Anschläge / ich meine Königreiche / Länder vnd Provincien recht vnd wol gubernieren vnd regieren kan. Wann ich anschawe meine beyde Königliche Printzen / hüpffet mir mein Hertz gleich vor Frewden / vnd möchte ich nunmehr nichtes so sehr vnd hertzlich wünschen / als daß jhre verstorbene Fraw Mutter vnd Königin / mein gewesenes allerliebstes Gemahl zu dieser Zeit mit jhren Augen möchte anschauwen / wie diese jhre hinterlassene Söhne / so lieblich in Reden / anmühtig in Gebehrden / freundtlich gegen jederman / verständig in Bürgerlichen Sachen / tapffer vnd vnerschrocken im Kriege erfunden werden / das ich mich so wol jhrenthalben / alse auch meiner gewaltigen Königreiche / Länder vnnd Provincien, grossen Reichtuhms vnd Freunde wegen / billich für den allerglückseligsten Potentaten der Welt mag schetzen. Eines nur ist übrig / welches mich in so grosser glück Seligkeit sehr hefftig beschweret / nemlich das grosse Glück / vnd der übermachte stoltz vnnd Hochmuth meiner abgesagten Feinde der Römer. Vnd warlich wann ich bey mir betrachte / was so wol mir als meinen Vorfahren für ein grosser Spott / Schimpf vnd Schaden von gedachten Römeren ist erwiesen / will mir mein Hertz vor grossem Vnmuth vnd Zorn gleich zerspringen / will mich derowegen alßdann erstlich für recht glückselig schätzen / wenn ich mich an solchen meinen Feinden auff das grausambste gerochen / vnd sie entweder mit gewalt oder list habe vberwunden.

Mich wundert zwar fast kein Dingk vnter der Sonnen so sehr / alse das fast alle Welt davor helt / das Römische Volck sey vnüberwindtlich / es könne vnd möge dasselbe niemandt vberweltigen / Jch aber bin viel einer andern Meinung / denn ob ich wol nicht möchte eine so grosse Kriegesmacht zu wegen bringen können / jhren Gewalt gentzlich zu dempffen / so wil ich doch so mancherley List vnd practiquen erdencken / daß mirs nicht wol fehlen soll / jhnen [129] jhren stoltz vnd Hochmuth redlich zubezahlen / doch muß ich mich vnter dessen gantz freundtlich vnd demühtig gegen sie stellen / damit sie ja nicht innen werden / was für seltzame Anschläge ich vorhabe / Perseus gehet ein. dann dieses Volck zuvberwinden / da gehöret mehr Verstandt alse Macht vnd Gewalt zu. Aber sihe da mein Sohn Perseus, ich muß doch vernehmen / wie sein Gemüth / Raht vnd Gutdüncken hierinnen beschaffen sein möge.

PERSEUS.

Großmächtigster König / allergnedigster Herr Vater / die Götter verleihen E[wer] May[estät] Gluck / Heil vnd langes Leben.

PHILIPPUS.

Die Götter erfüllen diesen Wünsch geliebter Sohn / aber sage an / woher vor diesesmahl / was hat man gutes newes.

PERSEUS.

Großmächtigster König allergnedigster Herr Vater / E[wer] Mäystätt weiß sich zweifels ohn zu entsinnen / was massen nach weinig tagen die General Musterunge vnd Heerschauwunge des Macedonischen Kriegesvolckes altem Gebrauch nach wird gehalten werden / alse habe ich im Königlichen Marstalle die reisige Pferde / so dazu nötig sein werden / besichtiget / damit alles bey Zeiten recht vnd wol versehen werde.

PHILIPPUS.

Das ist sehr recht vnd wol getahn / es müssen die allgemeinen Herrschauwungen benebenst dem Rennen vnd Ritterspielen / wie es von Alters herbracht / mit allem fleisse vnd Ernst angestellet werden / damit vnser in Besatzungen liegendes Kriegesvolck / dem Macedonischen Gebrauch nach / durch schimpfliche Übungen / zu ernstem Gebrauch der Waffen zeitlich gewehnet werde / vnnd mann sich jhre Tapfferkeit in vorfallenden Kriegen zu nütze zu machen wisse; Denn du / mein Ritterlicher Sohn / zweiffele ich nicht / annoch wol eingedenck sein wirst / wie offt ich mir vorgesetzet die grosse Schmach / Hon vnd Spott / so mir von den hochmühtigen Römern erwiesen / dermahleins Heroisch zu rechnen / zu welchem Ende ich denn einen [130] grossen vnd herrlichen Voraht / von Korn / Proviant / Gelt / Munition, vnd sonderlich ein außerlesenes Kriegesvolck zu wege gebracht / mit welchem ich (so bald jennige Gelegenheit wird vorfallen) mein Vornehmen ins Werck zu richten gentzlichen gesinnet bin.

PERSEUS.

Großmächtigster König / allergnedigster Herr Vater / ich bitte die vnsterbliche Götter / daß sie [Ewer] Maystätt zu solchem löblichen vnd Königlichen Vornehmen / alse einem rechtmessigen nützlichen vnd nothwendigem Kriege / alle gedeiliche prosperitæt, Heil vnd Wohlfahrt verleihen wollen / vnnd was denn meine Persohn betrifft / wünsche ich nichtes so sehr vnd hefftig / alse daß ich den Tag erleben möchte / an welchem ich mit meiner Faust / den Schimpff / Hohn vnd Schmach / meinem allergnedigsten Herren Könige vnd Vater erwiesen / auff das grausamste rechen / die hochmühtige Römer ernstlich zwingen vnd dempffen / vnnd durch Hülffe meines Schwertes dergestalt mich bezeigen möchte / das / daß das gantze Macedonische Volck jhre Frewde / Lust vnnd Ergetzligkeit daran habe vnd drage.

PHILIPPUS.

Perseu mein Sohn / an deiner Tapfferkeit vnd Mannlichen Gemühte zweiffele ich gantz vnd gar nicht / weiß auch gewisse / du wirst benebenst deinem Bruder Demetrio die Ehre deß Macedonischen Königreiches deinem eussersten Vermögen nach beföderen helffen / vnd weil ich denn jetzo deinen Heldenmuth spühre / ey so wil ich auch desto freudiger vnd behertzter seyn / diesen gewaltigen Krieg vor die Hand zu nehmen / damit wir vns aber so viel besser dazu rüsten können / so soll vnnd muß solches vnser Vorhaben in grossem geheimb gehalten / vnd fast keinem Menschen offenbahret werden / denn dieses wird daß einzige Mittel seyn / durch welches wir das sichere Volck der Röhmer desto besser vnd geschwinder hinderlisten vnd überweltigen können.

[131]
PERSEUS.

Großmächtigster König / allergnedigster Herr Vater / E[wer] Königl[iche] Mayestät hat an meiner gehorsamen Treuwe vnd Auffrichtigkeit gantz vnd gahr nicht zu zweifelen / erbiete mich nochmahlen (wie ich denn solches ohne daß zuthun mich schüldig erkenne) deroselben mit Raht vnd Thatt Leib vnd Leben / Gut vnd Blut biß in den Todt zu dienen. Was aber meinen Bruder Demetrium betrifft / so weiß ich zwar nicht eigentlich / wie er in diesem Wercke gesinnet / bin aber doch fast der gäntzlichen Meinung / er trage an diesem vnserem Vornehmen gantz vnd gahr kein Gefallen / sintemahl er keine Nation in der weiten vnd breiten Welt so höchlich rühmet / alse eben der Römer / daß er auch sich gegen jhnen demühtiget vnd den Macedonischen Nahmen erniedriget / welches mich denn offt zum hefftigsten verdreust / daß er / auß Königlichem Geblühte geboren / ein solches verzagtes Hertz haben soll.

PHILIPPUS.

Was höre ich Perseus, ist mein Sohn Demetrius ein solcher Gönner vnd Liebhaber deß Römischen Volckes vnd Nahmens / der sich auch fürchtet mit jhnen zustreiten? Solches hette ich warlich nimmer von jhm glauben dürffen: Doch ich muß mit jhm reden / auch zugleich Väterlich ermahnen / daß er alle vorgebliche Forcht auß seinem Gemühte schlage / er hat sich ja sonsten in Anschlägen / weiß vnd verstendig / mit der That aber / vnd der Faust / sehr fertig / Mannhafft / kühn vnd behertzt erwiesen. Aber wir wollen hinein gehen / zu sehen / ob vnsere Colonellen, die wir Volck zuwerben außgesandt / wiederumb ankommen / damit die schwache Regimenter verstercket werden. Gehen ab.

2. Szene
[132] Scena II.
Hans Knapkäse Laban der Bawren Knecht.

HANS
kompt auffgetreten mit einer Trummel am Halse / gar Närrisch bekleidet / dazu mit 5.

oder 6. Degen behenget / schlegt frisch auff der Trummel vnd schreiet alßdann sehr laut. Höret zu jhr rechtschaffene Cabbalerß / Reuters vnnd Soldaten zu Fuß vnd zu Pferde / alle die jenige / so dar lust / liebe vnd Courage haben / dem greulichen / grossen vnd erschrecklichen Könige / Don Philippo in Macedonia, vnter den Parlement / deß hochadelichen / tapfferhafften vnd Gottsjämmerlichen Braten Obristen / Herren Quidritza Charlatan, Freyherrn zu Baruthi, Erbgesessen zur Müggenburgk / Buttram vnd Sandtkuhlen / vnter mir Monsieur Iean de Knapkäse / wolbestalten Capitain über eine Compagnie Nürenbergische Tragoner zu Fusse / wie auch Regiments-Trommentambour, zu dienen / zu fechten / vnd die Leute todtzuschiessen / der verfüge sich über 8. tage / alsobald heute diesen Abendt zu mir in meine Herberge / ich gebe jhm Pour dieu Geldt auff die Handt daß es brummet. Nun schlegt er abermahl die Tromlen / rufft auch zum andern vnd dritten mahl wie vorhin.

LABAN
kompt herauß / Bäuerisch gekleidet / vnd halb druncken / fehet also an zu reden.

Watme Düfel machter nu echters ins toh doinde wesen / tiß jo neen Fastelauend / dat de Jungens mit der Bunge umher lopet / vnd dar sin dick ock yo nene Saldaten / tiß yo free im Lanie / kwult likerß woll gerne wehren / wat dat ramenten mitter Bunge beduien möchte / ick bin darauer vhtem Kroge vanier Beirkanne weggelopen. [133] Nu sicht er Knapkäsen. Süe süe doch wat de Düfel deit / wat steit dar vör en Skrubbert / de süht lien dull vth / anners nich / alse wenn he Müse fangen wull / kmut inß thom hen vnd hören tho / efft e ydt wohr ein Rottenfänger ys: Goien Dach / goien Dach Kumpahn.

HANS.

Zanck habt / zanck habt / ey sich da / sich da / wie stehts wie gehts / ich habe dich lange nicht gesehn mein redlicher Landesmann.

LABAN.
Wo thom kranck ys dat goie Fründt / kenn gy my wohr dat jyinck so driest anspreckt?
HANS.

Ey was kennen / wie solte ich euch nicht kennen / aber sonsten habe ich euch niemahls vor diesem gesehen / habe auch mein Lebtage nicht von euch gehöret.

LABAN.

Wo du bistemck yo woll ein dummen Düfel / segst du heffstmck dyn dage nicht sehen / ock heffstu nichts vamke höret / ick löue by den faldtswunien du brüdest de Lüde wat.

HANS.

Pfui schemst du dich nicht du grober Esel / siehst du nicht daß ich ein Juncker bin / dazu auch ein Kaffzein / vnd du darffst mich noch dauw heissen / weist du Tölpel nicht daß du zu mir sagen must: Allmächtiger vnnd gestrenger Herr Hopffman / Ehrwürdiger vnd Wolladelicher Juncker Hans / den Hut vom Koppe du grober Cujon.

LABAN.

Wo nu thom störten Knüfel / kan ickt rüken dat gy ein Juncker syd / wat wüste ickt dattem dy gy heten muste / ick hae nicht dacht / dat de Junckers mit der Bunge alse de Stratenbengels herümme lopen.

HANS.

Du grober Klotz / hörst du nicht daß ich ein Caffthein bin / vnd daß ich Soldaten annehme / vnd so muß ich ja so tromlen.

[134]
LABAN.

Ja / ja / sy gy van den Skrubbers een / ja dat lumyen Pack kenne ick woll / de synd hier woll ehr im Laine wesen / nu hafftse yo de Düfel inß weer weg geführet / man wehrense nicht van sick süluest weggetagen / wy wollenser auer Halß vnde Kop henut spenckert hebben.

HANS.
Ey warumb daß mein Kerll / was haben dir doch die redliche Soldaten zu leide gethan?
LABAN.

Wat? leide gethan? Wunnen süke / hebsk de Defe nicht brüet / so weht ick nicht wat brüent ys / se denckter in usem Karspel alle ehr dage woll an; Vse Nabers / de eene hader ein süluern Garfe van im Huse / de anner ein Lütlandt / de drüdde ein Carnettert / de verde einen Feldttwifeler / vnde de heten se yo althomahl Böuersten / de anieren de hadden man so schlichte Muscowiters vnd Pekelnerers; Myn Vaer hader ock yo ein Haluncken van im Huse / dat was löuick ein Hoppenföhrer / all du störten süke / wat jagede de Skabbehalß mit synen Horen vnde Gesinneken ein hupen junge Höner / Eyer / Dufen / Kalfesköppe / Lammerfötte / vnde anier nühtlick Fretent intem Marse / dat was man alle dünniglike Dage: Horch Bauwr / schaffe auff / latz halen / Wein / Sucker / Brazen / Conflex, vnde wat men erdencken kunne / man hadick nu der Galgen ins weer vp vser Missen / kwull een so tracteren / ehm skullen de Lenien nah schlepen.

HANS.

Wie war daß mein Kerl / daß jhr jhm solche stattliche Tractamenta verschaffen mustet? Hatte er etwa ein Officium?

LABAN.
Fitium? Datten vorstak nicht / wat ys dat?
HANS.

Ey was du Narr / ich frage ob er nur sey ein schlechter Soldat gewesen / oder etwa ein Befelchshaber / gemeine Soldaten pflegt man bey Gott so nicht tractiren.

[135]
LABAN.

Ein Huniesfott wasset / yuw nicht tho anteren / wohr wasset ein schlicht Soldat? Gy hören yo woll dattet ein Hoppenföhrer was / hade yo alltydt woll 3. Knechte / de achter ehm stünien / vnde den Hoedt vör ehm inier handt hadden.

HANS.

Ey du grober Narr / was Hoppenföhrer? Du wirst ein Hopffman meinen / oder Cafitzen / wie ich einer bin.

LABAN.

Ja / ja / solker ding wasset löuick / man he hade likers so vehl Pliten vppem Liue nicht hangen alse gy dar hebbet.

HANS.

Daß giebet nichtes zur Sache / die Degen trage ich wegen meiner Courage, denn ich binß gewohnet / daß ich mich gemeiniglich mit 4. oder 5. Kerlen zugleich herümmer hawe.

LABAN.

Wo du bist yo woll de Düfel nicht / wenn icken Meßgreper inner Handt hebbe / so dancke ick den leuen Gae / datick my jegen enen Kerel wehre.

HANS.
Ja dem sey wie jhm wolle. Aber sage mir mein Kerl / hast du nicht etwa lust vnter mir zu dienen.
LABAN.

Wat skollick? Deenen? Dat hebbick Gaie sy danck noch alltydt nicht nöig / so lange alß myn Vaier vnde Möme leuen.

HANS.
Ey du verstehest mich nicht recht / ich frage ob du nicht etwa lust hast ein Soldat zu werden.
LABAN.

Wat skollick? Skollick ock ein Skrobber werden / ehr dat vse Möme lede / dar blarede se veel leuer den Halß vör entwey / nee / nee / myn leue Herr Böuerste schwyget dar men stille mede / dattet man nene Lüde höret.

[136]
HANS.

Ey myn Kerl / so must du nicht schwatzen / ich wil dir eine braue Charge vnd alsobaldt 3. Reichsthaler auff die Handt geben.

LABAN
bedencket sich ein wenig.

Twehr by Gae woll ein fyn Gelleken / man ick weth woll tiß likers so nicht / darna hefftmer nichtes van / alse hunger vnd Kummer / Lüse vnde Schläge / Frost vnde Dorst.

HANS.

Ey mein Kerl / da darffstu nicht vor sorgen / du solt kein schlechter Mußquetirer seyn / ich will dir alsobaldt eines Gefreiten Corporals Platz geben / dazu solt du nicht gegen dem Feinde zu Felde / besonderen daß gantze Jahr durch / bey einem reichen Bawren im Quartier liegen / dich mesten wie eine Sauw / fressen / sauffen / huren / buben / doppelen / spielen.

LABAN.
Wummen süke / wennick dat löuelt dorste / ick wagede by dem Elemente ein tögeken mede.
HANS.

Trawe du nur meinen Adelichen Worten / ich wil dir halten was ich zugesaget habe / so wahr ich ein redlicher Cavallier bin.

LABAN.

Nu / nu / skall dat wisse syn / so binket tho freden / hey wo willick nu de Buren brüden / up skölt se schaffen / all / wat se man inner Katen hebbet.

HANS.

Daß ist recht Corpral / solche Soldaten mag ich gerne leiden / sich da hast du 3. Reichsthaler auff die Handt / aber dieses must du wol in acht nehmen / daß du dich hinfort nicht mehr so grob vnd Bäwrisch haltest / in Gebehrden / Kleidung / Reden / alse du bißher gethan: Du must nun nicht mehr so schlecht sagen: Jch wil tho Huß gahn: Nein / ich wil nach meinem Quartier marchiren heist es / dabenebenst [137] must du auch braaff fluchen lernen / denn daß steht fein. Soldatisch / wenn man wacker mit Teuffelen vnd Elementen ümb sich wirfft. Vnd wenn du schweren wilt / must du nicht so grob Teutsch / bey Gott / oder auff mein Seel sagen / sondern fein Frantzösisch: Pour Dieu. Vber daß alles must du dich auch fleissig mit Taback versehen / auch stetigs ein pahr Pfeiffen auff dem Hute tragen / vnd denn endtlich must du dich ümmesehen / daß du eine frische starcke Hure mit fortnehmest / die dir dein Bündel nachtrage.

LABAN.

Ja / ja / Herr Böuerste / dar willick sachte mede tho rechte kamen / den frömbden Schnack hebbick all lange / lange van de Rüters lehret / de seden alltydt wenn se eenander thodrüncken: Hans Hußmans Röe. Vnnde wenn se vthrien wullen / so seden se int Gemeen Hallo. Vnd wat flöken anbelanget / deß kan ick Gott loff lo veel / datker ock mit by blifen kan / dat hebbick wol all vor 20. Jahren wust / do lehrde ikt van use Müme / de plagse mynem Vaer by 20. treden Tunnen vull intem Liue tho flöken vnde Taback / den hebbick van de Rüterjungens drincken lehret / wy grohten Jungens plegt ock auerlanck woll blaw Pappier effte Torffsoden kleen schnyden / dat schmoket ock / dattet rasen ys. Vnd höret Herr Böuerste / gy seden ock yo löuick vanner Horen / dar wüste ick nun noch woll in usem Dorrepe eine gladde Teue tho / man de holt sick woll ein betien tho ehrlick / de Lüe segget likerst se hebbe nicht mehr als wohr 5. vnechte Kinner hat / süß ys se ock all inß mit de Rüters fohrt wesen.

HANS.

Nun nun Corpral, das ist braff / du bist mein rechter Soldat hette ich solcher Gsellen nur mehr / Aber lauff baldt vnd hole deine Sachen / vnd kom alßdann zu mir in meine Herberge.

LABAN.
Ja ja Herr Böuerste / man wo het juwe Harbarge?
[138]
HANS.

Ey ich liege dar zum blawen Jammer / nichtweit vom grossem Ellende / gerade gegen der Hungergassen über.

LABAN.
Ja / ja / tyß godt Herr Hoffman / nu goien Dach so lange / ick will balle weer hier wesen,

Gehet ab.
HANS.

HilffGott einen Narren habe ich ja gekriegt / der Schelm wolte vngern dran / aber das Geldt betrog den Geck / wird auch wol das erste vnd letzte seyn / daß er von mir Geldt empfanget. Jch habe jhm auch guht Quartier vnd ein Corporalsplatz zugesaget / wenn er nur warthen kan / biß ich einmahl General werde / Er lachet. Aber Potz schlappermest ich muß mich weiter vmbsehen / daß ich der Diebe mehr kriege / es dörffte sonsten elementischlange wehren / ehe ich meine Compagnie complet machte.


Nun trumlet er noch einmahl / vnnd gehet alßdenn ab.
3. Szene
[139] Scena III.
Demetrius vnd Poris zugleich.

DEMETRIUS.

Was saget jhr Herr Stadthalter / ist woll müglich / daß mein Herr Vater ein solches bey sich solte beschlossen haben?

PORIS.

Ja warlich Durchleuchtigster Printz / nichtes gewissers ist / als das Jhre Königl[iche] Majest[ät] gentzlich gesinnet ist / mit jhrer grössesten Heeresmacht sich den Römeren zu wiedersetzen / denn er nicht allein zu dem Ende vnterschiedliche mahl Kriegesraht gehalten / besonderen auch auffs newe auff 20. Regimenter Patenta außgetheilet / wird also bey diesen jetzigen leufften durch daß gantze Macedonische Reich ein mechtiges Volck beydes zu Rosse vnd Fuß zusammen gebracht / vnd hin vnd wieder geworben. Eins aber wundert mich über alle massen / was doch nemblich der König vor Vrsachen gehabt / daß er Ewer Durchleuchtigkeit nicht so wol alß die andere in den Kriegesraht gefodert / angesehen man sich vor diesem E[wer] Durchleuchtichkeit guten vnd heilsamen Rahtschläge gebraucht / vnd so offt man denselbigen gefolget / sie jederzeit nützlich vnd bewehrt erfunden. Nun aber vernehme ich (nicht ohne seltzames Nachdencken /) daß dieselbe gantz vnd gahr ausgeschlossen worden.

DEMETRIUS.

Herr Statthalter / er lasse sich ein solches gantz vnd gar nicht wunderen / mir zwar ist die Vrsache dieses geheimen Rahtschlagens sehr wol bekandt; Mein Herr Vater [140] weiß gar wol / wie getreulich ich jhm zu allen vnd jeden zeiten / den hochbeschwerlichen Krieg (welchen er mit den vnüberwindtlichsten Römern anzufangen gedencket) habe wiederrahten / vnd zweiffele ich gantz vnd gar nicht / er würde nicht allein mir / besonderen auch vielen anderen hochverstendigen Leuten gerne hierin gefolget haben / wenn nicht die grosse Vngestümigkeit / vnnd vnbedechtiges Anhetzen meines so stoltzen vnd ruhmsüchtigen Bruders Persei, solche wolgemeinte Rahtschläge verhindert vnd vmbgestossen hetten / in deme er den Herrn Vater nunmehr gäntzlich beredet / als könne er mit sehr leichter Mühe / auch einem geringen Kriegesher den mechtigsten Römeren grossen Abbruch thun / welches ich doch (wenn die vngläubliche Tapfferkeit / Großmühtigkeit / Glück / Macht / Stärcke / gute Kriegs-Ordinantz der Römer jhme so wol alß mir bekandt wehre) niemahls gedencken / vielweiniger reden dörffte.

PORIS.

Ja warrlich gnedigster Herr / mit höchster Verwunderung habe ichs wahr genommen / daß E[wer] G[nädiger] Herr Bruder Perseus, dieses so tapffere Volck / daß seines gleichen nunmehr vnter der Sonnen nicht hat / so schmehlich verlachen vnd verachten darff / da doch fast die gantze Welt (anderer jhrer vortrefflichen thaten zugeschweigen) annoch vor Augen schweben hat / den / so weit der Himmel geht / berümbten Triumph vnnd herrlichen Sieg / welchen sie von der mechtigsten Stadt Chartagine erlanget / vnd mit jhren höchsten Ehren davon getragen haben. Es ist in aller Welt gnugsam bewust / was diese gewaltige Stadt / so nicht allein gantz Africam, besondern auch die mechtige Königreiche Hispaniam, Siciliam, sampt den Jnsulen / Corsica, vnnd Sardinia vnter jhrem Scepter vnd Gebiete gehabt / vor ein grosses vnnd wollgeübtes Volck / sehr viel Jahre nach einander / in so vielen vnterschiedlichen Provincien zu Wasser vnd Lande hat vnterhalten; Dieses aber alles [141] ohngeachtet / hat es der Römer hoher Verstandt / beharrliche Streitbarkeit / vnd standthafftes Gemühte entlich dahin gebracht / daß jhre Feinde die Chartaginenser, fast auß den freiesten Leuten / Knechte / auß Herscheren vnd Gebiehtern / Leibeigene / auß gewaltigen vnd grossen Herren / armselige Vnterthanen werden müssen.

DEMETRIUS.

Herr Stadthalter / dieses ewer Vorbringen / habe ich offt vnd vielmahls auff daß fleissigste bey mir erwogen / auch endtlich dahinge schlossen / daß / so die mechtigste Stadt Chartago, ein Beherscherin des gantzen Africæ, auch vieler anderen Provincien vnd Länder / den Römeren nicht hat wiederstehen können / dem Macedonischen Reiche ein solches zuthun / viel weiniger möglich sein würde / angesehen selbiges / der Chartaginenser Macht / Volck / Reichthumb vnd Vermügen im weinigsten zuvergleichen; O wolten die Götter / daß mein Herr Vater dieses alles so viel reifflicher bey sich möchte erwegen / es würden warlich solche vnd dero gleichen vnnöhtige jedoch aber hochgefehrliche Kriege / zu des gantzen Königreiches Verderben / nicht so leicht vor die Handt genommen vnd practiciret werden.

PORIS.

Jch zwahr / gnedigster Herr / möchte meines theils nichtes so sehr vnd hefftig wünschen / alse daß Jhr Königl[iche] Majestät / vor allen aber der Printz Perseus doch nicht so vnbedächtig in jhren Rahtschlägen wehren / aber / es hilfft leider kein wünschen / kein bitten / kein ermahnen; Perseus der weiß daß das gantze Macedonische Volck jhme seiner Vntugenden halber zu wieder / E[wer] Durchleuchtigkeit aber sonderlich geneiget ist / Damit nun er (alse der da eines ruhmsüchtigen vnnd sehr ehrgeitzigen Gemühtes ist) jhme selber einen gewaltigen Namen vnd Ruff machen möge / alß schreiet er allenthalben auß / wie er so grosse Ehre [142] einlegen / die von den Römeren dem Macedonischen Königreiche zugefügte Injurien rechten / ja die Römer gentzlich vertilgen wolle. Solches aber desto besser ins Werck zu richten / alß lieget er dem Herren Vater stetigs in den Ohren / diesen nunmehr beschlossenen Krieg auff daß schleunigste fortzusetzen.

DEMETRIUS.

Das habe ich vorlengst gemercket / daß mein Bruder Perseus, nur Ehr vnd Ruhm durch solche verderbliche Kriege zuerlangen gedencket / vnterdessen bemühet er sich auff das hefftigste / wie er mich vnterdrücken möge / ich aber wil eintzig vnd allein dahin sehen / wie ich sein falsches vnd betriegliches Hertz mit Brüderlicher affection vnd vngeferbter Liebe endtlich vberwinden möge / Dabenebenst will ich allen müglichen Fleiß anwenden / meinen Herrn Vater zubereden / daß er doch von seiner vorgesetzten Meinunge abstehe / vnd die schedliche vnd hochverderbliche Kriege gantz vnnd gar fahren lasse / will derowegen auch euch / Herr Statthalter / auf daß fleissigste ermahnet haben / ihr wollet euch benebenst mir das Heil vnd die Wolfahrt des Macedonischen Reiches / mehr alß die Mißgunst meines neidigen Bruders zu allen vnd jeden Zeiten angelegen sein lassen.

PORIS.

Durchleuchtigster Printz / nichtes bitte ich so sehr von den vnsterblichen Götteren / alß daß sie das Gemühte des Königes dahin wollen lencken vnd führen / daß er ja die nützlichste An- vnd Rahtschläge möge annehmen vnd jhm selbige gefallen lassen / damit nicht das höchlöbliche Königreich Macedonien in eussersten Jammer vnd Elendt gesetzet werde; Denn ich meinem weinigen Verstande nach / welchen mir die Götter verliehen / zur genüge kan erkennen / was so Krieg vnnd Bludtvergiessen in den Provincien vnd Länderen / für Vnglück vnd Noht anrichte / derowegen ich es an[143] meinem Fleisse vnd Trewe gantz vnd gar nicht will erwinden lassen.

DEMETRIUS.

Nun / wollan Herr Statthalter / ich zweiffele durchauß nicht / jhr werdet solchem ewrem Erbieten ein völliges Genügen thun / wollen vns derowegen hinein verfügen / vnsere wolgemeinte Rahtschläge auff daß ehiste in das Werck zurichten.

4. Szene
[144] Scena IV.
Perseus, Lurco der Auffschneider / mit einem grewlichen grossen Messer.

PERSEUS.

Wie deucht dich mein getreuwester Diener Lurco bey diesem newen Kriegeswesen / gehets nicht frisch fohrt?

LURCO.

Ja durchleuchtigster Printz / noch zur zeit hats kein Bedencken / aber wo wir erst an die Feinde kommen / förchte ich sehr es werde Stösse regnen.

PERSEUS.

Was höre ich Lurco? Grauset dir vor streiten vnd kempffen / da mir so hertzlich nach verlanget: O Wolten die Götter / daß diese jtzige stunde vnsere Feinde sich sehen liessen / ich wolte mit meiner streitbahren Faust thätlich erweisen / was ich offt vnd vielmahls mündtlich verheissen habe / ja mit diesem meinem Schwert wolte ich wieder bringen die grosse Schmach / Hohn vnnd Spott / dem Reiche Macedonien von den hochmühtigen Römeren erwiesen; Ach was werde ich ein glückseliger Mensche seyn / wenn ich mich zuletzt im Römischen Blute baden / vnnd mein ritterliches Schwert in den Eingeweiden vnd Gedärmen der Römer mag hin vnd wieder kehren.

LURCO.

Ja gnedigster Herr / das ist mit E[wer] Durchl[euchtigkeit] viel ein anders / denn wer weiß nicht daß auff dem gantzen weiten vnd breiten Erdbodem keine eintzige rittermessige Persohn ist zu finden / die man mit E[wer] Gnaden vergleichen könte / wenn wir nemblich auff das fleissigste consideriren vnd betrachten deroselben hochansehenliche [145] Persohn / vortreffliche Tapfferkeit / vnerhörte Stärcke / vngläubliche Künheit / vnd viel andere ohnzeliche Göttliche qualiteten mehr / damit E[wer] Durchl[euchtigkeit] geziert vnd reichlich begäbet ist.

PERSEUS.
Was sagstu Lurco, meinestu / das man meines gleichen in der Welt nirgends mehr finde?
LURCO.

Nein fürwahr / vnd wenn ich gleich alle länder / Königreiche vnd Provincien, durchzöge / so wehre mirs doch ohnmüglich / einen solchen thewren vnd werthen Ritter anzutreffen.

PERSEUS.

Was meine Persohn betrifft / habe ich dieselbe von anderen offt höchlich rühmen hören / Tapfferkeit aber / vnd einen Heldenmuth anlangend! / so weiß ich / daß ich keinen eintzigen Menschen der gantzen weiten Welt förchte / ja wenn ich mit den Römeren streiten solte / wolte ich nicht wie gebreuchlich Mann gegen Mann fechten / sondern eine gantze Compagnie wolte ich zugleich angreiffen / schlagen vnd verjagen / daß sich also die jenige Römer glückselich schetzen solten / die meinen streitbahren Fäusten entkommen wehren.

LURCO.

Ja warlich es sind die Römer grosse Narren / daß sie nicht bey zeiten jhre Gesandten zu E[wer] Durchl[euchtigkeit] schicken / vnd vmb Friede anhalten lassen. O Jhr vnsinnige Römer / wie schmertzlich werdet jhr zu letst ewer Elent betrawren / wenn nemblich dieser vnüberwindtlicher Heldt über euch kommen / vnnd euch wie die ohnmechtige kleine Würme vnd Vögel zerreissen wird.

[146]
PERSEUS.

Jch schwere bey den vnsterblichen Götteren / daß ich meiner alten Gewonheit nach alle die jenige welche ich erhaschen werde / mitten von einander reissen / vnd mit solchen stücken vnd Viertheilen / den grossen Flüssen vnnd Wasseren jhren Lauff vnd Strom will verstopffen / eben wie ichs gemachet habe im Kriege wieder die Scythen, da ich mit meiner streitbahren Faust so viel 1000. Scyther erwürget / vnd danieder geleget habe / daß auch mein Pferdt mit mir etzliche Stunden im Blut der Erschlagenen herümmer geschwemmet / ich auch darin jämmerlich hette ersauffen müssen / wenn man mir nicht in solchem Blute mit einem Schiffe wehre zu hülffe kommen.

LURCO.

Post schlapperment / das muß ein erschreckliches Blutbadt gewesen seyn / wo mag doch all das Blut endtlich geblieben seyn.

PERSEUS.

Jch halte es sey ein rechter Strohm wor den / auff welchem noch biß auff den heutigen Tag seh wehre Lastschiffe gehen.

LURCO.

Das ist pour dieu wahr / nun erinnere ichs mich / ich bin selber wol 10. Meilweges auff dem Strohm gefahren / es wunderte mich noch sehr / daß es lauter Blut war / die Leute hiessen diesen Blutfluß nach Ewer G[naden] Nahmen den Perseus Strohm / daß aber war das allerwunderlichste / daß das Blut in so langer Zeit nicht dicke worden vnd gerunnen wahr / aber doch fiel mir bald wiederumb ein / daß es die Sonne wiederumb dünne gemachet vnd erweichet hatte / den Scythia wie E[wer] Durchleuchtigkeit weiß / ist ein über die masse hitziges vnd sehr warmes Landt.

PERSEUS.

Mein getrewster Diener Lurco, deme allen ist also / wie du erzehlest / wenn nicht der Fluß zu breit / vnd das [147] Landt gar zu weit von hinnen wehre / wolte ich noch zur gedechtnüsse eine Brücke hinüber schlagen lassen / doch es ist das Reich Scythia von hir sehr ferne abgelegen / vnnd dazu weinigen bekandt.

LURCO.

Das ist wahr gnedigster Herr / aber eins habe ich noch gesehen / darüber sich billich die grosse lange / weite vnd breite Welt muß verwunderen / nemblich einen sehr hohen vnd erschrecklichen grossen / dicken langen Wall / der auch mit seiner Höhe die allerlengste Spitzen vnd Thürme vbertraff / der war also 6 gantzer Meilen an den Strohm her geleget / hielte dabenebenst in seiner Dicke etliche tausent Schritt / oder eine gute halbe Meile. Die Höhe / (wie sie denn der Archimedes richtig gemessen hat) wahr sechs vnd zwantzig tausend vierhundert vnd drey Viertheil einer Ehlen / die Lenge wie ich bereits gesagt / war 6. grosser Meilen vnd anderthalb Viertheil / 56. Schritt / vnd war derselbe lange / hohe vnd dicke Wall / über die massen kunstreich gemachet vnd auffgesetzet / von lauter / lauter / lauter Todtenköpffen / vnd sagten mir die Leute desselben ohrtes vor gewisse / daß das die Köpffe wehren der Scythischen Kriegesleute / welche E[wer] Gnaden in der gewaltigen Schlacht hette zu tode geschlagen / ich sähe auch augenscheinlich / wie der gedachte Blutfluß noch täglich viel 100000. solcher Köpffe ans Landt schlug / so alle noch von dem Volcke wahren; Da gedachte ich bey mir selber / es müste da eine ohnzehliche Meng Volckes bey einander gewesen seyn / daß sie auch nur allein von den Köpffen / einen so erschrecklichen übergrossen Wall gemachet hatten!

PERSEUS.

Ja freilich mein getrewster Lurco, daß kanstu leichtlich erachten / daß es eine erschreckliche Menge Volckes gewesen / denn ich von glaubwürdigen Leuten gahr gewisse Nachrichtung habe / daß / wie der Scythier König den Krieg hat an fangen wollen / er bald im ersten Viertheil Jahres 20. Musterschreiber bestellet / die sich denn niedergesetzet vnd [148] 6. gantzer Jahr / die Nahmen der Geworbenen Soldaten ins Register gebracht / deren denn so vnzehlich viel gewesen / daß sie auch nur bloß mit solchen Nahmen 200. Rieß Pappier gefüllet haben.

LURCO.
Gnedigster Herr / davon habe ich auch gehöret / aber E[wer] Gnaden jrren sich in der Zahl.
PERSEUS.
Was sagstu Lurco? Wiltu mich lügen straffen.
LURCO.

Nein Durchleuchtigster Printz / E[wer] G[naden] verstehen mich nicht recht / es sein 400. vnd etliche 60. Rieß Pappier gewesen / auff welches sie 375. Ohmen Dinte verschrieben / vnd sagt man vor gewiß / daß so viel Gense / als auff einem Raum 50. Meilen lang vnd breit stehen mügen / haben müssen herhalten ümme Federen willen / welche die Musterschreiber gebrauchet haben / vnd sol doch alle diese Gense ein eintziges Dorff / welches kaum 30. Häuser hat / dazu contribuiret haben / ich bin selber im Dorffe gewesen / vnd habens mir die Leute darinne also erzehlet.

PERSEUS.

Ey ja mein getrewster Lurco, du magst es also selber hören / vnd kanst auch leichtlich deinem Verstande nach abnehmen / welche eine vngläubliche Menge Volckes es gewesen / die ich mit meiner streitbahren Faust danieder geleget habe. Demnach schwere ich abermahl bey dem allerhöchsten KriegesGott Marte, daß / so bald ich über die Römer komme / werde ich sie wie die Kornhalm vnd dünnes Graß herunter meien / so / daß auch grosse vnd gewaltige Berge von jhren Knochen sollen auffgeschüttet werden.

LURCO.

Daran ist wol durchauß nicht zu zweifelen / ich dörffte (gnedigster Herr) bey meinen höchsten Ehren schweren / daß die hochmühtige Römer von E[wer] G[naden] derogestak werden empfangen werden / daß sie in Ewigkeit nicht [149] mehr gelüsten wird / mit dem Macedonischen Helden Kriege zu führen / ich wolte ma foi, auch wol tapffer mit drauff schlagen / aber doch / weit davon ist gut vor den Schuß.

PERSEUS.

Ja du Lurco, du schlegst dich lieber mit einer guten Kannen Weins / vnd einem kalten Schöpsbraten / doch daß muß auch seyn. Derowegen so gehe nun bey Zeiten hin vnd bestelle vns ein köstliches Mahl / daß wir essen / trincken / spielen / tantzen vnd frölich seyn / ich aber wil mich vnter dessen hinein verfügen / zu sehen ob nicht etliche frische Regimenter des newgeworbenen Kriegesvolckes ankommen seyn / damit selbige bey Zeiten gemustert werden.

LURCO.

Gnedigster Herr / E[wer] F[ürstlicher] G[naden] Befehlich wil ich mit höchsten fleiß nachzukommen wissen / es sol alles auff das herlichste vnd prechtigste zugerichtet werden. Perseus gehet ab.

LURCO
ad Spectatores.

Nun wollan / er gehet hinein / ist mir lieb / daß er nicht lenger hie blieben / weil er diesen Tag / gar zu grosse / grobe / dicke / feiste vnd erschreckliche Lügen spendieret / daß ich auch die zeit meines Lebens von keinem eintzigen Menschen solche greuliche Auffschneidereien gehöret / pfui den Teuffel / wie erbärmlich hat er gelogen / Aber jhr Herren verwundert euch darüber nur nicht zu sehr / es ist allezeit seine Gewonheit / er macht es auch noch wol gröber; Aber was düncket euch Messieurs, habe ich jhm nicht tapffer geholffen? Jch mus pour dieu nicht anders reden alß er thut / sonsten gienge alle meine Gratia bey jhm in ducas. Aber war daß nicht eine erschreckliche / grobe / feiste vnnd vnerhörte Lügen / die er vorbrachte von seiner Tapfferkeit vnd Ritterlichen Thaten im Scythischen Kriege von jhm begangen / wie er eine so greuliche menge Volckes erschlagen / da ich doch gar gewisse [150] weiß / daß er zeit seines Lebens das Landt Scythiam mit Augen nicht gesehen / vielweiniger Kriege darinne geführet hat. Vber daß alles ist er eines verzagten Gemühts / ich wolte jhn mit einem rauchen Peltze verjagen / noch hat er gantze Ströhme von Blutte gemachet / vnnd fiel mir zu allem Glücke die brave Lügen ein / daß ich auff dem Blutstrohm / (der doch in der gantzem Welt nicht zu finden) geschiffet hatte / vnd den grossen Wall von Todtenköpffen gesehen / ich bin auff mein Seel mein lebtag in Scythia nicht gewesen / weiß auch nicht was es vor ein Landt ist / oder wo dasselbe gelegen. Vnd wunderte es mich nicht ein geringes / daß er mir solche vnerhörte Lügen bekrefftigen halff / vnnd dieselbe wahr machen wolte / mit den 20. Musterschreiberen die die Namen der Soldaten kaum in 6. Jahren konten verzeichnen / auch drüber so viel 100. Rieß Pappier vnd 300. Ohmen Dinten verschrieben hatten. Messieurs, könnet jhr daß wol gleuben? Jch gleube es auff mein Seel nicht. Aber wenn ers gleich mit seinen Lügen noch zehenmahl gröber machete / wolte ich ihm doch gleichwol allezeit helffen / denn ich habe fürwahr keinen Schaden dabey / er vnterhelt mich pour dieu stahtlich / ich fresse vnd sauffe täglich mit jhm / vnd kehr mich nichtes daran / ob gleich die Leute sagen / ich sey ein Schmarotzer vnd Tellerlecker / O daß Tellerlecken bekompt mir vber alle massen wol: Wenn ich nicht mit Fuchsschwäntzen handelte / so wehre ich ein armer Teuffel / die Warheit muß man zu diesen Zeiten spahren / vnd sich dapffer mit Lügen behelffen / jhr Herren versuchts nur / jhr werdet mir recht geben. Aber nun ist es zeit / daß ich gehe / das Panquet anrichten zu lassen / damit es ja nicht gebreche / an den delicatesten Speisen / lieblichsten Weinen / schönen Weiberen / anmuhtigen Music etc: daß wir vnserer täglichen Gewonheit nach lustig vnd frölich seyn.

5. Szene
[151] Scena V.
Philippus.
Der König gehet auff mit seinen Trabanten vnd dieneren / mit jhme der Printz Perseus, Antigonus, Didas, hernach kommen Demetrius vnd Poris, vnd wird in deme sie aufftreten in der Scena die Trommel gerührt vnd geblasen.

PHILIPPUS
setzet sich benebenst den anderen in seinen Thron.

Nun wolan jhr meine liebe getrewe / ich bin hertzlich erfrewet / daß mirs alles so wol nach meines Hertzen Wunsch vnd Willen ergehet / in deme das Volck so heuffig zuleufft / vnd ich eine so gewaltige Heeresmacht von den tapffersten Soldaten bey einander bringe / durch welche ich meine Feinde gar leichtlich zu überwältigen mir gentzlich getrawe.

PERSEUS.

Ja warlich großmechtigster Herr Vater / es ist eine treffliche menge Volckes bey einander / vnd zwahr dasselbe statlich gerüstet / auch fleissig vnd wol geübet / daß auch nur in Beschauwunge desselben / mein Hertz gleichsam vor Frewden springet / wünsche auch nichtes so sehr / alß daß diese Stunde eben die sein solte / in welcher wir vnsere Feinde angreiffen / schlagen vnd verjagen solten.

ANTIGONUS.

Großmechtigster König / geliebter Herr Vetter / betreffent das mechtige Kriegesvolck so sich noch alle Tage mit hauffen vermehret / vnd mit gantzen Troupen der Armee zuziehet / so ist zwar nicht ohne / das dasselbe ein außerlesenes / zierlich gerüstetes / auch wol geübtes Volck ist / wenn wir aber den Nutzen / so das Reich Macedonien von solchem Volcke zu gewarten hat / recht anschauwen vnd betrachten / wird warlich die Frewde (so wir deßwegen zu [152] haben vermeinen) gar schlecht vnd geringe seyn / in betrachtung / diese Heeresmacht / ja so leicht zum eussersten Verderben vnd Verwüstunge des gantzen Königreiches / alß zu desselben Schütze / vnnd Auffnehmen / möchte gereichen / welches / wenn es von nöthen mit Exemplen leicht zuerweisen wehre.

PHILIPPUS.

Wie denn Herr Vetter? Woher entstehen solche frembde Gedancken / vnd warumb solten wir vns jeniger Gefahr zubefürchten haben / angesehen / gedachte Soldatesca nunmehr vnter vnserem / vnserer Generalen, Colonellen vnnd anderer hohen Officierer Commando ist / vnd deßwegen gar leicht im Zaume mag gehalten werden?

ANTIGONUS.

Großmechtigster König / ob zwar niemand kan leugnen / daß dieses gewaltige Kriegesvolck durch sonderbahre authoritet, auch gestrenges Regiment wolbestalter Obristen vnnd Hauptleute sehr leicht in gute Ordre mag gebracht werden; so haben wir gleichwol noch (der groben enormiteten so hin vnd wieder vnter so vielen vnterschiedlichen Nationen in den Guarnisonen passieren / zugeschweigen) viel ein mehrers hiebey zu bedencken / Denn gleich / wie gemeinlich der Anfang aller anderer / also auch dieses jetzigen bevorstehenden Krieges nicht so gahr schwer / das Ende aber desselben sehr mißlich vnd zweiffelhafft ist / daß wir vns also dagegen nicht so gar höchlich zu erfrewen haben.

PERSEUS.

Großmechtigster König allergnädigster Herr Vater / ob wol mein Herr Vetter Antigonus vor diesesmahl in gegenwertigen Kriegesraht seine Meinung mit gahr dunckelen vnnd verblühmten Worten vorbringet / so lasse ich mich doch gleichwol bedüncken / daß ich seines Hertzen [153] Grundt gar leicht wolle errahten / vnd zwahr erachte ich / er habe zu diesem dem Macedonischen Königreiche so ehrlichen / nützlichen vnd rechtmessigem Kriege / eben so grosse Lust / alß mein Bruder Demetrius, dessen selbstgemachter Schluß dieser ist / es müssen bey fohrtsetzung dieses Krieges alle Macedonische Länder vnd Provincien gantz vnd gahr zu gründe gehen vnd ruiniret werden.

PHILIPPUS.

Daß wehre mir warlich ein wunderseltzames Werck / ein solch Weibisches Schrecken vnd vngleibliche Forcht bey denen / die wir allezeit vor die tapfferste vnnd herrlichste Gemühter geachtet / zuverspühren / Demetrius vnd Poris tretten auff. niemahls Herr Vetter Antigone, hette ich E[wer] Liebe einer solchen Zaghafftigkeit beschuldigen dörffen: aber mein Sohn Demetrius mit dem Statthalter Poride, kompt selber zu vns / wir müssen vernehmen was doch deroselben Anbringen seyn möge.

DEMETRIUS.

Großmechtigster König / allergnedigster Herr Vater / E[wer] Majestät kommen wir vnterthänigst erkennen zugeben / welcher Gestalt abermahl ein Regiment Achaischer Knechte vnter den Obristen Prusia ankommen / selbiger begehret von E[wer] Majestät Ordinantz / wohin er sich wenden / vnd an welchen Ohrt er den Compagnien jhre Quartier vertheilen sol.

PHILIPPUS.
Was sagstu Demetri? Jst Prusias mit seinem Regiment auch vorhanden?
DEMETRIUS.

Ja Großmächtigster König / allergnedigster Herr Vater / seine Trouppen sind gleich jtzo bey der grossen Wasserschantze ankommen.

PHILIPPUS.

Nun / nun / daß gefeit mir wol / es ist die Armee nunmehr so starck / daß man mit der General Musterung lenger nicht zu warthen hat / derowegen / Herr Statthalter / [154] wil ich euch alse einen versuchten Kriegesmann gefraget haben / wie jhr vermeinet / daß gegenwertiger Krieg vernünfftig / recht vnd wol müsse angefangen / vnnd denn endtlich vnserem gantzen Königreiche zu sonderbahren Nutzen / vnd mercklichen Ersprießlichkeit / glücklich volführet werden.

PORIS.

Großmechtigster König allergnedigster Herr / wenn dieser bevorstehender Krieg / mit vnseren alten vnd bekandten Feinden / alse den Athenienseren / Rhodiseren / vnnd anderen Griechischen Völckeren solte angefangen werden / alßdenn wehre gahr leicht vnsere Sachen also zu disponieren vnd anzustellen / daß wir semptlich Nutz / Ehr vnd Ruhm darvon zugewarthen hetten; Dieweil aber E[wer] Königliche Majestät / diesen Streit gegen daß aller streitbahrste Volck / nemblich der Römer vorzunemen bedacht ist / alß will hoch von nöhten sein / daß wir hierinnen einer sonderer Klugheit / Vorsichtigkeit vnd Tapfferkeit vns gebrauchen / denn einmahl ists gewiß / daß wir nicht mit Kinderen oder vnbedachtsahmen / faulen vnd verzagten Mennern / besonderen den allertapffersten / verstendigsten vnd vnbeweglichsten Helden der Welt werden zu streiten haben.

PERSEUS.

Großmechtigster König / allergnedigster Herr Vater / ob mirs wohl vieleicht zu einer grossen Vnhöffligkeit möchte gerechnet werden / so ist mirs doch ohnmüglich mich lenger zuenthalten / der nichtigen Worten / deren der Herr Statthalter der Römer Lob weit über alle andere Nationen zu erhöhen sich gebrauchet / kürtzlich zu wiedersprechen. Genug wehr es / Herr Statthalter / daß die Römische Macht / bereith den gantzen Erdenkreiß hette bezwungen: Genug wehre es / daß sie bereits eine absolutam Monarchiam angerichtet / vnd also alle Völcker der Welt vnter sich gebracht hetten! Genug wehre es / daß sie niemals von anderen wehren geschlagen vnd überwunden worden. [155] Wer weiß nicht / wie die streitbahre Gallier, nicht allein die Römer / offt vnd vielmals erlegt / besondern auch endtlich so gahr zu den extremis gebracht / daß sie auch zu letzt / die Hauptstadt Rohm selber ritterlich erobert vnd eingenommen / vnd nach dehme sie alles hinweg geplündert / mit Fewr verbrandt vnd in die Aschen geleget. Wer weiß doch nicht / wie der berühmbter Obrister der Carthaginenser / der Hannibal die Römer auff das eusserste verfolget / deroselben Städte vnd Flecken / an der Zahl bey 400. gantz vnd gahr eingeäschert / in der gewaltigen Schlacht ad Cannas, 40000. streitbahrer Römer danieder geleget / ja innerhalb 17. Jahren jhrer mehr alse 300000. Mann erschlagen / daß auch vor solchen seinen Siegen / nicht allein die Römer / besonderen auch die Berge gleichsam sich erschüttert: Wer wolte denn noch sagen / daß dieses Volck gantz vnnd gahr nicht könne geschlagen noch überwunden werden.

DEMETRIUS.

Großmechtigster König / allergnedigster Herr Vater / mit übergrosser Verwunderung / habe ich daß vnbedachtsahme Vorbringen meines Bruderen Persei vernommen / alß der sich daß allerstreitbahreste Volck der Welt nemlich die Römer gantz hönisch zuverachten / hat vnterstehen dörffen / da doch von jhnen das Gegenspiel genugsam kan dargethan vnd erwiesen werden. Es ist zwahr nicht ohn / daß sie in jhren Streiten vnnd Schlachten offtermahls grossen Schaden erlitten / je grösser aber vnd härter jemahlen jhre Niederlagen gewesen / je mehr jhnen das Hertze vnnd der Muht ist gewachsen / so / daß sie alßdenn erstlich recht angefangen haben / jhre / Mann vnd Tapfferkeit blicken zulassen / wenn jhnen das Glück den Rücken gekehret. Daß dieses wahr sey / bezeuget ja offenbahr das Exempel der Gallier oder Frantzosen / welche sie die Römer / in jhren grössesten Nöhten / alse jhre Feinde die Frantzosen triumphirten? vnd bereits lengest gewonnen Spiel hatten / vhrplötzlich [156] danieder gelegt / geschlagen vnnd gantz verjaget haben. Was wollen wir doch noch von Carthago sagen? Haben nicht die Römer den Hannibal / gahr auß Jtalia vertrieben / die mechtigste Stadt Carthaginem, ja gantz Africam vnter jhre Gewalt gebracht / welches sie auch noch biß auff den heutigen Tag besitzen? Was wollen wir sagen von dem mechtigen Königreiche Hispania, von der Jnsul Sardinia, von der Jnsul Corsica, von dem Königreiche Sicilia, welche gewaltige Länder vnd Provincien, sie bereit vorlengst bezwungen? Jn Summa / kein Landt / kein Fürstenthumb / kein Königreich ist jemahls gefunden / daß jhrer streitbahren Faust hat widerstehen mögen.

PHILIPPUS.

Demetri, wenn du ein gebohrner Römer wehrest / hettestu meine Feinde nicht höher erheben noch rühmen können / alse du eben jetzo gethan hast / jedoch / alldieweil in diesem Kriegesraht einem jeden seine Meinunge zu eröffnen frey stehet / alse will ich dir solchen deinen Discours auch gerne zu gute halten / gleichwol / damit wir nichtes vnbedechtiges anfangen / wollen wir auch weiter vernemen / was doch andere in dieser so wichtigen Sachen rahten / zu dem Ende wir auch dir mein Hofemeister aufferlegen / du alß ein KriegesObrister / in dieser wichtigen Sachen auch deine Meinung frey herauß reden wollest.

DIDAS.

Großmechtigster / vnüberwindtlichster König / allergnedigster Herr / demnach es E[wer] Majestät allergenedigst beliebet / auch meine Weinigkeit in diesem hochwichtigen Kriegesraht zuhören / alse erkenne ich mich so wol schuldig / alse willig / deroselben hierinnen zu gehorsahmen / könte zwahr anfengklich von vnseren Feinden den Römeren / jrem Glücke vnd Vnglück / Victorien vnd Niederlagen / Tugent vnd Lasteren etwas weitleufftiger discurrieren, wenn nicht dasselbe vor mir der Durchleuchtigste Printz Perseus zur genüge gethan hette. Daß die Römer grosse vnnd gewaltige Kriege geführet / selbiges kan mit nichten geleugnet werden / daß aber keine andere Nation, sonderlich daß berühmste [157] vnd tapfferste Volck der Macedonier mit jhnen (was Glück / Muht / Verstandt / Künheit vnd Hertzhafftigkeit betrifft) könte vergliechen werden / setze ich warlich in grossen Zweiffel / vnd wird der Außgang dieses nützlichen vnnd nohtwendigen Krieges gnugsam erweisen / daß auch Macedonia Leute habe / die den Römeren nicht das geringste bevor geben. Jch will hie nicht sagen / daz das Glück / welches jhnen nun eine geraume Zeit trefflich favorisiret hat / sehr wanckelbahr ist / vnd die jenige welche es plötzlich erhöhet / auch gering widerumb erniedrigen vnd in schneller Eil kan herunter stossen. Derowegen großmechtigster König / so bitte ich nun die vnsterbliche Götter / daß sie E[wer] Majestät Gemühte / Willen vnd Anschläge bekrefftigen / auch zu bevorstehendem Kriege / alle gedeiliche Prosperitet, Glück / Heil vnd Wolfahrt verleihen wollen.

PHILIPPUS.

Nun wollan meine liebe Getrewe / demnach wir nun aller vnd eines jeden insonderheit eigentliche Meinung angehöret vnd vernommen / alß wil hochnötig seyn / solche auff das allerfleissigste zu ponderiren; Vnterdessen sol dieses vnser endtlicher Schluß seyn / daß die Generalheerschawung vnd Musterung dem Macedonischen gebrauche nach / morgendes Tages sol gehalten / vnd die gantze Kriegesmacht in zwey Theil / (dehren eins dem Printzen Perseo, das ander aber dem Demetrio vntergeben werden sol) abgetheilet / vnd also aneinander geführet werden / auff daß sie im Schertze / (der doch einem Ernste gleich sey) scharmutzieren / in allerhandt Gewehren sich üben / vnd zum Kempfen vnd Streiten sich gewehnen. Vnterdessen wollen wir vns zeitlich hinein verfügen / in allem gute Anordnung zu thun / damit es morgenden Tages an nothwendigen Sachen nicht fehlen möge.

Finis Actus primi.

[158]

1. Zwischenakt

Interscenium
Actus Primi.

Hans Knapkäse gehet gahr prechtig mit der Trommel vorher / jhm folgen / Laban der Bawrenknecht / Cocles mit dem einen Auge / Loripes mit dem krummen Beine / alle drey mit alten Mußquetten / Hans führet sie etliche mahl auff dem Platze herumb vnd spricht.

HANS.

Ha / sa / Burß / marchiret frisch fohrt / lustig in der Ordnung / drey vnd drey in jedem Glied / hinden vnd forne nichts. Nun steht er still vnd spricht. Hilff du liebe Maria / was habe ich greuliche vnd erschreckliche Mühe gehabt / ehe ich diß ehrbahr Volck habe bey einander bracht / pfui der Teuffel / hette ich doch noch 6. Mann mehr bekommen können / so wolte ich drey Glied machen / nun aber ist es vor eine Compagnie fast zu wenig; Doch / was hilffts / ich muß so zu frieden seyn / ich kans ja nicht besseren. Steht stille jhr Hundesfötter ich wil euch drillen. Nun gehet das Drillen an. Rechts vmb kehret euch: Sie lauffen jhme allzumahl nach seiner rechten Handt. Daß euch der Hencker schlage jhr leichtfertige Berenheuter vnd Diebe / Er stellet sich vor sie / machet es jhnen vor / vnd kehret sich vmb / sie wollens jhme nach machen / vnd kehren jhm den hindersten zu. Potz 100000. Schlapperment / jhr verketzerte Galgvögel / daß euch der blawe Dunst ins Loch schlage / werde ich doch schier rasendt / seht / so müst jhrs machen Nun stellet er sie selber in Ordnung.

LABAN.

Jtz es nun nicht recht Herr Hopffman / stahe ich nu nicht recht alse ein Gefreitzer Capffrall / daß youw dausent Kneubel intem Leibe fahren / segt de Warheit.

HANS.
Daß dich der Hagel keile / du leichtfertiger Berenheuter / warumb fluchestu mir also?
[159]
LABAN.

Wo nu thom Zeufel / wilt eir dar vnüsse aver werden / habt jydt mich doch gehetzen / do eir mich annehmet / datz ich braff flochen solte / eir seden jo noch daß stünde hüpsch Saldatisch.

HANS.

Daß dich der Kranckheit hole allem Cujon hinein / habe ich denn befohlen / daß du eben mir fluchen solt.

LABAN.
Wo / ys datz nicht leiche veel / yuw effte ein anderen.
HANS.

Den Hencker auff dein Kopff alles Bawrschelmes. Nu folget Burß / leget die Musqueten an / alse weitet jhr schiessen / thut aber das lincker Auge zu / Sie legen an / aber gar erbärmlich / Hans spricht zu Loripes. wie zum Element stehstu Berenheuter so krum.

LORIPES.
Wat kan icken tho tohn / datken keeff Behn hebb / he ys my io all myn Dage so keeff wesen.
HANS
ad Coclitem.
Was den Teuffel machest denn du / warume thustu beyde Augen zu / kanstu im blinden treffen.
COCLES.

Wo Herr Kappentain / dat kan ick nicht behteren / hebbick doch man een Oge / vnd jy seen / wenn wy sketen wullen / skull wy dat eene Oge tohe dohn nu ick dat dahn hebbe / bin ick jo heel blindt.

HANS.

J / j / ij / hat mich denn der Teuffel mit lauter Narren beschissen / der eine Dieb kan sich nicht bücken / der ander hat ein krum Bein / der dritte nur ein Auge / einem jeden Haluncken fehlet was. Aber sich da Laban, wie stehestu Galgvogel so steiff?

[160]
LABAN.

Ey datz yw der Zeubel hohl / dahr jy staht menet eir / batz ick nicht mehr arbeidtz gezahn hebbe alse jy / my ys der Rügge alteitz so styfe.

HANS.
Fluchest du mir abermahl du grober Rültz / par dieu ich muß dich keilen Er will jhn schlagen.
LABAN.

Ey latzet dat blyfen / watz den Deubel schal datz bedüden / eir habt michs jo befahlen / datz ich braff fluchen solte / ich make es so guht ichs kan.

HANS.

Ja / ja ich mercke wol / du bist mir ein Tausendschelm / du verzweifelter Bösewicht machest mir gahr zu viel leichtfertiger Possen. Nun wollan Burß / ich habe euch vordißmahl mit Mußqueten gedrillet / nun wollen wirs auch mit Degen versuchen / da will ich euch lehren / wie ihr euch damit fortificiren sollet. Komme du erst her Laban, daß ich dich etwas im Degen vnterrichte / jhr andere / gebet fleissig acht darauff.

LABAN
zeucht von Leder.

Ja ja Herr Hopffman / kamet man an / Hans nimpt drey Degen zugleich in die Händ. Wo nauw zum Zeubel Herr Capfftein / will jy mit dre Zegens zogeleiche fechten.

HANS.
Ey was geht dich daß an / daß ist so meine Manier.
LABAN.

Ein Hueiesfott ysset ock my ne Manner ys datz so nicht / wilt eir fechten / so schmeitzet de anderen Zegens auß der Handt / edder ist eur wohr so bange?

HANS.
Was / bange? Nein auff mein Seel / ich wolte mich wol mit 10. Kerls zugleich herümmer hawen.
LABAN.
Datz passieret; Ey haut nur einmahl mit vns drey.
[161]
HANS.
Ey was / vor dißmahl habe ich keine Lust dazu.
LABAN.

Nun nun / so maket denn fohrtz / aber hastig / de anderen Plitzen auß der Fust / Hans wirfft 2. Degen von sich / fechtet gahr verzaget / kriegt von Laban mit dem flachen Degen ziemliche Ohrfeigen / endtlich lesset er den Degen fallen / schüttelt den Kopff / vnd spricht.

HANS.

Ey lasset vns die Narrey vor dißmahl bleiben lassen / auff ein andermahl mehr / ich habe doch gahr keine courage oder Lust jtzundt zu fechten.

LABAN.

Ho ho / Herr Hopffman ho ho / ligt eur das Hartze all in der Brouch? Wo jhr seden yo jetzunder jy wulden eur woll mit 10. Kerls tho geleich balgen.

HANS.

Ein Schieß auff deine Nase / du Berenheuter / warumb solte ich mich muthwillig in Gefahr geben / meinest du Cujon, daß an mir alß einem wolbestalten Capitain nicht etwas mehr gelegen ist / alß an dir vnd deines gleichen kaalen Haluncken / wenn ich geschlagen bin / so ist auch die gantze Compagnie getrennet / drumb halts Maul davon. Nun jhr beyde Codes vnnd Loripes müsset auch mit Degen, drillen lernen.

LORIPES.

Myn halfe ick sage nichs nah / kum du man an / Coces. Sie gehen zusammen / vnnd fechten gahr erbärmlich / der mit dem krummen Bein felt offt zu bodem / der Einäugige / kan nicht recht treffen / schlegt allezeit bey zu / in dem wird in der Scena die Trummel gerühret vnd starck geschossen / Hans stehet / zittert vnd bebet / vnd fengt gahr engstlich an halb weinend zu ruffen.

HANS.

Potz hundert tausend schlappermest / wie will daß werden / das ist bey Gott ein gefehrlicher Trummelschlag / [162] ach ach was wird das Schiessen bedeuten / ich halte eigentlich es wird der Feindt seyn.

LABAN.

Wo nu thom Deubel Herr Capfftzen / wo staht jhr vnd befet also / alß wollet jhr in die Brouch schiten / wo datz Scheten daß zuhn vnser egen Volck / jhr wetzet jo woll / daß die beyde Junge Printzen jhr Volck Muntzeren / ist eur dahr so bange vor.

HANS
bebet immer fohrt.

Ey was bange / was bange / wenns nur der Feindt nicht wehr / Burß machet ewer Gewehr fertig / wir müssen vns bey dem Element frisch wehren Er ziehet von Leder / leufft doch immer hinder seine Soldaten alß wolte er sich verbergen. frisch fohrt Burß / frisch fohrt / hey lustig wehret euch.

LABAN.

Herr Caffzein eir habet gut brüdent / wilt jhr Caffzein syn / so scheret auch vor an / vnnd hebbet den Deubel auff den Kop / Nun wird immer stärcker geschossen vnd getrumlet.

HANS.

Potz element das ist gefehrlich / das Volck kompt neger / nun ist es lauffens zeit / stehet jhr frisch Burß / ich will mehr Hülffe holen / ich komme alsobald wieder / Er wirfft Trommel vnd Degen von sich vnd leufft davon.

LABAN.

Ja ja / wol wiederkommen / lauffe nun wer lauffen kan. Sie werffen alle drey jhr Gewehr von sich vnd lauffen davon.


Nun wird noch etliche mahl stark geschossen vnd geblasen.
[163]

2. Akt

1. Szene
Scena I.
Perseus, Didas.

PERSEUS
kompt herauß gelauffen mit blossem Schwert / reisset die Kleider auff / ist über alle massen grimmig vnd böß / fehet über laut an also zuschreien.

O Jhr vnsterbliche Götter / O Jhr hellische Furien, die jhr die Missethaten der sterblichen Menschen zu rechen allezeit bereit seyd / ach kommet doch mir zu hülffe in diesem meinem grimmigen Furor / daß ich durch ewre Rach meinem leichtfertigen Bruder Demetrio, das grosse Vnrecht / so er mir an diesem heutigen Tage hat erwiesen / auff seinen Kopff möge vergelten! Ach weh mir Ellenden / wie ist mirs müglich in dieser grossen Schmach lenger zu leben? Ach wie kans doch mein ritterliches Hertz vnd Gemühte erleiden / daß man sagt: Perseus der berühmbte Printz ist in der Heerschawunge vnd Scharmützel des Macedonischen Kriegesvolckes von seinem Jüngeren dem Demetrio überwunden worden? Ach wie kan ichs immermehr erdulden das man sagt; Des Königes Philippi jüngster Sohn Demetrius ist dem vortrefflichen Printzen Perseo, an Verstandt / Erfahrenheit / Mannheit vnd Tapfferkeit weit überlegen? Nimmermehr sollen meine Ohren anhören eine solche verweißliche Rede mißgönstiger Leute / dehme will ich mit meinem Todt zuvor kommen / ja mit dieser meiner Faust will ich allhie meinem vnglückseligen Leben seine Endtschafft geben / hie will ich wie ein tapfferer Heldt von hinnen scheiden / mit vnaußsprechlicher Künheit will ich diese Thatt vollbringen / mit ewigwehrendem Ruhm will ich meine ritterliche Seele hin zu den allerberühmbtesten Kriegeshelden in die Elisæische [164] Felder schicken / ja mit frewdigem Hertzen will ich mein Blüht vergiessen; Doch wolte ich tausendtmahl frölicher / vnd friedlicher sterben / wenn ich mich erst an meinem verrähterischen Bruder möchte gerochen / vnnd meine Fauste in seinem Blühte gewaschen haben; Alldieweil ich aber leider / leider / an solcher süssen Rach durch Mißgunst der zeit gehindert werde / ey so wil ich meinem nunmehr beschlossenen Raht vnd Vorsatze nach / meinem trawrigen Leben seinen Beschluß geben / Darumb du meine Martialische Seele erschrick nicht / mein Hertz sey frisch vnd wolgemuth / mache dich geschickt vnd bereit den letzten Stich des Todes von meinen Händen zuempfahen.

DIDAS
springt eilends hervör.

Hilff Mars du grosser Krieges-Gott / was höre ich doch allhie vor ein erbärmliches Lamentieren des vortrefflichen Printzen Persei, Er leufft eilende zu jhm. Ach Durchleuchtigster Printz / aller gnedigster Herr / was zeihen sich E[wer] Durchleuchtigkeit / was gedencken sie / zu was Ende stehen sie allhie mit blossem Gewehr / was soll doch das lamentieren vnnd Klagen?

PERSEUS
sicht sich ümme.

Ach Dida mein getrewester Freundt / solte ich nicht klagen / solte ich nicht seufftzen / solte ich nicht trawrig vnd vnmuhtig seyn? Ja billich mag ich mich für den allerunglückseligsten Menschen auff Erden schetzen; Wahrs nicht genug / daß mein leichtfertiger Bruder Demetrius die Favor vnnd Gunst fast aller Macedonier zu sich gerissen? Muste er mich noch dazu in einen solchen Schimpff / Spott vnd Hohn für den Augen jedermennigliches bringen vnd setzen? O Vnglückseliges Scharmützel / O Verfluchete Heerschawunge / O vermaledeites Ritterspiel! Kein lebendiger Mensche sol forthin den Perseum verspotten / dieser heutiger Tag soll auch der letzte meines Lebens seyn / mit diesem kalten Eisen will ich mir augenblicklich davon helffen.

[165]
DIDAS.

Durchleuchtigster Fürst / gnedigster Herr / ist noch jennige Gnade vnd alte affection gegen meiner Weinigkeit in E[wer] Durchleuchtigkeit Hertzen vorhanden / so bitte ich gantz demühtig vnd vnterthänigst / sie wolle mir / alß deroselben getrewsten Diener / der ich auch bey E[wer] Gnaden Leib vnd Leben / Guht / Ehr vnd Blüht auffzusetzen mich erbiehte / allergnedigst audientz ertheilen.

PERSEUS.

Dida mein Freundt / ob wol mein Hertz mit einer so hefftigen Schwermütigkeit ist ümbgeben / daß mirs auch anitzo ohnmüglich anderen Discoursen lange zuzuhören / jedoch die hertzliche Liebe vnd Zuneigunge so ich gegen euch jederzeit getragen / angesehen / wil ich euch vor dißmahl ewrer Bitte gewehren.

DIDAS.

Durchleuchtigster Fürst / gnedigster Herr / mit höchster Verwunderunge vnnd fast vngläublicher Entsetzung vernehme ich / daß E[wer] Durchleuchtigkeit sich so höchlich wegen des gestrigen abgegangenen Scharmützels bekümmert / auch dergestalt / daß sie jhr selbsten deßwegen arges zuzufügen bedacht ist / welches doch die heilige Götter jhrer vnermeßlichen Barmhertzigkeit nach allergnedigst abwenden wollen. Jch zwahr alles fleissig erwegend / lasse mir gentzlich bedüncken / daß diese E[wer] G[naden] Melancholey vnd Trawrigkeit gantz vnd gahr vnnütze vnd vorgeblich ist / in betrachtunge daß jenige / was in dieser Heerschawunge passieret / E[wer] G[naden] ja gantz vnnd gahr zu keinem Nachteil / Schimpff / Spott noch Schaden / mag gereichen; Denn / wer weiß nicht daß E[wer] G[naden] vor den Mannhafftesten / tapffersten vnnd vortrefflichsten Ritter vnd Kriegesheldt des Macedonischen Reichs / ja wol so der gantzen Welt gehalten vnd außgeruffen werden / wenn nu schon deroselben vntergebene Soldatesca nicht also vnd dergestalt sich verhalten hette / wie jhr billig gebühren wollen / lieber wer wolte deroselbe Forchtsamkeit vnd verzagtes Fechten E[wer] Durchleuchtigkeit (deren hochrühmliche [166] qualiteten auch der Himmel selbst rühmen vnd erhöhen muß) imputieren vnnd zumessen / der muste ja warlich über alle massen vnverstendig / grob vnnd indiscret seyn: Dannenhero sehen E[wer] F[ürstliche] G[naden] wie dieselbe so gahr sich nicht zu bekümmeren haben / vielmehr aber sollen sie eintzig vnd allein dahin bedacht seyn / wie sie den Hochmuth jhres Bruders Demetrij brechen / jhn selber auß dem Weg reumen / auff daß eusserste verfolgen / vnd sich also grausahmlich an jhme vindiciren vnd rechen mögen / hiedurch wird nicht allein E[wer] Durchl[euchtigkeit] bey gegenwerdigem Stande eines friedlichen / vnd frölichen Lebens gesichert seyn / besonderen sie wird auch bey künfftiger Zeit das Königreich Macedonia alß ein eintziger vnd gewaltiger Monarch glücklich vnd wol regieren vnd gubernieren können.

PERSEUS.

Warlich Dida mein getrewster Freundt / ewer wollgemeinter Raht vnd vntertheniges Erbiehten / haben mir mein Gemühte Sinne vnd Gedancken sehr alterieret, so / daß ich auch mein Vornehmen diesesmahl zu enderen gentzlich bedacht bin / derowegen ich nun hiemit an Eydes-Stadt allen Himlischen Götteren verspreche vnd angelobe / Tag vnd nacht dahin eintzig vnnd allein zu trachten / wie ich mich an meinem leichtfertig[gen] vnnd verrähterischen Bruder auff das grausahmlichste rechen möge! will mich derowegen / der vergangenen Dinge halber / die im passirten Scharmützel sich zugetragen / nicht mehr so hefftig bekümmern / angesehen kein eintziger Mensche so kühn / der mir die Träg- vnd hinlessigkeit meiner vndergebenen Soldaten vorwerffen noch spöttlich verweisen dörffte. Eines aber ist noch übrig / welches mein Hertz über die massen beschweret / daß nemblich diesem vnglückseligen Scharmützel / das gantze Königliche / Fürstliche vnd Adeliche [167] Frawenzimmer beygewohnet / vnd vnter denselben die auch allerschönste / ja auch göttlichste Junckfraw Eudocia des Statthalters Poridis eintziges Töchterlein / deren mehr alß Menschliche Schönheit / löbliche Zucht / Adeliche Gebehrden vnd übermessige Tugenden mich zwingen / sie über alle Schätze der Welt zu lieben / bin aber biß anhero dermassen vnglückselig gewesen daß sie meiner hertzlichen Liebe weiniger denn nichtes geachtet / so / daß ich auch weder durch bitten noch flehen / weder durch Geschencke noch freundtliche Worte jhre Gnade erlangen mögen / vnd zwahr es möchte dieser schimpflicher Handel nicht weinig dazu helffen / daß ich auch nimmermehr jhre Hulde vnd Freundtschafft erlangete.

DIDAS.

Durchleuchtigster Fürst / gnedigster Herr / ich bitte vnterthenigst / es wollen sich E[wer] G[naden] dieser Vrsachen halber gantz vnd gahr nicht betrüben noch irre machen lassen / denn / ob schon die Jungkfraw Eudocia sich noch zur zeit etwas wegert / E[wer] Fürstliche Gn[aden] begehren zu willfahren / so zweiffele ich doch nicht / die Zeit vnnd das Glück / werde solches bald enderen; Zu dem Ende verobligiere ich mich hiemit E[wer] G[naden] festiglich / das ich mich höchstes fleisses bemühen will / solche Mittel zu erfinden / durch welche nicht allein E[wer] G[naden] an jhrem verrähterischen Bruder sich rechen könne / besonderen auch die allerschönste Eudocia deroselben in kurtzem möge zu theile werden.

PERSEUS.

O Dida mein getreuster Freundt / wie höchlich werde ich durch solches dein vnterthäniges Erbiehten erfrewet / ich will warlich solche grosse Trewe Zeit meines Lebens so gnedigst zuerkennen / vnnd solche rühmliche Dienste mit Fürstlicher Liberalitet anzusehen vnd compensieren wissen / [168] aber laß vns hinein eilen / damit jetzgedachte vnsere Anschläge auff das fürderlichste ins Werck gerichtet werden.

DIDAS.

Gnedigster Herr / wie es Ewer Gnaden gefelt Nun sicht er des Knapkäsen verlauffene Trommel vnd Mußqueten auff dem Platze liegen. Aber sich da / woher kommen die Mußqueten / vnnd dort sehe ich auch eine Trommel. Hilff Jupiter, auff der Trummel ist mein Wapen / wo mir recht / ist es deren eine / die ich zu behueff meines Regiments machen lassen / von welchen ich dem wunderlichen Narren Hans Knapkäsen eine habe geben lassen.

PERSEUS.
Herr Obrister / wer ist der Knapkäse?
DIDAS.

Gnediger Herre / es ist gahr ein abenttheurlicher Mensche / von seltzahmen qualiteten / hat stets bey mir angehalten / ich möchte jhme eine charge geben / nach dehme ich nun endlich dem Narren kurtzweils halber befohlen / daß er eine Compagnie richten soll / so höre ich / daß er jetzo / Krumme / Lahme vnd Blinde annimbt / vnd hat doch in der geraumen Zeit nicht mehr alß drey Mann geworben.

PERSEUS.

Daß mag ich warlich wol lachen / der muß ein seltzamer Haan seyn / hat er sich etwa sonsten in Kriegen versuchet.

DIDAS.

Durchauß nichtes gnedigster Herr / er ist nicht allerdings Klug von Sinnen / ich halte nicht daß er sein lebtag eine Pistole gelöset / ja er weiß keinen Degen recht außzuziehen / so bald er ein bloß Gewehr sicht / laufft er davon / alß wehre der Teuffel hinter jhm her. Mann kan so Zeit vertreib vnd Kurtzweil mit jhm haben.

PERSEUS.
Jst mir recht / so hab ich von dem Kerl gehört / er sol gahr ein seltzahmer Phantast seyn.
[169]
DIDAS.

Ja warlich gnedigster Herr / wegen seiner lächerlichen Auffzöge vnd Possen habe ich jhn gemeinlich gerne bey mir / er hat mich mannichmal lustig gemachet.

PERSEUS.

Wollan Dida, wir wollen hinein gehen / vnd den Knol zu vns holen lassen / was gilts er soll mir die Melancoley vertreiben. Gehen beyde ab.

2. Szene
[170] Scena II.
HANS KNAPKAESE
kompt auff den Platz mit einer Wurst vnd Brodt in einer / vnd einer Kannen Bier in der anderen Handt / fenget mit vollem Maule also an zu reden.

Glück zu jhr Herren / glück zu / ja bona dias jhr seyd noch alle bey einander allhier? Jch bin Gott lob auch wieder allhier; Wist jhr aber wol wie es mir gangen ist allhier? Hört ich wils euch ordentlich erzehlen allhier. Erstlich / so habe ich ohne Ruhm zumelden / meine schone newe Hosen für grosser Angst jämmerlich vollgeschissen / hat einer lust den Plunder zu beschawen / ich wils jhm wol zeigen. Vors Ander ist mir meine gantze Compagnie, alle meine drey Soldaten entlauffen. Vors Dritte kan ich kein Volck wieder kriegen / die Schelme wollen mir nicht dienen / sie sagen ich sey ein Narr / vnnd habe kein Hertz / aber das ist pour dieu schendlich erlogen / daß wist jhr redliche Leute selber wol / wie braff daß ich gestanden bin / ich war auff mein Seel lauter Hertz / aber die schelmische diebische Soldaten lieffen davon / wie andere leichtfertige Hudelers / ich war so frisch / hette ich meiner Haut nicht geförchtet / ich wolte den Feindt allein bestanden haben / fürwar ich bebete von lauter Frewden. Vors Vierdte / so werde ich mich nun vmmeschen / ob ich meine verlauffene Compagnie wieder antreffen könne / werde ich jhrer innen / so lasse ich jhnen den Brodtkorb zuschnüren / das ist gewiß / insonderheit den leichtfertigen Buurschelm den Laban, der soll mir am allerhöhesten Galgen hencken; Meinen die Haluncken / daß ich ein Narr oder Berenheuter bin / ich wils jhnen eintreiben / oder ich will nicht mehr der Ehrwürdiger / Wolledler vnd Tugendtsahmer Herr Johan de Knapkäse / wolbestalter Capitain [171] über ein Compagnie Westphälischer Dragoner zu Fusse geheissen vnd genennet seyn. Vors Letzte jhr Herren / so werde ich mich nun wiederumb hienein verschrauben / vnd diese Tromlen vnd Mußquetten mit mir nehmen / vnd verkauffen / daß ich zu fressen habe / nun Bon jour, adieu Bonus dies, guten Tag / Gottbefohlen. Gehet hin / kommet aber noch einmahl zu rücke. Hört ich habe euch noch was nötiges zuerzehlen; Wenn ich jetzund hinein gehe / so werde ich euch den Arß zukehren / vnd wenn ich wiederkomme / die Nase. Finis jhr Herren. Nun geht er hinein / felt aber zuvorn mit Trumlen vnd Mußquetten zur Erden / vnd machet andere Possen mehr / etc.

3. Szene
[172] Scena III.
Alexander, Eudocia.

ALEXANDER.

Jsts denn wahr vielgeliebte Schwester / daß jhr vnser heutiger Scharmützel vnd Heerschawunge so wol gefallen?

EUDOCIA.

Ja fürwahr / vielgeliebter Bruder / es ist nicht allein mir / besondern auch dem gantzen Königlichen Frawenzimmer eine besondere Lust / vnd Liebligkeit anzusehen gewesen das die Krieges Trouppen sampt jhren bey sich habenden hohen vnd niedrigen Officirern / Fahnen vnd Spielwerck / so fein ordentlich zu Roß vnnd Fuß auffgezogen kommen / daß aller anmühtigste aber wahr daß die beyde Königliche Printzen / Perseus vnd Demetrius so tapffer sich einander wiedersetzten / fast lächerlich aber wahr es anzusehen / das der Printz Perseus (der doch sonsten ein so mannlicher Kriegesmann seyn will) sich so leichtlich von seinem Bruder Demetrio ließ zu rücke treiben / da er sich doch anfangs stellete / alß wolte er gantze Regimenter allein fressen.

ALEXANDER.

Daß alles vielgeliebte Schwester / lasse sie sich gantz vnd gahr nicht wunderen. Es ist des Printzen Persei alte Mannier / daß er mit dem Maul sehr behertzet / in der Taht aber ziemlich feig vnd erschrocken ist. Aber ich bitte / die Schwester sage mir doch / wie gefeit jhr der Printz Demetrius? Jst er nicht ein Herr / von sehr trefflichen qualiteten? [173] Stehet jhm nicht alles über die masse wol an / daz sich auch ein jeder der jhn nur siehet / über seinen trefflichen Verstandt / grosse Bescheidenheit vnd heroische Tapfferkeit höchlich verwundern muß.

EUDOCIA.

Ja warlich / vielgeliebter Bruder / nicht alleine ich / besondern auch alle andere so der vergangenen Musterung beygewohnet / müssen bekennen / daß sie niemahls einigen Fürsten gesehen / der mit so vortreffentlichen Tugenden wehre begäbet gewesen / weßhalben jhme auch vor allen anderen der höchste Ruhm ward zugetheilet / alß dehme da vnter der gantzen Armee keiner zuvergleichen / ja auch jhrer viel wünscheten öffentlich vnd rieffen die Götter an! daß nach ableiben seines Herrn Vaters / er vor seinem Bruder Perseo das Königreich Macedonien möchte regieren.

ALEXANDER.

Dieses zwahr / vielgeliebte Schwester / wehre wol höchlich zu wünschen / ist aber schwerlich zu hoffen / alß welches / (so lang der Printz Perseus noch bey Leben ist) nimmermehr wird geschehen.

EUDOCIA.

Es ist wol nicht ohne / Perseus, alß der Eltiste / vnd dannenhero rechtmessiger Erbe des Königreiches / wird nach Ableiben des Herren Vaters sonder allen zweiffel zum Regiment gelangen / doch bitte ich den höchsten Gott / daß er ja dem vortrefflichsten Printzen Demetrio, die gantze Zeit seines Lebens / Glück / Heil vnd alle gedeiliche Prosperitet verleihen / vnd ja bey Fürstlichen Wolstande gnediglich erhalten wolle.

ALEXANDER.

Vnd eben das ist auch mein eintziger Wunsch / bitten vnd begehren / denn / wer wolte nicht viel lieber / einen frommen / verstendigen vnd auffrichtigen Fürsten / so alse einen Tyrannen vnd Wühterich zum Regenten haben: Demetrius zwahr fehet alles in seinen Händelen nichtes vnbedachtsahm an / besonderen alles mit klugen Raht / [174] guter Ordnung vnnd sonderlicher Vorsichtigkeit: Perseus aber / (alse der da eines Kriegerischen vnd blutgierigen Gemühtes ist) will aller Ohrten mit dem Kopffe hindurch / vermeinet alles mit Tyranney zu vberweltigen / vnd weiß ich nunmehr gewiß / daß er wegen dessen / in der Musterung jhme erwiesenen Schimpffes / dergestalt über den Printzen Demetrium ist entrüstet / daß er auch (wenn es nur in seiner Macht stünde) denselben / alle Brüderliche affection hindan gesetzet / jämmerlich würde hinrichten / morden vnd erwürgen.

EUDOCIA.

Davor wollen ja die Götter / dieses Königliche Bluht bewahren / den allervortrefflichsten Printzen erhalten / vnd diesem greulichen Bluthunde steuren vnd wehren.

ALEXANDER.

Jch gläube festiglich daß die allergerechteste Götter / welchen nichts so sehr alß Tyrannischer Hochmuht mißfelt / den sanfftmühtigen vnd friedferdigen Printzen Demetrium wol werden schützen vnd erhalten vnd ich will meiner Zusage vnd einmahl gegebener Trewe nach / Leib vnd Leben / Guht vnd Blüht / auch was ich vnter der Sonnen vermag / willig bey jhm auffsetzen. Jch muß mich aber schleunig hin zu jhme verfügen / zu vernehmen / ob sein grimmiger Bruder Perseus noch dergestalt über jhn entrüstet / damit wir eiligst rahtschlagen / wie doch solchem wachsenden Vbel bey Zeiten vorzukommen /

EUDOCIA.

Vnd ich wil mich hinein zum Herren Vater verfügen ob vielleicht derselbe mir etwas anzubefehlen hette. Alexander gehet ab / Eudocia bleibet alleine auff dem Platz vnnd redet gahr kläglich. Nun wollan / mein Bruder gehet jetzt hin zu dehme / den meine Seel über alle Dinge dieser Welt liebet: Ach wehe mir vnglückseligen Creatur / worein habe ich mich gestürtzet? Wohinauß habe ich doch gedacht? Was hat mich doch bewogen / daß ich mein Hertz zu einem so mechtigen Königlichem Printzen habe dörffen [175] setzen? O Du verfluchte Liebe / wie hastu mir doch Leib vnd Seel / Hertz / Sinne vnd Gedancken / so gahr eingenommen / vnd besessen / so daß ich auch meiner selbst nicht mehr mechtig bin! Nunmehr mag ich keine eintzige stunde in Frewde vnnd Ergetzligkeit zubringen / angesehen mir alle Hoffnung abgeschnitten ist / den jenigen zu meinem getrewesten Liebhaber vnnd Ehegemahl zu überkommen / dehme wegen seiner grossen Mannheit / vortreffentlichen Schönheit / vnd vielfeltigen Tugenden / billich die Allerholdtseligste / vnd auß dem allerhöchsten / ja Königlichem Geschlechte entsprossene Junckfrawe zum Ehelichen Gemahl gebührte. Dieses alles zwahr kan ich sehr leicht bey mir erkennen / aber es wird dadurch die feurige vnd inbrünstige Liebe / so ich gegen jhm trage nicht geringer / besonderen vielmehr hitziger vnd grösser also / daß auch in kurtzer Zeit meine liebhabende Seele an dem betrübten Cörper scheiden / vnd mit vnsäglichen Heulen / klagen vnd lamentiren in die Elyseische Felder wird fahren / wo nicht dieser Edler Printz sich meiner erbarmen / vnnd seiner Königlichen Liebe vnd Freundtschafft wird würdigen. Ach Amor / grimmiger Amor / wie ists doch müglich / daß du zugleich süß vnd bitter / zugleich freundtlich vnnd grausahm / zugleich tröstlich vnd erschrecklich seyn kanst? O Du verfluchte Liebe / mich mich wirstu mit meinem vbergrossen Hertzeleidt erwürgen / mich wirstu in den schwartzen Schos der Erden bringen. Darumb O Venus / du getreweste Mutter der Liebe / vnd o jhr alle andere himlische Göttinnen / erbarmet euch doch mein / vnd sehet an meine Vnschuldt? Nun ich hochbetrübte will mich in mein Kämmerlein verfügen / auff daß ich daselbsten mein grosses Elend vnd der liebe Bößheit vngehindert beweinen möge.

4. Szene
[176] Scena IV.
Demetrius, Alexander.

DEMETRIUS
gehet allein auff.

Nun hilff Jupiter, du grössester Gott / du gewaltigster Herscher vnd Regent Himmel vnd der Erden / hilff abermahl / hilff / daß ich den grossen Zorn meines grimmigen Bruders Persei (der wegen des vorgelauffenen / jhme vnglückseligen Scharmützel / dergestalt auff mich ist ergrimmet / daß er auch Tag vnnd Nacht dahin trachtet / wie er sich gantz grausamlich an mir rechen / vnd mit einer erschrecklichen bluhtigen That meinem Leben seine Endtschafft gebe) entfliehen möge! Ach wehe mir vnglückseligsten auff Erden / der ich einen solchen erbitterten Feindt / vnd gantz gehessigen Verfolger an meinem leiblichen Bruder muß haben / dehme ich doch Zeit meines Lebens nicht die allergeringste Injuri oder Vnbilligkeit zugefüget habe! Ach wolte Gott ich nur einiges Mittel zuerfinden wüste / dadurch seyn hefftiges Gemühte könte gemiltert werden / es solte warlich meine Sanfftmuht seiner Grausahmkeit / meine Gedult / seinem hitzigen Eyfer alles zu gute halten. Aber / leider / leider / sein halßstarriges Vornehmen ist schwerlich zuenderen / dadurch denn ich Elender gezwungen werde / in stetswehrender Vnglückseligkeit bestecken zubleiben. Kein schlechtes Hertzeleidt ists / wenn der jenige / dem das Glück zu allen vnd jeden Zeiten wol gewolt vnd favorisiret hat / darnach so plötzlich mit dem Vnglück wird überheuffet / daß er jhm auch selbsten weder Hülffe noch Raht schaffen kan; Ach ist nicht eben ein solches mir zu banden gestossen / in dehme mir jetzo das [177] Vnglücke mit hauffen kommet: Denn nicht allein muß ich diese so schwere Verfolgunge meines eintzigen Bruders erleiden vnd außstehen / besonderen ich bin in ein viel grössers vnd schwerers Elendt gefallen / da nemlich die göttliche Schönheit / hochberühmbte Frömmigkeit / vnd andere viel herrliche qualiteten der allertugentreichesten Jungkfrauen Eudociæ, des Statthalters Poridis einziges Töchterlein / mir meine Freyheit dergestalt benommen / daß da ich zuvor auff nichtes anders / alse Rittermessige Vbünge / schöne Waffen / muhtige Pferde / vnd andere dergleichen / einem tapfferen Chevalier wolgeziemende Sachen bedacht gewesen / nunmehr eintzig vnd allein dieses holdtselige Jungkfräulein Tag vnd Nacht in meinem Hertzen trage / Ach / ists auch wol möglich / daß eine schwache Weibes Persohn / die aller tapfferste Ritter / vnnd mannlichste Helden der Welt / ohne alle Waffen überwinden / ohne alle Fesselen zwingen / ja ohne alle Stricke vnd Ketten dergestalt binden kan / daß sie jhrer selbst vergessen / jhr behertztes Gemühte verliehren / den Waffen gramm werden / ja so gahr in die allereusserste Desperation vnd Verzweiffelung sich jämmerlich stürtzen! Ach wie gahr frembd ist mirs vorkommen / wenn ich andere / von den wunderbahren / vnd fast vngleublichen Effecten der Liebe habe discurrieren hören! Niemahlen hette ich mir auch die allergeringste Gedancken gemachet / das ein Weibesbildt mich hette überwältigen können / da es doch nunmehr so weit mit mir kommen ist / daß ich mit grossem Hertzeleidt / diese trübselige Welt gesegenen / vnd von hinnen scheiden werde / es sey denn / daß die eintzige / noch übrige Hoffnung / so ich zu der allerschönsten Eudociæ Bruder meinem getreuwesten Freunde Alexandro, dem Edlen vnd ritterlichen Jünglinge trage / mich etwas contentire, denn ich der vngezweiffelten Meinung gelebe / daß gleich wie dieser mein Freundt vor dieser Zeit Leib vnd Leben bey mir auffgesetzet / also er mir auch in dieser Sache die hülffliche [178] Handt gerne vnd willig biehten werde / Alexander gehet auff. ach wie frölich wolte ich alßdenn / o du schöneste LiebesGöttin Venus, dir vnd deinem Söhnlein Cupidini ohnzehliche Opffer thun. Aber sich da mein getrewester Freundt Alexander ist vorhanden.

ALEXANDER.

Durchleuchtigster Printz / gnädigster Herr / die Götter verleihen E[wer] Durchleuchtigkeit Glück / Heil vnd langes Leben.

DEMETRIUS.

O Alexander mein getrewster Freundt / die Götter erfüllen diesen Wunsch / O was kommet jhr mir jetzt eben zu rechter Zeit / in meiner grössesten Schwermühtigkeit.

ALEXANDER.

Was Durchleuchtigster Printz / Schwermühtigkeit? Woher solte die kommen? Wie soll ich daß verstehen? Die Götter wollen ja nicht zugeben / daß die Vngestühmigkeit vnnd böses Vorhaben des erbitterten Printzen Persei, E[wer] Durchleuchtigkeit Hertze vnnd Gemühte dergestalt turbiere, daß dieselbe jhrer vortrefflichen Tapfferkeit vergessen / vnd sich ob seinem gewohnlichen Schnauben vnd Trohen entsetze! Jst doch E[wer] Durchleuchtigkeit der Gunst vnd vnterthänigsten willens der gantzen Macedonischen Nation gnugsahm versichert / vnd bin meiner Weinigkeit nach gäntzlich resolviret, demselben in jhrer gerechten Sachen / mit Leib / Leben / Guht vnnd Blut getrewe assistentz zu leisten.

DEMETRIUS.

Ach mein getreweer Freundt Alexander, obs wol nicht ohn / daß mein Bruder Perseus mit seinem Anhange Tag vnnd Nacht dahin trachtet / wie er mich auß dem Thron der Glücksehligkeit / darinnen ich biß anhero frölich gelebet / gentzlich möge verstossen / so ist doch solches sein vnbilliches Vornehmen nicht so mechtig / daß es dadurch [179] meinem Gemühte jennjge alteration, oder sonderliche Beschwehrnüsse zufügen könte / ja ich trachte noch vielmehr dahin / wie ich die / mir vielfältig erwiesene Injurien vnd Tyrannische Thaten meines ergrimmeten Bruders / mit einer sonderlichen bestendigkeit vnd Gedult möge überwinden; Es ist aber viel ein anderer Schmertz vnd grössere Beschwerligkeit / so mich besagter massen tormentiret, welche mir nicht etwa von meinen rachgierigen Feinden / besonderen einer solchen Persohn / die ich auch mehr vnnd höher alse mein eigen Hertze / Seele vnnd Leben liebe / thut enstehen.

ALEXANDER.

Wie denn / Durchleuchtigster Printz / ists auch wol müglich / daß die allerliebste Freunde / den jenigen / welchen sie alles gutes gönnen / gleichwol allerhandt molestien vnnd Wiederwertigkeiten zuzufügen / auch nur gedencken solten? Billich hat man von denselben ja nichts / alse stedige Freundtschafft / Liebe / Ehre / vnd angenehme Dienste zu erwarthen.

DEMETRIUS.

Ach Alexander mein getreuster Freundt / nicht lasset euch solches wunder nehmen / das mein Hertz von der jenigen tormentiret vnd gepeiniget wird / von welcher wegen ich auch mein Blüht zu vergiessen / ja so gahr mein Leben williglich auffzuopfferen bereit bin; Damit ich euch aber nicht lenger in Zweiffel halte / so füge ich euch hiemit vertraulichst zu wissen / daß solche Persohn niemandt anders ist / alse die allerschönste Jungkfraw Eudocia, ewre vielgeliebte Schwester / die hat durch jhre vielfeltige Tugenden / Adeliche Gebehrde / Göttliche Schönheit / vnermeßliche Freundtlichkeit / vnnd hocherhabenes Lob / mein so Hertze vnd Seele in so grosse Schwermuht / Bekümmernüsse vnd Traurigkeit gesetzet / daß ich nunmehr nicht vnterlassen kan / Tag vnnd Nacht / alle meine Sinne vnd Gedancken eintzig vnnd allein auff sie zu legen / so / daß ich auch vnter der Sonnen nichtes so hoch wünsche / alse nur [180] wie ich jhrer Liebe theilhafft werden / vnnd sie zu einem Ehelichen Gemahl überkommen möge.

ALEXANDER.

Ach Durchleuchtigster Printz / gnedigster Herr / zu was Ende treiben doch E[wer] D[urchleuchtigkeit] mit mir vnwürtigen solche Schertzredung? Wie könde oder möchte doch dieselbe jenige affection oder Zuneigung meiner geliebten Schwester tragen / zwahr einer solchen Persohn / so da (angesehen E[wer] D[urchleuchtigkeit] Königliches herkommen vnd Geschlecht / vortreffliche Schönheit / vnnd hochberühmbte Fürstliche Tugendt) mit E[wer] D[urchleuchtigkeit] im weinigsten kan verglichen werden? Gelanget demnach an dieselbe mein vnterthänigstes bitten / sie wolle (wo fern es jhr sonsten gefellig) mit solchen vnnd derogleichen Reden / mich allergnedigst verschonen.

DEMETRIUS.

Wie Alexander, zweyffelt jhr an meiner Auffrichtigkeit / habt jhr auch jemahlen mein Hertze vnd Gemühte anders alse meine Zunge erfunden? Jch schwehre euch bey der grossen Göttinnen der Liebe / der allerschönsten Venere, daß ich in rechtschaffener / auffrichtiger Liebe / die ich gegen ewere vielgeliebte Schwester trage / jämmerlich sterben vnd verderben muß / wofern sie nicht durch ewre Hülffe vnd Raht mir gnedig ist / vnnd mich jhrer hertzlichen Gegenliebe lesset geniessen.

ALEXANDER.

Durchleuchtigster Printz / gnedigster Herr / E[wer] D[urchleuchtigkeit] weiß ja ohn mein Erinnern wol / wie ich deroselben / mit Leib / Ehr / Gut vnd Blut auffzuwarthen mich vorlengst obligieret habe; Demnach ich denn nun eigentlich verspühre vnd gnugsahm verstehe / daß E[wer] D[urchleuchtigkeit] eine auffrichtige Liebe vnd getrewe affection zu meiner vielgeliebten Schwester thut tragen / so verspreche ich deroselben hiermit an Eydes statt / daß gedachte meine Schwester keinem anderen alse E[wer] D[urchleuchtigkeit] soll zu theil werden / denn ich es auß [181] vnterschiedlichen anzeigungen vermercket / daß auch sie E[wer] Durchl[euchtigkeit] von grundt jhres Hertzen lieb hat / dessen sich denn dieselbe ohnezweifentlich wolle versicheren.

DEMETRIUS
ümbfehet Alexandrum.

Ach Alexander mein allerliebster Freundt / was sol ich euch beydes vor diese vnd viel andere erwiesene Gutthaten vor eine genugsahme recompens thun? So lange ein lebendiger Odem in meinem sterblichen Cörper wird wohnen / wil ich nicht vergessen solcher mehr alß Brüderlichen Freundtschafft / aber lasset vns nur hinein eilen / denn mein verliebtes Hertze wallet gleichsahm im Bluht / ja ligt auch zugleich in einer brennender Glüht / vnnd wünschet nichtes so sehr / alß daß es baldt baldt / zu dem gewünscheten Ende seiner Glückseligkeit gelangen möge. Sie gehen ab.

5. Szene
[182] Scena V.
Perseus, Didas, Lurco, zugleich.

PERSEUS.

Was sagstu Dida, hastu dich so höchlich bemühet die allerschönste Eudociam zur Liebe vnd Freundtschafft gegen mir zu bewegen?

DIDAS.

Ja warlich / durchleuchtigster Printz / ich habe mir vnter allen Geschefften keines so hoch vnd fleissig angelegen seyn lassen / alse wie ich das Steinharte Hertz dieser vortrefflichen Jungfrawen erweichen / vnd zu E[wer] D[urchleuchtigkeit] Willen bereden möchte / bin aber leider / leider / dermassen vnglückselig gewesen / daß ich bey jhr auch weiniger denn nichtes außrichten können / welcher vnbeweglicher vnnd steiffer Sinn nirgends anders hero rühret (wie ich denn solches kurtz hernach vernommen) alß daß sie sich vnd jhre Liebe eintzig vnd alleine dem Printzen Demetrio ergeben / deme sie auch ewige Trewe soll geschwohren haben / Dannenhero leichtlich zu vermuhten / daß man sie schwerlich von jhme werde reissen können / es sey denn daß der Printz Demetrius hinweg geschaffet / vnnd andere Ohrter verschicket werden.

PERSEUS.

O Weh mir vnglückseligsten / O weh mir elendesten Creatur auff Erden! Verfluchet sey die Stunde / in deren ich meiner bitteren Liebe einen Anfangk gemachet habe / Verfluchet sey mein leichtfertiger Bruder Demetrius, der das Hertz der allerschönsten auff Erden zu sich hat gerissen! Verfluchet sey alles das jenige so mich hindert / daß ich der vortrefflichsten Eudocia? Liebe nicht kan geniessen! O Wehe mir / wehe mir! Demetri, du must von meinen Händen sterben / oder ich arbeitseliger muß meinem elenden Leben eine erbärmliche Endtschafft geben.

[183]
LURCO.

Durchleuchtigster / hochgebohrner / vnüberwindtlichster Printz / allergnedigster Fürst vnd Herr / die Götter wollen ja nicht zugeben / daß ein solcher hochberühmbter Heldt / dessen gleichen man anjetzo im gantzen Macedonischen Reiche / ja im gantzen Griechenlande / ach was sage ich von Griechenlande / in der gantzen weiten vnd breiten Welt nicht kan finden! eines so erbärmlichen Todes solte sterben? Viel hundert tausentmahl lieber wolte ich wünschen / daß der leichtfertiger Demetrius mit seinem gantzen Anhange vor alle Teuffel hinweg wehre. Vnd fürwahr das muß seyn / Demetrius soll vnd muß weichen / ich will Raht vnd That dazu geben / so lange ich einen warmen Blutstropffen beym Hertzen habe. Jch zwahr halte es davor / es müsse die Eudocia ja gentzlich bezaubert seyn / daß sie jhre Liebe vnd Freundtschafft viel ehe vnd lieber dem elenden Demetrio, alß eben E[wer] D[urchleuchtigkeit] hat geben wollen. Denn wer weiß nicht daß E[wer] Durchleuchtigkeit / vnter allen Fürsten der schöneste / vnter allen Kriegeshelden der tapfferste / vnter allen jhren Rähten der klügeste / vnter allen Colonellen vnd Obristen der berühmbteste / ja vnter allen so da leben / der edelste / mechtigste / reichester vnd vortrefflichster Potentat der gantzen grossen vnd weiten Welt ist.

PERSEUS.

Du redest zwahr mein liebster vnnd getreuester Diener Lurco an diesem allem die Warheit / es ist aber nicht genug / daß wir bloß solches alles wissen / wir müssen vornehmlich dahin bedacht seyn / wie wir Demetrium vom Hoffe hinweg schaffen / derowegen / mein getrewster Freundt Dida, ich jhn hiemit abermahl auff daß fleissigste will ermahnet haben / mir einen guten vnnd getrewen Raht mit zutheilen / wie doch die Sache recht sey anzufangen / vnd denn auch zum gewünscheten Ende zu bringen.

[184]
DIDAS.

Durchleuchtigster Printz / gnedigster Herr / den allerbesten Raht / welchen ich in dieser so wichtigen Sache / E[wer] Durchl[euchtigkeit] kan suppeditiren vnd mittheilen / ist dieser / daß man Jhre Königl[iche] Majestätt dahin berede / daß weil sie nun ein grosses vnd mechtiges Kriegesheer bey einander haben / sie auff das schleunigste jhre Gesandten zu den Römeren abfertigen / selbigen einen betrieglichen / doch gleichsahm ewigwehrenden Frieden anbiehten / vnd zu mehrer bekrefftigunge solcher Pacification, jhnen sein Sohn Demetrium vor einen Geisel oder Bürgen præsentiren lasse / biß daß sich andere vnd bequeme Mittel / den Krieg wieder sie die Römer fohrt zusetzen / ereuge. Dieses wird warlich / das einige / beste vnd sicherste Mittel seyn / den Printzen Demetrium gantz vnnd gahr von Hoffe hinweg zuschaffen.

PERSEUS
ümbfähet Didam.

O Dida, Dida, mein allergetrewester Freundt / was soll ich jhme doch beydes vmb diese vnd viele andere trewlich geleistete Dienste vnnd Gutwilligkeit vor eine gnugsahme Vergeltung thun? Jch hette fürwar in alle Ewigkeit keinen besseren Raht gewust zuerdencken / nun wollan / ich zweiffele nicht meinen Herren Vater mit leichter vnd geringer Mühe zu diesem Wercke zubereden.

LURCO.

Ja warlich / dieser Raht ist vber die masse gut / was gilts / der Demetrius soll bald marchiren. Perseus aber / die Krohne vnnd Zierde aller Königlichen Printzen vnnd tapfferen Helden / wird die eintzige Sonne vnd Liecht dieses Hoffes bleiben / er allein muß die schönste Eudociam zur Liebhaberin überkommen ach was werden wir alßdenn manche Nacht in höchster Fröligkeit verzehren.

DIDAS.

Jch zweiffele durchauß nicht / die Götter werden vns in diesem vnseren Vorhaben dergestalt beystehen / daß alle vnsere Sachen nach Wunsch vnd Willen ergehen werden. [185] Aber die Sache will gantz vnd gahr keinen Verzug leiden / wir müssen darmit auff das schleunigste fohrtzufahren vns befleissigen.

PERSEUS.

Ja warlich Dida du redest recht / es verlanget mich auch von Hertzen / biß vnser Anschlag ins Werck gerichtet werde / darumme wollen wir nun eiligst hinein gehen / vnsere Meinung auff daß förderlichste dem Könige zu entdecken.

6. Szene
[186] Scena VI.
Demetrius, hernach Eudocia.

DEMETRIUS
gehet allein auff.

Nun habe ich warlich grossen Fueg vnd Vrsachen mich für den allerglückseligsten Menschen dieser Welt zu schetzen / nach deme mir alle meine Anschläge vnnd Vornehmen so wol vnd glücklich / ja nach meines Hertzen Sinn / Wunsch vnd Willen außgehen / also daß ich gewißlich gleube / es habe nunmehr der grosse Raht der vnsterblichen Götter gentzlich beschlossen / mir in allen dingen jhre Hülffe vnd Beystandt zu leisten. Ach was habe ich doch hiebevohr übergrosse Schmertzen vnd ängstliche Traurigkeit eine geraume Zeit erlitten vnd außgestanden! Ach mit was hefftiger Begierde habe ich die Huldt vnnd Freundtschafft / der allerschönsten vnd tugendtreichsten Jungfrawen Eudociæ gesuchet? Bin aber (lob sey den gühtigsten Göttern) so glückselig / daz ich das jenige / was ich so hefftig begehret / endtlich noch habe erlanget. Dieses mein grosses vnd vnermeßliche glück begere ich vmb keine Schätze Reichtumb noch herrligkeit dieser Welt zuvertauschen / habe dannenhero jetzt genugsahm Vrsache / alles Trawren / Sorge / Melancholey vnd Bekümmernüsse gentzlich fahren zu lassen / alldieweill ich gewißlich versichert / daß mich die allerschönste / züchtigste vnd tugendtreichste Weibespersohn / vnter allen so jemahls gelebet / jtzo leben / vnd in künftiger Zeit leben werden / hertzgründtlich liebet / wünsche auch endtlich nichtes so sehr / alß daß ich den frölichen Tag erleben müge / an welchem ich solcher ohngeferbten Liebe vollenkömlich möchte geniessen. [187] Eudocia gehet ein. Aber was sehen meine Augen dort für ein güldenen Sonnenschein hervor leuchten / was für ein glentzender Thresor erfrewet mein Leib vnnd Seel / Er gehet zu jhr / vnd ümbfehet sie. Ach ausserwehltes Lieb / allerhöchster Schatz / Auffenthalt meines Lebens / süsser Tranck meiner Seelen / seyd mir zu hundert tausend mahlen willkommen / ach wie thut jhr mich mit ewrer lieblichen Præsentz so hertzlich erfrewen.

EUDOCIA.

Durchleuchtigster Printz / gnedigster Herr / ob ich zwahr wol bey mir selber gnugsahm kan erkennen / wie ich so gahr zu schlecht vnd gering bin / E[wer] Durchleuchtigkeit gebührende Ehrendienste zu erweisen / jedoch so bezwinget mich die sonst vnbezwingliche Krafft / so auch über die grimmigsten Thiere herschet / nemblich die fewrige Liebe / daß ich mich nicht schewe / (ohnangesehen es mir von den bößhafften Verleumbderen zum ärgesten möchte gedeutet werden) auff E[wer] Durchleuchtigkeit allergnedigstes begehren an diesem Ohrte zuerscheinen / vnterthänigst bittend / dieselbe wolle mich jhrer hochberühmten Leutsehligkeit nach / in Jhre Fürstliche Favor, Gnade vnd Huld auff vnnd annehmen.

DEMETRIUS.

Allerschönstes Bildt / ausserwehlter Schatz meines Lebens / wie dörffet jhr doch meiner Liebe / Hulde vnd Gnade begehren / alß welche ihr vorlengst zu euch gerissen / ja mit ewrem Hertzen vereiniget haben / vielmehr habe ich gantz demühtiglich zu bitten / jhr wollet mich ewren getrewsten Diener zeit meines Lebens nur seyn vnnd bleiben lassen / denn ich euch versichere / wenn jhr mich ewrer Liebe vnd Freundtschafft würdigen werdet / ich mich alßdenn den allerglückseligsten Chevallier der Welt mit gutem Grunde kan rühmen vnd preisen.

EUDOCIA.

Durchleuchtigster Printz / allerliebstes Hertz / wie könte oder möchte ich doch einer so hohen / vnd mit den [188] allerfürtrefflichsten Gaben / so wol des Leibes alß des Gemühtes hochgezierten Persohnen meine Liebe vnd Freundtschafft versagen / vielmehr habe ich den vnsterblichen Götteren ewiges Lob / preiß vnd danck zusagen / daß sie das Hertze vnnd Gemühte eines so hochberühmbten Printzens mir zugewendet / daß er auch vnter so viel Königlichen / Fürstlichen vnd überauß schönen Dahmen / eintzig vnd allein mich schlechtes Junckfrewlein hat erwehlet. Diesem allem nach / thue ich nun hiemit E[wer] Durchleuchtigkeit mein getrewestes Hertz vnterthänigst offeriren vnd darher reichen / demühtigst bittendt / dasselbe dergestalt zu tractiren, alß dieselbe vermeinen wird / das es jhrer Hocheit wol vnd rühmlich anstehe vnd gebühre.

DEMETRIUS.

Allerschönste Creatur / außerwehlte Krohn meines Hertzens / vnmüglich ist es mir jenigem Menschen erkennen zugeben / wie hefftig vnd geschwinde diese ewre liebreiche vnnd über alle masse anmuhtige Worte mir alles mein Geblühte erreget / in deme jhr mir ein so köstliches vnnd theurbahres Geschencke / nemblich ewer Hertze habet præsentiret vnd übergeben / zweifelt nicht allerliebste / daß ich selbiges nicht allein / fleissiger vnd trewlicher alß mein eigens / will in acht zunehmen wissen / besonderen auch in Fall der Noht mein Leben davor gantz willig auffzuopfferen / zum Zeichen aller solcher hertzgründtlichen affection vnnd vngefelscheten Liebe / nehmet an von mir diß zwahr geringschätzige aber doch auß einem rechtschaffenen Gemühte herfliessendes Geschencklein / Nimbt eine Ketten von seinem Halse / vnd henget sie der Eudociæ an. welches so offt jhr es ansehet / so erinnert euch ewres allergetrewsten Liebhabers / alß der sich hiemit verpflichtet / euch bestendiglich biß in so den Todt zu dienen.

EUDOCIA.

Durchleuchtigster Printz / allerliebstes Hertz / kein angenehmers vnd wolgefelligers Geschenck ist mir Zeit meines Lebens zu handen gestellet worden / angesehen [189] es von dem jenigen herrühret deme ich mein Junckfreuliches Hertze in Liebe vnd Trewe gentzlich ergeben / bitte demnach vnterthänigst / Ewer Durchleuchtigkeit wolle auch von mir Ziehet ein Kleinot auß dem Busem. dieses geringe vnd schlechtes / doch auß guter Wollmeinunge herrührendes Kleinoht / daß ich jederzeit auff meinem Hertzen getragen / allergnedigst auff vnd annehmen / vnd jhr dasselbe wolgefallen lassen.

DEMETRIUS.

O Des angenehmen Kleinohts / O der thewrbahren Gabe! O des herrlichen vnnd köstlichen Geschenckes! Wie könte oder möchte mir doch immermehr grössere vnnd gefelligere Freundtschafft wiederfahren. Er küsset sie. Jch will selbige Zeit meines Lebens mit meinen getrewesten Diensten danckbahrlich zu erkennen wissen.

EUDOCIA.

Ach gnedigster Herr / allerliebster Schatz / E[wer] Durchleuchtigkeit wollen doch dieses gahr geringes vnd vnansehnliches præsent also nicht erhöhen; Ob ich nun zwahr mich wol zu erinneren weiß / daß E[wer] D[urchleuchtigkeit] mit einem viel stahtlichern vnd einer so hohen Fürstlichen Persohnen wol geziehmenden Geschencke / billich von mir solte verehret werden / Nun fehet man an etwas sanfft in der Scena zu blasen / alse wolte der König auffgehen. so zweiffele ich doch nicht / es werde sich Ewer Durchleuchtigkeit auch dieses geringe wolgefallen lassen / in betrachtung solches auß einem getrewen Hertzen vnd Gemühte herrühret. Aber was höre ich / was mag doch immermehr das Blasen bedeuten?

DEMETRIUS.

Ach allerliebstes Hertz / ausserwehltes Lieb / dieses vnsehlige Blasen wird eine gewisse Anzeigung seyn / daß wir schleunig werden von einander scheiden müssen. Ach der kurtzen Zeit! Ach der flüchtigen Stunde! Ach des betrübten Scheidens! Ohne allen zweiffel ist mein Herr Vater sampt seinen Rähten vorhanden.

[190]
EUDOCIA.

O / wehe mir / wehe mir! Ach möchte ich nur noch eine eintzige Stunde bey E[wer] D[urchleuchtigkeit] verbleiben! O Zeit wie fleugstu schnel dahin! O Ou verfluchtes Glück / daß du liebhabende Hertzen bey einander fügest / vnd benimbst jhnen hernachmahlß Zeit vnd Gelegenheit / jhre höchste Geheimnüssen gnugsahm zu offenbahren.

DEMETRIUS.

Ach ja / Allerliebste / billich / billich haben wir vns deßwegen zubeklagen / aber ohnmüglich ist es vns solche grosse Vngelegenheit zuenderen. Nun Adieu mein außerwehltes Hertz / mein Leben / meine Sonne / meine Frewde vnd Wonne / O jhr Götter helffet vns baldt wiederumb zusammen.

EUDOCIA.

Adieu Durchleuchtigster Printz / Adieu mein edelster Ritter / mein einiger Schatz / meine Hoffnung vnd Trost / Adieu es muß geschieden seyn.


Sie gehen ab / jedoch durch vnterschiedliche Thüren.
7. Szene
[191] Scena VII.
Philippus, Perseus, Antigonus, Poris zugleich / fast zu Ende der Scenen kommen Demetrius vnd Didas.

PHILIPPUS
setzet sich in den Thron / wie auch die andere.

Gantz wunderbahre / seltzahme / vnd fast vngläubliche Zeitungen werden jtzo anhero gebracht / welche vns das nunmehr beschlossene vnd bereits angefangene Kriegeswesen fohrtzusetzen / nicht zwahr gantz abwendig machen / besonderen in einen grossen vnd gefehrlichen Zweiffel setzen. Denn / nach dem wir gentzlich bedacht wahren / vnsere abgesagte Feinde die Römer (welche sich in frembden Ländern / Herrschafften / vnd Provincien eines gahr zu grossen Gewalts anmassen) mit einer gewaltigen Kriegesmacht anzugreiffen / so werden wir doch / durch vnsere alte Feinde vnd Widersacher / nemblich die Athenienser, Rodieser vnd ander Griechen mechtig daran verhindert. Diese Rebellische Nationen schmertzet es nun über alle massen / daß sie von vns vnd vnserem ritterlichen Kriegesheer / so offt vnd vielmahls sind bestritten vnd überwunden / jhre Länder verheret vnd verderbet / jhre feste Schlösser vnd Städte zerstöret / jhre mannliche KriegesObristen erschlagen / ja sie fast gahr in das eusserste Verderben gestürtzet worden. Damit sie nun aber solche jhnen angelegte billiche Straffe / an vns vnnd vnserem gantzen Königreiche vindiciren vnd rechen möchten / alse haben sie vor das rahtsahmste angesehen / sich mit vnsern Erbfeinden den Römeren zu conjungiren, deroselben Hülffe sich zugebrauchen / vnd also einmühtiglich vnserer Macht zu wiederstehen. Zu dem Ende so haben sie nun eine ansehnliche Kriegesmacht zusammen [192] gebracht / mit grosser Mühe vnd Vnkosten / der eigentlichen Intention vnd Meinung / bey ehister bequemer Gelegenheit / vnsere Königreiche vnnd Lande zu überfallen / alles mit Fewer vnd Schwehrt darinnen zuverfolgen vnd ruiniren, biß endtlich / so bald die Römische Macht zu jhnen gestossen wehre / sie vns eine blutige Feldtschlacht lieferen / vnd also diesem gefehrlichen Kriege seine Endtschafft geben möchten. Wann nun aber diese Händel von schwehrer vnd weitaußsehender Importantz seyn / wir aber nicht allerdings sehen / wie selbigen bey Zeiten vorzubawen / in betrachtunge / diesen nunmehr angefangenen Krieg wiederumb abzustellen / theils sehr schedlich vnnd gefehrlich / theils aber auch fast schimpflich / beyden gewaltigen Armeen aber sich zuwieder setzen / gantz beschwehrlich sein würde; Alß begehren wir hiemit gnedigst / jhr (alß denen vnsere vnd des Reiches Wolfahrt zum allerhöchsten billich angelegen sein soll) wollet vns hierüber ewer vernünfftiges Bedencken communicieren, damit dem Landtverderblichen Vbel noch in der zeit möchte vorgebawet werden.

PERSEUS.

Großmechtigster König / allergnedigster Herr Vater / daß jenige / was E[wer] Majestät / von den jetzschwebenden Kriegesleufften hochvernünfftig erwehnet / wie sie nemblich bey diesem Zustande / den nunmehr angefangenen Krieg mit nichten abzustellen / viel weiniger aber der gesambten Macht / so wol der Römer alse Griechen zu wiederstehen / bedacht seyn / solches erachte ich meinem schlechten vnd geringen Verstande nach sehr wol / nützlich vnd klüglich geredet seyn. Wann nun aber gleichwol wir / entweder eins von diesen müssen erwehlen / oder aber doch einen Mittelweg treffen / vnd aber Ewer Majestät vnsere Meinung hierinnen zuvernehmen allergnedigst begehret / alß finde ich kein bessers / sichers noch bequemlichers Mittel / alß daß man die Römer mit guthen Wortten / scheinbahren Verheissungen / vnnd anderen derogleichen Practiquen hinderlistet / insonderheit daß man von Frieden [193] mit jhnen tractire, zwahr einem solchen / der jhnen vnsicher / gefehrlich / vnd nachtheilig / damit sie aber solches nicht etwa vermercken / man jnen ernstlich angelobe / gedachten Frieden festiglich stets vnd vnverbrüchlich zuhalten / ja auch zu mehrer Versicherung jhnen etwa einen gnugsahmen Burgen oder Geisel alse meinen Bruder Demetrium überliefere / vnd auff solche weise jhre Macht vnd Vermügen von der Griechischen gantz vnd gahr absondere / Wenn nun solches alles seine Richtigkeit erlanget hette / alßdenn wehre es die rechte vnd bequehme Zeit / der Griechen Länder mit der grössesten Heeresmacht anzufallen / vor allen dingen der vornehmbsten Pässe sich zubemechtigen / die Zufuhr des Proviandts jhnen abschneiden / vnd wenn denn sedes Belli also in jhre eigene Länder gebracht / die Hauptstatt derselben / nemblich Athen mit einer ernstlichen Belagerunge anzugreiffen / vnd nach derer glücklichen Eroberunge / die platte Länder vnter Contribution zu setzen / biß endtlich die Griechen ins gemein durch solche harte Krieges Pressuren gezwungen würden / dem Macedonischen Joch sich gentzlich zu vntergeben. Wenn denn nun die Griechische Provincien dergestalt bezwungen vnd überwunden / alßdenn könten wir mit gahr geringer Mühe / die sichere Römer überfallen / zertrennen / schlagen / vnd auff das Haupt danieder legen.

PHILIPPUS.

Perseu mein Sohn / vnter der Sonnen erfrewet mich nichtes so sehr vnd hertzlich / alß daß ich augenscheinlich spühre vnd vermercke / wie daß die vnsterbliche Götter dich nicht allein mit tapfferkeit vnd mannheit / besonderen auch mit hohem Verstande vnd Weißheit / mildiglich begabet vnd gezieret haben. Denn / wenn ich in ewrer aller Gegenwahrt / die Warheit aufrichtig soll bekennen / so bezeuge ich hiemit vnverholen / daß ich auch niemahls besseren vnd gewünschetern Raht hette können erdencken / bin der gäntzlichen Meinung / dieses sey eben das rechte Mittel / dadurch wir vnserer Feinde grosse Macht [194] trennen / die Römer hinterlisten / vnd der Griechen Feindtlichen Anfall auffhalten / ja gantz vnd gahr zu schänden machen können. Aber sagt doch an Herr Vetter Antigone, wie gefeit jhm doch diese Meinung / hat mein Sohn Perseus in diesem Passu nicht wol vnnd klüglich gerahten?

ANTIGONUS.

Großmechtigster König / allerliebster Herr Vetter / demnach E[wer] Liebe auch vnsere Meinung auff vorgebrachten Raht zu vernehmen begehren / alß erkennen wir vns schuldig / deroselben hierinnen zu willfahren / will aber anfengklich auff daß fleissigste protestiret haben / man wolle mir das jenige / was ich vor diesesmahl vorzubringen bedacht bin / nicht zum ärgesten deuten / angesehen ich hierinnen gantz vnd gar keinen privat Nutzen meinen passionirten affecten nach / sondern vielmehr das Heill vnd die Wolfahrt E[wer] Liebe vnd des gantzen Macedonischen Reichs bey mir er wege vnd betrachte. Damit ich aber E[wer] Liebe mit weitleufftigem discurriren nicht zulange auffhalte / will zwahr ich / den nunmehr angefangenen / vnd mit des Reiches grossen vnd beschwehrlichen Vnkosten ins Werck gerichteten Krieg / keines weges deroselben wiederrahten / vielmehr suppeditire ich jhr / (so viel an mir ist) die vortreglichste Consilia vnd Raht schläge / was massen derselbe zu einem gewünscheten Ende möge gebracht werden. Daß man sich aber beyderseits Armeen / so wol der Griechen alß der Römer zugleich widersetzen soll / weiß E[wer] Liebe jhrem hocherleuchteten Verstande nach selber / wie gefehrlich vnd beschwerlich dasselbe sey / dannenhero auch gantz vnnöhtig weitleufftige Dicentes davon zu machen. Was nun anlanget / daß man mit den Römeren einen Frieden schliessen solte / damit den Griechen desto krefftiger Wiederstandt geschehen müchte / lasse ich mir zwahr solche Meinung wolgefallen / aber doch also / daß selbiger Friede / ein auffrichtiger / wolgemeinter vnnd bestendiger Friede sey / nicht ein solcher falscher wanckelmühtiger / vnnd trewloser / wie der Durchleuchtigste Printz [195] Perseus E[wer] Liebe an die Handt giebt / denn zu deme / daß die Römer gahr schwehrlich einen Frieden mit vns eingehen werden / angesehen sie jhre Bundesgenossen die Griechen / nicht so leicht in der Noht stecken lassen / so ist wol zu bedencken / daß sie hernachmahls / wenn sich etwa das Glücke von vns zu jhnen wendete / die jhnen erwiesene grosse Vntrewe / ja schendtliche Betriegerey mit einer grewlichen Raach würden heimzusuchen wissen. Noch vielweiniger will ich meines theils dazu gerahten haben / daß man den Durchleuchtigsten Printzen Demetrium, alse eine Geisel oder Bürgen den Römeren übergebe / denn wer weiß nicht / das Demetrius ein vortrefflicher Heldt vnd berühmbter Kriegesmann / ja auch zu Friedenszeiten ein sehr nützlicher Regente ist / der vns auch vielmehr allhie beym Kriegeswesen alse zu Rom / (da er / wenn die Betriegligkeit des Friedens solte an den Tag kommen / in grosser Gefahr stecken würde) nutz vnd dienstlich seyn kan. Vnd ist dieses also kürtzlich mein einfeltiges Bedencken auf vorgebrachte Rahtschlege / welches ich E[wer] L[iebe] meiner Schuldigkeit nach nicht habe verhalten sollen noch wollen.

PHILIPPUS.

Mit grosser Verwunderung / Herr Vetter Antigone habe ich ewre Meinung vernommen / spühre darauß so viel / daz sie dem Rahtschlag / welchen der Printz Perseus geben / durchauß zu wieder ist. Muß doch gleichwol weiter hören / was doch ewer Bedencken Herr Statthalter in diesem Falle / ob auch jhr diesen Sententz so gentzlich euch werdet mißfallen lassen.

PORIS.

Großmechtigster König / allergnedigster Herr / wenn ich die Rede / so der Durchleuchtigster Printz Perseus anfenglich von diesen hochwichtigen Sachen gehalten / recht vnd wol bey mir erwege / so befinde ich / daz dieselbe vornehmlich zweyerley wichtige Hendel concerniret vnd betrifft: Einmal / daß man mit den Römeren hinderlistiger[196] weise einen Frieden machen / auch zu mehrer Versicherung derselben / den Durchleuchtigsten Printzen Demetrium, alß einen Geisel oder Bürgen nach Rom schicken; Vnd denn fürs Andere / nach getroffener Pacification, vnsere Feinde die Griechen mit gesampter Macht angreiffen / jhre Länder verheren / jhre Vestungen einnehmen / vnd sie also endtlich vnter das Macedonische Joch vnd Gewalt soll bringen. Den Frieden betreffendt / so kan ich nicht vnterlassen den Durchleuchtigsten Printzen Perseum zu erinnern / daß anfenglich das Römische Volck denselben schwehrlich mit vns eingehen werde / es sey denn daß wir jhre Bundesgenosse / vnd vnsere Feinde die Griechen mit darein schliessen / vnsere Krieges præparatoria einstellen / vnd die Athenienser vnd andere / bey ihren alten Privilegien vnnd Freyheiten geruhiglich verbleiben lassen; Diese Friedeshandlung aber / würden wir nicht allein mit Bürgen / besonderen auch mit hohen vnd thewren Eyden bekrefftigen müssen; Solche einmahl geleistete Bethewrunge aber / hernachmahls leichtfertiger weise zu brechen / hat warlich ein grosses Bedencken / vnd ist über die masse gefehrlich / angesehen auch die vnsterbliche Götter die Meineidigen mit den allergreulichsten Straffen pflegen heimzusuchen. Anlangendt weiter die Person des Printzen Demetrij, will ich gleichfalß keines weges dahin gerahten haben / daß man ein solches Edles / Mannhafftes Blüht so ringfertig in die Schantze schlagen / vnd mit so grosser Gefahr vnd Spott alse einen verkauften Schlauen dem Römischen Volck soll zuschicken / weiß auch wol / wenn jhme ein solches solte aufferleget / vnd er deßwegen besprochen würde / sich dessen höchlich würde weigeren / möchte wünschen / daß seine Durchleuchtigkeit zugegen wehr / alßdann würde es der Augenschein klährlich geben.

PHILIPPUS.

Wir haben vnserem Hoffemeister Didæ anbefohlen / daß er jhn stündtlich zu vns in den Raht führe / weiß nicht [197] was vor Geschäffte sie auffhalten / daß sie noch nicht zugegen seyn.

PERSEUS.

Großmechtigster König / allergnedigster Herr Vater / mit grosser vnd nachdencklicher Verwunderung habe ich daß jenige was so wol mein Herr Vetter Antigonus, alse auch nach jhme der Herr Statthalter auff gedachten meinen Vorschlag geantwortet / vernommen / weiß nicht wohin ichs deuten soll / denn entweder muß dieses jhr Bedencken auß forcht / welche sie des bevorstehenden Krieges halber in jhrem Gemühte tragen / oder aber auß allzugrosser Affection vnd Liebe / damit sie sonderlich meinem Bruder Demetrio verwandt seyn / herrühren vnd kommen. Jch aber will E[wer] Majestätt nochmahlen vnterthänigst ersuchet vnd gebeten haben / sie wolle solchen meinen wollgemeinten Raht / jhrer hohen vnd erleuchteten Discretion vnd Königlichem Verstande nach etwas reifflicher erwegen / vnd nachmahls davon judiciren, ob nemblich dieses nicht sey das allersicherste Mittel / vnsere abgesagte Feinde die Römer gentzlich zu überwinden. E[wer] Majest[ät] lasse sich doch nicht so leicht von jhrer gefasseten Meinung abschrecken / lasset vns nur bestendig bleiben / ich versichere E[wer] Majestät / daß ich nicht will ablassen / so lange ein warmer Blutstropffen bey meinem Hertzen / die Schmach vnd Hohn / so sie E[wer] M[ajestät] vnd dero gantzem Königlichen Hause erwiesen / mit Fewr vnnd Schwert auff eusserste zu refensiren, Demetrius vnd Didas gehen ein. Werden wir nun bey solcher standthafften resolution verharren / so ist kein Zweiffel / wir wollen in kurtzen über die hochmühtige Römer triumphiren. Aber mein Bruder Demetrius, ist benebenst dem Hofemeister Dida verhanden. Demetrius nach gethaner Reverentz setzet sich / wie auch Didas.

[198]
PHILIPPUS.

Demetri, die Vrsache / warumb wir dich anhero in vnseren Raht fodern lassen / ist diese / daß weil wir nunmehr gentzlich entschlossen / einen sicheren Frieden mit den Römeren zu tractiren, alse ist von vns semptlich vor rahtsahm erachtet worden / dich alse einen Geisel oder Bürgen nach Rom zuverschicken / zu welcher Reise denn du dich bald mit allen nohtwendigen Sachen wirst gefasset machen.

DEMETRIUS
erschrickt.
Mich nach Rom Großmechtigster König allergnedigster Herr Vater?
PHILIPPUS.
Ja Demetri, nach Rom / aber sage an warumb erschrickstu darob so hefftig?
DEMETRIUS.

Großmechtigster König / allergnedigster Herr Vater / ob ich mich wol schuldig vnd pflichtig erkenne / E[wer] Königl[ich] Mayst[ät] allen Kindtlichen gehorsahm zu erweisen / so bitte ich doch vnterthänigst mich vor diesesmahl mit solcher Abfertigung allergnedigst zu verschonen / kan ich sonsten E[wer] Majestätt / vnd dem gantzen Reiche in bevorstehendem Kriege mit Leib vnd Leben dienen / sol mich Ewer Majestät zu allen vnd jeden zeiten willig vnd bereit erfinden.

PHILIPPUS.

Demetri, ich verstehe nicht was dieses dein bitten soll / weistu nicht / daß du deinem Herren vnnd Vater / ja auch dessen Königreiche vnd Länderen zu dienen / vnd vor allen Dingen vns zugehorchen verobligiret bist / darumb so mache hievon keine weitere Dicentes, besonderen rüste dich auff das schleunigste zu deiner bevorstehenden Reise.

DEMETRIUS.

Großmechtigster König / allergnedigster Herr Vater / ich bitte nochmahlen vnterthänigst durch alle Götter / Ewer Majestät wolle mich doch zu dieser Reise / dazu [199] mein Hertze vnnd Gemühte gahr zu vnwillig ist / nicht zwingen / ich verbleibe ja sonsten / E[wer] Majestät allergetrewester Diener / die gantze Zeit meines Lebenns?

PHILIPPUS
wird sehr zornig.

Was sagstu Demetri, darffstu noch weiter bitten / vns damit zuerzörnen? Jch gebiehte dir ernstlich / daß du bey vermeidunge vnserer höchsten Disgratia vnd Vngnade kein eintziges Wort hievon weiter redest / besonderen dich stündtlich zu deiner Reise fertig machest. Wir aber wollen vnß wiederumb zu der Armee verfügen / damit die Kriegessachen mit fleiß expediret, vnd ins Werck gerichtet werden. Sie gehen alle ab / Perseus gantz frölich / Demetrius aber sehr trawrig / vnd wird vnter dem Abgehen in der Scena geblasen.

8. Szene
[200] Scena VIII.
Alexander vnd Eudocia zugleich / hernach kompt Demetrius.

ALEXANDER.

Von Hertzen bin ich erfrewet / vielgeliebte Schwester / daß sie von dem Durchleuchtigsten Printzen Demetrio so hertzlich wird geliebet / ich bin der gentzlichen Hoffnung / solche ewre Freundschafft / vnnd künfftige Schwägerschafft / soll vnserem gantzen Geschlechte zu besonderen Ehren / auch höchster Glückseligkeit vnnd Wolfahrt gereichen.

EUDOCIA.

Hertzliebster Bruder / ich muß mich offt selber zum höchsten verwunderen wie doch der edle Printz / so viel Königlicher / Fürstlicher vnd anderer auß den höchsten Hauseren vnd Geschlechten entsprossenen Jungfrawen hindan gesetzet / eintzig vnd allein mich vor sein liebstes vnd künfftiges Ehegemahl hat erkohren / weiß aber nichts anders zu schliessen / alß daß dieses Werck sey eine sonderbahre Schickunge der höhesten vnd vnsterblichen Götter / denen es ohne zweiffel / ehe ich noch gebohren / also gefallen hat / daß ich nemblich in grossen Ehren / vnd Fürstlicher Herrligkeit mein Leben solte zum Ende bringen. Sie stehet sehr betrübet.

ALEXANDER.

Vnd eben deroselben Meinunge bin auch ich / weßwegen wir vns auch billig von Hertzen zu erfrewen vnd den Götteren zu dancken haben / insonderheit / weil auch vnser Herr Vater ein sonderliches Gefallen an solcher Heyraht thut tragen / wie er denn solches zu vnterschiedlichen mahlen / beydes mit Worten vnd Gebehrden gnugsahm hat zu verstehende geben. Aber vielgeliebte Schwester [201] ich bitte / sie lasse mich doch wissen woher es komme daß sie in so tieffen vnd schwermühtigen Gedancken stehet / es kompt mir jhr Angesicht jetzo trawriger alß gesteren vohr / ist sie etwa deßwegen so hefftig bekümmert / daß sie nicht stets bey jhren allerliebsten Printzen seyn kan?

EUDOCIA.

Jch kans zwahr nicht leugnen / daß wol mein Hertze an dem seinigen kleibt / ich bey keinem eintzigen Menschen vnter der Sonnen mich lieber finden lasse / alse bey jhm; Jtzo aber stehe ich vnd betrachte den sehr trawrigen Traum / der mir die nechstverwichene Nacht im schlaffe ist vorkommen / welches Traums wegen / ich fast diesen gantzen Tag über sehr bestürtzet bin gewesen. Demetrius gehet auff / ist über die masse Melancolisch / mit niedergeschlagenem Häupte / stehet auff der einen Ecke des Theatri, siehet aber Alexandrum vnd Eudociam nicht.

ALEXANDER.

Ob ich zwahr nicht viel auff Träume halte / dennoch bitte ich / die Schwester wolle mir diesen jhren Traum erzehlen. Aber wen sehe ich dar so gahr trawrig vnd betrübt herümmer gehen / ist mir recht / so ist es niemandt anders alß der Printz Demetrius.

EUDOCIA.

Ja warlich es ist mein allerliebster; Ach ich kan mich nicht enthalten / ich muß eilends hin zu jhm lauffen.

ALEXANDER
helt sie.

Ey die Schwester sey noch ein weinig stille / vnd warte noch eine kleine Weile / wir wollen erstlich vernehmen / was doch die Vrsache seiner grossen Traurigkeit vnnd Bekümmernüsse seyn möge.

DEMETRIUS
redet mit sich alleine / vnterdessen wird in der Scena gahr tragice vnd submissé musiciret.

O Wehe mir vnglückseligsten vnnd elendesten Creatur! Wehe mir drübsehligsten Menschen! O Wehe meinem erbärmlichen Leben! Ach / ach / was hilfft mich doch nun / daß ich des großmechtigsten [202] Königs in Macedonien eheleiblicher Sohn bin? was hilfft mich mein hoher Standt / vnd Königliches Geblüht? Was hilffts mich / daß ich so wol bey den frembden vnd Außlendischen / alse bey den Einheimischen vnd Landesleuten / meiner grossen vnd gewaltigen Thaten halber so hoch berühmet bin? Was helffen mich meine Schätze / Reichtumb / Macht / Pracht / Ehre vnd Herrligkeit / alldieweil ich nun die jenige / welche ich höher vnnd mehr alß mein eigen Leben liebe / meine allerschönste Eudociam so jämmerlich verlassen / vnd so schleunig von hinnen muß scheiden?

EUDOCIA
erschrickt hefftig.
Ach Bruder / er höre doch / was saget er von scheiden?
ALEXANDER.
Sie halte noch ein weinig innen / wir wollen bald etwas mehr hören.
DEMETRIUS.

O Verrähterischer Bruder Perseu / wie fälschlich vnnd vngetrew handelstu bey mir / da ich doch ie vnnd allewege dein bestes gesuchet habe! Du / du allein hast es mit deinen hinderlistigen Practiquen zu wegen gebracht / daß ich leider jetzt muß von hinnen nach Rom ziehen / vnnd meine allerliebste mit grossem Hertzeleidt verlassen.

EUDOCIA.

Ach / ach / es ist mir vnmüglich mich lenger zu enthalten / Sie leufft geschwinde zu jhm vnnd ümfehet jhn. O mein allerliebstes Hertz / mein außerwehlter Schatz / ach lasset mich doch eiligst wissen was daß sey das jhr von scheiden saget? Die Götter wollen ja nicht zugeben / daß vnsere getrewe vnd liebhabende Hertzen so plötzlich von einander gerissen werden.

DEMETRIUS.

Ach schönste Creatur / meines Lebens eintziger Trost / anjetzo befinde ich in meinem Hertzen zwey vngleiche Affecten, einmahl grosse vnd innigliche Frewde / [203] dabenebenst aber auch vbermessige Schmertzen vnnd Trawrigkeit. Frölich bin ich zwar darumb / weil ich die jenige vor mir sehe / die ich höher vnd würdiger achte / alß alle Schätze der gantzen weiten vnd breiten Welt. Trawrig bin ich / daz ich elendester vnter allen Menschen / dieselbe muß verlassen / vnd mit vnaußsprechlichem Hertzleidt von hinnen scheiden.Eudocia stehet alß wolte sie vor Angst zur Erden sincken.

ALEXANDER.

Ach Durchleuchtigster Printz eine Zierde vnd Krohne aller Könige vnd Fürsten / was ist doch immermehr die Vrsache solches schnellen Abscheides? O Jhr Himlische Götter / solle es denn so gahr nicht müglich seyn / die Vrsachen desselben zu verhindern?

DEMETRIUS.

O Alexander, mein getrewester Freundt / wolten die Götter / ich jennige Vrsache erfinden Könte / diese beschwehrliche / vnd mir so wiederliche Reise füglich abzuleinen / aber leider / leider / vor dißmahl sehe ich gantz vnnd gahr keine Mittel / denn / wiedersetze ich mich dem ernsten vnd gestrengen Befehlich meines Herren Vaters / so habe ich nicht allein seine höheste Disgratiam vnd Vngnade / besondern auch wol gahr die greulichste Marter vnnd den endtlichen Todt zugewahrten / komme ich nun aber dessen geboten gehorsahmlich nach / so setze ich mich vnd meine Allerliebste in die grösseste Trawrigkeit / Doch bezeuge ich mit allen Götteren / daß ich tausentmahl lieber sterben / alß meinen allerhöchsten Schatz verlassen wolte / wenn mir nicht zubefürchten stünde / daß mein allerschönste Eudocia durch solchen meinen selbstgemachten tödtlichen Abscheidt in den allergrössesten Jammer vnd Elendt würde gestürtzet werden.

EUDOCIA.

Ach wehe mir elenden hochbetrübten Jungkfrawen! Ach wehe mir arbeitseligen Creatur! O wolten die Götter / [204] daß ich entweder nie gebohren / oder auch in die Hulde des allervortrefflichsten Printzen Demetrij niemahls gerahten were! Ach allerliebstes Hertze / ist denn so gantz vnd gahr kein Raht noch Hülffe mehr fürhanden / muß es denn so erbärmlich geschieden seyn.

DEMETRIUS.

Ach meines Hertzens eintziger Trost / mein Freude / Hoffnung vnd Leben / kein Mittel ist leider auff dieser Welt mehr zu finden / mit dem allergrössesten Schmertzen / vnd kläglichsten Hertzeleidt müssen wir getreuwe Hertzen scheiden.


Nun wird in der Scena geblasen Reuter zu Pferdt.
EUDOCIA.

Ach Göttin Fortuna, verfluchet seistu / die du mich hast lassen eine so kleine vnnd geringe Zeit glückselig seyn / nun aber stössestu mich in den Abgrundt der allergrössesten Widerwertigkeit!

DEMETRIUS.

Allerliebstes Hertz / die Zeit meines Abscheides ist fürhanden / jtzt muß ich fohrt / daß Zeichen zum Auffbruch ist mit der Trommetten bereits gegeben. Nun so bewahre euch Gott mein außerwehltes Lieb / meines Hertzen Wonne / meine klahre Sonne. Ach vergesset nicht in alle Ewigkeit ewres getrewesten Liebhabers.

EUDOCIA.

Bewahre euch Gott / O Durchleuchtigster Printz / mein edler Liebhaber / meine eintzige Freudt auff Erden. Ach mein Jungfrawliches Hertz will mir vor trawrigkeit in viel tausendt Stücke zerspringen!

ALEXANDER.

Ach scheiden / ach bitteres scheiden! O betrübter Tag! O traurige Stunde. Euch ruffe ich an o jhr Himlische Götter / daß jhr ja diesen Durchleuchtigsten Fürsten euch lasset auf das fleissigste befohlen seyn: Ach lasset mich seine tapffere Augen baldt / baldt mit frieden vnnd Gesundtheit wiederumb anschawen.

[205]
DEMETRIUS.

Ach mein gewünschter Freundt vnd Bruder / vor vnmessign Trawren vnd Hertzeleidt vermag ich kaum mehr ein Wörtlein hervor bringen. Adieu meine allerschönste Göttin / Adieu ich fahre davon.

EUDOCIA
ümbhälset vnd küsset jhn.

Adieu o hochgebohrner Fürst / O Krohne aller Ritterschafft. O halber Theil meines Jungfräwliches Hertzens / O süsser Tranck meiner Seelen / zu viel hundert tausendt guter Nacht.

Finis Actvs secvndi.

[206]

2. Zwischenakt

Interscenium
Actus secundi.

Personæ.


Telsche die Jungfraw / Hans Knapkäse / Laban der Bawrenknecht / Lurco der Aufschneider.

TELSCHE
gehet allein auff.

Summe Gott / ydt ys likers ein selßsam Dinck inner Warlt / ydt geiter likers wunierlik her / sünnerlik mittem frien: Ys dat nicht ein bedrövet Hannel / dat alle Kerls nu wilt dull werden / vnde mitter tydt alle de Bengels / de kuhm dröge achter den Ohren syn / willen Wyfer hebben / denn dat weht ick by my sülvest woll: Jck hebbe ock ree so mannigen Frier hat / dat ydt ein grouwel anthohören ys / man ick hebbe se ock ein dehls redliken lahten anlopen. Wenn de jungen Bradtvögels so erst anquemen / vnde my düchte datter wat Geldt by was / so stelde ick my jegen se ydel fründlick / vnde gaff ehnen so gude Worde / dar de dummen Düvels vaken so lustig auer würden / dat se spenderden all wat se im Huse vnnd Have hadden / man wenn my den vpt lateste düchte / dat de ripesten Fedderen darvan vnd eer Gelleken vp was / so gaff ick ehnen de Schüffel / edder alse man ydt an anderen Ohrden nömet / den Korff / so gingen denn die Martelers / als ein Hundt de dem Schwantz verlahren hefft / vnde klaweden sick wat achter den Ohren / dat se ehr gode Geldt so schendtliken vorleffelt hadden. Man nu dünckt my likesehr mitter tydt / dat ydt so in de lenge den Stick nicht holten will / ick moht oock man ins thor Ehre grypen. Auerst wennick so eenen na mynem Koppe krigen künne / de wat rick wehre / vnde dat so ein schlicht Blodt edder dummen Düfel wehre / (denn dahr wardt nu vaken nah sehen) de kan man wat brüden / vnde dwingen alß man se [207] hebben will / wo man auerst so einen strammen edder brauen Kerel nimpt / de sick mitter Welt wat hefft ümb de Ohren kilet / dem darff men ydt so nicht beden. Nu nu / ick mag sehen wat Gott geuen will / ick weht doch woll dattidt nicht lange wahret / so hebbe ick echter ein nien Frier / Hans trit auff / hat sein bestes Narrenkleidt angethan. man wo he nicht na mynem Koppe ys / so laht ick ehn afflopen alse ein ohlt Schüt. Nun sicht sie Hans. Auerst süe dahr / wat ys datfür ein Narr watten dusent Kranck wat mag de willen.

HANS
sicht die Jungkfraw nicht.

Glück zu jhr Herren / glück zu. Ja / ich finde euch noch alle bey einander sehe ich wol? Das ist mir elementisch lieb. Ja was mehr jhr Herren / wisset jhr wer ich nun bin? Kein Cornet, kein Rittmeister / kein Capitain, der Teuffel lasse sich mehr so scheren / mein Geleit ist nun auff / dazu sindt mir alle meine Soldaten entlauffen / aber daß schwere ich jhnen bey meinem Martialischen Degen / kriege ich die Diebe einmahl am Ohrte wieder / ich will sie dermassen zerfetzen / vnnd zerhawen / daß die Stücke sollen herümmer fliegen / insonderheit den groben Bawrschelmen den Laban, denn der hat mir gahr greulich viel Possen gemachet. Aber Messieurs, wisset jhr was mir denn nunmehr fehlet? Hört ich wils euch sagen: Jch muß ein Weib haben / oder auch ein pahr grössere Hosen / denn der heilige Ehestandt liegt mir gahr zu sehr im Hertzen / ja es trawmet mir auch des Nachtes davon / ich hette trefflich gern so ein braff / frisch / jung / schön / from / reich Medlein /Nun siehet er die Junckfraw. Aber / potz schlappermest / da sehe ich eine / stille stille! Ja daß wehr wol ein rechtes Vnterbette vor mich / ich muß hin zu jhr / vnnd mich jämmerlich gravitetisch stellen / da werdet jhr Possen sehen jhr Herren / was vnzehlich viel Laverentzen, oder wie mans a la mo do nennet / beselo manus ich machen vnd hindenauß scharren werde / ja da muß ich auffschneiden / [208] was gilts ich werde Partes kriegen: Nun gehet er zu jhr / machet ohnzeliche viel Ceremonien vnd redet sie also an. Einen sehr außbündigen / hochglückseligen vnnd wol qualificirten guten Tag / hoch vnnd viel-ehren-tugendtreiche Jungfraw Machet abermahl grosse reverentz.

TELSCHE.
Danck hebbet gude Fründt / weset willkahmen: wat ys juw begehren?
HANS.

Ach Ehrwürdige Damatzelle, es ist zwahr mein begehren nicht viel besonders / aber doch von grosser wichtigkeit / vnnd mechtiger importantz.

TELSCHE.
Ey wat jy segget / mag man ydt denn nicht wehten?
HANS.

Ach ja / wolte ich doch ein Ducaten drumb geben / daß jhr es all wüstet: Ach höret doch mein allerliebstes Kätzgen / ich bin so schwerlich geschossen.

TELSCHE.
Süe doch / sij jy schaten? Wohr ys dat geschen / vör der Lückstadt / edder vor der Krempe?
HANS.

Ach elementische braue Dahme / jhr müsset es nicht so verstehen / besondern ewre heltrieffende vnd fliessende Aüglein / so da leuchten wie die glentzende Schleiffstein / haben mir mein verfauletes Hertz dermassen zerfressen / durchbohret vnnd verschoren / daß ich auch das Instrument meines Lebens / ja auch meinen Adelichen Mannhafften vnd wunderschönen Leib / dem langbeinichten Todt vnd Menschenfresser werde hingeben vnd spendiren müssen / wo nicht jhr o allerehrwürdigste Göttin euch meiner werdet erbarmen / vnd mich annehmen vor ewren allerliebsten Haußhanen / daß ich mit den Flügelen meiner beyhangenden Glieder / nemlich der Armen / daß wunderbahre Firmament ewres allerschönsten goldtgelben Leibichens mög ümbfahen / erwärmen vnd beschützen / vnd daß schwehre ich euch bey meinen höchsten Ehren!

[209]
TELSCHE
verwundert sich.

J / J / help Marie / help Peter / wat ys my dat ein Narr! Ja de mahlet my dar ein Sennip her / dar ick vam ersten so veele verstah alse vam lesten. Höret doch gude Fründt vnd verdencket my nicht: Jy sydt wisse im Höuede nicht all tho woll bewahret / woll pflegt woll so toh Praten.

HANS.

Ach was praten / was praten? Hole mich mit gunst zu reden der Kuckuck mit Leib / Seel vnd Füssen / habe ich euch nicht / so greulich / schrecklich / grimmig vnd abschewlich lieb / ich wolte euch wol vor grosser Liebe im Arse lecken.

TELSCHE.

Pfui dy an du graue Esel / wust du frien? Wust du ein redlike Junffer hebben? Ja vorwahr bist woll entschüldiget. Seht doch ins wat he sick inbildet: Drewes Drümpel / Asmus Jöcksack / by dy ys my so dünne / alß wenn mick ein Buhr up de Scho mege / du rechte Jüchengerichte? Pfhy wohr leht man dy doch? De Tange her / da man dy mit int Water drigt / dat man de Hanne nicht besöhle / heruht Sipp / heffst du ock Flöie?

HANS.

Behüte Gott / behüte Gott / meine allerschönste / liebste vnd tugendtlichste Jungkfraw / wie ists doch müglich / daß in ewrer überauß trefflichen / ja greulichen Schönheit / eine so grosse Hartigkeit verborgen seyn kan / insonderheit gegen einem so hochberühmbten Cavallier alse ich bin:

TELSCHE.

Ey ja / dat dat yo nicht schlimmer werde / seht doch welck ein ehrbahr Kohfiller / Cavillere meene ick! Ja du bist de rechte Gast / seht doch: Jüche ys dat ock Flesk? Spurren syn dat ock Fiske? Süe doch wat he sick inbildet / Lüder vnd syn Mate / Hans mit dem Hümmelcken / laht doch sehn / heffstu ock Hänschen an? Wanne wo stincket de Buhr na der verkrüderden Jüche / ja du / du bist jo woll [210] entschüldiget / hastu man ein natten Sack ümme / vnde eine Ruchen vppem Marse.

HANS.

Wie nun zum Zeuffel / was bildet jhr euch endtlich wol ein? Meinet jhr / daß jhr etwa einen Cujon oder Narren für euch habet? Sihe doch Annemetien Kinkanges / Schwinkschwanges / vor dem Marse ys yuw dat Hembd toh lange / Agnese mit den föfftein Titten / Annemetien Buckes / Sybilleke mit der holten Ehrßkarre / Wöbbeke mit der ströeren Klöve / Aleke mit der Brackenschnute / Orselcke Dirikedam / du rechte Meßhamel / laht Aleken fry gahn / tiß ehr woll ehr im Schlape gedahn.

TELSCHE.

J / J / dat dick de qualm schlah allen Skrobbert henin / dahr du geist vnnd steist. J / denket doch / Arent Plattvoht wat de sick inbildet! Drewres mit dem legen Lyfe / ja by dy Nesewahter ys mick so foi / alß wanmick eine Lues anhojahnde / mit dy stickt man de Döhretoh / du rechte Lüetke Maen mit den Musselen / Hänske Möhrachter / Magnus Fuelbehn / Matz Niesenase / Chel Waterbueck / scher mick vht den Ogen.

HANS
wird gahr zornig.

Potz schlapperment wie werde ich denn geschoren? Du leichtfertige Courannie, wilt du mich nicht haben / so lecke mich im Arse vnnd laß bleiben / ich wol an ein anderen Ohrt kommen / da man etwas schönere vnd redlichere Tungkfrawen findet / vnnd solte dich heßliches Rabenaas der Teuffel bescheissen.

TELSCHE.

Gah / dat du lahm vnnde krum wahrest / allen Flegel vnnd Berenheuter henin der du bist.Hans schleichet vom Platz schüttelt den Kopff / vnd wincket mit dem Finger. Hefft / mick de grothe Henger by den Narren föhret ick kan nicht löuen / dat he se alle viefe hadde / brocht te jo so [211] ein seltzahm Schnack hervör / was ock jo so Narrhafftig vhtgekledet / Laban gehet auff. dat ick nicht wüste wat ick daruth maken skulde / Man sühe doch / wat mag dat vor ein wesen / de dahr kümpt?

LABAN
hat ein Beutel voll Geldt.

Juch / lustig / hei courasi, hei lustig / nu frage ikker nicht ein Huniesfott mehr nah / hei frisk / juch hei / lustig holla / ick hebbe nu Gelles vnnd Godes genoch / de Knüfel müchte nu lenger ein Saldate wesen. Nu Gott loff vnde danck / dat myn ole Vaer vnde Möme so fyn süuerken van düier Warelt syndt affescheden / twas ock hoge Tydt / dat se ins stüruen / my heffter ock all so mannige leue Jahr na verlanget / dattick inß by de olen Dalerkens quehme. Nu ys ydt inse lücket / man alle myn liffske Dage hadde ichet nicht löuet / dat use Möme de olen JosephsDahlers vnde gladden Teinschilling stücke / so hüpsken hadde in de Kante settet / de kahmet my nu summe Gott rechte woll toh passe. Nu hebket / alsket hebben will. Jck hebbe ein goht Höffte / dartho woll 10. Morgen Lannes / 8. stücke Queckes / twee gude Ruhnen / twee Töten / elfen pahr Dufen / vnde süß noch allerley Hußraht van eggen vnde ploegen / vnnde in duiem Büdel hebbe ick ock ein passelck deleken redt Geldt / nu mangelt my nu nichtes mehr / alß man ein egen Wyff / dahr ick by schlapen kun / vnde demick de Hußhollinge wat in acht nehme.

TELSCHE
ad Spectatores.

Dat wehre woll de rechte Gast / ick marcke woll de hefft Geldt / de ehm dat affbrüden künde dat wehre hoch tydt.

LABAN.

Jck gab füste / vnde dencke ümmeher / hier vnde so dar / wohr ick doch so eene kriegen könde / de my toh passe wehre / kwull woll dat se frahm wehre / vnde dat se ock wat glat ümb den Schnauel wehre / vnnde dat se ock wat vele Gelles hadde. Nun sicht er Telschen. Man [212] süe dar / dar steit eene / wat mag dat vor eene wesen? My düncket lükers / datkse woll ehr sehen hebbe / tiß ein gauwe Teue / kmuttse man inß anspreken / vnnde hören wat se secht. Er gehet zu jhr. Goien Dach / goien Dach Junffer / wat mak jy doch goes.

TELSCHE.
Danck hebbet / weset willkahmen gude Fründt.
LABAN.
Hebbet jy danck / ja wo isset den / sy jy so allene?
TELSCHE.
Ja / hier sehket so wat an / kahmet settet juw hier wat dahl / vnde doht my ein weinig selschop.
LABAN.
O Jck dancke juw / ick bin nicht rechte möde.
TELSCHE.
Ey dorch Gott / settet juw wat / settet juw doch / ehr jy möde wardet.
LABAN.

Nu Junffer / dewyle dat jy my so nötiget / so maggick my ein betten dalen / ey kahmet jy doch den ock ein hülick by my sitten.

TELSCHE.
Wo ja van Harten geren Sie setzen sich.
LABAN
weiß nicht was er sagen soll / fehet doch endtlich also an.

Tiß Gott loff ein guht Wedder vör den Hußman / ick hape wisse / de Beeste skölet diet Jahr woll dien.

TELSCHE.
Ja dat kan scheen / man segget doch / lüstet juw ock wohr eins tho drincken?
LABAN.
Ja wenn jy wat hadden / ick versegge den Heren nenen Toeg.
TELSCHE.
Verdencket my nicht dattick juw so allene lahte / ick will strax wedder by juw wesen / Gehet ab.
[213]
LABAN
alleine.

Nun sittick hier alse ein anier Hunnesfott / vnd weht nicht wattick seggen skall / kwull woll dattset wüste dattick na ehr frien wull / man ick darffet so nicht driste wagen / Telsche kompt wieder. kunikse dar man ins by kriegen / datkse ins leeff hadde / so skult woll angahn / man süe / dar kumpt dat leue Aaß all wedder tho drillen / tiß semme Gott likers ein schmucke Tefe.

TELSCHE.
Weset willkamen.
LABAN.
Danck hebbet.

Telsche / hat ein Glaß vnd Kanne Bier / schencket frisch ein / drincket Laban zu vnd nöhtiget jhn sehr fleissig / endtlich so wagts Laban / vnd spricht.
LABAN.
Junffer wo düncket juw / wullie wohr nicht mitter tydt frien?
TELSCHE.
Datten weht ick nicht gude Fründt / mit vörlöff dat ick juw frage / wo ys doch juw Nahme?
LABAN.
Wo / vorlöfes genoch / myn Nahme ys Laban.
TELSCHE.

Ja Laban, jy seht myne Gelegenheit woll / ick bin noch wat jungk / ick hebbe noch ein halffstige Jahr tydt.

LABAN.

J / Junffer wo jy nu schnacket / ne / ne / twer nu juwe rechte euen Tydt. Man holt my ydt tho goe Junffer Telsche: Gott geue dat my de barlicke Knüuel hale / wo ick dehren weht in düien heelen Lanne / de ick vör myne Parsohn leuer hebben wull tohm echten Gaden alse juw.

TELSCHE.
Jck dancke juw deß Laban, ja / dar stünne noch van toh schnacken.
[214]
LABAN.

Dat ismk leeff / dat jy so segget / man dar wull ick juw woll flitig ümme beden hebben / jy wullen my doch neenen langen Dach setten.

TELSCHE.
Neen ick sümme Gott / vppet allerhögste söß edder söuen Weken.
LABAN.
Nu / nu / dar binnick mee toh freen / dar gelt ydt einmahl up.
TELSCHE.

Woll bekahm ydt juw. Man höret doch Laban, will wy nicht ein betien tydtkorten / vnd wat in de Kahrte spelen.

LABAN.
Wo ja mynenthalffen / ick frager nu hundert vnd twintig dusendt Elemente nah.

Nu fahen sie an zu spielen / Telsche gewinnet jhm zum theil das Geldt ab / zum theil stielet sie es ihm /vnter dessen seuffet Laban frisch fohrt / vnd wie er nun halb voll ist / spricht er.
LABAN.
Wo isset Telsche / skullem hier wohr nicht ein Speelman kriegen könen.
TELSCHE.

Wo ja / schele Bartelt / vnnde syn Mahte de finnige Lammert / de wahnet hie dichte by / kwill man gahn vnde ropen se inn.


Telsche kommet mit den Spielleuten / Laban jauchtzet / vnd singet in die Geigen / tantzet mit Telschen auff dem Platze herümmer / spendieret jhnen in die Geigen / vnter dessen stehet Hans /vnnd gucket auffs Theatrum, endtlich kompt er herauß mit einem guten starcken Prügel / fehet an zu schreien.
HANS.

Sa / sa / sa sa / finde ich dich hier du ehrlicher Vogel / du verlauffener Schelm / harre harre / nun will ich dir die 3. Reichsthaler auß dem Kopffe schlagen / die ich dir habe [215] auff die Handt geben.Hiemit schlecht er tapffer auff ihn zu / Laban leufft immer vorher / schreiet Mordio, Mordio, Hans aber jaget jhn sampt den Spielleuten auff dem Platze herümmer / vnterdessen stehet Telsche vnd lachet von Hertzen / endtlich lauffen sie gahr davon / Hans schnaubet wie ein Behr / geht zu Telschen vnnd spricht.

HANS.

So / so / muß man seine refensie suchen / wie düncket euch nun bey mir / meine hochehrentugentreiche Jungkfraw / wie gefiehl euch dieser Scharmützel? Habe ich mich nicht frisch gehalten / vnd die Berenheuter tapffer gekeilet? Nein Per dieu, ich fürchte mich nicht vor 20. Kerls / wenn ich schon gantz mutter alleine bin.

TELSCHE.

Nu summe Gott / dat moth ick seggen / alle myn liffske Leuedage hadde icket nicht löuet / dat jy so ein Hart in juwen Panssen hat hadden / man seget my / worümb schlöge jy doch den armen Düfel so / wat hadde jy mit ehm toh dohn?

HANS.

Ey der leichtfertiger Schelm hat vor diesem vnter meiner Compagnie gedienet / vnnd ich habe jhm etliche Gelder auff die Handt geben / aber der Galgendieb ist mir damit entloffen.

TELSCHE.
Ey so höre ick woll / jy sydt ein Böuerste / dat hebbick toh vören nicht wust.
HANS.

O Ja / was ist das / ich bin all vor 10. Jahren Major gewesen / aber sagt mir doch meine ahrtige / schmucke / schöne / braue Jungkfraw / warumb habt jhr mich zuvorn so elementisch außgemachet / alse einen Beutelschneider / es war schier ein bissen zu viel.

TELSCHE.

O Herr Major verdenckt ydt my nicht / ick meende warhafftig / dat ydt juw ernst nicht was / dat jy my hebben wullen / dartho was ydt ock man myn kortwill.

[216]
HANS.

Was / nicht Ernst seyn? ich habe euch noch diese Stunde so gottsjämmerlich lieb / daß ich schier toll vnd vnsinnig darüber werde.

TELSCHE.

Ja Her Capitein jy seht woll / den Gesellen ys so nicht allerdinges toh truwen. Man höret inß / ick will juw eener wegen mit braberen / wo jy my dat toh willen doht / so will ick woll löuen / dat ydt juw rechte Ernst ys.

HANS.

Was? Jch wolte lieber / daß mir die Leber zur Lenden herauß geschnitten wehre / wenn ich nicht eurenthalben thun wolte alles was jhr nur begehret / O meine kleine / feine / reine / braue Kungkfraw / eurenthalben wolte ich wol biß nach Rom / ja wol hundert Meilweges lauffen.

TELSCHE.

Nu nu Her Böuerste / ich truwe juwenn Worden / seht hier hebbick einen Sack / will jy darin krupen / vnnde my toh willen vnde gefallen man eene Nacht darinne schlapen / so will icket woll balde marcken / effte ydt juw Ernst ys / vnnde wer jy my van grundt juwes Harten leeff hebbet.

HANS.

Potz ackermest / wo das ist eine schlechte Sache / in einen Sack kriechen / ich wolte ewrenthalben wol zwantzig tausendt Nachte darinnen schlaffen.

TELSCHE.

Nu nu / myn allerleueste / nu sehe ick dat jy my recht van Harten meenet / nu deyt miet ydel leedt / dat ick juw nicht ehr leeff hat hebbe / Nu so krupet dar mann henin / vnnde ligget ock ydel stille / man dat segge ick juw vör allen dingen / jy möhtet by Liue vnde Halse vör allen dingen nicht een Wörtlien spreken.

[217]
HANS.

O Ja / ja mein Hertzgen / ich will gerne alles thun was jhr mir befehlet. Nun kreucht er mit seltzahmen Ceremonien in den Sack / machet viel Auffzüge dabey ehe er hinein kompt. Telsche geht von jhm / vnd spricht zu den Spectatoribus. Ys my dat nicht ein redlike Kortwyl / dat sick de Narr so in den Sack brüden leht / dar mag he nu liggen / dat he krumm vnde dröge wardt / de erste de dar man wedder kumpt / den will ick vp ein andere Maneer vpthen / Lurco gehet auff. denn dat ys myn gröteste Lust / de ick vpper Warlt hebbe / dattick de jungen Schnußhanen / so anföhren vnnde tumlen mag. Man süe doch / kumpt dar nicht myn ole Frier her / de Grohtspreker Lurco? Ja summe Gott he ysst / nu / den moht ick ock redlik brüden / de ysset wehrt / he skall rechtschapen ankamen / dat laue ick ehm.

LURCO.

Du lieber Gott / was ist es doch ein seltzahmer Handel auff dieser Welt / daß sich die Menschen auff so mancherley Ahrt vnd Weise müssen ernehren. Aber sich da / woher / woher? Glückzu hochehrentugendtreiche Jungkfraw / wie gehts / wie stehts?

TELSCHE.

Jck dancke juw fründtlick Monsör Lurco, wor hebbe jy so lange steken / dat men juw nicht ins hefft könen toh sehende kriegen?

LURCO.

Ach halbgöttliche Jungkfraw / himlische Hertzenzwingerin / ewre in den Wolcken schwebende Tugendt weiß sich ja noch sehr wol zu erinneren / was massen ich vnwürdiger Madensack / mit ewigwehrender vergiessunge der klaren Wasserquellen / meiner fliessenden Fonteinen oder Augen / ewre sehr ansehnliche Liebe / Gnade / Hulde / Gunst / Freundtschafft vnd Favor, vor diesem habe gesuchet. Ach was hab ich mich die Zeit über gegremet / zerheulet / zerweinet vnd zerklaget / vnd hat die elementische Liebe / mein feuchtes vnd auffgeblehetes Hertz dermassen zermalmet / daß ich [218] mir auch endtlich vorgenommen / wofern ich ewren schönen viereckichten vnd klafftermessigen Leib nicht würde vor mein eigen bekommen / mich selber allsobaldt mit einem hanffenen / zuziehenden Instrument henckermessig an einem Baum zu knüpffen vnnd meine veramorirte Seele auß dem zermarteten Cörper / gantz vnd gar hinweg zu spediren, das ist (kürtzlich geredet) sterben.

TELSCHE.

Wo nu Monsör Lurco, behöde Gott davör / dat ys (kort geredet) hengen / wehte jy nicht dat dat eenen plegt im Halse weh toh dohn? Auerst my düncket dat syn man Wörde mit juw / wat leht sick nickt seggen / jy fraget de Süke na my / ick löue wenn ick juw um ein geringe Ding bede / jy skullent my woll kuhm toh gefallen dohn.

LURCO.

Was hochehrentugendtreiche Dahm? zweiffelt jhr noch an meiner offtprobierten / eysenfesten / steinharten Trew? Begehret nur von mir was jhr wollet / ich soll es euch gewehren / ja solte ich auch ewrenthalben durch ein brennendes Fewer daß eine halbe Meile breit wehre / lauffen oder auch in einen Brunnen / der 50000. Klaffter tieff wehre / springen / ja ich wolte mir ewrer Liebe wegen / wol Arm vnd Bein abhawen.

TELSCHE.

Behöde Gott Junckcr Lurco / wo nu toh? Dat begehre ick nicht / dat jy juw minenthaluen Arm vnde Been affhauwen / edder in den Soht vnd dörch dat Füer springen skullet; Neen / doht my man so vehle toh willen / vnnde blyfet my eene Nacht by dem Sacke stahn de jent hen ligt / dar hebbick ein leuendig Deert in / dat my dat man nemandt weg nimpt / man jy möhtet den Sack by lyue nicht upmaken / ock neen Wort darby spreken / wo jy my düsse Fründtschop dohn wilt / so kan ick juw sekerlick so truwen / dat jy my van Harten meenet vnde leeff hebbet.

[219]
LURCO.

O ho Jungkfraw Telsche / was ist das? Ewrenthalben wolte ich wol hundert Nachte im tiefesten Schnee stehen / ja wens auch Bickelsteine fröre.

TELSCHE.

Och neen dat wehre toh veel / blyfet jy hier man düsse eene Nacht / man seht jo by liue toh / dat jy dar neen Wohrt by spreket.

LURCO.
Daß soll kein noht haben / ich will schweigen alß ein Stein / vnd stehn alß ein Mann.
TELSCHE.
Nun Gott bewahre juw myn leue Lurco.
LURCO.
Vnd euch mein allerliebstes Kindt.

Lurco stehet gahr stillschweigendt bey dem Sacke /Hans liegt drinnen vnd bebet / Telsche lachet gahr hönisch vnd spricht zu den Spectatoribus.
TELSCHE.

Dat syn my ein pahr Narren auer alle Narren / de eene let sick dartho brüden / dat he in den Sack krupt / Laban gehet auff. vnd de ander Geck steit darby vnde holt de Schiltwacht / dat ehn nemandt wegstelen schal. Man sühe dahr / föhret nicht de Henger den Laban dar weeder her?

LABAN.
Süe dahr / süe dahr / Junfer Telse / goen Dach geuesk Gott / ja finne ick juw hier noch?
TELSCHE.
Ja Laban, noch bin ick hier. Man segget my doch wohr thom krancket bleue jy tohvören?
LABAN.

Wohr skullick bliuen? Dahr föhrede de grothe Vhle den schmachtigen Skrubbert den Hanß Knapkäsen [220] her / vnd de Narrenkop nam mik inß an vor ein gefrieter Capperal / man hadik so wahrliken vpperstede wat inner Handt hatt / alsk nu hebbe / he skull vor angst de Brock vull scheten hebben / dat wulkem likers wol lauet hebben. Man höret doch min allerleueste Telsche / wehte iy ock noch wol wat iy vppersten seden / dat iy mick hebben wullen vnd iymick ock nenen langen Dach setten wullen.

TELSCHE.

Ja Laban datten weet ik noch jdel wol / man my döncket iy wilt my man so wat tho hien fahten / dat iß doch yuw ernst nicht / dat kannick sachte dencken / ik bin so dumm nicht.

LABAN.

J Junffer Telsche wo thom knüvel sy iy so vnlöuisch / ik wul leuerst dat my de Kranckt halede / wan ikt nicht hartliken menne / löuet doch mynen worden / tiß by golle min ernst.

TELSCHE.

Nu Laban ik wil yuv twahr truwen / man einerley möchte iy my tho willen dohn / dar willick yuw flitigen vmme beden hebben.

LABAN.
Wo ja van harten geren wilket dohn all wat iy man hebben wilt wenket man weht.
TELSCHE.

Nu nu / dat is recht. Seht doch inß min gude Laban / dahr steith vp gönnen Orde ein Kerel / de heft ein Kalff im Sacke / vnd dat wullick wol gerne van ehm hebben / man he willet nicht missen / doht iy doch dat beste / datt iy ydt van ehm krieget / mit gude edder mit quade. Jk weth wol iy sündt ein dullen Düfel de dar nicht veel nah[221] fraget / iy seht wol tho / wo iy ydt maket / dat iy my dat Kalff herbringet.

LABAN.

Wo dat schal neen noht hebben / dahr willick sachte mede tho rechte kamen / he skal my dat Kalff dohn / edder ick schla my mit ehm herdör / datter dat rode Sap na geiht / ik frager nicht ein Hunjesfott nah / kwill man strax tho ehm hengahn / dat Kalff iß all min / Gehet hin zu jhm.

TELSCHE
ad Spectatores.

Help Godt dahr hebbick de Narren tho hope skünnet / dar wart wol ein herlick Leuendt vth wahren. Telsche schleichet heimlich vom Platze.

LABAN
ad Lurconem.
Goien Dach / goien Dach Fründt.

Lurco. Wincket mit dem Kopfe spricht aber kein Wordt.
LABAN.
Goien dach iy Mann / höre iy nicht?

Lurco. Wincket abermahl vnd sicht gar böse auß.
LABAN
zeucht Lurconem beym ärmel.
Hört hier goie Fründt / wo dühr dat Kalff im Sacke.

Lurco stosset jhn zornig zu rücke.
LABAN.
Wo nu thom Düfel / wo ysset mit dy wat schadt dick / bist du stumm / doh de Flabbe vp vnd sprick.

Lurco wincket abermahl daß er schweigen soll.
[222]
LABAN.

Watten feldtswunien skadt dem Kerel? Js he ock rechte wyß? Wult du spreken so sprick / edder di skall de störten schite in de Keke fahren.


Lurco stösset jhn abermahl im zorn zu rücke.
LABAN.
Nu nu / schwieg du so lange alß du wult minenthaluen / ik gah mittem Kalue dör.

Laban greiffet nach dem Sacke / Hanß zittert vnd bebet darinnen.
LURCO
fehet an zu reden.

Du Berenheuter laß mier hie den Sack liegen / oder wir werden vns so darümb zerkeilen / daß die Hunde das Bluht mitt hauffen lecken.

LABAN.

Wo du wult mick likers wol jo nicht freten / nu wilket likers hebben / vnd süe dat frage ik nah dy Schlegt ein Knipchen.

LURCO.
Dier sol gleichwol der Hencker baldt auff die Ohren fahren / wo du mich beginnest zu cujoniren.
LABAN.

Cujaneren hen / cujaneren her / ik gah mitten Sacke dör Greiffet abermalen darnach Lurco schlegt auff jhn zu / Laban wehret sich / zausen sich also wacker auff dem Theatro herümb / biß endtlich Hans im Sacke beginnet zuschreyen. Hola hola jhr Herren / wie zum Teufel seid jhr toll.Hanß stehet auff / hat den Sack noch halb über dem Leibe / Lurco vnd Laban erschrecken für Hanß seinem Geschrey / lauffen hinein / Hanß schleget hinden nach / vnd leufft auch endlich mit hinein.


Finis interscenii Actvs secvndi.
[223]

3. Akt

1. Szene
Scena prima.
Perseus, hernacher Didas.

PERSEUS
mit einem frölichen Gesichte.

Nun Perseu / gehabe dich woll / sey frölich vnnd wolgemuth / pflege vnd wahrte deines Leibes / laß alle Melancoley Traurigkeit vnd Bekümmernusse fahren / Lebe nunmehr fortahn in steten freuden / nach dehm du dich nicht allein an deinem leichtfertigen Bruder deinem wünsche vnd begehren noch tapfer hast gerochen / in dehm er wie ein Verkaufter vnd leibeigener Schlave den hochmütigen Römeren alse ein Geisel vnd Bürge ist übergeben / besonderen weil du auch daß Hertz deines Herren Vaters gantz vnnd gahr in deine Gewaldt gebracht hast.

O allergütigste Fortuna / O mildtreiche Göttinne / womit sol ich doch immermehr die grosse guttahten mir von dir so mannigfaltig erwiesen / gnugsahm danckbahrlich vergelten? Nunmehr mag ich mich kühnlich einen Beherscher vnd Monarchen des Macedonischen Reichs rühmen / sintemahl ich daß Hertz / Sinn / vnd Gemühte meines Herren Vaters nunmehr gentzlich in meinen Henden habe: Zwahr er ist ein König / regieret aber doch nur dem Nahmen nach / ich aber binß warhafftig mit der That. Denn kein eintzige Sache ist mir jemahls in mein Hertz kommen / die nicht so baldt ich sie nur dem Könige eröffnet / jhren gewünscheten Fortgang erreichet. Meine Wohrt / bedencken vnnd Anschlage vermögen viel mehr bey jhme / alse die spitzfündigste Consilia seyner verstendigsten favoriten / Hoff vnd Kammerrähte. Ob zwar ein jedwedder bekennen muß / daß meinem Herren Vettern Antigono kein eintziger am gantzem Hofe zuvergleichen / sondere Klugheit Dapferkeit [224] dabenebenst auch erfahrenheit betreffend / vnd ob schon der Statthalter Poris wegen seynes hohen Verstandes bey dem Könige zu jederzeit in trefflichem Ansehen vnd gnaden gestanden / so haben doch jhre Raht vnd Anschläge / welche die Wolfahrt meines Brudern concernierten / durchauß keinem Platz beym Köninge erlangen vnnd vberkommen können / angesehen der König meinem bedencken so grossen glauben zugemessen / daß er der ändern Consilia gantz vnd gahr hat hindan gesetzet. Jch habe meine affecten dadurch contentiret, vnnd meinem langgewünscheten begehren ein völliges genügen gethan / angesehen / mein Bruder Demetrius hat weichen / vnd alles daß / so jhm Lieb / hinter sich lassen müssen. Dannenhero ich mich billig für den allerglückseligsten Printzen / so jemahls gelebet hatt / mag schetzen vnd rühmen. Vber daß alles bin ich noch von einer viel grösseren vnnd vollenkommeren glückseligkeit versichert / in betrachtunge der frölichen Ankunfft / meines getreuesten freundes / des Didæ, Königlichen Obristen vnd Hofemeisters / welchen ich ohnlengst an die allerschönsten Eudociam habe abgefertiget / gelebe der gäntzlichen Hoffnung / er werde sie leichtlich zu meinem willen beredet haben / weilen derjenige / welcher sie vormahls so hefftig geliebet / nemlich mein verrähterischen Bruder Demetrius / nunmehr von hinnen geschieden / vnd wie ich verhoffe / nicht so leicht vnd bald wiederümb anhero gelangen wird. Ach was werde ich alßdan ein glückseliges / frisches vnd freudenreiches Leben führenDidas gehet ein. Wan ich die allerschönste Creatur der Welt / allem meinem begehren nach werde besitzen vnd vollenkömlich geniessen! Aber sich da mein getreuwster Didas ist bereits verhanden.

DIDAS.

Durchleuchtigster Printz gnedigster Herr / die Götter verleihen E[wer] D[urchleuchtigkeit] gesundtheit vnd langes Leben.

[225]
PERSEUS.
Die Götter erfüllen diesen Wunsch / Aber Herr Obrister sagt bald was guter Zeitung bringt jhr mir?
DIDAS.

Durchleuchtigster Printz / gnedigster Herr / E[wer] D[urchleuchtigkeit] gnedigstem begehren / auch meinem selbsteigenen gegebenen anschläge nach / habe ich nicht vnterlassen bey der schönsten Eudocia anzuhalten / ob ich dieselbe gegen E[wer] D[urchleuchtigkeit] in liebe vnd hertzliche affection könte entzünden / ist aber leider leider / mir vnglückseligen gantz vnd gahr vnmöglich gewesen (wie sehr ich mich auch bemühet /) daß geringste bey jhr auß zurichten.

PERSEUS
erschrickt hefftig.

Was saget jhr Herr Obrister / ists wol müglich das die Jungkfrauw Eudocia mir jhre Hulde vnd Gunst so gantz vnd gahr solte versagen?

DIDAS.

Durchleugtigster Printz / ich bezeuge bey den vnsterblichen Göttern / daß / ob ich woll allen müglichen fleiß angewandt die Eudociam von dem leichtfertigen Demetrio abzuwenden / es bey jhr doch nichtes anders gewesen / alse predigt ich einem Tauben: Denn zu dehme / daß sie nicht auff höret / daß abwesen jhres liebsten Demetrij zu beklagen / so schreyet sie noch alle augenblick ümb raach / vnd ruffet an alle himlische vnnd hellische Götter / sie wollen ja die ursacher jhres elendes nicht vngestraffet lassen / welches mich denn zuletzt hefftig verdrossen / so das ich auch davon gangen / vnd sie jhr jämmerliches lamentiren vnd heulen habe jmmer hin continuiren lassen.

PERSEUS
wird sehr zornig.

Was höre ich Dida / was saget jhr / darff sich die schändliche Bestia gelüsten lassen mich zu verfluchen vnd zu vermaledeien? Nimmermehr werde ich solche grosse Verachtung Hohn vnd Schmach vngerochen [226] lassen. Meine hertzliche vnd einbrünstige Liebe / verkehret sich anitzo in den allergrimmigsten Zorn. O du mein adeliches Hertz Schlägt auff die Brust. laß fahren dieß schnöde vnd verfluchte Weibesbildt / sey bedacht auff eine sölliche Rach / die mit vnmenschlicher Grausahmkeit nicht kau noch mag ersettiget werden. O Zorn / Neidt / Haß / Grimmigkeit / Bößheit vnd Tyranney / kehret alle zugleich bey mir ein / biß ich meine Ritterliche Fauste in dem Bluhte dieser allerschändtlichsten Bestien möge gewaschen haben!

DIDAS.

Durchleuchtigster Printz / gnedigster Herr / E[wer] D[urchleuchtigkeit] wolle sich doch nicht so hart von zorn vnd Eifer bewegen lassen / angesehen es deroselben Gesundtheit hochschädlich sein möchte / nicht daß ich hiemit E[wer] D[urchleuchtigkeit] rahte / daß sie sich nicht auff daß grimmigste refensiren solte / vielmehr erbiehte ich mich deroselben mit Raht vnd That alle mügliche assistentz zu leisten / Damit sie jhre Lust vnde Freude an dem Vntergange aller jhrer Feinde / sonderlich aber dieser hoffertigen / jedoch nichtswürdigen Prötzel sehen vnd haben möge.

PERSEUS.

Dida mein getrewster Freundt / eure grosse mir erwiesene Dienst / erkenne ich mit hohen vnd sonderlichen gnaden / ermahne vnnd bitte euch darbenebenst / jhr wollet mir stündlich die aller beste Consilia communiciren vnd mitheilen / wie diesem Wercke zu thun sey / versichere euch hiemit / daß solche euwre getreuwe Dienste vnd fleiß nicht vnvergolten soll bleiben.

DIDAS.

Durchläuchtigster Printz / E[wer] D[urchleuchtigkeit] mit Leib / Leben / Gutt vnd Bluth zu dienen / erkenne ich mich so woll schuldig als willig / vnterthenigst bittent / dieselbe meinem wolgemeinten Raht nur fleissig nach kommen / vnd folgen wolle. Anlangent nun der Eudociæ hartigkeit / ist nicht allein die stetige vnd hertzlich Liebe / so sie so [227] bestendiglich zum Printzen Demetrio träget / deroselben einzige vnd blosse vrsache / besonderen vielmehr die sonderbahre affection vnd Zueignung / jhres Vateren Poridis vnd jhres Bruderen Alexandri, die sie zu allen vnd jeden Zeiten gegen dem leichtfertigen Demetrio haben blicken lassen / dieselbe nun thun die Eudociam (welche ohne daß den Narren an dem Demetrio gefressen) ohne vnterlaß ermahnen / sie wolle ja jhres Liebhabers nimmermehr vergessen / dabenebenst so rühmen vnd preysen sie jhn vber alle andere Printzen / so je von Macedonischen geblühte entsprossen / vnnd daher entstehet in jhr eine so hefftige Liebe gegen Demetrium, vnnd im gegentheil ein so vnversöhnlicher Haß gegen E[wer] D[urchleuchtigkeit] Derowegen / so muß nun E[wer] D[urchleuchtigkeit] dahin bedacht sein / wie sie nicht allein die vngetreuwe Eudociam / Besondern auch jhren Vater vnd Bruder grimmiglich straffe / ja gentzlich vertilge vnd außrotte.

PERSEUS.

Ja wahrlich Herr Obrister / jhr redet hieran die eigentliche warheit / vnd muß ewren anschlage billig nachgelebet werden. Will demnach ich nunmehr nicht auff hören / biß ich dieses böshaffte vnd verrähterische Gesindlein auff daß grewlichste habe hinrichten lassen. Den Statthalter Poridem betreffent / habe ich den selben (aldieweil ich vorlengst vermercket / daß er mir in vielen Sachen nicht weinig zu wiederen gewesen) bey meinem Herren Vater in eine ziemliche disgratiam gebracht / habe nun sehr gute gelegenheit schleunigst fohrt zufahren / vnd den König jmmer mehr vnnd mehr gegen jhn zuverbitteren / damit ich zuletzt vber jhn vnd alle die seinigen triumphiren möge.

DIDAS.

Durchleuchtigster Printz / gnedigster Herr / der allerbeste Rath vnd Anschlag welchen ich E[wer] D[urchleuchtigkeit] [228] in dieser wichtigen Sache weiß zu ertheilen / ist dieser: Daß sich E[wer] D[urchleuchtigkeit] stündtlich zu jhrer Königl[ichen] Maystät hinein verfüge / deroselben des Stadthalters grosse vntrewe vnd Bubenstücke zu erkennen gebe / vnd jhn gantz hertiglich verklage / so will ich darauff gleich ohnversehnlich herzu kommen / vnd überreden jhre Majestätt / daß der Statthalter Poris vnd sein Sohn Alexander, mit Demetrio vnd den Römeren in grosser correspondentz vnd vertrauwligkeit stehen / zu mehrer bekreftigung aber dieser schweren beschüldigung / will ich erdichtete schreiben / so sie vntereinander gewechselt her vorgeben / auß welchem denn der Konig öffentlich sehen soll / wie hoch seine / Persohn Königlicher Statt vnd gantze Regierung periclitire, vnd durch solche schelmische practiquen in gefahr gesetzet werde. Jch versichere E[wer] D[urchleuchtigkeit] das so baldt Jhre Könnigl[iche] Mayestät einer so abscheulichen Verrähterey werden innen werden / müssen Poris vnd Alexander mit höchsten Schanden vnd ewiger Schmach Jhr Leben laßen / wird sie auch jhre grosse Macht vnd Reichthumb im wenigsten helffen können.

PERSEUS
ümbfehet Didam.

O mein allergetrewster vnd liebster Freundt / Glückselig vnd abermahl glückselig muß die Stunde sein / in deren jhr mir so klugen vnd nützlichen Rahtschlag habt mit getheilet / ich will solcher ewrer trew in ewige ewigkeit nicht vergessen / aber lasset vns Augenblicklich hinein eilen / diesen hochnützlichen Vorschlag inß werck zu richten. Sie gehn ab.

2. Szene
[229] Scena II.
Eudocia, Alexander, etwas darnach Paris.

EUDOCIA
gehet sehr betrübt auff mit jhrem Bruder.

O weh mir Elenden hochbedrübten Jungfreuwlein! O wehe mir vnglückseligsten Creatur /! Will denn daß wanckelbahre Glück nicht einmahl auffhören mich armes vnnd vielgeplagtes Geschöpff zu tormentiren vnd zu quelen / Ach grimmiger Todt / Ach bitterer Todt / fahe doch einmahl an dich mein zu erbarmen / vnd meinem vnseligen Leben sein so offt gewünschete endschafft zu geben.

ALEXANDER.

Wie denn vielgeliebte Schwester / ist des heulens vnd weinens kein ziel / kein Masse noch Ende? Warlich / ob schon die schwehre Hertzens Seufftzer vnd bittere Tränen noch so heuffig hervor gelassen werden / Vermügen sie doch nicht auch des allergeringste Vnglück von vns abzuwenden.

EUDOCIA.

Ach ja hertzvielgelibter Bruder / ich kan solches alles sehr woll erkennen / aber ich bitte fleissig / der Bruder wolle doch selber bey sich erwegen / ob ich nicht gnugsam Fueg vnd Vrsachen habe meinen jtzigen zustandt zuverfluchen / in betrachtunge ich deßjenigen / der mich mehr vnd höher alse seine eigne Seel geliebet hat / den auch ich hinwiederümb vor alle andere so vnter der Sonnen leben mit gleichmessiger Bestendigkeit zu lieben verobligiret bin / gantz vnd gahr muß beraubet sein; Nun vermeinte ich zwar es wehre mir ja dieses Trübsahls vnd Vnglücks genug / so muß noch dieses dazu kommen / daß der jenige der mir ein so grosses Hertzeleydt hat zu gerichtet / mich [230] jhn lieb zu haben noch gleichsahm dazu zwingen will / solte denn daß nicht mein Hertz quehlen / ja die grösseste Traurigkeit vnd Bekümmernusse setzen?Poris gehet auff gahr betrübet stehet alleine auff der Ecken des Theatri sicht auch die Kinder nicht.

ALEXANDER.

Jch muß zwahr bekennen / vielgeliebte Schwester / daß was sie anjtzo vorgebracht deme allem sey also / aber doch / so muß sie auch mitten in den allergrössesten Wiederwertigkeiten / ein hertzhafftes vnd mänliches Gemühte ergreiffen / denn ich der gäntzlichen Hoffnung gelebe / Die Götter werden alles daßjenige / was vns bißhero in so vielen vnnd mancherley anfechtungen wiederfahren / zu einem gewünscheten vnd glückseligen Ende kommen lassen / Aber / sich da / wehr ist der? Jst daß nicht vnser Herr Vater.

EUDOCIA.

Ja wahrlich er ists / Er stehet über alle massen traurig vnd betrübet / laß vns geschwinde hin zu jhm gehen.

ALEXANDER
vnd EUDOCIA.
Glück zu allerliebster Herr Vater.
PORIS.
Sich da mein liebste Kinder / finde ich euch beyde hier so gahr alleine?
EUDOCIA.

Ach hertzvielgeliebter Herr Vater / in grosser schwermütigkeit seyn wir alhie bey einander / denn leyder ich bey diesem meinem Trübseligen Zustande nichts anders zu thun weiß alß mein grosses elendt vnd jammer zu beklagen.

PORIS.

Ach mein allerliebste Tochter / sey doch nicht so kleinmütig vnd verzagt / fasse doch ein Hertz / lasse dich [231] die mannigfaltige Wiederwertigkeiten nicht so gahr vberwinden / Weist du nicht das der Mensch zum Vnglück gebohren? Wolan zweiffele nur nicht / es wird bald / bald die finstere Wolcke der Trübseligkeit vergehen / vnd hergegen die helscheinende Sonne der offtgewünscheten Glückseligkeit auffgehen vnd wiederumb hervorbrechen.

ALEXANDER.

Vnd eben daß ist es Herr Vater / daß ich jhr bey solchem stetem lamentiren / Seufftzen vnnd weinen zu gemühte führe sie aber beklaget nichts so sehr / als daß eben derjenige / der sie vnd vns / in so grosse vnd vielfeltige Trübsahl gesetzet hat / sie dennoch jhn lieb zu haben / gleichsam mit gewalt noch dazu zwingen will.

PORIS.

Ja Alexander mein Sohn / es ist mir dieses alles sehr wol bewust / habe auch mit grosser Verwunderung der vnverschämten vermessenheit des Didæ wahr genommen / in dehme er sich hatt vnterstehn dörffen deine Schwester zu bereden / daß sie den vortrefflichen / auffrichtigen vnd weitberühmten Printzen Demetrium verlassen vnnd hindansetzen / im gegentheil dem Tyrannischen vnd Ruchlosen Perseo, der nicht allein den gantzen Königlichen Hoff / besondern vielmehr daß gantze Reich turbiret vnd verwirret / jhre liebe vnd hülde geben solte / welches gleichwol in alle ewigkeit nicht gesehen soll / vnd würde gleich Perseus rasent vnd vnsinnig darüber / denn ob er mich gleich bey Jhrer Könnigl[ichen] Majestätt dermassen angegeben / daß ich auß der so grossen gnade / in welcher ich mich zu allen vnd jeden Zeiten bey deroselben befunden / nun mehr in die höchste disgratiam bin gefallen / so tröste ich mich doch meines guten gewissens / halte demnach gäntzlich so davor / es werde daß allerbeste mittel sein / die grosse durch jhn im Macedonischen Reiche erweckete vnruhe vnd turbation zustillen / daß man einen General Landtag außschreibe[232] / die sambtliche Stände von allen dingen gründlichen berichte / den Printzen Demetrium (der jhm am allerbesten kan wiederrstehen) von Rom erfodere / vnnd also gegenwertige regierung in etwas reformire vnd auff einen anderen Fueß setze. Vnter dessen aber will ich dich meine liebste Tochter gantz väterlich ermahnet haben / du wollest ja bey deiner einmahl gegebenen Treuw festiglich verharren / vnd dich weder Glück noch Vnglück / weder Trübsahl noch Wiederwertigkeit von dem hochlöblichem Printzen Demetrio abwendig machen lassen.

ALEXANDER.

Ach ja vielgeliebte Schwester / dazu wil auch ich sie auffs Treuwlichste vnd Brüderlichste ermahnet / Ja durch alle Götter gebehten haben.

EUDOCIA
fellet auff jhr Knie / siehet gehn Himmel / strecket jhre beyde Finger auß vnnd schweret gantz frölich.

Allerliebster Herr vnd Bruder / ich gelobe vnd schwere alhie vor allen Himlischen Götteren vnd euch / vnd daß bey meiner reinen Jungkfrauwschafft / daß ich die Liebe vnd Treuwe / welche ich den vortrefflichen Macedonischen Printzen Demetrio einmal angelobet vnd zugesagt / in eiwigkeit nicht brechen / besondern stets vnd feste halten will / vnd dafern daß Glück die geniessunge vnserer getrewen Leibe würde verhinderen / so verspreche ich der aller keuschesten Göttinnen Vestæ, jhr meine vnbefleckte Keuschheit vnd Jungfrauwschafft die Zeit meines Lebens auff zu opffern / doch also / daß ich vnterdessen meines allertreuwsten Liebhabers ewiglich nicht vergesse.

PORIS.

Die vnsterblichen Götter wollen ja jhrem allerheiligsten willen nach diesen Eydt festiglich bekrefftigen.

[233]
ALEXANDER.
Vielgeliebte Schwester / die Götter werden jhnen solche vngefärbte Trew wolgefallen lassen.
PORTS.

Stehe auff meine Tochter / stehe auff Er richtet sie auff. wir wollen hinein gehen / vnnd auff mittel vnd wege bedacht sein wie dem Vnglücke zu wehren / vnd wir in die vörige Glückseligkeit gesetzet werden. Sie gehen zugleich ab.

3. Szene
[234] Scena III.
Philippus, Perseus, Antigonus, etwas hernach Didas. Sie setzen sich in den Königlichen Thron.

PHILIPPUS.

Jsts wol müglich Perseu mein Sohn / daß mein Stathalter Poris / dehme wir so viel ohnzehliche Guttahten erwiesen / den wir zu so grossen Ehren vnd Wurden / Ampteren vnnd Digniteten befodert / so trewloß vnd verrähterisch an mir vnd meinem Reiche solte handelen?

PERSEUS.

Ja großmechtigster König allergnedigster Herr Vater / wie ich E[wer] Majest[ät] berichtet habe / also ist es warhafftig beschaffen. Der Statthalter Poris, vnd seyn Sohn Alexander, tragen ein so böses / leichtfertiges / ja verrähterisches Gemüht gegen E[wer] M[ajestät] vnd deroselben großmechtigen Reiche / daß ich auch selbsten nimmermehr ein solches geglaubet hette / wenn nicht vnzehliche Bubenstücke / so sie getrieben / das gantze Werck offenbahret betten / ja ich zweiffele nicht / es werde E[wer] Majest[ät] selber vorlengst vermercket haben / wie des Poridis vnd seines Sohns Alexandri Hertz / Sinn / vnnd Gemüht / eintzig vnd allein an meinem Bruder Demetrio, vnd also per consequens an den Römeren vnseren abgesagten Feinden hange / denen sie auch alle vnsere geheime vnnd verborgene Rahtschläge / so wol zu Friedes alß Kriegeszeiten / jedesmahl offenbahret haben.

PHILIPPUS
sehr zornig.

O der grossen Vndanckbahrkeit! O der vnerhörten Verrähterey! Waß wollet doch jhr hiezu sagen Herr Vetter Antigone? E[wer] Liebe hat allezeit des Poridis vnnd seines Sohnes Handlungen auff daß eusserste vertreten[235] vnnd vertheidiget / seinen Fleiß vnd Trewe in regiments Sachenn hochgerühmet / ja jhn so gahr über alle andere vnsere Favoriten vnnd Diener erhoben?

ANTIGONUS.

Großmechtigster König / Ewer Majestät wolle doch nicht so leichtlich alle dem jenigen / was offte auff mißgönstiger Leute Relation, von dem Durchleuchtigsten Printzen Perseo, vieleicht auß guhtem vnd wolmeinendem Hertzen wird vorgebracht / glauben zustellen. Denn ob wol nicht zu glauben / daß seine Durchleuchtigkeit etwas erdichtetes Ewer Majestät solte referiren, so kans doch leicht geschehen / daß andere auß sonderbahrer Neidt vnnd Feindtschafft / welche sie zu vielgedachtem Herren Hofemeister tragen / solche vnnd derogleichen hochschädtliche Practiquen fingiren vnd erdencken möchten / die jenige so es mit Ewer Majestät vnnd dem gantzen Reiche wol vnnd getrewlich meinen / nicht allein in Gefahr vnd Vngnade / besonderen wol gahr in Noht vnd Todt zu bringen. Didas gehet ein.

PERSEUS.

Was Herr Vetter Antigone, zweifelt E[wer] L[iebe] noch an dem verrähterischen Vorhaben des Statthalters Poridis, da doch dasselbe so hell vnd Sonnenklahr / daß es nicht kan noch mag geleugnet werden / aber der Herr Hofemeister kompt eben zu rechter vnd bequemer Zeit / denn er das alles daß jenige / dessen ich anjetzo gedacht / in der Warheit also beschaffen sey / wird glaubwürdige Zeugnüsse geben vnd mittheilen können.

PHILIPPUS.

Herr Vetter Antigone, mich wundert zum höchsten / was euch doch immermehr bewegen mag / des leichtfertigen Statthalters / vielmehr aber seiner Verrähterey so euch anzunehmen / ich bin warlich der gentzlichen Meinung / mein Sohn Perseus sey eines so redlichen auffrichtigen [236] Gemühtes / daz er nimmermehr der Warheit etwas zu wieder vorbringen werde / zweiffele auch nicht / weil er in dieser Sachen vnseren Hofemeister Didam zum Zeugen geruffen / es werde derselbe solche vnd derogleichen hochschädliche Practiquen, zu Versicherung vnserer Majestät / zuerfahren vnd inne zu werden sich höchstes fleisses bemühet haben.

DIDAS.

Großmechtigster König / allergnedigster Herr keine andere Sache ists / welche mich anjtzo vor E[wer] Königl[iche] Majestät zuerscheinen / angetrieben hat / alß eben diese / davon in gegenwertigem Rahte wird gehandelt. Demnach sich aber mein gnedigster Fürst Perseus, auff meiner Weinigkeit Gezeugnüsse hat beruffen / alse bekenne ich hiemit vor E[wer] Majestät vnverholen / daß der Statthalter Poris, vnd dessen Sohn Alexander, gefehrliche vnnd hochschädliche Practiquen nun eine geraume Zeit hero mit dem Printzen Demetrio vnnd vnseren Feinden den Römeren angestifftet vnd betrieben haben. Vber das alles / nach deme ich von Ewer Königlichen Majestät allergnedigst befehligt worden / auffalle heimligkeiten / so zu Nachtheil Ewer Majestät vnd deroselben hochlöblichen Königreiches passiren möchten / ein wachendes Auge zu haben / alß habe ich solchen Königlichen Befehl mit fleiß in obacht nehmendt / meiner vntergebenen Soldatesca, absonderlich aber denjenigen / welchen die Wachten anbefohlen / ernstlich commandiret vnd aufferleget / auff alles fleissige Auffsicht zu haben / vnd alle Botten vnd reisende zu visitiren, alß ist mir am heutegen Tage ein sehr verdächtiges Schreiben des Statthalters Poridis zugestellet / welches ich hiemit in vnterthänigkeit E[wer] Majestät will offeriret haben.

PHILIPPUS
lieset den Brief heimlich mit grossem Zorn vnd Verwunderung / giebet jhn hernach dem Printzen Perseo / der lieset jhn öffentlich / der König fehet starck an zu schreien.

O Wehe mir / wehe mir! O erschreckliche Verrähterey! O vnerhörte [237] Falschheit vnd Bubenstücke? Verfluchet seistu leichtfertiger Bösewicht / du abgeschümeter Verrähter / woltestu mich vnd mein Königreich meinen Feinden in jhre Hände vnd Gewalt überliefern? Warlich / daß soll dir bald verbotten werden. Geschwinde Dida, nim zu dir die allerfrewdigste vnnd tapfferste Kriegesleute / vnd lasse mir den Statthalter (ey was sage ich Statthalter / den Verrähter meine ich) seinen Sohn vnd Tochter mit den stärckesten Ketten binden / vnd in die tieffeste Gefengnüssen führen / das er morgendes Tages auff das greulichste torquiret vnd gepeiniget werde / vnd daß man /

ANTIGONUS
felt dem Könige in die Rede.

Großmächtigster König / E[wer] Majestät lasse sich doch den Zorn nicht so hefftig übereilen / sie lasse jhr (wo es müglich) auch des Herrn Statthalters Verantwortung anzuhören belieben.

PHILIPPUS
sehr zornig.

Was Antigone, wollet jhr einen solchen Verrähter vertheidigen? seht euch wol für / daß jhr euch nicht selber etwa einen Verdacht auff den Halß ladet.

ANTIGONUS.

Großmechtigster König / ich getröste mich meines guten vnnd reinen Gewissens / alldieweil ich aber gentzlich spühre / daß ich mit nichten kan noch mag gehöret werden / alse nehme ich hiemit in Vnterthänigkeit meinen Abscheidt.


Gehet ab sehr betrübet.
PERSEUS.

Großmechtigster König / allergnedigster Herr Vater / ob zwahr E[wer] Majestät dem Hofemeister vnd Obristen Didæ auff daß klüglichste gebohten / den Verrähter Poridem mit den seinen gefänglich anzunehmen / so erachte ich es [238] doch viel vortreglicher seyn / (jedoch auff E[wer] Majestät allergnedigst Verbesserung) daß man damit noch ein weinig einhalte / biß auff den Abendt / damit der Handel ohn allen Tumult vnd Anlauff des Pöbels möge abgehen.

PHILIPPUS.

Gahr recht / gahr recht / mein Sohn / vnd du Dida wirst vnserem ernstlichem Befehlich gehorsahmlich nachzukommen wissen / wir aber wollen hinein gehen / damit allem bevorstehendem Vbel bey zeiten vorgebawet werde.


Sie gehen ab.
4. Szene
[239] Scena IV.
Poris, Alexander, Eudocia, wenn die todt / so kommen drey Gespenste / wenn die hinweg / gehen auff zugleich Didas, Lurco, Knapkäse / 2. oder 3. Soldaten.
Erstlich kommen Paris, Alexander, Eudocia zugleich herauß gelauffen / gantz erschrocken vnd bestürtzt ohne Hudt vnd Kragen / mögen kaum Ahtem holen endtlich fehet an zu reden.

PORIS.

O Wehe / wehe über alles Weh / O der grossen vnerhörten Bößheit! O Perseu, Perseu, wenn wiltu doch endtlich auffhören / deine grausahme Tyranney / an denen / so dir niemahlen etwas böses oder vnbilliges wiederfahren lassen / zuerweisen! Ach Alexander mein hertzen Sohn / ach sage an / was haben wir für Raht vnd Trost / was für Hülffe haben wir in diesen grossen Nöhten zu hoffen?

ALEXANDER.

Ach hertzliebster Herr Vater / die Noht ist leider dermassen groß / daß ich / was in diesem Vnglücke zu thun vnd vorzunehmen / durchauß nicht weiß zuersinnen. O wolte Gott / wolte Gott / daß wir jennige Mittel wüsten / dieser eussersten Todesgefahr zu entrinnen. Vnter diesem discurriren stehet die Eudocia über die massen trawrig.

PORTS.

Ach hertzliebste Kinder / der redliche Fürst Antigonus meinet es mit vns hertzlich gut / nicht allein thät es jhm über die massen weh / daß wir so fälschlich beym Könige wahren angetragen worden / besonderen / er bemühete sich auch sehr / wie er vns auß der Gefahr vnd davon helffen möchte / aber es wahr jhm ein solches ins Werck zurichten ohnmüglich / denn die falsche Verleumbder vnnd Angeber [240] haben leider heutiges tages an der Potentaten vnd Könige Höfen alle Gewalt zu sich gerissen / daß auch die allerredlichsten vnd auffrichtigsten Hertzen kaum den Schatten eines Königlichen Favoriten behalten / wie auch solches klärlich an dem Printzen Antigono zuersehen / darumb war auch das sein eintziger vnd endtlicher Raht / daß wir mit der Flucht vnser Leben salviren vnd retten sollen / vnd bedüncket michs jetz selbesten / dieses werde daß allersicherste Mittel seyn / der vnerhörten Tyranney vnnd Grausahmkeit zu entrinnen.

ALEXANDER.

Allerliebster Herr Vater / sintemahl es jhme also gefellig / alß will das beste seyn / daß wir die Flucht auff das schleunigste vor die Handt nehmen / vnnd zu vnseren Feinden den Athenienseren vns begeben / Nun wird in der Scena geschossen vnd getrummelt aber gahr sanfft / als sey es von ferne. denn ich nicht zweiffel / vnsere Wiedersacher werden sich augenblicklich vns nachzueilen vnterstehen. Aber horcht / was ist denn das? Warlich ein Trummelgereusch vnnd ein Schall geladener Mußqueten / doch halte ich davor / das es noch ziemlich ferne von vns sey / bin aber der gentzlichen Meinung / es seien die vom Könige deputirte, so vns gefenglich anzunehmen außgesendet worden.

PORIS.

Warlich ich bin eben deroselben Meinung / ach was werden wir nun beginnen? Jch beförchte leider / leider / wir werden diesem grimmigen Tyrannen gahr nicht entfliehen noch entrinnen können.

EUDOCIA.

Jn diesem grossem Elende vnd allereussersten Todesgefahr / hertzallerliebster Herr Vater vnd Bruder / höret doch auch noch einmahl gedultiglich ewre allerliebste Tochter vnd Schwester / von welcher wegen ein grosser theil dieser gegenwertigen Vnglückseligkeit euch entstehet vnd herrühret. Jhr höret ja vnd sehet / daß wir nunmehr in die [241] allergrösseste Gefahr / so vns jemahlen zu Händen stossen möchte / sein gerahten / euch ist ja nicht verborgen / wie vnmüglich es sey / jhren blutdürstigen vnd grimmigen Fäusten zuentgehen / jetz / jetz werden sie kommen / vns wie die Vbeltähter binden / hönen vnd schmähen / hernach aber ein erbärmliches Schawspiel auß vns machen / biß sie vns endtlich / wenn sie nun jhr Mühtlein genugsahm erkühlet / mit vnerhörter Marter vnnd Pein vom Leben zum Tode bringen vnd hinrichten. Diese Schmach / Verachtunge / langwieriges Leiden / vnd überauß herben Todt / können wir selber gnugsahm zuvor kommen / wenn wir nemblich jhrer Ankunfft nicht er wahrten / besonderen mit einer rechtschaffenen tapfferen Künheit / vnd behertztem Gemühte / selber vns davon helffen. Jr allerliebster Herr Vater / habet nunmehr so viele Jahr vnter den Kriegen vnd Zügen dem streitbahren Marti gedienet / mein Bruder hat auch in streiten Ehr vnd Ruhmbs genug erlanget / wollet jhr den noch verzaget vnd forchtsahm seyn? Daß will ich ja nimmermehr hoffen. Mir warlich hat es vorlengst geanet / mein Hertze hat mirs zugesaget / daz es ein solches Ende mit vns nehmen würde / darumb habe ich mir auch bey Zeiten einen vergiffteten Tranck zubereitet / der trutzigen Bößheit vnserer Tyrannen damit vor zukommen / dieses nun alß mein letztes Schlafftrüncklein will ich mir selber bringen / vnd dadurch meine Jungkfrauliche Seele hie in die Elysäische Felder schicken. Jhr Hertzliebster Vater vnd Bruder / habet ewre Schwehrter / die jhr eine so geraume Zeit wieder ewre Feinde mit so grossem Ruhm geführet habet / wie baldt könnet jhr damit ewre tapffere vnd mannliche Hertzen durchgraben? Erschrecket nicht vor einem so kleinen vnd geringen Schmertzen / vielmehr bedencket den grossen Ruhm vnd das vnsterbliche Lob / welches vns deßwegen nicht allein von vnseren Freunden vnd Gönneren / besonderen auch vnseren ärgesten Feinden wird nach geredet werden. Jch bin ein schwaches [242] zahrtes Jungkfräulein / noch denn fürchte ich den Todt nicht / ey seyt doch nicht verzagter alß ein Weib. Wolan / ich will den Anfang machen / ich will euch den Weg zeigen / ich will meine Seele vorn anschicken / daz sie der ewrigen die Stelle bereite / vnd dieselbe hernachmahls empfahe vnd willkommen heisse / vnterdessen wird vnser hohes Lob / durch die gantze weite Welt außgebreitet werden.

PORIS.

Hertzallerliebste Tochter ob ich mich wol niemahlen ob des bleichen Todes grausahmkeit habe entsetzet / so bekenne ich doch frey vnd offentlich / daß deine Rede / O Eudocia, mich dahin gebracht / daß ich nunmehr denselben gahr nicht fürchte / sonderen bereit bin / benebenst dir gantz rühmlich von hinnen zu scheiden; Aber Alexander mein liebster vnd eintziger Sohn / wie hast denn du ein solches grausen vnd entsetzen ob des Todes Bittrigkeit / der vnß doch von allem Trübsahl vnnd Vngluck dieses elenden Lebens befreiet vnd erlöset.

ALEXANDER.

Allerliebster Herr Vater / ich will ja nimmermehr verhoffen / daß mein Herr Vater / mich vor ein so vngerahtenes nichtswürdiges Kindt wird halten vnd schätzen? Wie könte ich doch jmmermehr Lust vnd Liebe noch lenger zu leben haben / wenn ich mit meinen Augen anschawen müste / den kläglichen / aber doch hochrühmlichen Abscheidt meines allerliebsten Vaters vnd Schwester? Mit nichten will ich dahinden bleiben / besondern zugleich mit den ewrigen Herr Vater soll mein junges Hertz den letzsten Stich des Todes empfahen / vnd diese Welt gesegnen.

EUDOCIA.

Mitten in dieser grossen Noht vnnd schweren so Todesangst / erquicket mich doch hertzlich / daß ich spühre / wie bereit vnd willig jhr seydt beyderseits meinen gegebenen Rahtschlag ins Werck zu richten / vnd wie den [243] tapffersten Ritteren zustehet / gantz behertzet vnd muhtig von hinnen zu scheiden / darumb allerliebster Herr Vater / so lasset vns nun nicht seumen damit wir ja nicht denen die vns verfolgen vnd nacheilen zu theile werden.

PORIS.

Du rahtest recht vnd wol / hertzallerliebste Tochter / wir müssen eilen / damit wir nicht plötzlich von jhnen überfallen werden. Nun reisset er sein Wambs auff. O Grausahmer König / O vnversöhnlicher Tyran / O grimmiger Perseu, ist das eine gnugsahme recompens, vor meine getrewe euch erwiesene Dienste? O du blutdürstiger Wüterich / schawe doch an die Narben / die ich in Kriegen vnd streiten vor dich vnnd das Macedonische Königreich empfangen / vnnd dennoch dürstet dir nach dem weinigen annoch verhandenen vnd übergebliebenem Blute / in meinen beynahe außgezehrten äderlein. Nun wird abermahl in der Scena getrumlet vnd geschossen. Ey wolan ist dir so groß damit gedienet / ich will dirs nicht vorenthalten.

ALEXANDER.
Nun Herr Vater / wir müssen eilen / ich höre abermahl den Schall der Trumlen vnd Mußqueten.
EUDOCIA.

Ach ja Herr Vater / lasset vns ja nicht seumen / ich will den Anfang machen. Aber o du mein hertzallerliebster Printz Demetri, ach wolten die Götter / dir vnser kläglicher Abscheid nur in etwas bewust wehre / ach möchtestu anjtzo ein Zeuge seyn vnsers erbärmlichen Todes / ach soltestu anschawen / wie gerne vnd williglich wir deinethalben diesen vnschuldigen Todt erleiden / ich weiß warlich du würdest auß hertzlicher condolentz mit vns sterben vnnd von hinnen scheiden. Weil aber leider / leider / ich Vnglückselige dieses meines Wunsches nicht kan noch mag theilhafftig werden / ey so nim hin das liebreiche Opffer / welches du über alle dingk dieser Welt begehret vnd gewünschet hast / nemblich mein junges Hertz vnd Leben / Jhr aber hertzallerliebster Vater Küsset jhn. nehmet hin den letzten [244] Kuß ewrer eintzigen vnd liebsten Tochter / ewrer gehorsahmsten Eudociæ, Adieu es muß geschieden seyn.

PORTS.

Vnd du / mein ausserwelte Tochter / nimb hin den letzten Kuß Küsset sie. von dehme der dich mehr alß sich selber liebet / vnd du mein Ritterlicher Sohn Alexander Ümbfähet jhn. folge dem Exempel deines Vaters / vnnd schewe dich nicht den letzten Stich des Todes zu empfahen / sey nur frisch / freudig vnd vnverzaget / es kan / will vnd muß doch nun nicht anders seyn.

ALEXANDER.

Ach mein Herr Vater / ich entsetze mich im geringsten nicht für dem Tode / ich erwahrte seyn mit freuden / adieu, mein Hertzen Vater / Ümbfähet jhn. adieu mein allerliebstes Schwesterlein Küsset sie. nur frölich daran. Poris machet sein Wambs auff wirfft den Degen von sich / kriegt seinen Dolch hervor / vnd machet sich fertig zum sterben.

EUDOCIA
langet in einem Gläßlein jhr Gifftwasser hervor.

Nun du mein zahrtes Jungkfräuliches Hertz / erschrick nicht / diesen letzten Schlafftrunck / der dich von aller Trübseligkeit dieses müheseligen Leben / wird erretten / frisch vnd vnverzagt zu dir zu nehmen. Sie trincket jhn auß / gehet drauff ein weinig hin vnd her spatzieren / endtlich verkehret sie die Augen im Kopffe / fehet an zuzitteren vnd zu beben / felt nieder vnd stirbt.

PORIS.

Nun meine allerliebste Eudocia ist dahin / es gesegne dich Gott Sonne vnnd Mohn / alle Sterne am Firmamentce, Himmel vnd Erden / Meer vnd alle Wasserflüsse / alle Berge vnd Tahl / Laub vnd Graß. Adieu ich fahr davon.


Ersticht sich / vnd felt nieder bey seiner Tochter.
ALEXANDER.

Nun wolan / kan es denn nicht anders seyn / ey so will ich meinem allerliebsten Herren vnd Vater / vnnd meiner hochgeliebten Schwester gerne vnd willig folgen / [245] Darumb meine Seele / betrübe dich nicht / vielmehr bereite dich augenblicklich hinzufahren / an den freudenreichen Ohrt / da so viel triumphirender Helden anjetzo benebenst den deinigen in grosser Herrligkeit versamlet seyn / Adieu ich muß davon / die Stunde meines Abscheides ist verbanden / Adieu ich fahr dahin.


Ersticht sich mit dem Degen / hierauff kommen geschwinde 3. Gespenster hervor springen / mit vnterschiedlichen Musicalischen Jnstrumenten / gehen etliche mahl vmb die 3. Todte Cörper herümme / vnd musiciren gahr ein trawriges Liedt / dessen erster Verß also anfehet: Ach Poris außewehlter Heldt / du güldene Krohn der Frommen etc. Der Text wird in der Scena durch
einen Knaben dazu gesungen / so baldt das Lied zum ende / verschwinden die Gespenste gleichsahm im Augenblick / vnd kommen hierauf gantz vngestühmlich auff den Platz gelauffen / die / so jhnen zuvor nachgejaget / alß: Didas, Lurco, Knapkäse / vnd 3. oder 4. Soldaten / der Obriste mit einem blossen Degen / die anderen aber mit Mußqueten / vnd fehet an Didas.

Hilff Jupiter was habe ich Mühe gehabt den verlauffenen Statthalter sampt seinen Kinderen diesen gantzen Tag zu suchen / er muß sich warlich an einen wunderbahren Ohrt verkrochen haben / aber hilff Mars was finde ich hier / sehe ich nicht den Statthalter Poridem in seinem eigenen Blühte liegen / deßgleichen auch Alexandrum seinen Sohn / ja auch die allerschönste Eudociam seine Tochter! Ohne allen zweiffel haben sie selber Handt an sich geleget / vnd vnserer Ankunfft nicht erwarthen wollen.

HANS KNAPKAESE
machet seine Mußquete fertig vnd spricht.
Potz ackermest Herr Obrister / ich will die Diebe todt schiessen.
DIDAS.
Ey du Narr / was hastu vor / was wilt du schiessen / sindt sie doch bereits todt?
[246]
HANS.

Ey / was Herr Obrister / ich will sie noch einmahl todt schiessen / ich förchte mich auff mein Seel nicht ein Haar vor sie.

DIDAS
lachend.

Wanne / wanne Hans / du bist mir ein behertzt Kerl / du leuffst vor einem todten nicht / sehe ich wol.

HANS.

Nein ich auff meine Seel nicht Spricht zum todten Cörper. du Statthalter / du Cujon Schlegt jhn auffs Maul. nicht ein Haar frage ich nach dir / vnd ich gebiehte dir / daß du das Maul vor mir zuhaltest / oder ich werde dich jämmerlich zerkeilen.

LURCO.

Ey was bistu ein grober Narr / was sagstu doch viel von maul zu halten / du siehst ja wol daß sie alle todt seyn.

HANS.

Ja / da habe ich auff mein Seel nicht angedacht / das tode Leute nicht reden können / Er stosset die todte Cörper mit Füssen. jhr Hundsfötter / gebt mir antwort / ob jhr gahr todt seydt / vnd ob jhr reden könnet oder nicht?

DIDAS
ad Hansen.

Ey was hastu Geck vor / packe dich: Jhr Soldaten traget die todte Cörper hinein / daß sie jhre Königl[iche] Majestät Befehlich nach entweder verscharret / oder auch zu Staube verbrandt werden.


Die Soldaten tragen die todte Cörper hinein / vnd gehen ab mit Dida / der letzte ist.
LURCO.

Wol mir wenns so zugehet! Lob sey den vnsterblichen Götteren / die Feinde meines Herren Persei sein dahin / nun muß ich geschwinde lauffen / vnd meinen Herren Perseum hin vnnd wieder suchen / damit ich ja der erste sein möge / der jhme die so angenehme / hochgewünschete Zeitungen bringe / ich weiß gewisse / er wird mir meine Mühe wol belohnen / vnnd zur Stundt einen redlichen Schmauß davor spendiren.

5. Szene
[247] Scena V.
Perseus alleine / darnach kompt Lurco zu jhme /auffs allerletzte kommen dazu Didas vnd Knapkäse.

PERSEUS.

Ach Mars du gewaltiger Krieges Gott / du Vater vnd Patron aller ritterlichen Gemühter / dir will ich in all Ewigkeit Lob / Preiß vnd Danck opfferen / daß du mir deinem getrewen Favoriten vnd Diener so viel vnzehliche Gutthaten erzeigest / vnd beweisest. Ach was machestu mich glückselig / in dehme mir alle meine Anschläge nach meinem Wunsch vnd Willen von statten gehen / ja wie kan doch ein anmuhtigers Ding vnter der Sonnen seyn / alß wenn ein behertzter rechtschaffener Chevalier an deme / die jhme feindtlicher weise nachstellen / sich grausamlich vindiciren vnd rechen mag? wie ruhiglich ist nun mein Hertz vnd Gemühte contentiret, nach deme ich meinen stetigen Feindt vnd Wiedersacher den ruhmsprechigen Statthalter Poridem, sampt seinem vnerfahrnen Sohne dem Bawrstoltzen Alexander vnd der schnöden Eudocia, der vnverschämbten Bestien in eine solche disgratiam vnd Vngnade bey meinem Herren Vater gebracht habe / daß jhnen nunmehr auff das fleissigste nachgeforschet / ja auch durch den Obristen Didam, meinen außerkohrnen Freundt wird nachgejaget / bin auch der gentzlichen Hoffnung / er werde mir solche hoch vnd vielbegehrte Personen / mit Feßlen vnd Ketten auff daß hertiste gebunden / baldt / baldt præsentiren vnd überantworten / alßdann will ich eintzig vnd allein darauff bedacht seyn / wie ich mit allerhandt erschrecklichen tormenten mich auff das allergrausahmste an jhnen mag vindiciren vnd rechen. Lurco gehet ein. Aber sich da / woher mein Lurco, was bringstu mir doch gutes newes?

[248]
LURCO.

Großmechtigster Durchleuchtigster / hochgebohrner / vnüberwindtlichster / allergnedigster Herr / ich armer vnwürdiger Madensack bringe E[wer] Printzlichen M[ajestät] so überauß gute / schöne / köstliche / herrliche Newezeitungen / derogleichen dieselbe in alle ewige Ewigkeit nie gehöret noch vernommen.

PERSEUS.

Hilff Gott / was sindt denn daß für herrliche / köstliche / schöne Newe Zeitungen? Jst Poris etwa gefangen?

LURCO.

Nein / Gnedigster / Durchl[euchtigster] allertapferster Printz / Majestätischer Herr / es sind auff mein Seel solche elementische guthe Zeitunge / das wann sie E[wer] Durchleucht[igste] Mayestätt vnnd Ehrenvest mit denn zu sich ziehenden Instrumenten jhrer wollproportionirten Ohren erhören / vnnd hernach recht consideriren werden / beförchte ich sehr sie werden darüber vor grossen freuden in eine Ohnmacht fallen.

PERSEUS.

Du machest mir da einen greulichen grossen senff / möchte einem doch / solche Zeitungen zu erfahren / vnterdessen gantz vnd gahr die Lust vergehen. Sage an waß ists denn endlich?

LURCO.

Allerdurchleuchtigster / Hochgeborner Printz / Fürst / Herr vnd Ritter / hole mich (mit gunst zu reden) der schwartze Hencker / sindt es nicht solche anmuhtige / liebreiche vnd schöne reporten, avisen, Zeitung vnd Mehre / daß sich E[wer] D[urchleuchtigkeit] nicht allein gottsjemmerlich darüber erfrewen / verwunderen vnd entsetzen wirdt / besonderen auch mir jhrent halben einen guten Schmauß spendiren / schencken vnd mittheilen.

PERSEUS.

Ey ja Lurco, ist dirs darümb zuthun / damit kan man dir helffen / was mögen das aber woll für Wundersahme so seltzame Zeitungen sein / mache doch ein ende davon vnd [249] halte mich nicht lenger auff / sindt aber deroselben so viel / das du eine geraume Zeit / selbige zu erzehlen haben must / so molestire mich jtzundt nicht damit / denn ich vor dieses mahl andere Sachen zu ponderiren habe / an welchen mier mehr gelegen.

LURCO.

Ey nein / nein / nein / Durchleuchtigster / Großmechtigster / Majestetischer Printz / es soll nicht so gahr lange wehren / es sindt auff meine Seel nur drey Worth zürnet doch nicht / höret mich doch.

PERSEUS.
Was wils den endlich werden? was sindts denn für 3. Wohrt.
LURCO.
Nu komts: Poris ist todt.
PERSEUS
erschrickt gleichsam.
Was sagst du Lurco?
LURCO.
Poris ist todt.
PERSEUS.
Was? Waß? Jst der verrähterische Stadthalter Todt?
LURCO.
Poris ist todt.
PERSEUS.
Wie ists aber mit Alexander seinem bawrstoltzen Sohn / dem vngeschliffenen Cujon beschaffen?
LURCO.
Todt
PERSEUS.
Wie denn mit seiner leichtfertigen Tochter / der nichts würdigen Bestia?
LURCO.
Todt
PERSEUS.

Ey Lurco gieb mir doch rechten Bericht von allen Sachen vnd lasse mich doch eigentlich wissen / wie dieselbe zugangen sey.

LURCO.

Allerdurchleuchtigster / Großmechtigster Printz / gnedigster Herr / ich wolte meine Rede / Worte / vnd parlamenta weitleuftig genug hervor spendiren / vnnd von allen [250] Dingen weitleufftige relation vnd Bericht thun / wenn ich nicht E[wer] Grandeza zugesaget vnnd verheissen / nicht mehr / alse nur drey Worte zu Naretiren, diciren, loquiren, parliren vnd reden / also ist mir nun greuwlich angst / daß ich E[wer] Großmütigkeit (welches ich denn nicht vmb zehen Kannen Wein zuthun begehre) höchlich schrecklich vnd grausamlich solte irificiren vnd erzürnen / darümb habe ich nur mit dreyen werten meine meinunge außgegossen vnd genarrieret.

PERSEUS.

Hilff Jupiter / waß machest du mir viel wesens vnnd plauderens / sage mir doch vmbständtlich / wie daß gantze werck an jhm selber beschaffen? Didas gehet auff. Lurco reuspert sich. ia wahrlich nun soll es angehen.

DIDAS.

Die Götter verleihen dem Durchleuchtigsten Hochgebornen Printzen Perseo / Gesundtheit / langes Leben / Glück / Heil / Triumph vnnd Victori über alle seine Feinde.

PERSEUS
mit frölichen Gesichte.

Das walten alle Himlische Götter: Aber saget mir baldt mein allergetrewester Freundt: Jst mein Feindt vnd Wiedersacher todt?

HANS
fehret herauß.

Ja auff meine Sehl Ehrenvester Herr / der Hunsfott wahr so steiff wie ein Holtz / ich habe jhn cujoniret daß es ein Lust wahr / er hat mir pour dieu nicht ein einziges wort dörfen wiedersagen.


Perseus. Kehret sich von jhm / Didas stosset Hansen zu rücke.
PERSEUS.

Was wilt du Geck. Ad Didam. Herr Obrister / sagt mir doch baldt wie es eigentlich mit dem wercke beschaffen / Lurco hat zwar viel dinges berichten wollen / der Narr weiß aber gahr nichts ümbstendiges davon.

DIDAS.

Durchleuchtigster Printz / gnedigster Herr / demnach ich mich Königl[icher] Majestätt ernstlichem befehlich [251] nach auffgemachet / vielgedachten Stathalter sampt den seinigen zu suchen / vnd in gefengliche Hafft vnd verwahrunge zu bringe / bin ich entlich nach dem ich jnen nachgejaget / auff ein grossen Platz kommen / da ich Poridem benebenst seinem Sohne Alexandro in jhrem eigenen Blühte liegende gefunden / an der Eudocia aber habe ich durchauß keine Wunden noch Masen spüren können / nach deme ich aber alles woll vnd fleissig besichtiget / auch aller gelegenheit embsig wahrgenommen habe ich befunden / daß Poris vnd seyn Sohn in jhre eigene Schwerter gefallen die Eudocia aber / weil ich sie voller Mackelen / dabenebenst etwas geschwollen / auch ein gläsernes Gefäß bey jhr gefunden / sich mit einem giffttrancke hingerichtet hatte; Dieses nun ists kürtzlich was ich von dieser wunderlichen Geschichte E[wer] D[urchleuchtigkeit] vnterthänigst habe referiren wollen.

PERSEUS
verwundert sich.

Mit höchster verwunderung / vnd fast vnglaublichen entsetzen / muß ich anhören / diese so kühn vnnd dürstige That des verzweifelten Poridis vnnd seiner Kinder. Nun wolan sie haben alle mit einander jhren rechtmessigen verdienten Lohn / Nun wil ich nicht auffhören mich ebener massen vnd gestalt / an allen anderen meinen Wiedersachern vnd Feinden auffs grimmigste mich zu vindiciren vnd rechen / aber du Lurco, weich abe mit deiner Geselschafft / denn ich mit dem Herren Obristen ins geheim etwas sonderliches zu communiciren habe.

LURCO.

Großmechtigster / Durchleuchtigster allergnedigster Printz / auff E[wer] D[urchleuchtigkeit] gestrenges begeren will ich mich durch die Standarden meiner Beine / von hinnen so verschrauben vnd das panquet / sampt allen zugehörigen Sachen / auff daß prächtigste vnd delicateste præpariren lassen.

HANS.

Da muß ich pour dien mit hin / ey Monsieur Lurco, eure Gnaden nehmen mich armen Teuffel doch mit / ich [252] wil woll auffwahrten / Gläser ausschwencken vnd sonsten mit fressen vnnd sauffen daß beste thun.

LURCO
brüstet sich.
Nun nun es sey dir erlaubt / Sie gehen ab.
PERSEUS.

Nun mein getrewster vnd allerliebster Freundt Dida / jhr habet mir bißanhero in allen vorgefallenen Occasionen / welche ich zum theil meinen fürstlichen nahmen vnd reputation, zum theil mein Leib vnd Leben betroffen / die beste vnd fürtreglichste consilia vnd anschlage ertheilet: Durch euwren klugen vnd getrewen raht habe ich Poridem vnnd die seinige in die eusserste desperation gebracht / mich aber einer grossen Gefahr entlediget / nun ist noch eines überig / welches mich über die masse sehr tormentiret vnd quehlet / nemblich daß Glück vnd der Wolstandt meines feindtseligen Bruders / deß abgescheumten Bösewichtes vnd Verrähters Demetrij. Jn betrachtunge aber / der so grossen dienste / die jhr mein getrewster Freundt mir jederzeit erwiesen auch mannigmahl in meinen nöthen dadurch gerahten vnd geholffen habet / kan ich nicht vorbey / euch abermahl auff das fleissigste zu bitten vnd zu ermahnen / jhr wollet mir auch vor dieses mahl noch jeniges mittel zeigen durchwelches ich den jenigen / den ich von grundt meines Hertzen hasse / nemblich vielgenandten Demetrium / (der nicht wehrt ys das er mein Bruder heissen soll) gentzlich möge außrotten vnd vertilgen / Ach was wolten wir alsdan ein glückseliges vnd fröliches Leben führen / ich versichere euch Herr Obrister daß wann ich alsdan die geruhige possession des Macedonischen Reichs würde eingenommen haben / ich euch stundlich zu meinem allergeheimsten Raht vnd Stadhalter meines gantzen Königreiches wolte setzen vnd ordnen.

DIDAS.

Durchleuchtigster Printz / gnedigster Herr / der grossen vnverdienten Ehren / so E[wer] D[urchleuchtigkeit] mir anjtzo [253] præsentiren / thu ich mich vnterthänigst bedancken vornehme mit höchsten schmertzen / das sich dieselbe wegen jhres Bruderen glücklichen zustandes so hefftig bekümmeren / Jch bitte aber in vnterthänigkeit / E[wer] D[urchleuchtigkeit] wolle sich dieses Werck nur nicht so hoch angelegen sein lassen / in betrachtunge man diesen dingen gahr leicht kan zuvor kommen. E[wer] D[urchleuchtigkeit] ist sehr wol wissendt was massen Demetrius stündtlich von Rom anhero kommen wird / dabenebenst ist jhr auch überflüssig bewust / was massen Jhre Königl[iche] Majestett den Demetrium in grossem verdacht helt / alse colludirte er heimlich mit vnseren feinden den Römeren / diesen verdacht nun / ist hoch nöhtig / das wir mit allen fleisse zu mehren vnd zustercken stetig bedacht sein / zu dem ende wollen wir vns auff das schleunigste zu Jhrer Königl[ichen] Majestätt hinein verfügen / persuadiren vnd überreden / es komme Demetrius zu keinen anderen ende von Rom wieder anhero / daß er des Königes vnd des Reiches geheime sachen vnd Anschlage / den Römern durch Schreiben vnnd Botten offenbahre. Jch weiß gewiß / so baldt Jhre Königl[iche] M[ajestät] ein solches von jhm werden vernehmen / hat Demetrius bereits viel zu lange gelebet / vnd wird der König nicht vnterlassen jhn in seinen grimmigen eiffer vnd zorn auff das greulichste hinrichten zulassen.

PERSEUS
ümbfehet Didam.

O des wol bedachten Anschlages! O des klugen vnd nutzlichen rahts Nun erfahr ichs in der warheit / das die Götter vom Himmel euch mir geschencket haben / damit ich durch euwre Hülffe ein glückseliger Monarchie vnnd beherscher des Macedonischen Reichs werden möchte. Nun wolan / ich verspreche euch hiemit bey Fürstlichen Ehren vnd treuwen / solcher grossen Wolthaten in ewigkeit nicht zu vergessen / Aber lasset vns hinein gehen vnd vnsere wolersonnene Rahtschläge mit allem fleiß vnnd auff das schleunigste ins werck zu richten vns bemühen.

6. Szene
[254] Scena VI.
Demetrius kompt wieder von Rom gereiset mit einem Diener / darnach kompt Knapkäse.

DEMETRIUS.

Nun wollan Demetri / sey frölich vnd getrost / sage nun den vnsterblichen Götteren ewiges Lob Preiß vnd danck nach dem sie dich wiederumb frisch vnd gesundt in dein liebes Vaterlandt gebracht haben / dahin dich denn so hertzlich verlanget. Ach wie schmertzlich habe ich mich jederzeit gesehnet nach derjenigen die ich mehr vnd höher / als alle Reichtuhmb vnd Schätze dieser Welt thue schätzen vnd lieben / von deren ich aber zu Rom auch nicht die geringste Zeitung oder Schreiben habe emfangen können. Ach Eudocia, Eudocia, allerschönste Creatur / wie habt jhr doch jmmermehr vnterlassen können / euwren allertrewesten Liebhaber eine so lange vnd geraume Zeit / ohne allen Trost vnd Freude (die jhr mir durch ein eintziges Schreiben hettet erwecken können) leben zu lassen? gewißlich habt nicht jhr / sondern daß wanckelbahre Glück schuldt daran / welches nicht hat nachgeben wollen / daß sich jenige gelegenheit præsentirete / die mein Hertze nur einmahl in der grossen Schwermütigkeit / (die ich in meinem abwesen täglich habe außstehen müssen) contentirte vnd befridigte. Nunmehr aber verhoffe ich solche verflossene Zeit mit einer desto grösseren Ergetzligkeit zu compensiren vnd wieder einzubringen: Jch werde alsdann gahr nicht zu klagen haben / wann ich die allerschönste nach so vielem auß gestandenen Trübsahl / frölich besitzen werde Hans gehet auff / bey sich selber wunderlich speculirendt. ich kan vnd muß nicht lenger verziehen / die allerschönste mit meiner gegenwahrt [255] zu erfreuwen. Aber sich da / ist das nicht der alte Knapkäse? Ja warlich / was mag doch der vorhaben / ich muß geschwind von jhm erfahren / ob er mir nicht Zeitung von meiner Liebsten vnnd anderen Sachen zu sagen weiß Gehet zu jhm. Glück zu / Gluck zu / mein guter redlicher alter Knapkäse.

HANS
gehet in gedancken.
Ey was? lecke mich im Arse.
DEMETRIUS.
Ey du grober Vnflaht / schauwe doch her / wie ists mit dir / kennest du mich nicht mehr?
HANS
sieht auff.

O ho Potz ackermest Herr Printz / Herr Printz / daß euch der Teufel holl / Wilkom zu Hauß / wo so lange gewest?

DEMETRIUS.

Wie nun Hans / wie nun? du heist mich wunderlich willkommen / aber sage mir mein Hans hast du nicht Zeitung vom Herren Stadthalter dessen Sohn vnd sunderlich von seyner Tochter der schönen Eudocia?

HANS.
O ho Zeitung? Auff meine arme Seel einen gantzen grewlichen grossen Sack voll.
DEMETRIUS.
Ey mein Hanß das wehre mir lieb / sage mir doch baldt / seyn sie noch alzumahl frisch vnd Gesundt.
HANS.
Ja ja / O ho sie sind lange nicht mehr Kranck gewest.
DEMETRIUS.
Wie so Hans / wie soll ich daß verstehn?
HANS.
Ey was fraget jhr mich viel? Hört jhrs denn nicht / der Teuffel hat sie vorlengst all geholet.
DEMETRIUS.
Behüte Gott / behüte Gott / ey sage mirs doch etwas deutlicher / ich verstehe deine meinunge nicht.
[256]
HANS.

Potz schlappermest last mich doch vngeschoren / habe ichs euch nicht bereits gesagt das sie todt / todt / todt / todt / todt seyn.

DEMETRIUS
erschrickt.
Was sagst du Hans sein sie todt.
HANS.

Ja todt / todt / vnd wehren sie nicht todt gewesen / ich wolte sie bey dem element geschossen haben / das jhnen der Rauch were zwischen die Ohren auß geflogen.

DEMETRIUS
erschrickt hefftig.
Ach sage mir doch wie ist das nimmermehr zugangen / vnd warumb woltest du sie erschossen haben?
HANS.

Ey der König hat mich / vnd Lurco vnd den Obristen Didas außgesandt / das wir sie sollen todt schiessen / vnd ich wolte par dieu braff Fewer geben heben / da lag eben der Poris vnd sein Sohn / vnd hatten sich beyde ein groß Loch in den Leib gestochen / vnd daß klein Rabenaas das Eudocia lag auch dabey vnd wahr Todt es verdreust mich noch heut / das ich die Reise habe vmbsonst getahn. Nun Herr Printz ich habe nicht viel Zeit / ich muß hinlauffen vnd erzehlens die Leute daz jhr seydt wieder zu Hauß kommen. Nun guten Tag Herr Printz / Herr Metrius.

DEMETRIUS.

Ach wehe mir vnglückseligsten elendesten Printzen! Ob ich zwar auß dieses Närrischen Menschen wunderbahren discursen nicht eigentlich vornehmen kan / was es doch vor einen Zustandt vnd gelegenheit / mit meinem Hertzliebsten / deroselben Herren Vater vnnd Bruder mag haben nach / denn so muhtmasse ich aus seinen Worten nichtes gutes / bevorab weil mir mein Hertz / welches über alle massen traurig vnnd betrübet ist / etwas weissaget. Ach wehe mir! Was sol ich anfangen? Was soll ich beginnen? [257] O verfluchtes Glück / wiltu denn nimmermehr auffhören mich Vnglückseligen zu tormentiren? Ach wehe mir / wo dehme also ist / wie dieser thörichter Mensch mich hat berichtet. Ach wohin soll ich mich kehren wo soll ich ruhe finden? Aber was hilffts / das ich mich selber lenger in solchem zweiffel auffhalte / ich muß mich nur hin nach den Königlichen Pallast verfügen / damit ich von allen sachen auff daß schleünigst einen satsahmen Bericht empfahen.


Alhie wird ziemlich lange Tragicè musiciret biß sich Demetrius mit traurkleider angetahn.
7. Szene
[258] Scena VII.
Philippus mit seinen Trabanten / Perseus, Antigones, Didas, zugleich. Etwas hernach Demetrius mit einem langen schwartzen Traurmantel.

PHILIPPUS.

Mit grosser / ja fast vnglaublicher verwunderung / Perseu mein Sohn / haben wir von dir vnd vnserem Hoffemeister Dida vernommen / mit was gefehrlichen vnd hochschädlichen practiquen vnd Anschlägen mein Sohn Demetrius ümmegehe / hette mir zwar solches nimmermehr können ein bilden noch glauben (angesehen die mannigfaltige gutaten so ich jm jederzeit gantz väterlich erzeiget) wenn nicht jhr beyderseits solches gahr zu offenbahr erwiesen vnd dargethan hettet / demnach bin ich gentzlich gesinnet / nach dehme ich mein Väterliches Hertz nunmehr gahr von jhm gewendet / mich alß einen ernstlichen vnd gestrengen Richter ja grimmigen Recher solcher vnerhörten Bößheitt zu erzeigen.

PERSEUS.

Großmechtigster König allergnedigster Herr Vater / die schüldige pflicht vnd liebe (die mich natürlicher weise zwinget / den jenigen / von dem ich das Leben habe / vor allem schaden vnd Vnfalle eusserstes Vermögens zu warnen) hat nicht vnterlassen können die grewliche Bösheit vnd vnerhörte grausamkeit meines Brudern / ach was sage ich Bruderen eines schentlichen Mörders meine ich E[wer] Königl[ichen] M[ajestät] zu offenbahren / denn nicht allein habe ich auff fleissiges nachforschen eigentlichen Bericht eingenommen / das er daß Königreich Macedonien einzunemen [259] bedacht / (wie er denn zu dem ende den Römern allbereits Trew vnd Glauben geschworen / ja ewige Dienstbarkeit zugesaget /) besondern er hat auch hin vnd wieder einen grossen hauffen leichtfertiger Meuchelmörder bestellet / durch welcher hülffe er jhme vorgenommen / E[wer] Köni[gliche] M[ajes]t[ä]t / sampt allen derselben Pflichtverwandten / favoriten vnd getrewsten Freunden / verrähterischer vnd Barbarischer weise hinrichten zulassen.

PHILIPPUS
sehr zornig.

Was sagstu Perseu ists woll müglich das dieses Teufelskindt / dieser durchtriebener abgescheümter Mörder vnd Verrähter / sich eines solchen vnterstehen dörffte?

PERSEUS.

Ja Großmechtigster König / allergnedigster Herr Vater / so wahr die Götter leben / die diesen Geist vnd Seel mir geben / so habe ich E[wer] Maj[e]st[ät] von diesem handel nichtes anders alse die bittere warheit berichtet / ruffen auch dessen zum vnverwerflichen Zeugen E[wer] Koni[glichen] Mayst[ät] wollbestalten Obristen vnd Hofemeister Didam.

PHILIPPUS.
Wol mein Sohn / Dida was sagst den du hie zu?
DIDAS.

Großmechtigster König / allergnedigster Herr / ich weiß bey dem höchsten Jove nichts anders alse eben das / was jhre Fürstl[iche] Durchleuchtigkeit Perseus von diesem weitaußgesehenden wercke anjtzo referiret hat / zu bekrefftigen.

[260]
PHILIPPUS.

Nun wolan / sintemahl ich den nunmehr keinen zweifel trage / das mein gewesener Sohn Demetrius ein Ehrloser Verrähter seines Vaterlandes / dabenebenst ein greulicher Mörder / ach was sage ich / ein Treuloser Meuchel: ja Vatermörder geworden / so schwere ich nun bey meiner Königlichen Kron / das ich hindangesetzet alle Väterliche affection vnd liebe / mich auff das greuwlichste an jhme will refensiren vnd rechen / wollen demnach dir hiemit mein Hofemeister ernstlich anbefohlen vnd aufferleget haben / daß du / so bald der Verrähter vnd Mörder vor vnsere Majest[ät] wird erscheinen / jhn durch die Trabanten lassest gefenglich annemen / damit er alsobaldt meinen gestrengen vnd ernstlichem befehlich nach enthauptet / vnd durch jhre Handt vom leben zum tode hingerichtet werde / daran verrichtest du was vnser wille ist vnd es geschieht der H[eiligen] Justitiæ ein vollenkommenes genügen.

DIDAS.

Großmechtigster König / allergnedigster Herr / demnach E[wer] Kön[igliche] M[ajestät] mir hirmit ernstlich demandiren vnd anbefehlen die gerechte excution welche sie an einem so grausamen Verräter vnd Vatermörder völlenzogen zu werden begehren / alse erkenne ich mich so wol schüldig als willig solchem Königl[ichen] mandato bestes Vermügens nachzuleben.

ANTIGONUS.

Großmechtigster König Herr vnd Vetter / auß vnderschiedlichen vorgebrachten reden / (durch welche / der gute Leumuth vnd Nahme / ja so gahr daß junge Leben selber des edelsten Printzen Demetrij auff das hefftigste periclitiret.) verstehe ich so viel / daß E[wer] L[iebe] auff wolgemelten jhren Sohn Demetrium dergestalt erzörnet / daß sie auch gentzlich bey sich entschlossen / denselben erbarmlicher [261] weise von leben zum Todt hinrichten zu lassen. Was nun aber das sey / vnd wie woll vnd recht es könne verantwortet werden / das ein Vater der ein gewaltiger König / seinen liebsten Sohn / einen vortrefflichen / wolqualificirten vnd hochbegabten Jünglingk / den man noch keiner missethat Verrähterey oder andern hinterlistigen practiquen vnd anschläge vberwisen / der auch gantz vnd gar zu keiner gebührlicher verhör / vielweniger verantwortunnge gelassen / was daz sey / sage ich nochmalen / einen solchen Königlichen Printzen / gleich einen bösen nichtswürdigen Menschen / ja grausamen Vbelthäter durchs Schwert hinrichten zu lassen / wissen E[wer] L[iebe] jrer hohen Köni[glichen] discretion nach selbsten am besten zu erkennen / vnd davon zu vrtheilen / Demnach E[wer] Liebe hiemit wolmeinendtlich ermahnet vnd gebeten haben / hochgedachten Printzen / nicht zwar allerdinges vnschüldig zu halten / (weil man doch selbiges E[wer] Liebe schwerlich wird bereden können) jedoch jhn zur Verhör kommen / vnnd sich verantworten lassen / ich zweifele nicht / er werde alßdan seine gerechte sache dermassen manuteniren vnd handthaben / das E[wer] Liebe vnd das gantze Macedonische Reich damit friedlich sein vnd bleiben werden.

PHILIPPUS.

Antigone mich wundert sehr / was jhr doch mit dieser weitleufftigen Plauderey wollet / meinet jhr ich wisse vnd verstehe nicht was euwer intent sey / sehet jhr vns so alber vnd vnverstendig an / als merckten wir nicht / wie jhr euch aller dinges diesen losen Verrähter auszuhelffen bedacht seyt? wollet jhr noch leugenen / daß Demetrius der allergreulichste Bösewicht vnd Vatermörder sey? Nimmermer werdet weder jhr noch jemandt anders / mich meinen [262] rechtmessigen befehlig vnd meinung zu enderen bewegen. Darümme so möget jhr woll mit solchen vnd derogleichen vnnützen wohrten inhalten. Du aber Dida verrichte auffs fleissigste was dir ein mahl anbefolen worden.

ANTIGONUS.

Großmechtigster König hochgeerter Herr Vetter / demnach ich außtrücklich spüre das meine worte nicht allein gantz vnd gahr nicht mögen gehöret werden / besondern auch über das alles in E[wer] L[iebe] höchste disgratiam vnd vngnade dadurch komme / alse wil ich (damit meine gegenwahrt E[wer] L[iebe] vnd anderen nicht verdrießlich sey) hiemit meinen Abschiedt genommen haben / protestire doch vor den Götteren vnnd der gantzen Ehrbahren Welt / daß ich an dem Todte vnd hinrichtung deß vortrefflichsten Printzen Demetrij zu allen vnd jeden Zeiten will vnschuldig erfunden werden. Stehet halb zornig auff vnd gehet davon.

PERSEUS.

Großmechtigster König / allergnedigster Herr Vater / E[wer] Königl[iche] M[ajestät] wolle sich nur die vngesaltzene Wort / dieses hochtrabenden Antigoni, der sich auch zweifels ohn E[wer] M[ajestät] vnd dem gantzen Macedonischen Reich zum eussersten Verderb / mit Demetrio vnd den hochmühtigen Römern auf daz hartiste verbunden / nicht bewegen lassen / Demetrius gehet auf mit einem langen schwartzen Traurmantel. angesehen / dieselbe jrem hohen Verstande nach / selbsten viel besser mag erkennen / was jhr in solchen vnd derogleichen Fällen zu thun / oder zu lassen gebühren wolle. Aber sich da Redet gahr spöttlich. wie hat sich der so kurtzweilich herauß geputzet / ich halte eigentlich davor / er betraure seinen Schwiegervater / den gewesenen Statthalter den Verrähter Poridem.

[263]
DEMETRIUS.

Großmechtigster König allergnedigster Herr Vater / nach deme ich auff E[wer] M[ajestät] allergnedigstes Erfoderen vnd begehren mich wiederumb anhero verfüget / alß bitte ich auff vorhergehenden Wunsch / aller Königl[ichen] prosperitet vnd Glückseligkeit mir allergnedigste Audientz zuertheilen.

PHILIPPUS
sehr zornig.

Was sagstu leichtfertigster vnter allen Menschen / du vnverschämbter Vatermörder / du schändtloser Verrähter deines Vaterlandes? Darffstu den noch einen Vater nennen / den du so höchlich beleidiget / den du grausahmer weise ümbzubringen dich sonderlich bemühet? Wie bistu doch so kühn / das du deine Mörderische Augen auffheben / vnd vnsere M[ajestät] anschauen darffst / geschwinde trolle dich von meinen Füssen / vnd du Dida verrichte was dir anbefohlen ist.

DEMETRIUS.

Großmechtigster König / allergnedigster Herr Vater / wie habe ichs doch jmmermehr ümme E[wer] M[ajestät] verschuldet daß dieselbe mich (der ich so wol jhre / alse des gantzen Macedonischen Reiches glückliches Auffnehmen / nicht allein jederzeit hertzlich gewünschet besondern auch befodert) mit so schändtlichen Nahmen vnd abschewlichen Titulen eines Verrähters vnd Mörders beschwert vnd anferet?

PERSEUS.

O vngetreweste Bestia / o nichtswürdiger Mensch / wie bistu noch so verwegen / daß du J[hrer] Königl[ichen] M[ajestät] meinem allergnedigsten Herren Vater darffst wieder bellen?

PHILIPPUS.
Was plauderstu Vatermörder / geschwinde Dida, verrichte was dir anbefohlen ist.
DIDAS
zu den Trabanten.

Geschwinde jhr Trabanten / greiffet mir an diesen grausamen Wüterich / vnd bindet jhn aufs [264] allerfesteste Die Trabanten fallen jhn grimmig an / vnd binden ihn.

DEMETRIUS
fellet auff die Knie.

Ach Großmechtigster König / aller gnedigster Herr Vater / ich bitte in vnterthänigkeit vnd Kindtlicher Demuht / E[wer] hohe M[ajestät] wolle doch nicht zugeben / daz ich elender Mensch nach so vielem außgestandenen Trübsahl vnd Vnglück so erbärmlich wie ein verkauffter Schlaver oder übelthäter von diesem Gesindtlein werde hin vnd wieder geschleppet.

PHILIPPUS
stösset jhn mit Füssen.

O schändtlichster Mensch / O vermaledeiter Bösewicht / o grimmigstes Tygerthier / wie lange wilt du mich noch mit solchen deinen Lästerungen überteuben / geschwinde jhr Trabanten / packet euch mit jme von hinnen denn mir vnmöglich solches Geschrey lenger anzuhören. Die Trabanten führen jn hinweg vnter dessen schreiet.

DEMETRIUS.

Ach großmechtigster König / aller gnedigster Herr Vater / ist denn gantz vnd gahr kein erbarmen mit mir vnglückseligsten vf Erden / ist denn so gahr kein mitleiden mit einem Königlichen Printzen auß Macedonien?

PHILIPPUS.

Packe dich du Verrähter / du Bösewicht / du Vatermörder / geschwindt packe dich von hinnen / Sie führen jhn hinein. Nun Perseu mein Sohn / nun werden wir dieses Reich in Friede vnd glückseligkeit können regieren / nun haben wir gar keine hindernüsse vnseren Feinden den Römeren vns zuwieder setzen / aber sage an was nun ferner zu thun ist?

PERSEUS.

Großmechtigster König / allergnedigster Herr Vater / gefelt es E[wer] M[ajestät] so wollen wir vns stündtlich hinein verfügen / die Execution vnd hinrichtung des aller [265] grausahmsten Menschen auff Erden / auff das schleunigst zu beförderen.

PHILIPPUS.

Wol / wol / mein Sohn / wir wolen stündtlich ein ernstliches Mandat ergehen lassen / damit das gesprochene Vrtheil in schneller eile möge exequiret werden. Sie gehen alle mit einander vom Platz / vnd fengt sich in der Scena eine gahr klägliche vnd traurige Musica an / bald darauff kompt Demetrius auffgetreten in seinen Traurkleidern / jedoch gantz fest gebunden / zwey Trabanten stehen neben jhme mit blossen Schwerteren / endtlich fehet er an also zu reden.

DEMETRIUS.

Nun Demetri Printz von Macedonien / mache dich fertig vnd bereit / den lesten Streich des Todes zu empfahen. Ach Todt / lieber Todt / honigsüsser Todt / wie angenehm bistu mir / nach dem du aller meiner Traurigkeit ein Ende / meiner Freude aber ein Anfang seyn wirst. O seliges Seelichen meiner allerliebsten Eudociæ, erfrewe dich nun mit mir / schwinge dich eilends herunter / mein fliegendes Seelichen / welches baldt / baldt diesen sterblichen Cörper verlassen wird / auff daz freundtlichste zuempfangen. Du aber mein Hertz / warumb quelet dich so übermessige Traurigkeit / Kummer vnd Hertzeleidt? Vielleicht daz du so vnschuldig must sterben? Ach nein laß dich daz nicht betrüben; Jch bins versichert / daz Himmel vnd Erden / alle Sterne vnd Planeten des grossen Firmaments / alle Berge vnd Thaler / alle Hügel vnd Felder / alle Thier vnd Vögel / alle Felsen vnd Steine / alles Laub vnd Graß / alle Kreuter vnd Blumen / vnd in Summa alle Creaturen mit meiner Vnschuldt ein sonderliches Mitleiden vnd Erbarmen tragen. Ach Poris, edler Poris, wie hastu doch so vnschuldig meinethalben den bitteren Todt müssen erleiden vnd außstehen! Ach heroischer Alexander, wie hastu doch in deiner besten Blüht vnnd frölichsten Jahren diese Welt müssen gesegnen. Ach allerschönste Eudocia, wie daß ewre liebreiche Anmuhtigkeit / die aller grausahmste Tyrannen [266] dahin nicht bewegen können / daß sie euch ewers edeles Leben gefristet betten? Ach Antigone mein hertzen Vetter / wodurch habe ichs doch immermehr verschuldet / daß jhr nicht wollet ein Zeuge seyn / meines erbärmlichen vnd kläglichen Abscheides? Ach traure mit mir du helleuchtende Sonne / vnd verbirge deine glentzende Strahlen: Stehet stille jhr Wasserflüsse / vnd schawet an mein erbärmliches Ende: Fallet herunter jhr Berge mit grossem Getöse / vnd gebet ein Zeichen der Trawrigkeit von euch: Jhr Winde fahet an zu sausen vnd zu heulen / vnnd singet mir gleichsahm ein Klageliedt in den wilden Holen der scharffen vnd spitzigen Felsen. Dich aber O Göttin Fortuna, verfluche ich ewiglich / daß du mich / nach deme ich zu so grosser Glückseligkeit erhoben / einen so schweren Fall thun muß. Ach warumb hastu mich einen Königlichen Printzen des Reiches Macedonien lassen gebohren werden? Warumb hastu mich doch mit Weißheit / Reichtumb / Stärcke / vnd vielen andere hohen Gaben angesehen? Nur darumb / auff daz du mich so erbärmlich widerumb erniedrigen vnd jämmerlich hinrichten möchtest. Ach spiegelt euch an mir alle / die jhr vermeinet die höchste Staffelen der Glückseligkeit erreichet zu haben / bedencket / daß selbige sehr leicht zerbrechen / vnd jhr alßdann einen überauß schweren Fall thun müsset. Aber was hilffts mich? Klagen wils nicht außmachcn. Der grimmige Zorn meines Vaters / vielmehr aber das vnversöhnliche Gemühte meines Tyrannischen Bruders zwinget mich des bleichen Todtes Bitterkeit zu versuchen. Nun wolan / jetzt willich die allergrösseste Hertzhafftigkeit / auch mitten im Todt erweisen / jhr Trabanten macht es nur kurtz / vnnd helffet mir davon. Nun gesegnet seistu Welt / gesegnet seistu Reichthumb / Macht / Pracht / fröliches Leben vnd alle zeitliche Herrligkeit / Ade ich fahr dahin. Hierauff wird er durch die Trabanten hinein geführt / vnd fehet man alsobald an trawrich zu Musiciren / jhm wird in der Scena der Kopff abgeschlagen / vnd in einer blutigen [267] Schüssel durch auffziehunge der Tapezereien den Spectatoribus præsentiret. Bey dem Tische vnd Kopffe stehen die Trabanten mit bluhtigen Gewehr vnd Händen / deren einer fähet an also zu reden.

TRABANTE.

Sehet / dieses ist das Ende des allervortrefflichsten Printzen Demetrij, welchen seine herrliche vnd recht Königliche Tugenden / derogestalt erhöhet / daß auch sein Lob weit über die Wolcken gestiegen / vnd sein grosser Nahme allen Nationen der gantzen weiten Welt dadurch ist bekandt worden; Der Neid aber / vnd das Martialische Gemüht seines grimmigen Bruders Persei, hat jhn so tieff wiederumb erniedriget / daß er auch dem allerärgesten Missethäter gleich / gantz grausahmlich hat müssen hingerichtet / vnd vom Leben zum Todt gebracht werden.

Schawet an / alle Menschen ins gemein / groß vnd klein / jung vnd alt / reich vnd arm / schawet an sage ich dieses Fürstliche Haupt gantz blutig / vnnd von dem edlen Cörper abgesondert / in einer kleinen Schüssel stehen? Schawet an dieses vortreffliche Haupt / den Sitz der Weißheit / das Schloß der höhesten discretion vnd Verstandes / ja das Perlin Thresor aller rechtschaffenen Königl[ichen] qualiteten, Schawet an dieses hochberühmbte / ja in aller Welt sehr gepreisetes Haupt / des aller getrewesten Liebhabers vf Erden / des allertapffersten Ritters in Europa, des allerverstendigsten Printzens der gantzen weiten Welt / daz noch vor gar weinig stunden von so vielen adelichen Gemühteren hoch respectiret, ja gleichsahm angebetet ward / nun liegt es gantz ohnmechtig in dieser blutigen Schüssel. Ach Himmel vnd Erden / sampt allen erschaffenen dingen / traget doch mit leiden mit der Vnschuldt dises durchl[euchtigen] Printzen! Ach beweinet jhn alle Menschen / vnd lasset euch sein vnglückseliges Ende zu Hertzen gehen! Nemet hier ein Exempel / alle die jhr auff ewer hohes Geschlecht vnd Ankunft / grosse Macht / Pracht / Reichthumb / Ehre vnd Herligkeit / sonderlich aber vf daz wanckelbahre Glücke[268] trotzet / trawet vnd bawet / sehet / so baldt / leicht vnd geschwinde / kan es alles / vnd zwahr mit vnerhörter Quahl / Angst / Kummer vnnd Hertzeleidt / gleich wie ein Schatte / eine Bluhme / ja Rauch vnd Dampff verschwinden.


Sie gehen ab vnd schieben den Tisch mit der Schüssel wieder in die Scenam.
8. Szene
[269] Scena VIII.
Antigonus gahr allein mit einem Traurmantel /etwas hernach der König Philippus gleichfals mit Leidkleideren angetahn / jhm folget ein Knabe / die Königliche Krohne vnnd Scepter in seinen Händen tragendt. Etwas hernach Perseus, Didas, Lurco, Knapkäse / etliche Soldaten / alle zugleich.

ANTIGONUS.

Ach wehe / wehe / über alles weh / daß ich die elende Zeit vnd den trawrigen Tag habe erleben müssen / an welchem die Krohne vnnd Zierde der gantzen Macedonischen Ritterschafft / eine Bluhme vnd Ornament aller Königlichen Printzen / der edelste Fürst Demetrius sein Vnschuldiges Blut vergiessen / vnd so erbärmlich diese Welt hat gesegnen müssen. O Elendes Macedonien / wie wird es nach diesem so einen trübseligen Zustandt mit dir gewinnen / wie werden nun deine Feinde triumphiren vnd frolocken / nach deme du dich selber eines so tapferen Ritters vnd gewaltigen Schutzherren hast beraubet? Ach vnsehliger König Philippe, wie bößlich hastu dich deinen Tyrannischen vnd Mördrischen Sohn Perseum verführen lassen / daz du eines so adelichen Printzen / deines eigenen Fleisches vnd Bluhtes / deines vnschuldigen Sohns nicht hast verschonet? Philippus gehet auff mit Traurkleideren angethan / ist über die Masse melancolisch / stellet sich auff die Ecke des Theatri, seufftzet vnd windet seine Hände / sicht aber Antigonum nicht. O Perseu, Perseu, du grimmiges Tygerthier / du reissender Wolff / du vnversöhnlicher Menschen-Feindt / wie hastu dir doch jmmermehr einen so vortrefflichen Jüngling auffzuopfferen mögen gelüsten lassen? Ach so was werden die heiligen Götter über dich / ja daß gantze Macedonische Reich vor eine greuliche Rach vnd vnerhörte [270] Straffe ergehen lassen? Aber sich da / der König? Er stehet warlich in sehr tieffen Gedancken / ich kans nicht vnterlassen / ich muß zu jhm gehen / die Vrsache seiner vngewohnlichen Traurigkeit vnd Melancoley zu vernemen.Gehet zu jhm. Glück / Heil vnnd Wolfahrt dem großmechtigsten Könige Philippo.

PHILIPPUS
erschrickt gleichsahm vnnd antwortet mit sehr betrübter Stimm.

Ach Antigone, Antigone, vielgeliebter Herr Vetter / Glück ist weit von mir / alß der Himmel von der Erden ist? Ach wehe mir elendesten vnter allen Menschen / der ich mein Glück / Heil vnd Wolfahrt so bößlich vnnd muhtwillig von mir getrieben! Ach Blindtheit / ach Sicherheit / wie habet jhr mich so verführet / daß ich auff blosse Anklage der falschen Verleumbder / meinen allerliebsten Sohn / meinen ritterlichen heroischen Demetrium, weiches herrliche Tugenden in gantz Europa bekandt wahren / so erbärmlich vnd vnschuldig habe hinrichten / vnnd vom Leben zum Todt bringen lassen? O Antigone, Antigone, wolten die Götter / daß ich vnglückseliger ewren getrewen Raht in acht genommen / vnd mich meinen mörderischen vnd trewlosen Sohn Perseum, wie auch den betrieglichen Heuchler / den vermeinten Hofemeister Didam nicht so leichtlich hette bereden lassen / einen so elenden Mordt an meinem eigenen Fleische vnd Blühte zu begehen? Nunmehr begehre ich nicht lenger zu leben / ich wünsche vnnd seufftze von grundt meines Hertzens / augenblicklich von hinnen zu scheiden / vnnd diesem schnöden Leben vrlaub zu geben.

ANTIGONUS.

Großmechtigster König allerliebster Herr Vetter / ob ich wol bey mir selber leicht kan ermessen / daß es ein sehr schweres Vnglück vnnd kümmerliche Vnfall sein müsse / welchen / der Todt vnzeitige Todt / E[wer] M[ajestät] allerliebsten Herren Sohns causiret vnd erreget hat / jedoch / alldieweil es nunmehr nicht kan noch mag geendert werden / [271] alß bitte ich hiemit auff daß aller fleissigste / Ewer Liebe wolle doch solche Schwermühtigkeit zu rücke setzen / damit sie nicht zu jrem frühezeitigem vnd dem gantzen Königreiche hochschädlichem Abscheide vnnd Todtesfalle vrsache gebe / dadurch wir dann in einen viel grösseren Jammer vnnd Elendt würden gestürtzet werden.

PHILIPPUS.

Ach Antigone, getreuster Freundt / allerliebster Bruder / es hilfft an mir kein bitten noch ermahnen / ich bin dieses Lebens satt vnd müde / ich begehre nichtes anders / alse nur in steter Einsahmkeit die gantze Zeit meines Lebens zuzubringen / vnnd weil ich denn nun meines allerliebsten Sohnes Demetrij beraubet bin / ich aber den schnöden Mörder deßselben / den grausahmen Perseum nicht würdig achte / daß er nach mir auff meinem Stule sitzen / vnnd dieses löbliche Königreich regieren soll / dabenebenst mich erinnere / daß nunmehr kein näherer Erbe deßselben verbanden / alse eben jhr / alß thue ich euch hiemit die Königliche Krohn vnd Scepter / ja so gahr mein gantzes Königreich Überreichet Antigono die Krohn vnd Scepter / der sie auff den Knien liegendt empfähet. mit allen Regalien Freyheiten vnd Pertinentien bester Form vnd Masse aufftragen vnd übergeben / welches jhr also von mir annehmen vnnd gebührlich acceptiren, auch alle diese Länder vnnd Provincien, in Friede vnd Ruhe regieren wollet / wozu ich euch denn von den Götteren alle gedeiliche Prosperität von hertzen thue wünschen.

ANTIGONUS.

Großmechtigster König / allerliebster Herr vnd Vetter / auß E[wer] Liebe sehr hohen vnd weitaußsehenden Anbringen / verspühre ich die sonderbahre Affection vnd Liebe / so dieselbe jederzeit gegen mir getragen / auch biß auff gegenwertige Stunde thut continuiren; Wann ich aber [272] betrachte die übergrosse Mühe vnd Gefahr / so die Monarchen beym Königlichem Regiment vnd Scepter zugewahrten haben / so thue ich gleichsahm / davor erschütteren / zitteren vnd erschrecken / ich will geschweigen / daß E[wer] Liebe annoch bey starcker Gesundtheit / guter Vernunfft / vnd allem Vermügen seyn / vnd deßwegen diesem löblichen Königreiche mit der Götter Hülffe / auch meiner vnd anderer jhrer getreuesten Rähte vnd Diener fleissiger assistentz noch eine lange vnnd geraume Zeit können vorstehen / nichtes desto weiniger aber / thue ich mich gegen E[wer] Liebe wegen der grossen Ehr / die sie mir mit præsentirung jhres gantzen Königreiches erweiset / auff daz höheste vnd fleissigste bedancken / dieselbe zugleich versicherendt / daß ich mit meinen pflichtigen Diensten deroselben getrew verbleiben will / so lange ein lebendiger Ahtem meine Seele / vnd ein warmer Blutstropffen mein Hertz wird ernehren.

PHILIPPUS.

Antigone mein aller getrewster Freundt / nunmehr erkenne ich erst / wie so gahr kein vnrecht / falsches oder Betrug in ewren auffrichtigem Herzen zu finden ist; Ach wie bößlich vnd leichtfertig habe ich euch beschuldiget solcher dinge / so da nimmermehr in ewer gemühte kommen! Aber o jhr mein allerbestendigster Freundt / die Götter wollen ja nicht / daß ich meine jetztgesprochene Wort / die ich Königlich zu halten bedacht bin / widerruffe / vnd damit zu rücke halte / vielmehr ist nochmahlen mein ernstlicher Will vnnd Meinung daß jhr euch des Regiments vnd Königreiches stündtlich vnterwindet / angesehen die grosse Tapfferkeit / Verstandt / Macht / Ansehen / Glück vnd Klugheit / damit die Götter euch gantz herrlich begabet / vnd zu regierung eines so mechtigen Königreiches / reichlich mitgetheilet haben.

PERSEUS
kompt mit Dida, Lurcone, Knapkäsen / vnd ein pahr Soldaten auff den Platz / fehet also an gantz frech zu reden.
[273] Glück / Heil vnnd Wolfahrt / Großmechtigster König / allergnedigster Herr Vater.
PHILIPPUS
sicht jhn gantz grausahm an.

Was wünschestu mir Glück / du vermaledeuter Bösewicht / du lügenhaffter Verleumbder / du Tyrannischer Brudermörder / du abgescheumter Verrähter / packe dich hinweg von mir in schneller Eil / denn ich kan vnd mag eine solche schnöde Bestiam mit meinen Augen nicht lenger anschawen.

PERSEUS
antwortet gahr stoltzt.

Wie dann Herr Vater / was sein das vor Reden? Das sein mir vngewohnte Sachen / ich verstehe warlich nicht was damit gemeinet werde.

PHILIPPUS.

Was bellestu Brudermörder / du Verrähter / darffstu noch so kühn seyn / vnnd vns wiedersprechen / ich gebiehte dir ernstlich / daß du augenblicklich von hinnen weichest / ich will dich deinem Verdienste nach wol zu straffen wissen.

PERSEUS.

Muß denn ich / der ich ein Königlicher Printz / ja eintziger Erbe dieses so mechtigen Königreiches bin / solche Schmäh vnd Lästerwort in mich fressen / vnd zwahr von meinem leiblichen Vater / deme ich die gantze Zeit meines Lebens alle Kindtliche Liebe vnd Trew habe erwiesen?

PHILIPPUS
sehr zornig.

Was sagestu meineidiger Bösewicht / bist du ein Erbe des Macedonischen Reichs / bist du ein Königlicher Printz? Ja ein Ertzmörder / Verrähter vnd bößhaffter Verleumbder / kanstu mit recht genandt werden / nimmermehr soll das Reich Macedonien dich zu seinem Tyrannischen Regenten vnd Oberherren sehen.

PERSEUS.

Was? Wer wolte so kühn seyn / mir daß jenige / so mir mit keinem rechten Fuge / noch Billigkeit mag versaget werden / zu entwenden / ich bin vnd bleibe ein rechtmessiger Erbe des Konigreiches Macedonien / ja trotz vnd abermahl trotz sey denen gebotten / die mich daran verhinderen wollen / Schleget auff den Degen.

[274]
PHILIPPUS
hefftig entrüstet.

O schnöde Bestia / O Mörder / O verzweiffelter Bube / wahrs nicht genug / daß du meine getreweste Favoriten, den Mannhafften Poridem, vnd dessen wolerzogene Kinder / so schendtlich ermordet hast / mustestu auch meinen allerliebsten Sohn Demetrium, durch deine schendtliche Verleumbdung / ümme seine Ehr / ja Leib / Guht vnd Bluht bringen? Nimmermehr solstu den Stuel meiner Herrligkeit besitzen / schawe du vnwürdiger diesen deinen Vetteren / der soll billich aller meiner Herrschafften ein Erbe seyn / deme habe ich auch mein gantzes Königreich mit allem was dazu gehörig / gerne vnd willig auffgetragen.

PERSEUS
halb vnsinnig.
Was? Solte Antigonus meines Königreiches ein Erbe vnnd Beherscher seyn?
PHILIPPUS.

Ja Antigonus der vortreffliche Printz / die Krohne vnd Zier der gantzen Ritterschafft des Königreiches Macedonien.

PERSEUS
ziehet von Leder.

Nimmermehr soll daß geschehen / ich will ein solches diese jetzige Stunde mit meinem Gewehr zuvor kommen / Er leufft hinder Antigonum her / vnd will jhn erstechen / der König springet vor Antigonum vnd ruffet.

PHILIPPUS.
Halt ein / halt ein du Mördrischer Böse wicht.
PERSEUS
stösset zu / vnd ersticht den Vater auff der Stelle / sprechendt.

Sa / sa / so muß man seine refensie auff daß allergreulichste suchen Ad Antig[onum.] vnnd dir abgescheumten Buben / soll augenblicklich deinem Verdienste nach / gelohnet werden / Leufft hinder Antigono her mit blossen Schwerte / Didas ergreifft geschwinde / eine Pistole vnnd erscheust den Fürsten Antigonum auf der stelle sagend.

DIDAS.

Also müsse es ergehen allen denen / so dem Durchleuchtigsten hochgebohrnen Fürsten vnnd Herren / Herren [275] Perseo, Erben des Macedonischen Reiches wiederstreben wollen.

Perseus gehet schnaubent auff dem Theatro herümme / vnnd stösset die todte Cörper mit Füssen / hierauff schreiet laut Didas. Demnach nun die Feinde vnd Verfolger des großmechtigsten Fürsten Persei vertilget vnd außgerottet seyn / so erfodert es nun die Billigkeit vnd das Recht / daß der Durchleuchtigster Printz Perseus, alse natührlicher vnnd eintziger Erbe des Macedonischen Reichs / von den sämptlichen Ständen zum Könige vnnd Monarchen erwehlet / gekrönet vnd bestettiget werde / demnach ruffe ich mit lauter Stimm: Glück / Heil vnd langes Leben / dem großmechtigsten Könige Perseo, Herscher vnd Regierer des Reichs Macedonien.

LURCO.

Glück / Heil vnd Leben / dem Durchleuchtigsten Fürsten Perseo, Könige in Macedonia vnd Griechenlandt.


Knapkaese vnd die Soldaten.

Glück / Glück / Glück dem allergroßmechtigsten Könige in Macedonia etc.
PERSEUS.

Nun wollan meine Lieben / diese ewre Glückwünschung ist mir von Hertzen angenehm / nachdeme aber meine Feinde erwürget / vnd das gantze Regiment an vns verfallen / also lasset vns nun schleunigst nach dem Königlichen Pallast verfügen / damit die Kröhnung alsobaldt jhren Fohrtgangk gewinnen möge.


Sie gehen alle ab / darauff wird gahr tragice musiciret, vnterdessen aber kommen die Trabanten /vnd tragen die beyde todte Cörper hinweg mit erbärmlichen Ceremonien.
9. Szene
[276] Scena IX. Et ultima
Knapkäse allein / nach jhme Didas, welcher sich erhencket / kurtz darnach Lurco mit beyden Trabanten / bald darnach Perseus, gar allein / vnd letzlich die Gespenster.

KNAPKAESE
gehet auff / ist sehr lustig.

Glück zu jhr Herren / glück zu / hey curage, lustig / allegrement hey lustig. Potz ackermest Messieurs, wie greulich braff werden wir nun schlampampen / fressen / sauffen / huren vnd buben / hey lustig / frisch Springt vor freuden. nun kriegen wir auff mein Seel einen feurnewen König / vnd derselbe ist über die masse ein guter Schlucker / er seufft redlich mit / daß jhm die Augen übergehen / hey lustig / hey curage nun wil ich mit Lurco alle tage sechs rausche sauffen. Nun wird in der Scena etliche mahl starck geschossen vnd die Trommel gerüret / mit grossem Geschrey / welchs doch lautet / als wenn es zimlich ferne wehr: Suchet den Verrähter / den Ertzmörder / den Schelm den Bösewicht. Hans stehet vnter dessen zitert vnd bebet / laufft doch endlich hinein / geswinde kömt Didas darauff heraus gelauffen ohne Hutt mit offenem Wambse kan kaum lufft kriegen / fehet an mit grossem Geschrey. O wehe mir wehe mir elendesten vnd vnglückseligsten Menschen auff erden! Ach was habe ich getahn! Alle himlische vnd hellische Götter / alle Griechen vnd Macedonier / alle Fürsten vnd Herren / alle Ritter vnd Edle / alle Bürger vnd Bauwren sindt der gestalt über mich ergrimmet / daß sie mich elender weise würgen / morden / ja mit Feuwr / Radt / Schwert vnd Strick vom Leben zum Tode bringen wollen. Ach wo soll ich mich hinkeren / wohin soll ich mich wenden! die gantze Landtschafft [277] suchet mich an allen enden vnd Orthen / ja in allen Winckelen / in allen Heusern / vnd ist nunmehr kein Landt / keine Stadt / ja kein Flecken oder Dorff / dahin sie nicht Kundtschaffter abgefertiget / mich außzuforschen / damit sie mir ja baldt den Lohn meiner Verrätherey vnd Mörderey / an dehm vortrefflichen Poride / dessen hochlöblichen Kinderen / Alexandro, vnd Eudocia, dem Durchleuchtigsten Printzen Demetrio, dem Hochweisesten Fürsten Antigono, ja endlich an dem Großmechtigsten König / Philippo selbsten begangen / geben / vnd mich vnseligen mit einer grausahmen Straffe belegen mögen. Ach was sol ich denn nun beginnen? Soll ich den Tag erleben / an welchem sie jhren Hohn vnnd Spott mit mir treiben? Dasselbe soll wahrlich nicht geschehen. Jch will mir in schneller eyle selbsten davon helffen / ich sol vnnd muß doch eines sehr schendtlichen todes sterben / hie an diesem Baum will ich mich erhencken / vnd mir die Lufft vnd den Atem mit einem Stricke verstopfen / denn das ist der eigentliche gebührende Lohn meiner Verrähterey vnd Mörderey. Nun hervor mein Strick / Er langet ein Strick hervor vnd machet es feste vmb den Hals. hervor mein Strick vnd helff mir davon / denn die angst meines Hertzen ist dermassen groß / daß ich nunmehr in der eussersten verzweiffelung sterben / vnd mein Bößhaffte Seel den hellischen Peinigern muß auffopferen. Nun gesegne dich Gott Himmel vnd Erde / vnd was je geschaffen. Ach wehe wehe über alles wehe ich far davon / den wollverdienten Lohn / meiner vnerhörten bößheit in der Hellischen Qual zu empfangen. Nun erhengt er sich zu letzt sprechend. Brich Hertz / fahre dahin vermaledeyte Seel / so fahr hin in Grimm vnd Zorn / brich Hertz / adjeu ich fahr davon Zappelt mit den Füssen vnd scheumet.

HANS KNAPKAESE
siehet Didam nicht hencken.

A sa Messieurs wie greulich bin ich beschissen / pfui wie elementisch bin [278] ich in meiner Meinung betrogen! Jch meinte pour ma foj ich wolte so braff gepanquetiret / vnde mit Lurco alle tage 6. Rausche gesoffen haben / aber es jst lauter cujonerei worden. Jch armer Teuffel wahr so froh / vnd vermeinte / wir wolten alle Tage Wein vnd Bier schlampampet haben / nun ist aber zu Hofe ein solcher allarm das es schande vnd Sünde ist. Vnser splinternewe König ist auff mein Seel rasend vnd toll worden / vnd die Fürsten vnd Rähte wollen alle Leute todt machen / die dabey gewesen / alse vnser alter König todt worden ist / mir ist auch Scheißangst vor meinen ehrenvesten Hals. Nun sicht er Didam. Aber potz schlappermest / wie hencket der Narr dort / sich da Signieur Dida, Monsieur Hofemeister / Hofemeister / Schreyet laut. Hofemeister / hörst du nicht / ey sage mir du Narr / warumb hast du dich erhenckt pour dieu ein grosser Narr / hast das Handtwerck gar nicht recht gelernet / Nein / nein / Meister Valten macht es viel besser.

LURCO
gehet ein.

Sich da / Juncker Hans / was machest du hier? Sicht Didam hencken erschrickt hefftig. potz Ackermest / was ist das?

HANS
ergreifft Lurco beym Arm vnd führet jhn hinzu.

Schauwe doch mein Lurco / der Narr hat sich auffgehencket / ich habe jhn gefraget / warumb / so wil er mir nicht ein eintziges wort antworten / ey mein Lurco frage du jhn doch.

LURCO.
Ey du Geck / packe dich hinein / waß soll er viel antworten / du sichst ja wol das er todt ist.
HANS.
Ja / ja / ja ist er todt / davon habe ich nichts gewust.
LURCO.
Halt Hans ich will jhn abschneiden.

Hans helt jhn.
[279] Lurco. Schneidet ab / vnd treget jhn mit Hansen der wunderliche ceremonien dabey machet hinein / Hierauff fehet sich an gahr eine traurige vnd klägliche Musica / vnd gehet auff / Perseus / verstellet sein Gesichte greulich / gehet ein zeitlangk ohne alles reden / vnter der Music in hefftiger Melancoley / hat seltzame vnd fast vnsinnige gebehrden / reisset all gemehlich die Kleider vom Leibe / fehet an endlich ex abrupto an mit einer grausamen stimme.

O Mars du gestrenger Krieges Gott / du gewaltiger Patron aller Ritterlichen Hertzen / was hat dich doch jmmermehr bewogen vnd verursachet / das du mich deinen allergetrewsten Diener vnnd Favoriten in diese grosse Noht / angst vnd verzweifelung lassest gerahten? Ach wehe mir / wehe mir / daß ich / da ich vermeinete die höchste Spitze der Glückseligkeit zu erlangen / in die euserste Vnglückseligkeit vnd endliche disperation bin gestürtzet! Ach was fühle ich vnerhörte Pein / Qual vnnd Schmertzen / in meinem elenden vnd sehr geplagten hertzen! kein Hencker oder Tyrann / wann er gleich tausendterley grausahmkeiten / erdencket kan oder mag vergliechen werden dem erschrecklichen Peiniger / meines höchstbeängsteten gewissens! Kein torment kan auch bey den allergrimmigsten Barbaris vnnd Menschenfresseren erfunden werden / welches nicht dieser nagende vnd beissende Wurm weit weit mit seiner vnaußsprechlichen Marter thut übertreffen. Jch sehe es vor augen: Alle Götter im Himmel beissen gleich vor Grimm jhre Zähnen zu sammen / die hüpfende Feldt vnd Waldgeister verfolgen mich mit grossem Geschrey / mich vnsehligen zu zerreissen / vnd das Marck auß meinen Gebeinen zu saugen; Alle hellische furien fallen mich an / mich zu sich in die Hellische Gluht zu ziehen. Die wilde vnnd grimmigste Thier in den Wälderen brüllen über mich / vnd tragen verlangen mit meinem Blute jhren Durst zu leschen / die Raubvögel vnter dem Himmel fliegen zusammen meine Augen vnd Gedärme zu verschlucken. Die Sonne vnd Mond mit allen jhren Sternlein vnd Planeten / wollen [280] mir jhren Schein nicht mehr gönnen / die Erde so doch sonst aller anderen erschaffenen dinge Mutter vnd ernehrerin ist / will mich nicht mehr tragen / der Abgrundt des Brausendes Mehres begehret mich zuverschlingen: Die rasselende Fewerflammen wollen mich verzehren: Die Lufft will nicht mehr in meinem verfluchten Cörper wohnen: Alle Creaturen / insonderheit aber alle Menschen schreyen rach / ach vnd wehe vber mich / wegen der greulichen verbrachten Mörderey vnd vnerhörten bößheit / ein jeder speyet mich an / vnd ruffet mich auß vor einen Vater vnd Bruder-Mörder / so da wehrt / daß er des allerschrecklichsten todes sterbe.

Der bößhaffte Verrähter Didas, der mich zu den greulichsten Missethaten verleitet hat / ist mit ach vnd wehe dahin gefahren / jtz / jtz will ich jhm folgen / vnd die grausahmste Marter von den hellischen Geisteren / alse eine Rechtmessige belohnung meiner Thaten empfahen. Ach weh / ach weh wie erbärmlich werde ich von den Geistern derjenigen / die ich so grimmiglich ermordet / alle Augenblick gequelet / ja Tag vnd Nacht schweben sie vor meinen Augen. Jn dehm Perseus diese Wohrt redet / kommen geschwinde herauß sieben Gespenster der vmgebrachten Personen / hatten in einer Handt / ein jeder eine brennende Fackel / in der andern die Jnstrumenta / mit welchen sie erwürget / alse Poris ein blossen Dolch / Eudocia ein Glaß mit Gifft / Alexander ein Schwert / Phillippus ein Schwert / Demetrius ein Schwert / Antigonus eine Pistole / vnd Didas ein Strick / von diesen Gespensteren wird nun Perseus gantz vnd gar vmbringet / darob er gleich gar von Sinnen kompt / vermeinet doch endlich zu entlauffen / aber er kehre sich auch wohin er wolle / so komt jhme allezeit gahr geschwinde eines der Gespenster entgegen / vnd helt jhme vor die Augen das Jnstrumenet damit er erwürget / alsdann stürtzet Perseus wieder zu rücke / ruffet vnd schreyet. O wehe wehe über alles [281] weh / O lasset ab mich zu quelen / Zu Alexandro. O Alexander weiche doch / O greulicher Alexander / Zur Eudocia. Ach wehe wehe über alles wehe / O grimmige Eudocia Zum Demetrio. O erschrecklicher Bruder / bleibe doch in deinem Grabe / vnd laß ab mich zu tormentirenZu Philippo. ach vnversöhnlicher Vater / weichet ab / weichet ab / Zum Antigono. O vnerbittlicher Geist Antigoni, höre auff mich zu quehlen Zum Dida. O du Verrähter fliehe hinweg von mir zu deiner Hellischen qual / jtz jtz wil ich dich begleiten /Hier auff verzweifelt er nun gantz gar / schreyent. O jhr erschröckliche Geister / die jhr nichtes als rach vnd Marter suchet / dieses meines Cörpers / ey wolan nehmet hin dieses blutige Opfer / welches ich in Grim / Zorn / rachgier / Tyranney / vnd Verzweifflung euch præsentire / vnd lasset selbiges vor meine Missethaten genug sein. Nun verfluche ich euch alle Himlische vnd Hellische Götter / dich Fortunam verfluche ich: Verfluchet müssen sein alle Menschen verfluchet müssen sein alle Creaturen / so viel deren vnter dem Himmel / auff dem Erdbodem / vnd in der Tieffe vnd Abgrund seyn. Nun so tretet zusammen / vnmenschliche grausamigkeit / grimmige Bößheit / vnd endliche verzweiffelung erwürget mich geschwinde / brich Hertz / verfluchtes Hertz / Adjeu ich fahr dahin.Fellet in sein eigen Schwert. Die Gespenster lauffen geschwinde noch einmahl ümb den todten Cörper / vnd verschwinden alsdan alle zugleich. Hierauff fangt sich abermahl eine sehr traurige Musica an / vnd kommen die Trabanten / vnd tragen den todten Cörper hinein.

Finis.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Rist, Johann. Dramen. Perseus. Perseus. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-9B9A-F