Disputation zwischen einem Chorherrn
und Schuchmacher, darin das Wort Gottes
und ein recht christlich Wesen
verfochten würd.

Ich sage euch, wo diese schweigen, so werden

die Stein schreien. (Lucae 19.)



Schuster: Bonus dies, Köchin!

Köchin: Semper quies! Seid willkumm, Meister Hans!

Schuster: Gott dank Euch! Wo ist der Herr?

Köchin: Er ist im Sommerhaus. Ich will ihn rufen. Herr, Herr! Der Schuchmacher ist da.

Chorherr: Ah, beneveneritis, Meister Hans!

Schuster: Deo gratias!

Chorherr: Was, bringt Ihr mir die Pantoffel?

Schuster: Ja, ich gedacht, Ihr wärt schon in die Kirchen gangen.

Chorherr: Nein, ich bin hinden im Sommerhaus gewest und han abgedroschen.

Schuster: Wie, hond Ihr gedroschen?

Chorherr: Ja, ich han mein Horas gebet und han all mit meiner Nachtigall zu essen geben.

Schuster: Herr, was hand Ihr für ein Nachtigall? Singt sie noch?

Chorherr: O nein, es ist zu spat im Jahr.

Schuster: Ich weiß ein Schuchmacher, der hat ein Nachtigall, die hat erst angefangen zu singen.

Chorherr: Ei, der Teufel hol den Schuster mitsampt seiner Nachtigall! Wie hat er den allerheiligsten Vater, den Papst, die heiligen Väter und uns wirdige Herren ausgeholhipt wie ein Holhipbub!

[7] Schuster: Ei Herr, fahrt schon! Er hat doch nur euren Gottesdienst, Lehr, Gebot und Einkommen dem gemeinen Mann angezeigt und nur schlecht oben überhin. Ist dann solches euer Wesen Holhüppelwerk?

Chorherr: Was geht es aber, solchs unser Wesen, den tollen Schuster an?

Schuster: Es steht Exodi am 23.: So du deines Feindes Esel unter dem Last siehest liegen, nit laß ihn, sonder hilf ihm! Sollt dann ein getaufter Christ seinem Bruder nit helfen, so er ihn sech liegen in der Beschwerd seiner Gewissen?

Chorherr: Er sollt aber die Geistlichen und Geweichten nit darein gemengt han (der Eselskopf), die wissen vor wohl, was Sünd ist.

Schuster: Seind sie aber sündigen, so spricht Heseciel 33: Siehest du deinen Bruder sündigen, so straf ihn, oder ich will sein Blut von deinen Händen fodern. Derhalben soll und muß ein Getaufter seinen sündigen Bruder strafen, er sei geweicht oder nit.

Chorherr: Seid Ihr evangelisch?

Schuster: Ja.

Chorherr: Habt Ihr nit gelesen im Evangelio Matthaei am 7.: Richtet nit, so werdt ihr nit gericht. Aber ihr Lutherischen nehmbt solche Sprüch nit zu Herzen, sucht ihnen auch nit nach, wann sie sein wider euch.

Schuster: Strafen und richten ist zweierlei. Wir unterstehn uns nit zu richten (welchs allein Gott zugehört, wie Paulus sagt zun Römern am 14.: Niemand soll einen andern seinen Knecht richten etc.), sonder ermahnen und strafen, wie Gott durch den Propheten Jesajam am 58. spricht: Schrei, hör nit auf! Erhöch dein Stimm wie ein Busaun, zu verkünden meinem Volk sein Missetat etc.

Chorherr: Es steht auch Exodi 22: Du sollt den Obern nit schmähen in deinem Volk.

[8] Schuster: Wer ist dann der Oberst im Volk? Ists nit der Kaiser und nachmals Fürsten, Grafen mitsampt der Ritterschaft und weltlicher Oberhand?

Chorherr: Nein, der Papst ist ein Vicarius Christi, darnach die Kardinäl, Bischofe mitsampt dem ganz geistlichen Stand, von den steht in geistlichen Rechten. C. Solite de maioritate et obedientia: Sie bedeuten die Sonn, und der weltlich Gewalt bedeut den Mon. Deshalb ist der Papst viel mächtiger dann der Kaiser, welcher ihm sein Füß küssen muß.

Schuster: Ist der Papst ein solcher gewältiger Herr, so ist er gewißlich kein Statthalter Christi, wann Christus spricht Johannis am 18.: Mein Reich ist nit von dieser Welt; und Johannis 6 floch Christus, da man ihn zum König machen wollt. Auch sprach Christus zu seinen Jungern, Lucae 22: Die weltlichen Künig herrschen, und die Gewaltigen heißt man gnädige Herrn; ihr aber nit also; der Größt unter euch soll sein wie der Jüngst und der Fürnehmst wie der Diener. Deshalb der Papst und ihr Geistlichen seid nur Diener der christlichen Gemein, wo ihr anders aus Gott seid. Derhalb mag man euch wohl strafen.

Chorherr: Ei, der Papst und die Seinen sein nit schuldig, Gottes Geboten gehorsam zu sein, wie in geistlichen Rechten steht. C. Solite de maioritate et obedientia. Aus dem schleußt sich, daß der Papst kein Sünder ist, sonder der Allerheiligist; derhalb ist er unstrafbar.

Schuster: Es spricht Johannis 1. Canonica. 1: Wer sagt, er sei ohn Sünd, der ist ein Lugner. Deshalb ist der Papst ein Sünder oder Lugner und nicht der Allerheiligest, sonder zu strafen.

Chorherr: Ei Lieber, und wenn der Papst so bös wär, daß er unzählig Menschen mit großem Haufen zum [9] Teufel führet, dörst ihn doch niemand strafen. Das steht geschrieben in unserem Rechten, dis. 11 si papa. Wie gefällt Euch das?

Schuster: Ei, so steht im Evangelio Matthaei 18: So dein Bruder sündiget wider dich, so gehe hin und straf ihn zwischen dir und ihm! Hört er dich, so hast du sein Seel gewunnen. Äußert sich der Papst dann solchs heilsamen Werks?

Chorherr: Ist dann solches brüderlich gestraft, also am Tag auszuschreien?

Schuster: Ei, es folgt weiter im Text: Wo dich dein Bruder nit hört, so nimm noch ein oder zwen zu dir, hört er dich noch nit, so sags der Gemein, hört er die Gemein auch nit, so laßt ihn gehen wie ein Heiden! Wie da, Herr domine?

Chorherr: Ei Lieber, was ists dann nutz, wenn ihr uns gleich lang ausschreit wie die Holhüper? Wir kehrn uns doch nichts daran; wir halten uns des Decretals.

Schuster: Es spricht Christus Matthaei 10: Wo man euch nit höret, so schüttelt den Staub von euren Füßen zu einem Zeugnus, daß ihnen das Reich Gottes nahend ist gewesen! Den von Sodoma und Gomorra wird es träglicher sein am Jungsten Gericht dann solchem Volk. Wie wird es euch dann gehen, so ihr kein Straf wollt annehmen?

Chorherr: Nun ich gib das nach, wo es gelehrt, verständige Leut täten; aber den Laien ziempt es nicht.

Schuster: Strafet doch ein Esel den Propheten Balaam, Numeri 22, warumb sollt dann nicht einem Laien ziemen, ein Geistlichen zu strafen?

Chorherr: Einem Schuster ziempt, mit Leder und Schwärz umbzugehen und nicht mit der Heiligen Schrift.

Schuster: Mit welcher Heiliger Geschrift wollt ihrs beibringen [10] einem getauften Christen, nit in der Schrift zu forschen, lesen, schreiben? Dann Christus sagt Johannis 5: Durchsucht die Gschrift, die gibt Zeugnus von mir. So spricht der Psalmist 1: Selig ist der Mann, der sich Tag und Nacht übet im Gesetz des Herren. So schreibt Petrus in der ersten Epistel am 3.: Seind alle Zeit urbietig zu Verantwortung jedermann, der Grund fodert der Hoffnung, die in euch ist. So lehret Paulus die Epheser am 6.: Fechten wider den Anlauf des Teufels mit dem Wort Gottes, welches er ein Schwert nennt. Herr, wie wurd wir bestahn, so wir nichts in der Geschrift westen?

Chorherr: Wie die Gäns am Wetter.

Schuster: Ihr spott wohl! Die Juden wissen ihr Gesetz und Propheten frei auswendig, sollen dann wir Christen nit auch wissen das Evangelium Jesu Christi, weliches ist die Kraft Gottes allen, die selig sollen werden, wie Paulus 1. Corinthiorum 1?

Chorherr: Ja, ihr sollts wissen. Wie aber? Wie euch Christus heißt Matthaei 23: Auf Moses Stuhl hand sich gesetzt die Schriftgelehrten und Pharisäer. Alles nun, was sie euch sagen, das tut! Das bedeut die täglichen Predig. Hand ihr Laien nit genug daran?

Schuster: Ei, es steht am selben Ort Matthaei am 23.: Sie binden schwere, unträgliche Burden und legens dem Menschen auf den Hals. Solche Burden bedeuten ohn Zweifel und gewiß eure Menschengebot, damit ihr uns Laien dringt und zwingt und macht uns bös Gewissen. Warumb sollt wir euch dann folgen?

Chorherr: Wie wollt ihr das mit Schrift beweisen?

Schuster: Christus spricht im gemeldten Kapitel: Wehe euch Gleisner und Heuchler, die ihr das Himmelreich zuschließt vor den Menschen! Ihr geht nit hinein, und die hineingehen wellen, laßt ihr nit hinein.

[11] Chorherr: Ei, solches hat Christus zu den Priestern der Juden gesagt. Umb uns Priester ist es viel ein ander Ding!

Schuster: Ei, Herr, ihr hand euch erst der Pharisäer angenommen, die auf dem Stuhl Mosi sitzen etc. Sam sei es von euch Priestern und Münch geredt, wie dann wahr ist. Also auch ist das von euch geredt, wann eure Werk geben Gezeugnus, dann ihr freßt der Witwen Häuser, wie der Text weiter sagt. Herr, ihr habt euch verstiegen!

Chorherr: Pi, puh, pah! Wie seind ihr Lutherischen so nasweis, ihr hört das Gras wachsen. Wenn euer einer ein Spruch oder zwen weiß aus dem Evangelio, so vexiert ihr jedermann mit.

Schuster: Ei Herr, zürnet nit! Ich meins gut.

Chorherr: Ich zürn nit; aber ich muß Euchs je sagen, es gehört den Laien nit zu, mit der Schrift umbzugan.

Schuster: Spricht doch Christus Matthaei am 7.: Hüt euch vor den falschen Propheten, und Paulus zun Philippern am 3.: Seht auf die Hund. So uns dann die Schrift nit ziemt zu wissen, wie sollen wir solche erkennen?

Chorherr: Solchs gehört den Bischofen zu, wie Paulus zu Tito 1: Er soll scharf strafen die Verführer.

Schuster: Ja, sie tuns aber nit, sonder das Widerspiel, wie am Tag ist.

Chorherr: Da laß man sie umb sorgen.

Schuster: Nein, uns nit also! Wellen sie nit, so gebührt uns selbs darnach zu schauen; wann keiner wird des andern Bürde tragen.

Chorherr: Ei Lieber, sagt, was Ihr wollt: Es gehört den Laien nit zu, mit Schrift umbzugan, wie Paulus sagt 1. Corinthiorum 7: Ein jeglicher wie ihn der Herr berufen hat, so wandel er. Hört Ihrs nun? Ihr hand vor Schrift begehrt.

[12] Schuster: Ja, Paulus redt vom äußerlichen Stand und Handlung, von Knechten und Freien, wie am selben Ort und Kapitel klar steht. Aber hie ist das Wort Gottes noch jedermann unverboten zu handeln.

Chorherr: Ei, hört Ihr nit? Ihr müßt vor durch die heilig Weich beruft sein und darnach von der Obrigkeit erwählt werden darzu, sonst ziembt es euch nicht, mit der Heiligen Schrift umbzugan.

Schuster: Christus spricht Lucae an dem 10.: Die Ernt ist groß, aber der Arbeiter ist wenig; bitt den Herrn der Ernt, daß er Arbeiter schick in sein Ernt. Derhalb muß der Beruf nit äußerlich, sonder innerlich von Gott sein. Äußerlich aber sind alle Prediger berufen, die falschen gleich so wohl als die gerechten.

Chorherr: Ach, es ist Narrenwerk mit Eurem Sagen.

Schuster: Euch ist wie den Jungern, Lucae an dem 9. Die verdroß, daß ein ander auch Teufel austrieb in dem Namen Christi. Christus aber sprach: Wehret ihn nicht; dann wer nit wider euch ist, der ist mit euch. Derhalb, wo ihr recht Christen wäret, sollt ihr euch von Herzen freuen, daß man auch Laien fund, so die Feindschaft dieser Welt auf sich laden umb des Wort Gottes willen.

Chorherr: Was geht euch aber Nöt an?

Schuster: Da han wir in der Tauf dem Teufel und seinem Reich widersagt. Derhalb sein wir pflichtig, wider ihn und sein Reich zu fechten mit dem Wort Gottes und auch also darob zu wagen seinen Leib, Ehr und Gut.

Chorherr: Schauet ihr Laien darfür, wie ihr Weib und Kind nähret.

Schuster: Christus verbeuts Matthaei am 6. sprechend: Sorget nicht, was ihr essen und trinken noch antun wöllet; umb soliche Ding sorgen die Heiden. Sucht von erst das Reich Gottes und sein Gerechtigkeit; diese Ding [13] werden euch alles zufallen. Und Petrus 1. Cano. 4: Werft alle eure Sorg auf den Herren; dann er sorgt für euch. Auch Christus Matthaei 4: Der Mensch lebt nicht allein vom Brot, sonder von einem jeglichen Wort, das durch den Mund Gottes geht.

Chorherr: Laßt euch daran benügen und pocht nit!

Schuster: Arbeiten soll wir, wie Adam geboten ist, Genesis 3 und Hiob am 5.: Der Mensch ist geborn zu arbeiten wie der Vogel zum Flug. Wir aber sollen nit sorgen, sonder Gott vertrauen. Derhalb müg wir wohl dem Wort Gottes anhangen, welches ist der beste Teil, Lucae 10.

Chorherr: Wo wollts ihr Laien gelernt haben? Kann euer mancher kein Buchstaben!

Schuster: Christus spricht Johannis am 6.: Sie werden all von Gott gelehrt.

Chorherr: Es muß Kunst auch dasein. Wofür wärn die Hohenschul?

Schuster: Uff welcher Hohenschul ist Johannes gestanden, der so hoch geschrieben hat (Im Anfang was das Wort, und das Wort was bei Gott etc., Johannis I)? War doch nur ein Fischer, wie Marci 1 steht.

Chorherr: Lieber, dieser hätt den Heiligen Geist, wie Actuum am 2.

Schuster: Steht doch Joelis 2: Und es soll geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott. Ich will ausgießen von meinem Geist auf alles Fleisch etc. Wie, wenn es von uns gesagt wär?

Chorherr: Nein, es ist von den Aposteln gesagt, wie Petrus anzeucht, Actuum 2. Darumb packt euch mit dem Geist!

Schuster: Christus spricht Johannis 7: Wer an mich glaubt (wie die Geschrift sagt), von des Leib werden [14] fließen Flüß des lebendigen Wassers. Das aber (spricht der Evangelist) redt er von dem Heiligen Geist, welchen entfahen sollten, die an ihn glauben.

Chorherr: Wie? Ich mein, Ihr stinkt nach Mantuano, dem Ketzer, mit dem Heiligen Geist.

Schuster: Spricht doch Paulus 1. Corinthiorum 3.: Wisset ihr nicht, daß ihr der Tempel Gottes seid und der Geist Gottes in euch wohnet? Und Galater 4: Weil ihr dann Kinder seind, hat Gott gesandt den Geist in eure Herzen, der schreit: Abba, lieber Vater! Und Tito 3: Nach seiner Barmherzigkeit macht er uns selig durch das Bad der Wiedergeburt und Verneurung des Heiligen Geists, welchen er ausgossen hat reichlich in uns. Und zun Römern 8: So nun der Geist des, der Jesum von Toten auferweckt hat, in euch wohnet.

Chorherr: Ich empfind keines Heiligen Geist in mir, ich und Ihr sein nit darzu geadelt.

Schuster: Warumb heißt ihr dann die Geistlichen, so ihr den Geist Gottes nit hand? Ihr sollt heißen die Geistlosen.

Chorherr: Es sind ander Leut, weder ich und Ihr, die den Geist Gottes haben.

Schuster: Ihr dürft nit umbsehen nach Infeln oder nach roten Piretten. Gott ist kein Anseher der Person, Actum 10. Es steht Jesajae 66: Der Geist Gottes wird ruhen auf eim zerknirschten Herzen.

Chorherr: Zeigt mir ein!

Schuster: Es spricht mit runden Worten Paulus zun Römern 8: Wer Christus Geist nit hat, der ist nit sein.

Chorherr: Odes armen Geists, den ihr Lutherischen hand! Ich glaub, er sei kohlschwarz! Lieber, was tut doch euer Heiliger Geist bei euch? Ich glaub, er schlaf Tag und Nacht, man spürt ihn je nindert.

[15] Schuster: Christus spricht Matthaei 7: Ihr sollt euer Heiltumb nit den Hunden geben noch die Perlein für die Schwein werfen, auf daß sie dieselbigen nit mit Füßen zutreten.

Chorherr: Lieber, schämpt Ihr Euch nit, solche grobe Wort vor mir auszuziehen?

Schuster: Ei, lieber Herr, zörnt nit, es ist die Heilig Schrift.

Chorherr: Ja, ja, ja, ihr Lutherischen sagt viel vom Wort Gottes und werdt doch nur je länger, je ärger; ich spür an keinem kein Besserung.

Schuster: Christus spricht Lucae 17: Das Reich Gottes kummt nit äußerlich oder mit Aufmerken, daß man möcht sprechen: Sich hie oder da, sonder es ist inwendig in euch, das ist soviel: es steht nit in äußerlichen Werken.

Chorherr: Das spürt man an dem Gottsdienst wohl, ihr betet nicht und sucht weder die Kirchen noch Tagzeit oder gar nichts mehr. Ist dann ein solchs Reich Gottes in euch Lutherischen? Ich glaub, es sei des Teufels Reich.

Schuster: Ei, Christus sagt Johannis 4: Es kumpt die Zeit und ist schon jetzund, daß man weder auf diesem Berg noch zu Hierusalem den Vater wird anbeten, sonder die wahrhaftigen Anbeter werden den Vater anbeten im Geist und in der Wahrheit, dann der Vater will auch haben, die ihn also anbeten; wann Gott ist ein Geist, und die ihn anbeten, die mussen ihn im Geist der Wahrheit anbeten. Hiemit liegt darnieder alles Kirchengehn und euer Tagzeit und auch alles Gebet nach der Zahl, welches ohn allen Geist und Wahrheit, sonder vielmehr nach Stat und Zahl äußerlich verdrossen und schläferig gemürmelt wird, davon Christus klagt, sprechend Matthaei 15: Dies Volk ehret mich mit den Lepsen, und ihr Herz ist weit von mir.

[16] Chorherr: Spricht doch Christus Lucae 18: Ihr sollt ohn Unterlaß beten.

Schuster: Ja, das Beten im Geist mag ohn Unterlaß geschehen. Aber euer viel Beten verwürft Christus, Matthaei 6 spricht: Ihr sollt nit viel plappern.

Chorherr: Lieber, was ist das für ein Gebet oder Gottsdienst im Geist und in der Wahrheit? Lehret michs, so darf ich nimmer gen Metten und mein Horas nimmer beten.

Schuster: Lest das Biechlein Martini Luthers von der christlichen Freiheit, welches er dem Papst Leo X. zugeschickt hat, da findt Ihrs kurz beschrieben.

Chorherr: Ich wollt, daß der Luther mitsampt sein Büchern verbrennt wurd! Ich hab ihr nie keins gelesen und will ihr noch keins lesen.

Schuster: Ei, was urteilt Ihr dann?

Chorherr: Wie, daß ihr den lieben Heiligen auch nimmer dienet?

Schuster: Christus spricht Matthaei 4: Du sollt Gott, deinen Herrn, anbeten und dem allein dienen!

Chorherr: Ja, wir mussen aber Fürsprechen haben bei Gort.

Schuster: Es spricht Johannis 1. Canoni. 1: Und ob jemand sündiget, so haben wir einen Fürsprechen bei Gott, Jesum Christum, der gerecht ist, und derselb ist die Versühnung für euer Sünd.

Chorherr: Ja, Lieber, ja, Not bricht Eisen. So Euch ein Hand entzwei wär, Ihr würdt bald Sant Wolfgang anrüfen.

Schuster: Nein, Christus spricht Matthaei 11: Kumpt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken. Wo wollt wir dann besser Hilf suchen? Ihr hand Abgötter aus den Heiligen gemacht und uns dardurch von Christo abgeführt.

[17] Chorherr: Ja, ihr habts wohl verglost. Wie, daß ihr Lutherischen nimmer fast? Lehrt euchs der lutherische Geist?

Schuster: Fasten ist uns von Gott nit geboten, sonder frei gelassen. Christus spricht Matthaei 6: Wenn ihr fasten wellt, so laßt eurem Haupt der Salben nit gebrechen, spricht nit, ihr sollt oder mußt fasten, wie unsere Stiefväter zu Rom tun.

Chorherr: Ja, ihr fastet aber gar nimmer!

Schuster: Ich glaub, rechtes Fastens fasten die Handwerksleut mehr, ob sie gleich im Tag viermal essen, dann all Münch, Nunnen und Pfaffen, die in dem ganzen teutschen Land sein. Es ist am Tag, ich mag nichts mehr davon sagen.

Chorherr: So schweiget, ich will aber reden. Es läg am Fasten das wenigst, ihr Lutherischen freßt aber Fleisch darzu am Freitag. Daß euchs der Teufel gesegne!

Schuster: Fleisch essen ist von Gott auch nit verboten, derhalb ist es nit Sünd, dann soweit man die Unwissenden, Schwachen nit ärgert. Christus spricht Matthaei 15: Was zum Mund eingeht, verunreint den Menschen nit, sonder was zum Mund ausgeht, verunreint den Menschen, als arg Gedenk, Mord, Ehbruch, Hurerei, Diebstahl, falsch Zeugnus, Lästerung, und Paulus 1. Corinthiorum 10: Alles, was auf dem Fleischmarkt feil ist, das esset.

Chorherr: Ihr sagt, was ihr wellt, habt aber nit, was ihr wellt. Gut alte Gewohnheit soll man nit verachten, die etwo drei- oder vierhundert Jahr haben gewährt.

Schuster: Christus spricht Johannis am vierzehenden: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Er spricht aber nit: Ich bin die Gewohnheit. Derhalb muß wir der Wahrheit anhangen, welche das Wort Gottes [18] und Gott selb ist, das bleibt ewig, Matthaei 24. Aber Gewohnheit kumpt von Menschen her, welch all Lugner sein, Psalm 115. Darumb ist Gewohnheit vergänglich.

Chorherr: Lieber, sagt mir noch eins! Wie, daß ihr Lutherischen nimmer beicht? Das ist noch viel ketzerischer.

Schuster: Da ist es von Gott auch nit geboten, auch nit gemeldt, weder im Alten noch Neuen Testament.

Chorherr: Sprach doch Christus Lucae 17: Geht hin und zeigt euch den Priestern etc.

Schuster: Heißt dann erzeigen Beicht? Das ist mir seltsam Teutsch, Ihr mußt mirs höcher mit Geschrift beweisen. Sollt so ein groß, nötig und heilsam Ding umb die Ohrnbeicht sein, wie Ihr davon sagt, so mußt es von Not wegen klärer in der Schrift verfaßt sein.

Chorherr: Ei, wollt ihr dann gar nichts tun, dann was von Gott geboten und in der Schrift verfaßt ist? Das ist ein elende Sach.

Schuster: Ich kann dasselbig nit erfüllen, wie Actuum 15. Was soll ich dann erst mehr auf mich laden?

Chorherr: Ei, es haben aber solche Ding die heiligen Väter in den Conciliis geordent und bestätigt.

Schuster: Von wem hand sie den Gewalt?

Chorherr: Christus spricht Johannis 16: Ich hab euch noch viel zu sagen; aber ihr künds jetzt nit tragen. Wann aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen würd, der wird euch in alle Wahrheit leiten. Hört, hie sind die Concilia von Christo eingesetzt.

Schuster: Ei, Christus spricht darvor Johannis 15: Der Tröster, der Heilig Geist, welchen mein Vater senden würd in meinem Namen, derselb würd euch alles lehren und euch erindern alles des, das ich euch gesagt hab. Hört, Herr, er spricht nit, er werd euch neu Ding lehrn, welches ich euch nit gesagt hab, sonder des, das ich euch [19] gesagt hab, würd er euch erindern, erklären, auf daß ihrs recht versteht, wie ichs gemeint hab. Also meint ers auch hernach, da er spricht: Er würd euch in alle Wahrheit leiten.

Chorherr: So halt ihr von keinem Concilio?

Schuster: Ja, von dem, das die Apostel zu Hierusalem hielten.

Chorherr: Haben dann die Apostel auch ein Concilium gehalten?

Schuster: Ja, hand Ihr ein Bibel?

Chorherr: Ja, Köchin, bringt das groß alt Buch heraus!

Köchin: Herr, ist das?

Chorherr: Ei nein, das ist das Decretal; makulier mirs nit!

Köchin: Herr, ist das?

Chorherr: Ja, kehr den Staub herab! Daß dich der Ritt wasch! Wohlan, Meister Hans, wo stehts?

Schuster: Sucht Actuum apostolorum 15!

Chorherr: Sucht selb, ich bin nit viel darin umbgangen, ich weiß wohl Nützers zu lesen.

Schuster: Secht da, Herr!

Chorherr: Köchin, merk Actuum am 15. Ich will darnach von Wunders wegen lesen, was die alten Gesellen Guts gemacht haben.

Schuster: Ja, lest! Ihr werdt finden, daß man die Burd des alten Gesetz den Christen nit aufladen soll, ich geschweig, daß man jetzund viel neuer Gebot und Sünd erdenken und die Christen mit beschwert, darumb sein wir euch nit schuldig zu hören.

Chorherr: Spricht doch Christus Lucae 10: Wer euch hört, der hört mich; wer euch veracht, der veracht mich, ist das nit klar genug?

Schuster: Ja, wann ihr das Evangelion und das Wort [20] Gottes lauter saget, so soll wir euch hören wie Christum selbs. Wo ihr aber euer eigen Sünd und Gutgedunken sagt, soll man euch gar nit hören; wann Christus sagt Matthaei 15: Vergeblich dienen sie mir, dieweil sie lehrn solche Lehr, die Menschengebot sind; und weiter: Ein jede Pflanz, die Gott, mein himmlischer Vater, nit pflanzet hat, wird ausgereut.

Chorherr: Seind dann die Concilia auch Menschenlehr?

Schuster: Wann man im Grund davon reden will, so haben die Concilia merklicher Schaden zween in der Christenheit ton.

Chorherr: Welche? Zeigt an!

Schuster: Zum ersten die Gebot, der ohn Zahl und Maß ist, wie Ihr wißt, und – das noch böser ist – schier all mit dem Bann bestet, und doch der meist Teil in der Schrift nit gegründt. Solche eure Gebot hat man dann hoch aufgeblosen und der Menschen Gewissen darmit verstrickt und verwickelt, daß sie den wahren Gottesgeboten gleich geacht sind gewest und ihn fürgezogen, dardurch die Gebot Gottes verächtlich bei den Menschen gemacht. Solche Leut hat Paulus verkündiget mit ihren Geboten 1. Timothei 4: Daß in den letzten Zeiten werden etlich vom Glauben abtreten und anhangen den irrigen Geistern und Lehrn der Teufel, durch die, so in Gleisnerei Lugenreder seind und Brandmal in ihrem Gewissen haben und verbieten, ehlich zu werden, und zu meiden die Speis, die Gott geschaffen hat, zu nehmen mit Danksagung den Glaubigen und denen, die die Wahrheit erkannt haben.

Chorherr: Wo ist das geschehen? Mit welchem Gebot?

Schuster: Fleisch essen am Freitag hat man für größer Sünd geacht dann Ehbrechen; und so ein Pfaff ein recht Ehweib hätt gehabt, hat man größer Sünd gehalten, dann so er ein Huren oder zwo hätt.

[21] Chorherr: Wohl verstahn, spricht der Walch. Was ist dann der ander Schad?

Schuster: Zum andern hat man viel neuer Gottsdienst angericht und gute Werk genennt. Damit dann am allermeisten Münch, Nunnen und Pfaffen umbgant, und ist doch (wenn man aufs höchst darvon will reden) eitel äußerlich Larvenwerk, darvon Gott nichts geheißen hat, und haben dardurch (und wir sampt ihne) die recht christlichen guten Werk verlassen, die uns Gott befohlen hat.

Chorherr: Was sind dann recht christliche gute Werk?

Schuster: Christus lehret uns Matthaei 7: Alles, das ihr wellt, das euch die Menschen tun, das tut auch ihn, das ist das ganz Gesetz und Propheten. Und Matthaei 25 lehret er uns den Hungrigen speisen, den Durstigen tränken, den Armen herbrigen, den Nackenden kleiden, den Kranken heimsuchen, den Gefangen trösten.

Chorherr: Sind das allein christliche gute Werk eines ganz christlichen Lebens?

Schuster: Ja, ein recht Christglaubiger, welcher wiederumb geboren ist aus dem Wasser und Geist, wie Johannis 3, dienet Gott allein im Geist und in der Wahrheit und seinem Nächsten mit den Werken der Lieb, das ist die Summa eines christlichen Wesen. Aber diese Werk gehn gar in der Still zu; da hecht man weder Schild, Helben noch Wappen an. So meinen dann die Werkheiligen, solche Christen tun gar nichts mehr, so sie mit ihrem Larvenwerk nimmer umbgehnt.

Chorherr: Meint ihr dann, unser Singen und Lesen gelt nichts?

Schuster: Christus würd je sonst nichts fodern von uns dann die Werk der Barmherzigkeit im letzten Urteil, Matthaei 25. Da werdt ihr Münch und Pfaffen bestehn wie die Kincklerin, die ließ die Ohren am Pranger.

[22] Chorherr: Ihr habts wohl troffen, geht zum Ofen und wärmbt Euch! Lehret Euch Luther solch Danttäding?

Schuster: Nein.

Chorherr: Lieber, was halt Ihr vom Luther?

Schuster: Ich halt ihn für ein christlichen Lehrer, welcher (ich acht) seint der Apostel Zeit nie gewest ist.

Chorherr: Lieber, was Nutz hat er doch geschafft in der Christenheit?

Schuster: Da hat er euer Menschengebot, Lehr, Fünd und Aufsatzung an Tag gebracht und uns darvor gewarnet. Zum andren hat er uns in die Heiligen Schrift geweiset, darin wir erkennen, daß wir alle unter der Sünd beschlossen und Sünder seind, Römern 5. Zum andern, daß Christus unser einige Erlösung ist, wie zun Corinthern 1. Corinthiorum 1. Und diese zwei Stuck treibt die Schrift schier durch und durch. Darin erlernen wir unser einige Hoffnung, Glauben und Vertrauen in Christo zu setzen, welchs dann ist das recht göttlich Werk zu der Seligkeit, wie Christus spricht Johannis am sechsten.

Chorherr: Darf man keins Werks darzu? Spricht doch Christus Matthaei 5: Laßt euer Licht leuchten vor den Menschen, daß sie euer gute Werk sehen und euern Vater im Himmel preisen.

Schuster: Paulus spricht Romanorum 5: Wir haltens, daß der Mensch gerechtfertigt werd allein durch den Glauben ohn Zutuung der Werk des Gesetz, und zun Römern am ersten: Der Gerecht wird seines Glauben leben.

Chorherr: Spricht doch Jacobus 2: Der Glaub ohn die Werk ist tot.

Schuster: Ein rechter göttlicher Glaub der feiert nit, sonder bringt stets gute Frücht; dann Christus spricht Matthaei am 7.: Ein guter Baum kann kein bös Frucht bringen. Aber solche gute Werk geschehen nicht, den Himmel [23] zu verdienen, welchen uns Christus verdient hat. Auch nit aus Forcht der Helle zu entfliehen, von der uns Christus erlöst hat, auch nit umb Ehr; wann alle Ehr soll man Gott geben, Matthaei an dem vierten, sonder aus göttlicher Lieb, Gott zu einer Danksagung und dem Nächsten zu Nutz. Wohlan, Herr, wie gefällt Euch nun des Luthers Frucht?

Chorherr: Ist er dann so gerecht, wie, daß ihm dann so wenig gelehrter und mächtiger Herrn anhangen? Allein der grob, unverständig Hauf?

Schuster: Christo hing weder Pilatus, Herodes, Caiphas noch Annas an, auch nit die Pharisäer, sonder widerstunden ihm; allein das gemein Volk hing ihm an. Darum erfreuet sich Jesus im Geist, Lucae am 10., und sprach: Vater, ich sag dir Dank, daß du diese Ding hast verborgen vor den Weisen dieser Welt und hast sie geoffenbart den Kleinen.

Chorherr: Ei Lieber, der gemein Hauf gibt auch des weniger Teil dem Luther recht.

Schuster: Das machen euer Lumpenprediger, die schreien, es sei Ketzerei, und das ohn alle Geschrift. Christus hat aber dem kleinen Haufen verkündt Matthaei 5: Geht ein durch die eng Pfort, wann die Pfort ist weit und der Weg breit, der zu der Verdammnus führet, und ihr sind viel, die darauf wandeln! Und Matthaei 22: Viel sind beruft, aber wenig sind auserwählt!

Chorherr: Solch Wort treiben ihr im Wirtshaus, am Markt und uberall wie die Narren und gehört nit an solch Ort.

Schuster: Christus sprach Matthaei 10: Was ich euch ins Ohr sag, das predigt auf den Dächern.

Chorherr: Wann ich die Wahrheit soll sagen, so halt ich den Luther für den größten Ketzer, der sider Arrius Zeiten [24] ist gewest, und ihr seid sein Nachfolger, an Haut und Hor entwicht, als viel euer ist, und nichts Guts ist in euch, nichts Guts kumpt von euch. Wißt Ihrs nun? Den Titel gib ich dem Luther und euch zusamm.

Schuster: Da habt Ihr einmal eins erraten, wann niemand ist gut, dann Gott, Matthaei 19. Wann unser Natur ist gar in uns verbost, wie Genesis 8: Des Menschen Herz ist zu Bosheit geneigt von Jugend auf, welche man muß täglich mit dem Kreuz dämpfen, daß sie den Geist nit fäll, wann sie läßt ihr Dück nit, obschon der Geist durch den Glauben gerechtfertiget ist, wann es steht Proverbiorum 24: Der Gerecht fällt im Tag sieben Mal. Deshalb bitt wir all Tag: Vergib uns unser Schuld, Matthaei 6. Und Paulus zun Römern am 7.: Das Gut, das ich will, tu ich nicht, sonder das Bös, das ich nit will, das tu ich. Und schreit darnach: O ich elender Mensch, wer wird mich erlösen von dem Leib des Tods? Zeigt damit an, daß wir Sünder sein bis in Tod. Seid ihr aber ohn Sünd, so werft den ersten Stein auf uns, Johannis 8.

Chorherr: Ihr seid halt unnütz Leut, kündt viel Gespeis; ich hoff aber, man soll euch bald den Leimen klopfen, es hilft doch sonst nichts.

Schuster: Wie, wollt ihr mit dem Schwert daran? Es steht euch Geistlichen nit zu.

Chorherr: Warumb nit? Hat doch Christus, Lucae 22, zwei Schwert eingesetzt, das geistlich und das weltlich.

Schuster: Verbot doch Christus Petro, Matthaei 26, und sprach: Wer mit dem Schwert ficht, wird am Schwert verderben.

Chorherr: Hilft süß nit, so muß aber sauer helfen; wann die Ketzerei hat groß uberhandgenommen, und ist hohe Zeit, dareinzuschlagen.

Schuster: O nein, sonder folgt dem Rat Gamalielis, [25] Actuum 5: Ist die Lehr aus den Menschen, wird sie ohn alle Schwertschläg fallen, ist sie aber von Gott, so künnt ihrs nit dämpfen. Auf daß ihr nit gesehen werdt, als die wider Gott streiten wellen.

Chorherr: Es würd nit anders daraus.

Schuster: Wohlan, Herr, dein Will geschech, Matthaei an dem 6.: Der Junger ist nit über den Meister. Johannis 15: Haben sie mich verfolgt, sie weren euch auch verfolgen, und Lucae 6: Selig seid ihr, wann euch die Menschen hassen, verwerfen und schelten von meines Namen wegen.

Chorherr: Es wird maniger schweigen, der jetzund schreit.

Schuster: Christus, Matthaei 10: Wer mich bekennet vor den Menschen, den will ich bekennen vor meinem himmelischen Vater.

Chorherr: Es wird Schweigens gelten oder hinter dem Kopf hingehn.

Schuster: Christus, Matthaei 10: Fürcht die nit, die euch den Leib töten, der Seele künnen sie nicht tun. O Herr Gott, hie wär gut sterben von deines Namens wegen.

Chorherr: Es wär verdienter Lohn. Einen Ketzer mag man nach dreien Warnungen hinrichten.

Schuster: Ihr müßt uns vor zu Ketzern machen und beweisen aus der Heiligen Schrift.

Chorherr: Das mügen wir leichtiglich tun.

Schuster: Ei, so wird Gott unser Blut von euren Händen erfordern, daß ihr uns, die armen Schäflein Christi, so lang Hand verführen lassen, und habt so viel Prediger dieser Lehr alsolang mit Disputieren unangefochten gelassen.

Chorherr: Es wird bald; wir haben unser Spech (alle Predig) gut auf sie.

[26] Schuster: Ja, ist das wahr? Ihr erfüllt den Spruch Matthaei 22: Und die Pharisäer gingen hin und hielten Rat, wie sie ihn verstrickten in seinen Worten, und sandten zu ihm ihr Diener mitsampt des Herodes Diener.

Chorherr: Warumb nit? Man muß die Ketzer also erschleichen; wann sie seind lüstig, daß man sie darnach kolb.

Schuster: O Gott, diese Prediger wollten uns all gern zu Christo führen, niemand ausgenommen. So wollt ihr sie mitsampt uns gern zum Henker führen. Ihr wollt geren das Feuer von Himmel auf uns fällen, Lucae 9. Hört Christum, der spricht: Wißt ihr nit, welches Geistes Kinder ihr seind? Des Menschen Sune ist nicht kommen, der Menschen Seelen zu verderben, sonder zu erhalten. 2. Corinthiorum 13: Mir hat der Herr Gewalt geben nit zu verderben, sonder zu Besserung.

Chorherr: Ei, wir wöllen auch also.

Schuster: Ei, Feuer und Schwert reimbt sich aber nit darzu, sonder das Wort Gottes zun Hebräern 4, welches durchdringender ist dann ein zwieschneidend Schwert. Derhalb seid ihr aus Gott, so verfechten eure Lehr und Wesen mit dem Wort Gottes, welchs ist die Kraft Gottes, 1. Corinthiorum 1.

Chorherr: Ja, es hilft aber nichts.

Schuster: Ja, ihr braucht sein nit; wann Gottes Ehre sucht ihr nit zu schitzen, sonder euren Gewalt, Ehre und Reichtumb. Darwider ist das Wort Gottes, darumb verfolgt ihrs, da leitz als miteinander.

Chorherr: Ja, ihr künnt nichts, dann die Leut ausrichten. Wenns Herz voll ist, so geht der Mund über, Lucae 6.

Schuster: Euch ist, wie Christus sagt, Lucae 7, vergleicht den Kindern, die am Markt sitzen, rufen: Wir hand euch [27] pfiffen, und ihr hand nit tanzt; wir hand euch klagt, und ihr hand nit geweint. Also auch ihr, sagt man euch das Wort Gottes tröstlich, so verspott ihrs, sagt man euchs ernstlich, so zürnt ihr.

Chorherr: Wenn Ihr singt als ein Zeislein, so macht Ihr mich nit anders.

Schuster: Euer Herz ist verhärt wie dem Künig Pharaoni, Exodi vom 7. bis ins 15. Kapitel, der weder Wunder noch Plag annahm und meinet je, die Kinder von Israel sollten Ziegel brennen, daß er mit seinem Volk feiern möcht. Also auch ihr halt uns, weil ihr uns halten mögt.

Chorherr: Wett Fritz, es ist eins erraten.

Schuster: Ja, es dunkt mich wohl, Euch sei wie dem falschen Amptmann, Lucae 16, sprechend: Was soll ich tun? Mein Herr nimmt das Ampt von mir; ich mag nit graben und schäm mich zu bettlen. Eben dasselbig fürcht ihr Geistlichen auch; darumb hülft weder Strafen noch Vermahnen an euch.

Chorherr: Ei, wißt ihr nicht, Christus spricht Johannis 6: Niemand kumpt zu mir, der Vater ziech ihn dann. Zeit bringt Rosen; wer weiß, welicher den andern bekehrt.

Schuster: O Herr, die Wort hör ich gern. Es steht Johannis 15: Ohn mich künnt ihr nichts tun; und weiter: Ihr hand mich nit erwählet, ich han euch erwählet. Darumb liegt an uns nicht, Gott muß uns bekehrn. Das wunsch ich euch allen von Grund meines Herzens.

Chorherr: Man läutet in Chor. Köchin, lang den Chorrock her! Wohlan, lieber Meister, ziecht hin im Fried! Es wird leicht noch als gut.

Schuster: Ob Gott will! Wohlan alde, der Fried sei mit Euch, lieber Herr, hand mir nichts verübel und verzeicht mir.

[28] Chorherr: Verzeich uns Gott unser Sünd.

Schuster: Amen.

Chorherr: Secht nur an, liebe Köchin, wie reden die Laien so gar frevlich gegen uns Geweichten! Ich mein, der Teufel sei in dem Schuster vernäht; er hat mich in Harnasch gejagt, und wär ich nit so wohl gelehrt, er hätt mich auf den Esel gesetzt. Darumb will ich ihm nicht mehr zu erbeiten geben, sonder dem Hans Zobel, der ist ein guts einfältigs Mändlin, macht nit viel Wort mit der Heiligen Schrift und lutherischen Ketzerei, wie dann den Laien nit ziemlich ist, noch gebührt mit ihren Seelsorgern zu disputiern, wann es sagt Salomon: Welcher ein einfältig Wandel führt, der wandelt wohl. Ei, diesen Spruch sollt ich dem dollen Schuster fürgeworfen han, so wär er vielleicht darob erstummt.

Köchin: O Herr, ich hätt immer Sorg, nachdem Ihr ihn mit der Schrift nit überwinden kunnt, Ihr wurdt ihn mit den Pantoffel schlahen.

Chorherr: Ich hab nur von der Gemein ein Aufruhr besorgt, sonst wollt ich ihm die Pantoffel in sein Antlitz gesmeist haben, ihm hätts Christus oder Paulus in dreien Tagen nit abgewischt, wiewohl er all sein Vertrauen auf sie setzt.

Köchin: Mich nimmt groß wunder, wie die Laien so geschickt werden.

Chorherr: Willt wissen, was macht? Man gibt umb die Geistlichkeit nichts mehr. Verzeiten hätt der Heilig Vater, der Papst, und die Bischof solchen als der Luther und ander mehr, die auf sein Geigen predigen, das Predigampt aufgehebt nach Laut des geistlichen Rechten und zu widerrufen benötiget, wie mit dem Johannes Hus zu Costentz geschehen ist. Wenn man nur die evangelischen Prediger kunnt schweigen machen, so würds alles gut.[29] Aber wenn man sie heißt schweigen, so kummen sie und wellen mit dem Papst und Bischofen disputieren, welchs unerhört ist bei der Welt, daß einer mit dem Allerheiligisten will disputiern, der nit genugsam und wirdig ist, mit seiner Heiligkeit zu reden. Aber es will besser werden. Wenn die Prediger nit wellen, so mussen sie schweigen, wiewohl sie Sant Paulus Schrift fürziehen, und wenns sein Schwert darzu hätten, so mußten sie darnieder liegen, wenn's der Heilig Vater Papst tun will, dann so mußten die Laien auch geschweigen, und wir wurden zu unsern Wirden wiederumb kommen.

Köchin: Es wär fürwahr, Herr, gut; wann jedermann veracht Euch, wie dann jetzund auch der Schuster tan hat.

Chorherr: Vor Zeiten hätt wir ein solchen in Bann verkündt! Aber itzund mussen wir von den Laien hören und lernen wie die Pharisäer von Christo. Lieb Köchin, ruf unserm Calefactor, der liest viel in der Bibel und vielleicht der Schrift baß bericht ist dann ich. Er muß mir von Wunders wegen etlich Sprüch suchen.

Köchin: Heinrice, Heinrice, geh auf her zum Herrn!

Calfactor: Wirdiger Herr, was wollt Ihr?

Chorherr: Unser Schuster hat mich lang vexiert und viel aus der Bibel angezeigt, wie dann der Lutherischen Brauch ist. Du mußt ihm etlich Kapitel nachsuchen, ob er gleich hab zugesagt, auf daß ich ihn in der Schrift fahen möcht.

Calfactor: Ihr sollt es billig selbst wissen: Ihr hand lang die Geweichten examiniern helfen.

Chorherr: Ja, daselbs braucht man nur schulerische Lehr, was die Menschen haben geschrieben und gemacht, und gar wenig das geistlich Recht, welches die heiligen Väter in den Conciliis beschlossen haben.

[30] Calfactor: Es läg an dem nicht, das die Väter in Conciliis beschlossen und die Menschen, so nach ihn kommen sein, geschrieben und gehalten haben, wo dieselben Gesetz, Lehr und Schrift aus dem Wort und Geist Gottes wärn; wann die Propheten, Apostel und Evangelisten sind auch Menschen gewest.

Chorherr: Ei, so haben sie auch irren mögen; aber die Lutherischen wollen das nit glauben.

Calfactor: Nein, wann Petrus spricht 2. Petri 1: Es ist noch nie kein Weissagung aus menschlichem Willen herfürbracht, sonder die heiligen Menschen Gottes hand geredt, getrieben von dem Heiligen Geist. Und eben darnach verkündt Petrus die falschen Propheten, die viel verderblicher Sekten ein werden führen. Bedeut eben euren geistlichen Stand, Orden, Regel und alle Menschenfünd, außerhalb dem Wort Gottes, darmit ihr jetzt umbgeht.

Chorherr: Ja, es ist aber auf uns nit geredt, sonder auf die Alten, und längst vergangen.

Calfactor: Oh, ihr Toren und trägs Herzens, zu glauben alle dem, das die Propheten geredt haben! Lucae 24.

Köchin: Herr, heißt Euch den Hahn mehr kreigen! Von mir litt Ihrs nit.

Chorherr: O du lausiger Bacchant, willt du mich auch rechtfertigen und lehren? Bist auch der lutherischen Böswichter einer? Troll dich nur bald aus dem Haus und komm nit wieder, du unverschamptes Tier!

Calfactor: Es tut Euch and, daß Euch der Schuster das rot Piret gesmächt hat. Laßt Euch's nit wundern, wann im alten Gesetz hat Gott die Hirten sein Wort lassen verkünden. Also auch jetzt müssen euch Pharisäer die Schuster lehren. Ja, es werden euch noch die Stein in die Ohren schreien. Alde, ich scheid mit Wissen.

[31] Köchin: Euch geschicht recht. Mich wundert, daß Ihr mit den groben Filzen reden mügt. Sie schonen weder Euer noch der heiligen Weich.

Chorherr: Ich will mich nun wohl vor ihn hüten; verbrennts Kind fürcht Feur. Wohlan, ich will in Chor. So geh du an Markt, kauf ein Krainwetvogel oder zwelf! Es wird nach Essen meines gnädigen Herren Caplan mit etlichen Herren kommen und ein Panget halten. Trag die Bibel aus der Stuben hinaus und sich, ob die Stein und Würfel all im Brettspiel sein und daß wir ein frische Karten oder zwu haben.

Köchin: Es soll sein. Herr, werdt Ihr von Stund an nach dem Umbgang heimhergehn?

Chorherr: Ja. Schau, daß Essen bereit sei!


Philippensium 3 Ihr Bauch, ihr Gott.

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TextGrid Repository (2012). Sachs, Hans. Prosa-Dialoge. Prosadialoge. Der erste Dialog. Disputation zwischen einem Chorherrn. Disputation zwischen einem Chorherrn. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-B057-2