Ein Gespräch von den Scheinwerken
der Geistlichen und ihren Gelübden,
damit sie zu Verlästerung
des Bluts Christi vermeinen
selig zu werden.

2. Timothei 3:

Ihr Torheit wird offenbar werden

jedermann.



Münch: Der Fried sei mit euch, ihr lieben Brüder! Gebt euer heiligs Almusen umb Gottes willen den armen Brüdern zun Barfüßen, die Licht, darbei mir singen und lesen.

Peter: Ich gib keinem solchen starken Bettler ichts, wann das Betteln ist verboten. Deuteronomii 15 spricht Gott: Kein Bettler soll unter euch sein. Ich will mein Licht wohl hausarmen Nachbarn geben, die arbeiten darbei.

Münch: Ich hör wohl, Ihr seid lutherisch.

Peter: Nein, sonder evangelisch.

Münch: Ei, so tut auch, wie das Evangeli lehrt, nämlich Matthaei 5: Jedermann, der dich bitt, dem gib, und Lucae 6: Seid barmherzig, wie eur himmlischer Vater barmherzig ist; und Lucae 11: Gebt Almusen von euer Hab, so ist es euch alles rein.

Hans: Bruder Heinrich hat dich schon überwunden mit Schrift.

Peter: Ich bekenns, ich kann nit weiter. Kumpt her, lieber Bruder Heinrich, seht hin, ein Pfennig umb Gotts willen, und kauft Euch selber ein Licht nach Euerm Sinn!

Münch: Ei, behüt mich Gott, ich darf kein Geld nehmen, es hälts mein Orden nit innen.

[35] Hans: Wer hat Euern Orden gemacht?

Münch: Unser heiliger Vater Franciscus.

Hans: Ist dann Franciscus euer Vater? Spricht doch Christus Matthaei 23: Niemand soll sich Vater heißen auf Erden; dann einer ist euer Vater, der im Himmel ist.

Münch: Ei, das wissen wir wohl; er hat uns aber gelehrt wie ein frummer Vater sein Kind.

Hans: So ist er euer Meister? Spricht doch Christus an gemeldten Kapitel: Ihr sollt euch nit lassen Meister nennen; dann einer ist euer Meister, Christus. Auch spricht Christus Johannis 14: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, und Johannis 10: Ich bin die Tür zu den Schafen, wer anderswo einsteigt, der ist ein Dieb und ein Mörder.

Münch: Ei, Ihr verstehts nit recht! Er hat uns nit aus seinem eigen Kopf gelehrt, sonder all sein Regel aus dem heiligen Evangelio gezogen.

Hans: Wo steht dann im Evangelio: Ihr sollt kein Geld nehmen oder anrühren? Ich will Euch wohl das Widerspiel zeigen.

Münch: Wo?

Hans: Matthaei 17 sprach Christus zu Petro: Geh hin ans Meer und würf den Angel aus, und der erst Fisch, der auffer fährt, dem wirst du im Maul finden ein guldene Münz; die nimm und gibs für dich und mich.

Münch: Es steht aber Matthaei 6: Ihr sollt euch nit Schätz sammeln auf Erden, und weiter: Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon, und Lucae 12: Hütet euch vor dem Geiz, wann niemand lebt darvon, daß er voll Genüge han an seinen Gütern, und Lucae 18: Wie schwerlich werden die Reichen in das Reich Gottes kommen, und Matthaei 19, Marci 10, Lucae 18: Willt du vollkommen sein, so geh hin, verkauf, was du hast, und [36] gib es den Armen, so wirst du ein Schatz im Himmel sammeln, und kumm und folg mir nach! Da habt Ihr Grund und Ursach aus dem Evangelio unser willigen Armut.

Hans: Wohl geredt! Halt ihr Barfüßer das?

Münch: Ja, wir nehmen kein Geld, so han wir keins, weder wenig noch viel.

Hans: Ja, ihr habt aber außerhalb dem Kloster euer Einnehmer und Ausgeber wie die Fürsten und sammlet (unter dem Schein der willigen Armut) große Schätz und kaufet Kardinalhut umb viel tausend Dukaten und bauet köstliche Klöster wie die Fürstenhäuser, wie am Tag ist. Heißt das nit Schätz sammlen, Geld nehmen oder anrühren, so weiß ich nit, wie ichs nennen soll.

Peter: Es heißt des Geiz unter dem Hütlein gespielt.

Münch: Ei Lieber, es ist nit so heftig. Es ist wahr, wir haben Schaffner, die lassen wir mit umbgehen, wir bekümmerns uns aber gar nichts mit dem Geld und warten unsers Gottsdiensts.

Hans: Spricht doch Christus Matthaei 6: Wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz. Derhalb ist euer Herz im Kloster nit, sonder etwan in eines Bürgers Haus bei euerm Schatz; darumb könnt ihr Gott nit dienen, weil ihr dem Mammon dient mit dem Herzen. Daraus folgt weiter, daß ihr kein Gnügen an euern Gütern habt, wie dann Lucae 12 steht, sonder bettlet und rasplet stets der Welt Güter zusammen. Wie werdt ihr dann in das Reich Gottes gehn durch euer Armut, der ihr euch rühmet?

Münch: Ei, lieber Meister, wir verlassen das Unser williglich, sollten wir darnach nit wieder von frummen Leuten das heilig Almosen nehmen?

Peter: Ja, euer mancher verläßt kaum eins Gulden Wert und tritt in ein Pfründ, wohl 200 Gulden wert, ist sein [37] Leben lang mit aller Notdurft versorget und weiß von keiner Armut zu sagen, sonder schneidt den armen Christen das Brot vor dem Mund ab. Petrus hat euch verkündt 2. Petri 2: Sie führen ein zärtlich Leben von euer Lieb und zehren wohl von dem Euern. Das heißt je nit, das Sein verkaufen und den Armen geben.

Münch: Habt mir nicht in übel, ihr und euersgleichen gebt uns nit viel, sonder große Herren und reiche Bürger und Kaufleut nähren uns von ihrem Überfluß.

Peter: Ist gut; wo nehmen es die selbigen? Allein bei uns: Wir, die eilftausend Mertrer, müssen zahlen, da sie uns betriegen, übernöten, dringen, zwingen, daß oft das Blut hernach möcht gan, da speisen sie darnach euch heillosen Vater (heilige Vater soll ich sagen) mit, die stark und faul seind und selber wohl arbeiten und andere arme kranke Christen mit ihnen ernähren möchten.

Hans: Ja, wo ein christlich Lieb in ihn wäre, wie Paulus schreibet 2. Thessalonicensium 3: Wir haben nicht umbsunst das Brot genommen von jemand, sonder mit Mühe und Arbeit hab wir Tag und Nacht gewürkt, auf daß wir niemand unter euch beschwerlich wurden. Und weiter: Wer nit arbeit, der soll nit essen.

Münch: Steht nit 1. Corinthiorum 9: Wissen ihr nit, die im Tempel schaffen, die nähren sich des Tempels, und die des Altars pflegen, die geleben des Altars?

Hans: Es steht aber gleich im Text hernach 1. Corinthiorum 9: Also hat der Herr befohlen: Die das Evangelion verkündigen, sollen sich vom Evangelio nähren. Aber wie ihr sagt, des Tempels und Altars Diener halben ist im Alten Testament im Brauch gewesen, wie Levitici 7, aber nun vergangen; wann im Neuen Testament haben wir keinen leiblichen Tempel von Holz und Stein, sonder wir selbs seind der Tempel Gottes, wie 1. Corinthiorum 3: [38] Wissent ihr nicht, daß ihr der Tempel Gottes seid und der Geist Gottes in euch wohnet? Derhalb durfen wir keins Tempelknechts mehr. Auch haben wir keinen Altar zum Opfer, derhalb dürfen wir keins Altardieners mehr; wann Christus ist allein hoher Priester, wie Sebraeorum 7, der sich selb einmal für uns geopfert hat. Derhalb dürfen wir im Neuen Testament nur Diener, zu verkündigen das heilig Evangelion, darzu dann Christus seine Junger ausschicket, Marci ulti [letztes Kapitel]: Geht hin in die ganze Welt und predigt das Evangeli allen Kreaturn! Dieselben, meint Paulus, sollen darvon enthalten werden; ihr aber esset euer Brot in Müßiggehn wider den Willen Gottes. Genesis 3: Im Schweiß deines Angesichts sollt du nießen dein Brot.

Münch: Ei, verkündigen wir euch doch auch das Evangelion; derhalb, wie Matthaei 10, ist ein Arbeiter seins Lohns wirdig.

Hans: Ja, es seind ihr unter euch, aber leider je nit viel, die Christum rein predigen, sonst liegen euer ganze Klöster voll obeinander, und seid weder Gott noch der Welt nutz.

Münch: Ich mein, ihr seid unsinnig. Was tunt wir sunst Tag und Nacht, dann daß wir Gott dienen?

Hans: Ja, ihr steckt voll Gottsdienst und guter Werk, und fehlet doch des allernötigsten Werks, das Christus fodern wird am letzten Urteil, Matthaei 25, nämlich die Werk der Barmherzigkeit: Ich bin hungerig gewest, und ihr hand mich nit gespeiset etc.

Münch: Lieber, geben wir dann kein Almusen? Kommet morgen umb Mittag für unser Kloster, da werd ihr ein Haufen armer Leut sehen, die wir täglich speisen.

Peter: Ja, ihr gebt ihn Speis heraus, die ihr nit mögt, und schüttet ihn Suppen und Arbais, Kraut und Fischschuppen [39] untereinander. Schampt ihr euch nit, daß ihr dem Herren Christo ein söllich Geschlepper zu essen gebt? Wann er spricht Matthaei 25: Was ihr den Mindsten aus meinen tan habt, hand ihr mir selbs tan.

Münch: Ja, ich bekenns, unser leiblich Almusen ist klein, aber die geistlichen Tröstung teiln wir aus, wer unser begehrt.

Peter: Ja, ihr geht wohl gern zu den Kranken, man lohnet euch euer Gäng auch wohl; wo ihr aber vergebens mit einem geht und ihn tröstet, steht sein Sach gewißlich nit wohl. Darzu isset man nit wohl von euern guten Worten.

Hans: Es steht aber 1. Johannis 3: Wer dieser Welt Güter hat und sicht seinen Bruder Not leiden und schleußt sein Herz vor ihm zu, wie bleibt die Lieb Gottes in ihm? Und weiter: Meine Kinder, laßt uns nit lieben mit Worten noch mit der Zungen, sonder mit der Tat und der Wahrheit. Nun vermöcht ihr wohl manchen Armen enthalten, ihr geht aber vor den Armen füruber, wie der Priester und Levit bei dem Verwundten füruber gingen, Lucae 10. Und wo nit wir Weltlichen (von euch verachten Samaritanern) ihn zu Hilf kämen, so müßten sie eurenthalb (wie der arm Bettler Lazarus vor des reichen Manns Haus, Lucae 16) verschmachten.

Münch: Wir haben wahrlich nichts zu Gewalt, wir seind geistlich Personen, darumb spenden wir nur geistliche Güter aus, und das williglich.

Peter: Ja, ihr spendt euer Vigilg, Seelmessen und alle euer Gottsdienst mildiglich gnug aus wie ich mein Semmel und Meister Hans seine Schuch, doch mit der Unterscheid: Wer kauft, der hat. Und brächt einer euerm Seckeldario 5 Gulden für ein Opfer und fehlet umb ein Ört, er nehm das Geld nit, käme mit ihm für Recht: Also mildiglich gebt ihr eure gute Werk von euch.

[40] Münch: Behüt euch Gott! Wir verlieren die Zeit unnützlich da bei euch; wir müssen weitergan, da man uns etwas gibt.

Hans: Lieber Bruder Heinrich, sagt mir noch ein Wort!

Münch: Was ists?

Hans: Haltent ihr ewige Keuschheit, wie ihr dann gelobt habt?

Münch: Ja, warumb nit? Wüßten wir's nit zu halten, wir gelobten's nit.

Hans: Spricht doch Christus Matthaei 19: Das Wort fasset aber nit jedermann, sonder den es geben ist. Da meinet je Christus, keusch zu leben steh nit in eigenem Gewalt, sonder muß von Gott geben werden.

Peter: Ihrer Keuschheit werden die Bäurin wohl gewahr, wann die Münch Käs sammeln.

Münch: Wo habt ihrs in unserm Orden erfahren?

Peter: Ich mein euch allein nit, sonder alle Bettelmünch, die da Käs sammeln.

Münch: Ja, wann schon ein Unkraut unter einer so großen Versammlung ist, wie kann man den Haufen darnach urteilen?

Hans: Ich hab Sorg, ob ihr euch gleich der naturlichen Werk enthalt, besudelt ihr euch doch in andre unziemliche Wege.

Münch: Ja, da muß man das Fleisch kasteien, und ist schier die ganz Regel und Statut darauf gericht, das Fleisch zu dämpfen.

Hans: So ist durch Paulum von euer Regel und Statut gesagt 1. Colossensium 2: Laßt euch nit fangen mit Satzungen, die wohl haben ein Schein der Weisheit durch selb erwählte Geistlichkeit und Demut und durch daß sie des Leibs nit verschonen und an das Fleisch kein Kost wenden zu seiner Notdurft.

[41] Peter: Von Nöten seind die Münch so mager und die Bauern so feist: die fasten nicht so viel als die Münch.

Münch: Es ist nit als umb das Fasten zu tun, es seind unser Kasteiung mancherlei.

Peter: Lieber Bruder Heinrich, erzählt uns ein Teil.

Münch: Gern. Wir tragen unten nicht Leines an, gürren uns mit Stricken und gehn barfuß in zuschnitten Schuhen. Wir tragen auch kein Haar auf dem Kopf; wir baden auch nit unser Leben lang bis nach dem Tod. Wir liegen auch auf keiner Federn; wir ziehen uns auch nit gar ab. So essen wir kaum halbe Zeit Fleisch und essen aus keinem Zinn und müssen etliche Zeit Silentium halten, das heißt schweigen; wir müssen auch alle Tag wohl ein Stund oder fünf im Chor stehn und knien und alle Nacht gen Metten auf.

Peter: So muß ich mit meinen Knechten den ganzen Tag arbeiten, ubel essen und legen uns oft kaum [umb] Mettenzeit nieder; da singen mir dann meine Kinder oft erst Metten; ich hab viel ein härtern Orden dann ihr.

Münch: Ja, wann ihr da wäret, wenn wir Kapitel halten, würd euch das Lachen wohl vergehn, wenn ihr die Ruten hörten singen.

Peter: Ihr halten nit hinan mit den Ruten, ihr macht nur ein Spiegelfechten, es tut nichts.

Münch: So legt man aber einen in die Presaun und läßt ihn versausen.

Hans: O ihr Blinden, wie führet ihr einander in euern erdichten unhilflichen Menschenwerken!

Münch: Spricht doch Gott, Mensch, hilf dir, so will ich dir auch helfen.

Hans: Wo steht das geschrieben? Also kumpt ihr mit erdichten Sprüchen herfür. Das steht aber wohl geschrieben Hoseae 13: O Israel, in dir steht dein Verderben, und in [42] mir allein steht dein Hilf. Darumb hilft euer gleisnerisch Obeis nit zur Dämpfung des Fleischs, wann es steht Genesis 8: Des Men schen Herz ist von Jugend auf geneigt zur Bosheit. Darumb steht Proverbiorum 20: Wer mag sprechen, mein Herz ist rein? Nun habt ihr Essen, Trinken und Schlafen den Überfluß und feirent dennocht darzu, darvon sich dann die eingepflanzt Natur entzündet, wann das Wort Genesis am 1. und 9. steht fest: Wachset und mehret euch! Derhalb ist (ohn sondere hohe Gnad Gottes) euer Herz befleckt mit bösen brinnenden Begierden.

Münch: Ei, so wir nur nit darein verwilligen, so verdienen wir mit sölchen Anfechtungen.

Hans: Ihr spielent aber im Herzen mit solchen Gedanken wie ein Katz mit der Mäus. Nun ist Gott ein Erkündiger aller Herzen, wie Actuum I: Derhalb urteilt Gott nach dem Herzen. Darumb spricht Paulus 1. Corinthiorum 7: Es ist besser heiraten dann brinnen; und im selben Kapitel: So ein Jungfrau heirat, so sündiget sie nit.

Münch. Ja, wir haben aber ewige Keuschheit gelobt in unser Profeß mitsampt williger Armut und heiliger Gehorsam.

Hans: Ihr hört aber wohl, ihr halt ihr nit vollkommenlich. Warumb habt ihr ein ander Gelübd auf euch genommen und habt euch nit an der Tauf benügen lassen, darin ihr den Teufel und alle seinem Gespenst widersaget habt?

Münch: Ei, das ist die ander Tauf, darin man uns auch andere Namen geit, da werden wir wiederumb neue geboren.

Hans: Spricht doch Paulus Ephesicrum 4: Es ist ein Herr, ein Glaub, ein Tauf, ein Gottvater unser aller. Derhalb ist euer Tauf kein Tauf, sonder ein Ding, von [43] Menschen erdicht, welche alle Lugener seind, Psalterii 115. Darumb geht ihr auch mit menschlicher lugenhaftiger Weis umb, halt Keuschheit eben wie die Armut. Ich glaub, es sei mit euer Gehorsam auch also.

Münch: Wie, halt wir nit vollkommenlichen Gehorsam? Es geht unser keiner für das Kloster ohn Erlaubnüs des wirdigen Vaters Gardian.

Hans: Ja, ihr halt Gehorsam in den Dingen, die ihr gern tut, aber etwan doch mit unwilligen Herzen gegen euern Obersten; doch ist das nit die rechte Gehorsam, so die Schrift von uns fodert. 1. Petri 2: Seid untertan aller menschlichen Ordnung umb des Herren willen, dem König als dem Obern etc., und Romanorum 13: Seid untertan aller weltlichen Oberkeit, und weiter: So gebt jedermann, was ihr schuldig seid, dem Schoß, dem das Schoß gebührt, dem Zoll, dem der Zoll gebührt. Und Matthaei 22: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist. Von dieser Gehorsam aber, die Gott will haben, habt ihr euch fein ausgeschleift und habt ein eigene erdichte Gehorsam angenommen, darin ihr frei seid von allem Frönen, Zehenten, Reisgeld, Wachgeld, Steuergeld, Zinsgeld, Lehengeld, Zollgeld, Ungeld und allen Bürden, so wir alle brüderlich untereinander tragen.

Münch: Ei, wir seind geistlich Personen und aus der Welt; derhalb seind wir auch gefreiet von den weltlichen Tributen

Hans: Von weme?

Münch: Von dem allerheiligsten Papst Honorio dem III. und vom Kaiser Friederich dem II. vor 300 Jahren. Wöllt ihr Lutherischen uns erst reformieren?

Hans: Es hat ein Blinder den andern geführt, wie Lucae 6: So ein Blinder den andern führt, fallen sie nit [44] beide in die Gruben? Sagt mir eins, warin doch euer Gehorsam gegründt ist.

Münch: In unser Regel und Statut, wie sie dann von Wort zu Wort angezeigt seind.

Hans: Nun ist je euer Regel und Statut nur von Kutten, Platten, Stricken, Schuhen, Fleisch meiden, Schweigen, Singen, Lesen, Mettengehn, Chorstehn, Bucken, Knien und solchen äußerlichen erdichten Werken. Derhalb geht der Spruch stracks auf euch, Matthaei 15: Vergeblich dienen sie mir, dieweil sie lehren solche Lehre, die nichts dann Menschengebot seind, und weiter: Alle Pflanzen, die Gott, mein himmlischer Vater, nit gepflanzt hat, werden ausgereut.

Münch: Seind dann solche unser geistliche Übung nit gut?

Hans: Nein.

Münch: Wieso?

Hans: Da hat sie Gott nit geboten noch geheißen.

Münch: Ei, wir tuns aber guter Meinung, Gott zu ehren.

Hans: Gott läßt ihm nichts gefallen, dann was er geheißen hat, wie Levitici 10: Da Aarons Sün Nadab und Abihu Feuer in ihr Näpf nahmen und wollten vor dem Herren räuchern, da verbrennet sie das Feuer des Herren, darumb, daß sie mit fremden Feuer räuchern wollten, das Gott nit geboten het, und tatens doch auch Gott zu ehren. Nun seind je euer Orden lauter fremder erdichter Gottsdienst, im Schein auswendig heilig und gleißend, inwendig aber im Grund lauter wurmstichig und betrieglich Gespenst, wie Matthaei 23: Weh euch Gleisnern und Heuchlern, die ihr seid wie die geweißeten Totengräber, welche auswendig hübsch scheinen, inwendig aber seind sie voll Totenbein und Unflats! Also auch ihr: Auswendig scheinet ihr frumm, inwendig aber seid ihr voll Heuchlerei und Untugend.

[45] Münch: Ei Lieber, warmit?

Hans: Ihr habt es wohl zum Teil gehört: Ihr haltet Armut ohn Mangel, und Keuschheit, die besudelt ist, und Gehorsam, die erdicht ist.

Münch: Sagt, was ihr wöllt, wir haben je den vollkommen Stand, dem Evangeli nach, Matthaei 19: Willt du vollkommen sein, so verkauf, was du hast etc.

Hans: Ei, das muß geistlich verstanden werden, also daß wir unser Hoffnung und Trauen nit auf das Irdisch setzen, sonder allein auf Gott, wie Paulus beschreibt 1. Corinthiorum 7: Lieben Brüder, die da Weiber haben, die seien, als hätten sie keine, und die da kaufen, als behielten sie es nicht, und die sich dieser Welt gebrauchen, als brauchten sie ihr nicht etc. Das ist auch gut bei dem zu merken. Wir könnten je nit alle das Unser verlassen und Münch werden. Wer wollt zuletzt Koren bauen? Nun müssen wir je alle vollkommen sein, soll wir in das Reich Gottes kommen, wie Apocalypsis 21: Es wird nichts Unreins hineingehn in das himmlisch Jerusalem.

Peter: Ei, die Observanzer haben einen Beiweg gefunden. Wenn wir Laien sterben wöllen, so ziehen sie einem ein graue Kutten an, machen erst ein Münch aus ihm, schern und baden ihn, so fuhrt er dann als ein Voller (ein Vollkommner soll ich sagen) gen Himmel wie ein Kuh in ein Mäusloch.

Hans: Lieber Bruder Heinrich, was hat Euch in den Orden bracht?

Münch: Daß ich selig werd, wie uns dann in der Profeß verheißen wird.

Hans: Hofft Ihr durch Eure Münchwerk selig zu werden?

Münch: Ja. Was wollt ich sonst im Kloster tun?

Hans: Spricht doch Paulus Ephesiorum 2: Aus Gnad seid ihr selig worden durch den Glauben, und das selbig [46] nit aus euch; es ist Gottes Gab und nit aus den Werken, auf daß sich niemand berühme.

Münch: Verheißt doch Christus an viel Enden die Werk zu belohnen, wie Matthaei 25, Lucae 6, Johannis 5 und Pauli 1. Corinthiorum 3.

Hans: Da nimmt man die Werk für den Glauben, daraus sie geflossen seind. Daß ihr es aber klarer versteht, daß Gott die Werk nit belohnet, so höret Christum selbs. Lucae 17: Wann ihr alles tan habt, was euch befohlen ist, so sprecht: Wir seind unnütz Knecht, wir haben getan, das wir zu tun schuldig waren. Hie hört ihr, daß durch die rechtgeschaffen christlichen Werk niemand nichts verdient; wann es spricht Jesajae 64: Unser Gerechtigkeit ist als ein unrein Tuch einer kranken Frauen. Wie wöllt ihr dann durch eure selb erdichte eigennützige Werk selig werden?

Peter: Wie besteht ihr nun mit euer Kaufmannschatz, der euch viel übrig ist gewest, zu der Seligkeit, die ihr uns verkauft habt?

Münch: Sollt ich dann wissen, daß ich nit selig würd durch mein klösterlich Leben, ich wollt mein Kutten an ein Zaun hängen und mit Stein darzu werfen.

Peter: Ei, so geht aus dem Notstall! Es steht je Matthaei 21: Die Huren und offenbaren Sünder werden euch vorgehn in dem Himmelreich.

Münch: Oh, ich bin nun alt und kann nichts. Was wollt ich anfahen?

Hans: Ich will Euch ein Holzhacken schenken, daß Ihr Euch mit Arbeit ernähret.

Münch: Ich darf ihr nit.

Hans: Wieso? Da würdt ihr erst rechte wahre Armut empfinden, und würd euch die Unkeuschheit vergehn, und erst recht gehorsam werden jedermann.

[47] Münch: Nein, nein! Ich weiß besser im Kloster.

Hans: Ich hör wohl, ihr seid der Leut, da Paulus von sagt 1. Philippensium 3: Die Feind des Kreuz Christi, welcher End ist das Verdammnus und denen der Bauch ein Gott ist! Also fürcht ihr die Armut und habt sie doch gelobt und bleibet über Erkanntnüs der Wahrheit in dem Irrtumb.

Münch: Ich höre zwar nit viel Guts von den ausgelaufnen München sagen, sonder wie sie schönen Frauen nachgehnt, und unter 10 kaum einer gern arbeit, und popitzen sonst, einer das, der ander jens, darmit sie sich ohn Arbeit ernähren mögen, so gehnt ihrer eins Teils sonst bösen Stucken nach. Wie kann sie dann ein guter Geist aus den Klöstern trieben haben?

Peter: Dabei erkennt man, was Guts in den Kutten steckt: Die vor in Klöstern haben gelebt wie die lebendigen Heiligen, die leben nun heraußen wie die Lotterbuben und haben doch eben das im Herzen getan im Kloster, das sie herauß tunt mit Werken.

Hans: Ich hab aber leider Sorg, viel laufen aus den Klöstern aus Fürwitz, Mutwillen (ihre böse Lüst in der Welt zu büßen) und doch wider ihr eigen Gewissen. Das kann nit aus dem Glauben gehn. Was aber nit aus dem Glauben geht, das ist Sünd, Romanorum 14. Dieselben führen darnach ein bös Leben, ihr Gewissen wird sie aber wohl anklagen; geschichts jetzund nit, wird es in Todsnöten nit dahinten bleiben. Gott erbarm sich ihr! Welche aber durch Erkanntnus des Wort Gottes ihr töricht Gelöbd untüchtig zu halten erkennen und mit freiem, sicherem Gewissen gehnt aus dem Stand, von Menschen eingesetzt, und treten in den Stand, von Gott eingesetzt, nämlich in die Ehe, Genesis 2: Der Mann wird Vater und Mutter verlassen und seinem Weib anhangen. [48] Und welche sich also nähren mit Arbeit, darzu sie (wie der Vogel zum Flug) geboren seind, Hiob 5, dieselbigen kann ich je nicht un recht urteilen.

Münch: Ich will je nit heraus, und ob Sant Peter sprech, es wär nit unrecht.

Hans: Ihr seid eben der rechten einer, darvon Jesajae 6 sagt: Er hat ihre Augen verblendet und ihre Herz verstocket, daß sie mit den Augen nit sehen und mit dem Herzen nit vernehmen und sich bekehrten, daß ich sie selig macht.

Münch: Ei Lieber, sein wir dann so in einem gefährlichen Stand? Wafür halt Ihr uns doch?

Hans: Ich halt euch für die Leut, darvor uns Petrus warnet 2. Petri 2: Es werden falsche Lehrer unter euch sein, die neben einführen werden verderbliche Sekten und verleugen des Herren, der sie erkauft hat, und weiter das ganz Kapitel sagt von euer Verführung.

Münch: Lieber, das ist von uns nit geredt. Wo verlaugnen wir Christi, des Herren?

Hans: Ihr verlaugnen seiner Erlösung und Seligmachung und wöllt euch durch euere Scheinwerk selig machen und weiset andere Leut auch von Christo auf ihre eigene Werk, die Seligkeit zu erlangen, und verkauft simoneischer Weis die guten Werk.

Münch: Ei Lieber, Ihr seid uns sunst feind, darumb schmächt Ihr uns.

Hans: Nein, bei meiner Seel Heil! Allein aus brüderlicher Lieb.

Münch: Lieber, seid Ihr dann evangelisch, so dürft Ihr nit so spöttlich mit uns handeln; wann Ihr müßt von jedem unnützen Wort Rechenschaft geben am Jüngsten Gericht, Matthaei 12.

Hans: Ihr wöllt die Schrift nit annehmen, da sie von [49] euch sagt; darumb müssen wir euch mit euer eigen Tat (welch an ihr selb spöttlich und lächerlich ist) überweisen, daß ihr diejenigen seid.

Münch: Wem ist aber mit geholfen?

Hans: Euch, ob ihr euch (durch soviel Anzeigung) doch einmal selber im Grund erkennten, wie elend, blind, hartselig Leut ihr wärt, und nit also hochfertig mit dem Gleisner im Tempel, Matthaei 18, eure Werk rühmet und darauf pochet selig zu werden, sonder demütig mit dem offenbaren Sünder sprecht: Gott, biß gnädig mir armen Sünder, und wurdent erst recht geistarm, hungerig und dürstig nach der Gerechtigkeit Gottes, Matthaei 5: Dann würd ihr erfüllt mit Gütern, wie Lucae 1, das ist mit dem unerforschlichen Schatz Jesu Christi, Ephesiorum 3, welches seind die tröstlichen Zusagung Christi, die würden euch erst wohl geschmack und angenehm werden. Darumb, lieber Bruder Heinrich, was ich und mein Bruder Peter mit euch geredt haben, ist im besten (ohn allen Neid und Haß) geschehen. Wöllt Gott, es hättens alle Münch gehört aus allen Orden, und bitten euch umb Gottes willen, uns nit zu verargen, ob wir etwas zuviel hart wider euch hätten geredt.

Peter: Seht hin, lieber Bruder Heinrich, zwei Licht! Und leset darbei nit Scotum oder Beneventuram, sonder die Bibel! Etwan wird euch Gott auch erleuchten mit seinem göttlichen Wort, und habt uns nichts in übel!

Münch: Nichts, lieben Brüder. Ich will den Dingen weiter nachsuchen. Wir gehn dahin. Gott sei mit euch!

Peter: Amen.


Jesajae 59: Sie söllen auch von ihren Werken nit bedeckt werden, und ihre Werk seind unnütze Werk.

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TextGrid Repository (2012). Sachs, Hans. Prosa-Dialoge. Prosadialoge. Der zweite Dialog. Ein Gespräch von den Scheinwerken. Ein Gespräch von den Scheinwerken. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-B28D-7