4.

Nördlich von Sudershausen erhebt sich ein Berg – der Hamkenstein –, und darauf wieder zwei Hügel. In dem einen dieser Hügel befindet sich eine ziemlich geräumige Höhle, das Zwergloch genannt. An den Wänden derselben befindet sich eine Art von Bank, in der Mitte eine Art von Tisch. Zwischen den beiden Hügeln, die mit Holz bewachsen sind, erstreckt sich ein schmales Thal, welches einige Acker Landes bildet. Hier hatte einst ein gewisser Beckmann Erbsen gesäet und fand, als dieselben ausgewachsen waren, daß sie ihm allnächtlich abgepflückt wurden. Er entschloß sich Nachts dabei zu wachen, um so den Dieb zu ertappen. Da sah er nun aus dem einen der Hügel, worin das Zwergloch ist, eine Menge kleiner Leute hervorkommen, die sich sogleich in sein Erbsenfeld begaben und mit allem Eifer pflückten. Er ließ sie erst ruhig pflücken, schlich sich aber unterdessen nach der Seite, woher sie gekommen waren und wohin sie auch, wie er vermuthete, fliehen würden, und rief ihnen dann mit lauter Stimme ein Halt zu. Zugleich drohte er sie entweder mit seinem dicken Stocke todt zu schlagen, oder sie an einander zu binden und so der Obrigkeit zu überliefern. Jetzt fielen die Zwerge flehend vor ihm auf die Kniee und baten um Gnade. Dabei versprachen sie ihm, wenn er sie entließe, den Schaden reichlich zu ersetzen, und ihm eben so viele Goldgulden zu geben, wie sie Schoten gepflückt hatten. Als er sich damit zufrieden erklärt hatte, zählten sie die Schoten, und nachdem sich die Zahl ergeben hatte, ward einer von ihnen fortgeschickt, so viele Goldgulden zu holen. Der abgeschickte Zwerg kehrte auch bald zurück [128] und zahlte dem Bauern die Goldstücke aus, worauf dieser die Zwerge, nachdem sie vorher noch versprochen hatten, daß sie ihm die Erbsen nicht wieder beschädigen wollten, abziehen ließ, und vergnügt nach Hause zurückkehrte. Unterwegs mochte er sich die Freude nicht versagen die schönen, blanken Goldstücke noch einmal anzusehen, aber als er den Beutel öffnete, glänzte ihm nicht das blanke Gold entgegen, sondern sein Blick fiel auf einen Haufen Roßäpfel. Ganz erbost über den Betrug der Zwerge warf er den Inhalt aus dem Beutel, diesen selbst aber nahm er mit nach Haus. Hier angekommen erzählte er seiner Frau, wie es ihm gegangen wäre, und zeigte den Beutel vor. Wie er ihr aber zeigen will, wie er alles ausgeschüttet habe, und dabei den Beutel tüchtig schüttelt, fallen aus diesem noch einige blanke Goldgulden heraus. Schnell lief er nun zurück, um das Weggeworfene zu holen, doch er fand nichts; nur ein unsichtbares höhnisches Gelächter hörte er von fern.

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TextGrid Repository (2012). Schambach, Georg. Märchen und Sagen. Niedersächsische Sagen und Märchen. A. Sagen. 147. Die Zwerge in den Erbsenfeldern. 4. [Nördlich von Sudershausen erhebt sich ein Berg - der Hamkenstein]. 4. [Nördlich von Sudershausen erhebt sich ein Berg - der Hamkenstein]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-BCCD-D