Der Scheidenden

Am 22. December. 1806.


Aus dem Tempel willst du fliehen,
Den dir hier die Liebe baut?
Meinen Armen dich entziehen,
Meines Geistes holde Braut?
Richtest du nach deiner Heimat,
Pilgerin, den müden Lauf?
Fleuchst du schon in deinen Himmel,
Schöner Engel, wieder auf?
Nein, du weilest noch hienieden
Voll erhabner Gottesruh,
Trägst den Himmel und den Frieden
Nun entfernten Fluren zu;
Willst dem Kranken Labung spenden,
Den der Himmel dir vertraut,
Willst des Lebens dich erfreuen,
Das aus deinen Blicken thaut.
Folge denn der schönen Sendung,
Folge nur des Geistes Ruf,
Der zur Krone der Vollendung
Dich mit solcher Schönheit schuf!
Mag ein Andrer deiner Nähe,
Deines Strahles sich erfreun, –
Ach! die Liebe kann entsagen,
Und entsagend selig sein.
[4]
Schweigen sollen alle Klagen,
Und kein treuer Zephyr soll
Diesen Seufzer zu dir tragen,
Welcher hier der Brust entquoll.
Näher, unaussprechlich näher
Bist du doch, Entfernte, mir,
Und im Geisterreiche schweiget
Jede stürmische Begier.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Schenkendorf, Max von. Gedichte. Gedichte. Erste Abtheilung. Leben und Liebe. Der Scheidenden. Der Scheidenden. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-C4BA-7