[364] Die Tiroler

Tragische Scene.

Tiroler.

Sag', Weib! hast bei dem fremden Herrn geschlafen?
Tirolerin.

Ach ja! Mit Wehmuth muß ich dir's gestehn.
Tiroler.

Erst machten die Franzosen mich zum Sclaven,
Zum Hahnrei nun: es ist nicht auszustehn!
Tirolerin.

Du darfst mich, lieber Mann, so hart nicht strafen;
Es ist vielleicht kein dutzend Mal geschehn.
Tiroler.

Nicht heißen will ich ein tiroler Jäger,
Erschieß' ich nicht den Kerl mit eigner Hand.
Tirolerin.

Des Nachbars Lisel nahm den Trommelschläger;
Mein Liebster ist des Marschalls Adjutant.
Du hast dich, wahrlich, meiner nicht zu schämen,
Denn meine Tugend hielt sich manches Jahr.
Versuch' es nur, mich in dein Bett zu nehmen:
Du findest ganz mich wieder, wie ich war.
Tiroler.

Nein, sag' ich, nein! Daß ich dich nicht zerbläue!
Erprobe jetzt des Adjutanten Treue!
[365] Tirolerin.

So muß ich denn allein in's Lager gehn,
In's Hauptquartier, wo die Soldaten stehn.
Geschieht mir da Gewalt an Ehr' und Leibe,
So bist du einzig an dem Unheil Schuld.

(ab.)

Tiroler.

Ja doch! Gewalt an einem solchen Weibe!
Du fändest wohl darein dich in Geduld.
(Zu seinen Waffengefährten, die sich unterdessen versammelt haben.)

Auf, Brüder, auf! die Freiheit zu erkämpfen,
Und der Franzosen Buhlerschaft zu dämpfen.
Nun blas't! Entflammt den kriegerischen Zorn!
An Hörnern fehlt's nicht: jeder trägt sein Horn.

(Marsch von Waldhörnern, wobei die ganze Schaar ausrückt. Hierauf Wechselchöre hinter der Scene.)


Erster Chor.

(spielt die Melodie des alten Jägerliedes: Le bon roi Dagobert.)

Madame Dagobert
Aimait un jeune homme bien vert.
Le grand saint Eloi
Lui dit: o mon Roi,
Vous étes cocu;
J'en suis convaincu!
Eh bien! lui dit le Roi,
Il en est bien d'autres que moi.

Zweiter Chor. (nach Shakspeare.)

Erste Stimme.

Was kriegt der, der die Gems erlegt?
Zweite Stimme.

Ihr ledern Kleid und Horn er trägt.
[366] Erste Stimme.

Drum singt ihn heim:
Ohn' allen Zorn trag' du das Horn!
Ein Helmschmuck war's, eh du gebor'n.

(Da capo im Chor.)

Erste Stimme.

Dein's Vaters Vater führt' es.
Zweite Stimme.

Und deinen Vater ziert' es.
Alle.

Das Horn, das Horn, das wackre Horn
Ist nicht ein Ding zu Spott und Zorn.

(Die Musik verliert sich in der Ferne.)

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Schlegel, August Wilhelm. Gedichte. Anhang. Die Tiroler. Die Tiroler. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-D22D-3