[197] Lied

Süße Liebe denkt in Tönen,

Denn Gedanken stehn zu ferne,

Nur in Tönen mag sie gerne

Alles was sie will verschönen.

Wenn sich neue Liebe regt,
Alles die Gefühle wagen,
Die man, ach! so gerne hegt,
Laß mich fühlen, doch nicht sagen,
Wie die Seele sich bewegt.
Wird sie jemals sich beschränken?
Sich in Lust und Leid zu senken,
Kann sie nimmer sich entwöhnen!
Doch was soll das eitle Denken?
Süße Liebe denkt in Tönen.
Wenn die Nachtigallen schlagen,
Hell die grüne Farbe brennt,
Will ich, was die Blumen sagen
Und das Auge nur erkennt,
Leise kaum mich selbst befragen.
Wenn ich wandl' auf stiller Flur,
Still verfolgend die Natur,
Und sie fühlend denken lerne,
Folg' ich den Gefühlen nur,
Denn Gedanken stehn zu ferne.
Wer es je im Herzen wagte,
Zu dem Äther zu entfliehen,
Den der Himmel uns versagte,
Denkt in leisen Fantasien,
Was er nie in Worten sagte.
Worten ist es nicht gegeben,
Unsre Seele zu beleben;
Nah' sich ahnden schon das Ferne,
Lächelnd weinen, lieben, leben
Nur in Tönen mag sie gerne.
Wenn sich süß Musik ergossen,
Darf es der Gesang nur wagen,
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Und in Wohllaut hingegossen
Leise zu der Laute sagen,
Daß im Wohllaut wir zerflossen.
Wenn man den Gesang nur kennte,
Ihn den Schmerzen nicht mißgönnte,
Würden sie sich leicht versöhnen,
Und die schöne Liebe könnte
Alles, was sie will, verschönen.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Schlegel, Friedrich. Gedichte. Stimmen der Liebe. Lied. Lied. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-D592-5