§. 62. Velburg.

1. Die Burg.

Von dem felsigen Berge, auf dem sie steht, trägt sie den Namen Felsenburg. Zufolge Aventins Bericht wurde sie nach dem Falle Bernhard Pipins, Königs von Italien und Bojoarien, dessen drittem Sohne Heribert aus Gnade überlassen. Später gelangte sie mit der Herrschaft an die Familie Wisbeck, indem Pfalzgraf Friederich den Ritter Georg Wisbeck für seine als oberster Feldhauptmann im pfälzisch-bayerischen Erbfolgekriege geleisteten guten Dienste damit begnadigte, 1507. Aber schon 1574 fiel sie mit dem Aussterben dieses Geschlechtes an Wittelsbach zurück. Vorerst kam es aber noch zur Fehde zwischen dem Pfalzgrafen und der Schwester des [423] letzten Herrn von Velburg, Amalia, welche, an einen Nothhaft verheiratet, auf das Lehen Anspruch machte. Die Veste wurde von den pfalzgräflichen Truppen belagert, und als Nothhaft bey einem Ausfalle das Leben gelassen hatte, setzte das kühne Weib, auf welche der Geist ihrer ritterlichen Ahnen übergegangen war, den Kampf allein fort. Indessen wurde die Stadt von den Pfälzischen erobert und huldigte dem neuen Herrn. Da brach in der unteren Stadt Feuer aus. Amalia hatte aus Rache über den Verrath der Bürger einen Knecht um 50 Goldgulden gedungen, die Stadt anzuzünden. Die Hälfte zahlte sie ihm sogleich, und als der Knecht nach vollbrachter That die zweyte Hälfte des Lohnes verlangte, vergab sie ihn mit Gift. Endlich wurde die Burg, in der Krankheit und Mangel herrschte, erobert, und die Familie, im Vergleichswege mit 35,000 fl. abgefunden, verzichtete auf die Herrschaften Velburg, Adlburg und Batzhausen, 1584.

Das Alter der Burg bekundet die Sage; denn Riesen haben Velburg und Helfenberg gleichzeitig zu bauen angefangen, und als die Einen mit Velburg früher zu Ende kamen, halfen sie den Anderen bey deren Baue, woher der Name Helfenberg stammt. Sie warfen sich oft von einem Berge zum anderen Kelle und Hammer zu und grüßten sich Morgens durch das Sprachrohr. Von ihrer Grösse zeugt, daß sie sich gegenseitig die Hämmer hinüberreichten.

Den ersten Schaden litt die Burg (1634) durch die Schweden, welche sie beschossen, den größten aber durch [424] einen gewissenlosen Pfleger, Valentin Praun heißt er, welcher die Dächer abdeckte, die Ziegel und Taschen verkaufte und den Erlös in seinen Sack steckte. Der Schuft wurde zwar von der Stelle gejagt, doch besserte man an der Burg nichts aus und ließ sie seitdem verfallen. Während 1734 noch das ganze Rundgemäuer mit dem ungedeckten Thurme stand, ist sie jetzt gräulich verwüstet. Die Stadt hatte die Ruine käuflich erworben und deren Quadersteine zum Baue von Häusern verkauft (1800). Von der Ringmauer steht nur mehr der nördliche und westliche Theil mit zwey grossen Bogenthoren; wozu das eine davon diente, ist schwer zu sagen, da unmittelbar hinter demselben der Berg steil abfällt. Dieses Thor soll einen grossen Söller getragen haben, von dem aus die Ritter das Treiben der Menschen in der Stadt beobachten konnten. Damals standen auf dem alten Markte am Schloßberge wohl an hundert Häuser, welche nach dem grossen Brande wegen Wassermangels auf die Ebene übersetzt wurden. Zwischen den Thoren ragt der von der innern Burg getrennte Wartthurm etwa noch 50 Fuß hoch empor. Die Leute holen sich Mörtel davon zu Fegsand, und so wird er bald ganz zusammenfallen. Man sollte nicht glauben, daß dieses heut zu Tage noch möglich sey, in einer Zeit, welche den Mund von Erhaltung der Ueberreste der Vorzeit so voll nimmt. Frühlt man auch keine Pietät gegen die Vergangenheit, sollte das heutige Geschlecht, welches so viel in Natur macht, doch die malerische Zierde der Gegend schützen.

In der Burg, gegen Osten, befand sich auch eine[425] Kapelle, dem heiligen Pankratius geweiht; sie ist zerstört, und mit ihr die Grabstätte des obigen Heribert, und anderer Adeliger nebst vielen Denkwürdigkeiten verschiedener Glieder des Hauses Wittelsbach. Die Bausteine dienten 1720 zur Ausbesserung der Pfarrkirche in der Stadt, der Altar, ganz altertümlich, wurde in die Freidhofkirche übertragen. So Windisch in seinem Grundbuche von Velburg.

Nun treiben Geister hier ihr Unwesen. Ein altes Weib ging einst Nachts auf der Strasse am Berge nach Hause. Da begegnet ihr ein Wagen mit zwey Rappen, drinnen saß ein Herr. Sie grüßte hinein: »Gelobt sey Jesus Christus!« und sogleich saß sie beym Herrn im Wagen, und ward nicht eher entlassen, als bis sie den heiligen Namen zum zweytenmale ausgesprochen.

Vor vierzig Jahren spielten drey Kinder in der Mittagstunde an der Burg. Da sahen sie einen Wagen mit zwey Pferden, drinnen zwey Fräulein, Alles in der Grösse von Puppen, um das Schloß fahren. Die Kinder liefen nach, die Rößlein zu fangen; sie fuhren aber in den Berg hinein und waren verschwunden.

Das Schloßweiblein kommt zeitweise in die Stadt hinaus und hilft braven Dirnen bey der Arbeit.

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TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. Sagen. Aus der Oberpfalz. Zweyter Theil. Eilftes Buch. Erde. 5. Burgen. 62. Velburg. 1. Die Burg. 1. Die Burg. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-DD4C-3