I. Zauber.

§. 1. Einleitung.

Zaubern ist jene Thätigkeit des Menschen, wo er in Verbindung mit dem Teufel oder bösen Geistern und durch deren Hilfe Erfolge erzielt, welche er auf natürlichem Wege nicht zu erwecken vermöchte. Zauber selbst ist diese in Wirksamkeit getretne Thätigkeit; er wirkt theils schädlich, theils unschädlich, insoferne er den Nächsten an Leib und Gut schädigt oder, wie bey dem Erforschen der Zukunft, nicht nach Aussen gekehrt ist. Der Zweck des zaubernden Handelns ist dabey zwar nicht immer, doch meistens auf Böses gerichtet, wie es schon aus dem Zweyten im Bunde, dem Teufel, sich folgert. Jedenfalls ist die Zauberey Abfall von Gott und somit in ihrer Wurzel Verbrechen.

Ursprünglich waren es die Götter, welche durch[197] Opfer oder Gebete vermittels des Priesters oder der Priesterin vermocht wurden, das Erbetene zu gewähren. Weder Priesterschaft noch Volk übte Zauber als solchen unter Abweisung der göttlichen Hilfe. Erst später, als das Heidentum sank, der Götter gespottet, der Glaube verhöhnt wurde, begann man, selbst den mehr und mehr unmächtigen Göttern die Kunst des Zauberns zuzuschreiben.

So übte selbst Odin die Zauberkunst und lehrte sie seine Priester. Freyr ließ der geliebten aber spröden Gerdr mit Zauber drohen. Brynhildr oder vielmehr Freyja unterwies den Sigurdr im Runenzauber. Nächste Folge davon war, daß auch der Mensch, sich von seinen Göttern wendend und auf andere Kräfte vertrauend, Zauber lernte und übte.

Damit war auch die Achtung vor den Priestern gewichen und im Norden zeigen sich schon statt der Priesterinen fahrende Weiber, welche als kluge Frauen des Zaubers kundig waren.

Als dann das Christentum, welches schon bey seinem Entstehen mit dem Zauber zu kämpfen hatte, in Aufnahme kam, konnte es um so weniger fehlen, daß diese Kunst, als dämonisch verpönt, mit den heidnischen Opfern und Gebräuchen vermengt wurde.

Die Anschauung unseres Volkes über Zauber entspricht obigen Sätzen. Der Teufel hat seinen Schülern diese Kunst eröffnet und es ist dafür billig, daß sie seine Diener sind.

Wir finden heute noch dieselben Arten des Zauberns [198] wie im Altertume, so den Sudzauber, das Zweigbrechen, den Runenzauber durch Einschneiden gewisser Buchstaben, das Verwandeln der Menschen, Sich fest und unsichtbar machen, aus der Ferne auf den Leib der Menschen wirken. Doch wird keine dieser Arten mit einem besondern Ausdrucke mehr bezeichnet.

Nur das Wort »Galsterer« habe ich vernommen: »der schreyt wie ein Galsterer« – und »galstern« für: in dessen Weise schreyen; es ist das ahd. Kalstarari, Zauberer oder incantator, der die Zauberworte singt: im Nordischen ist galdra = zaubern von gala = singen abgeleitet. Vielleicht gehört unser: »beschreyen, berufen, vermälen« auch hieher; wenigstens entspricht der Ausdruck genau der Bedeutung von: incantare.

Hinter Bleystein auf dem Stangenberge hauste eine Zauberin, es ist noch nicht lange, welche weithin für die Umgegend als Autorität galt. Sie hatte in der Kammer einen Luftgeist, mit dem sie unverständliche Worte murmelte, so sie den Leuten die Zukunft enthüllen oder sonst Hilfe in Anliegen, besonders bey Diebstählen und Krankheiten, gewähren wollte. – Wer nämlich den Namen eines Geistes weiß, hat die Macht über ihn und kann ihn zum Dienste zwingen. Waldkirch.

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TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. Sagen. Aus der Oberpfalz. Dritter Theil. Dreyzehntes Buch. Hölle. Dritter Abschnitt. 1. Zauber. 1. Einleitung. 1. Einleitung. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-DD8A-6