§. 14. Kaiser Karl bey Nürnberg.

Unter einem kleinen Sandhügel bey Schnigling, zwischen Nürnberg und Fürth, sitzt Kaiser Karl. Eine Sandgrube bildet den Eingang zu ihm. Auf der Burg zu Nürnberg ist aber ein tiefer Brunnen, ganz unergründlich. Unten an Grunde öffnet sich in der Walburgisnacht das eiserne Thor und Kaiser Karl kommt von Schnigling durch den unterirdischen Gang hieher, um seine Rosse zu tränken. Ein Verbrecher, der sich als Lohn das Leben bedungen, war in der Nacht hinabgestiegen und hatte es gesehen und dem hohen Rathe berichtet.


Vorstehendes mag zureichen um zu beweisen, daß auch in dieser Richtung die oberpf. Sage reich fliesse. Es steht zu erwarten, daß damit der Kreis noch keineswegs geschlossen, daß vielmehr am untern Böhmerwalde, um Arber, Ossa und Rachel, dann jenseits in Böhmen, [358] besonders um den Skarman, noch mancher werthvolle Fund zu gewinnen seyn möchte. Die Gefahrdrohende Gegenwart ergreift das Volk mit schweren Ahnungen und die alte Sage tritt verjüngt vor den düstern Blick mit dem Troste, daß der AhnenGeister sich schon rüsten in den Bergen, um ausziehen und den mit ihrem Blute erstrittenen Boden des heiligen deutschen Reiches den Enkeln zu vertheidigen, welche, wie in den Tagen Armins, von Eifersucht und Zwietracht getrieben, lieber sich gegenseitig befeinden als zusammengehen möchten gegen den Erbfeind, der schon vor den Thoren lärmt.

Ich kann nicht umhin, ein Beyspiel anzuführen, wie die Sage neu belebt im Volke wirkt. Im Schosse des Dillenberges an der böhmischen Gränze liegt eine alte Stadt begraben; noch sieht man im Walde die Spur der Strasse, welche von Bärnau über den Poppenreuter Berg zur Stadt Dilln führte und ein Bächlein läuft über den Dillnberg, das aus der unterirdischen Stadt kommt und gute Granaten führt. Dort zeigt sich auch eine weisse Frau, Glocken tönen aus der Tiefe, ungeheuere Schätze liegen da geborgen, und Menschen, welche in die Stadt kamen, können nicht genug rühmen deren Grösse und Pracht und die Menge der Leute, die da hausen, in rothen Mänteln, mit langen Haaren. Schon früher gerieth ein Fuhrmann, der von Neualbenreut sein Getraide nach Mähring führen wollte, unversehens in die verwunschene Stadt und wurde für seine Ladung gut bezahlt. In neuester Zeit nun soll beym Schmid von Neualbenreut ein fremder alter Soldat [359] angefragt haben, bis wann er ihm einen Napf Hufnägel liefern könne. Zur bestimmten Stunde stellte er sich wieder ein und bat den Schmid, mit den Nägeln und seinem Beschlagzeuge ihm zu folgen. Sie kamen in den Dillenberg. Der Soldat klopfte an einen Stein und das Thor that sich auf. Da sagte der Soldat zum Schmid: »Magst du sehen was immer, schweige still, rede nichts!« So gingen sie immer fort hinein und gelangten in eine grosse Stadt und darin zu einem weiten Gebäude, in dem es von Soldaten wimmelte. Der Schmid wurde zu den Ställen geführt, wo viele, viele Soldaten in langer Reihe standen: hinter sich hatten sie die Rosse. Und ein grosser schöner Herr, mit wallendem Helmbuche, trat heran und Alle neigten sich vor ihm und er sprach zum Schmid: »Beschlage die Rosse, rühre mir aber an keinem Soldaten, du sollst der Mühe belohnt werden.« Der Schmid gehorchte schweigend und beschlug ein Roß um das andere, und so er eines besorgt hatte, führte es der Soldat in den Stall. Als er nun mit seiner Arbeit zu Ende war, kam wieder der hohe Herr und beschenkte ihn mit drey Goldstücken, und der alte Soldat führte ihn hinaus vor den Berg an eine Stelle, wo man Neualbenreut sehen konnte, und ging dann in den Berg zurück. Der Schmid war aber acht Tage aus gewesen und seine Leute voll Angst um ihn. Und Niemand kannte das Gold, bis in Waldsassen Einer aus einem alten Münzenbuche ersab, daß es über tausend Jahre alt seyn müsse. Es hatte einen Werth von sechzig Gulden.

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TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. Sagen. Aus der Oberpfalz. Dritter Theil. Fünfzehntes Buch. Ende der Welt. 14. Kaiser Karl bey Nürnberg. 14. Kaiser Karl bey Nürnberg. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-DDB9-B