2. Spruch beym Schenken und Abdanken zu Ammerthal.

Ich habe ein paar Worte vorzubringen: wann mir eines sollte neben hin fallen, so hoffe ich, es wird kein Mensch zugegen seyn, der es mir aufklauben oder in Uebel nehmen wird.

[102] 1.

Dank sigt der Herr Hochzeiter und die Jungfrau Hochzeiterin gegen Vater und Mutter, gegen Bruder und Schwester, gegen Schwehrn und Schwiger, gegen alle benachbarte Freunde, die hier versammelt sind, daß sie so weiten Weg hergegangen sind und haben ihnen den christlichen Kirchengang helfen schmücken und zieren und helfen bitten:


Erstens um einen guten Anfang,

Zweytens um ein besseres Mittel,

Drittens um ein seliges End'.


Es sind aber auch beede Brautpersonen dreymal auf öffentlicher Kanzel verkündigt worden und haben ihre Hochzeit vollendet, so wie die Hochzeit zu Kana in Galiläa, wo Jesus und Maria beywohnten.

Es ist ihnen dabey aufgetragen worden, es soll Eines das Andere nicht vergessen, es mag gleich schön oder wüst, krumb oder lahm, arm oder reich seyn, bis sie der Tod von einander scheidet.

2.

Wieder bedankt sich der Herr Wirth gegen die beeden Brautpersonen und gegen allen Hochzeitgästen, wie sie da nur versammelt seyn, sie sollen mit seinem schlechten Koch und Kellner verlieb nehmen; wann er heut oder morgen wieder eine ausrichten oder kochen will, so will er's besser lernen oder besser machen.

3.

Bedanken sich beede Brautpersonen und alle Hochzeistgäst gegen den Herrn Wirth; was das Essen und Trinken anbelangt, da ist kein Mangel daran, ja es ist alles wohl berühmt und köstlich gemacht gewesen, daß mir alle genug zu danken haben.

[103] 4.

Wann sollte vielleicht Einer zu spat zum Essen gekommen seyn, so wird der Herr Hochzeiter ein Solches noch erstatten: es werden noch preberirte Speisen in der Kuchl seyn, eine gebachene Mangldort'n, oder ein eingemachter Flederwisch: auch im Keller ist noch Bier und Wein: ist es kein Wein, so ist es doch ein Branntwein. Ich hoffe, ich werde nicht lügen, es wird alles wahr seyn. Es wird auch der Kellner aufgewartet haben mit einem guten authentischen Trunk, mit einem wohlgeputzten sauberen Geschirr: es glitzen die Deckel wie die Kisten, wenn gleich manchmal ein Muck hat naufgesch ...

5.

Der Brauttisch wird bedeckt werden mit einem schneeweißen Tuch und darauf wird gesetzt werden eine zinnerne Schüssel mit einem silbern Boden.

Schenkt Einer einen Thaler, so wird man ihn loben, schenkt dann Einer zwey, hat man noch ein größer Freud, thut dann Einer vier schenken, so wird man kein solchen Hochzeitgast denken, schenkt dann Einer den Beutel mit sammtn Geld, so wird man kein so Narren gesehen haben in der Welt, hier und auf demButziberg.

6.

Morgen in der Früh ist wieder Alles höflichst eingeladen bey unserm Herrn Bräutigam in seiner Behausung. Der Erste, da kommt, der bekommt eine Wurst, die siebenmal um den Hals langt und den Zipfel ins Maul hineinhenkt.

Dann wird uns in dem lobwürdigen Pfarrgotteshaus eine heilige Messe gelesen werden für dem Herrn Hochzeiter und der Jungfrau Hochzeiterin ihre verstorbene [104] Aeltern und Freundschaft und nach End' der heiligen Messe wollen wir uns wieder einfindig machen bey unserm Herrn Wirth in seiner Behausung.

Da wern wir wieder gastirt werden; wir werden kriegen eine Rindsuppen und einen Gernakumbes und einen Kroniglbosed. Hechten, Karpfen, Birschling und Rothaugen, wann Einer so solchen Speisen ein Liebhaber ist, so kann er ihm selbst Ein fangen.

Wann Einer aber der Andere drunter ist, der noch ein nothwendigen Hunger oder Durst von Nöthen hätte, so hoffe ich, es wird der Herr Wirth gar wohl bestellt seyn; er wird noch haben in seiner Kuchl Rindes und Schweines Fleisch, Henner und Tauben, es derft mir auch nicht Alles glauben: er wird noch haben in seinen Keller zwey bis drey Faß, sowohl mit Bier als mit Wein: ich hoffe, es wird wahr seyn.

Und wann Einer aber der Andere drunter ist, der seinen Weg nicht mehr fahren, aber reiden, aber gehen kann, so hoffe, der Herr Wirth werd einen solchen Hochzeitgast ein gutes Nachtquartier verschaffen, eine schöne Himmelbettstadt, sieben Schuh lang Federn drin, eine alte grobe wirchene Bettziechen und sollt er morgen auf dem Mist oder in dem Feuerzeug liegen, oder unter der Hennasteig hervorkriechen.

Hat der H.H. versprochen, nach dem Schenken wollen wir erst recht saufen, daß Eines von den Andern möcht davon laufen, und auf den Freytag bekommt ein Neder einen Flügel von einen Bimeisen, da können wir damit davon reisen.

[105] Also wünsch Ich der J.H. nochmal viel Glück und Segen: ich wünsch ihr eine Stuben voll Kinder. Das wird ein rechtes Leben: ich wünsch es ihr paar und paar, vielleicht wirds ein rechtes Gschroar.

Im Namen der allerheiligsten Dreyfaltigkeit. Amen.


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TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. 2. Spruch beym Schenken und Abdanken zu Ammerthal. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-E829-7