51. Der heilige Ulrich mit dem Fisch.

Berno vita S. Udalr. in M. Velser opp. p. 617. Khamm Hierarch. Aug. I., 130.


Einmal saß der heilige Ulrich in stiller Zelle des St. Afrastiftes zu Augsburg, vertieft in dem Lesen der heiligen Schriften. Da läutete es an der Pforte des Hauses, und Konrad, des Bischofs lieber Bruder von Konstanz, ward angemeldet. Freudigen Herzens umarmte ihn der Bischof, weil er ihn lange nicht gesehen, und unterhielt sich mit ihm in vertraulichen Gesprächen. Auch wurde ein mäßiges Mahl bereitet, den willkommenen Gast zu erfrischen. Während sie noch bei Tische saßen, kam ein Bote des Herzogs von Bayern, welcher ein Schreiben seines Herrn überbrachte.[48] Der Bischof befahl, den Boten auf's beste zu bewirthen und ließ ihm, im Augenblicke nicht bedenkend, daß Fasttag war, gebratenes Fleisch vorsetzen. Der Bote ließ sich das schmecken, und nahm auch soviel davon mit auf die Reise, als er konnte. Unterwegs aber bedachte er, wie er den frommen Bischof von Augsburg in der guten Meinung und Achtung seines Herzogs herabsetzen sollte. Also begab er sich mit dem noch übrigen Stück von Braten an den Hof und zeigte es seinem gnädigen Herrn mit den Worten: »Sehet doch her, das sind die Fastenspeisen des frommen Ulrich zu Augsburg!« In dem Augenblick aber, da ihm das Wort entfahren hielt er keinen Braten, sondern einen gebratenen Fisch in Händen, also daß er selbst vor Bestürzung kaum seinen Augen traute. Der Herzog aber erkannte wohl das Gottesgericht, wodurch die Ehre des frommen Bischofs gerettet, die Schande des Verläumders aber aufgedeckt worden. Der Diener bereute es jedoch von Herzen, einen Heiligen Gottes gelästert zu haben, und bat den Herzog kniefällig um Verzeihung.

Zum Angedenken an diese Begebenheit wurde der heilige Ulrich allezeit auf Bildwerken mit einem Fischlein in der Hand vorgestellt.


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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Schöppner, Alexander. 51. Der heilige Ulrich mit dem Fisch. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-F186-1