[164] Auf Preußen

Friedrich der Große

Ein Hymnus.


Als ich ein Knabe noch war
Und Friedrichs Thatenruf
Ueber den Erdkreis scholl;
Da weint' ich vor Freude über die Größe des Mannes,
Und die schimmernde Thräne galt für Gesang.
Als ich ein Jüngling ward
Und Friedrichs Thatenruf
Ueber den Erdkreis immer mächtiger scholl!
Da nahm ich ungestüm die goldne Harfe,
Dreinzustürmen Friedrichs Lob.
Doch herunter vom Sonnenberge
Hört ich seiner Barden Gesang.
Hörte Kleist, der für Friedrich
Mit der Harf' ins Blut stürzte;
Hörte Gleim, den Kühnen,
Der des Liedes Feuerpfeil
Wie die Grenade wirft.
Hörte Rammlern, der mit Flakkus Geist
Deutschen Biedersinn einigt.
Auch hört' ich Willamov, der Friedrichs Namen
Im Dithyrambensturme wirbelt.
Dich hört ich auch, o Karschin, deren Gesang
Wie Honig von den Lippen der Natur
Träuft. Da verstummt' ich,
Und mein Verstummen galt für Gesang.
Aber soll ich immer verstummen?
Soll der Bewundrung und der Liebe Wogendrang
Den Busen mir sprengen? Nein, ich wag's!
Ergreife die Harf' und singe Friedrichs Lob.
Von meines Berges Donnerhöhe
Ström' auf gesteinten Rücken hinunter
Du, meines Hymnus Feuerstrom!
[165]
Er stäub' und donnr' im Thale,
Meines Hymnus Feuerstrom,
Daß es hören die Völker umher!
Auf schwerer Prüfungen Nachtpfad
Führte die Vorsicht den Helden,
Eh' er drang in der Größe Heiligthum.
Sah er nicht träufen das Schwert
Von Catt, seines Freundes, Blute?
Sah er nicht blinken das Schwert
Auf seinen eignen Nacken?
Muthig und furchtlos blieb Er; denn Furcht
Kannt' er schon als Jüngling nicht.
In der Muse keuscher Umarmung
Uebt er sich zu tragen den goldenen Scepter.
Schon flammt' auf seinem Haupte das Königsdiadem.
Wie der wolkensammelnde Zeus
Saß er auf dem Thron und schüttelte Blitze.
Da floh die Dummheit und der Unsinn
Und Barbarei die Nachtgefährtin.
Er selbst war das Urbild der Weisen;
Riß dir, Machiavell, die Larve vom Antlitz,
Und predigte Fürsten die Herrscherkunst.
Die Geister seiner Ahnen stiegen aus der Gruft!
Mit des Meisters Pinsel zeichnet er sie.
Sang hohe Gesäng' in die Lyra,
Und spielte die Flöte Apolls.
Wie aus der Urnacht Tiefe,
Von Gott gerufen, Sonnen flockten;
So stiegen Weise und Künstler empor,
Und der Städte Fürstin ward Berlin.
Von Friedrichs Schwert berührt
Erstickt das Schlangenungeheuer die Schikane
Im ausgesprudelten Giftschaum;
Und des Bettlers und Prinzen Recht
Wurde von Friedrichs Hand
Auf gleicher Schale gewogen.
Hektor, Achill, und Cäsar und Julian,
[166]
Der Vorwelt und der Afterwelt Helden,
Staunten, als sein Kriegerruf hinabdonnerte
In des Todes Schattengefild.
Furchtbar bildet' er sein Heer.
Erfand nicht Friedrich jenen Knäul,
Der plötzlich aufgerollt,
Größere Heer' in den Staub wirft?
Fünfmal donnerte Friedrich Wodan,
Und sein war Silesia, seiner Krone
Köstlichstes Gestein.
Seiner Größe Sonnenpunkt kam.
Habspurgs Adler schwebt schreckbar über ihm.
Er dürstete Friedrichs Blut.
Moskoviens Bär mit eisbehangnen Haaren
Dürstete Friedrichs Blut.
Gallia schwung die lichtweiße Lilie,
Sie zu tauchen in Friedrichs Blut.
Selbst Wasa's Enkel,
Und Germania's mächtigste Fürsten und Städte
Zuckten die Schwerter, ins Schlachtthal zu gießen
Friedrich Wodans Blut.
Er aber, der Einzige! warf
Die erzene Brust entgegen
Der todtschnaubenden Feindesschaar.
Achtete ihrer schreckbaren Menge,
Ihrer Rosse, wie Heuschreckenschwarm,
Ihrer zuckenden Lanzen,
Und ihrer metallnen Donnerschlünde nicht.
Sieben Jahre flog er
Wie der Rachestrahl Gottes im Wettergewölk
Unter seiner Feinde
Schwarzen Schaaren umher.
Blut und Hirn und Mark floß
Und spritzt' an seines Rosses Schenkel,
Leichen dampften und Grabhügel
Thürmten wie Berge sich.
In Riesengestalt trat einher der Würgegeist
[167]
Von Wuthgebrüll und Sterbgewinsel begleitet.
Zwanzig schreckliche Schlachten wurden geschlagen:
Oft schien das Schicksal an Friedrichs Thron zu rütteln,
Und den Goldsitz zu werfen in Staub.
Der Rauch von Friedrichs festen Städten
Wirbelte mit dem Jammergeächz'
Der Säuglinge, der Greise,
Der Schwangern, der Kranken gen Himmel,
Daß Engel ihr Antlitz bargen und traurten.
Auch fielen der Helden Friedrichs viel.
Schwerin und Keith und Kleist und Winterfeld,
Und im Entfliehen aus ihren Leibern
Kümmerten sich noch die Geister der Tapfern
Um Friedrichs Heil.
Aber der Held stand mit der Rache gezücktem Schwert,
Stand im Geschützdonner, im Säbelgeklirr;
Achtete nicht des bäumenden Rosses Hufschlag;
Nicht des Hochverraths Drachenbild,
Nicht des zaudernden Bundesgenossen,
Nicht der Acht, die ihn
Des Fanatismus Höllenwuth Preis gab,
Ja, so stand er sieben Jahre im Feld des Todes,
Hehr und frei, und groß, wie ein Gott.
Es staunten die Völker. Der Helden Geister
Nickten ihm Beifall vom Wipfel der Eichen.
Ringsum wichen von ihm die Schaaren der Hasser,
Und so stand er in seiner Heldenhoheit
Allein da!
Auf Hubertusburgs Zinne
Trat der Gerichtsengel und sprach:
Es ist genug!
– Die Donner verstummten.
Friedrich zog in seine Königsburg
Und lenkt' dem Triumph aus.
Groß und glücklich zu machen sein Volk,
War Friedrichs erhabner Gedanke.
In des Landes Wunde träuft' er Balsam.
Palläste stiegen aus Brandstätten empor.
[168]
Dem Landmann gab er weisen Unterricht;
Die Musen sonnten sich wieder in Friedrichs Strahl,
Er selbst war noch immer ihr Liebling.
»Liebt euer Vaterland!
Sprecht eure Heldensprache stark und rein!
Schlürft aus der Krystallquelle,
Draus Griechenland und Latium geschlürft!
Macht durchs Geäffe weicher Auslandssitte
Erzne Knochen nicht zu Marzipan!«
Sprach er zum Biedervolke seines Reichs.
Doch nie legt' er Europens Wagschal'
Aus der Rechte. Der Gauen des Helden
Wurden ohne Schwertschlag immer mehr.
Weit hinaus in jedes Labyrinth,
Von der schlausten Staatskunst geflochten,
Sah seines hohen Auges Wetterstrahl.
Merkbar war das Wehen seines Odems
In jeder großen That der Welt.
Er wog im Verborgnen die Rechte der Fürsten.
Auch hängt er furchtlos die Wagschal' ans Schwert.
Da drängten sich Teutoniens Fürsten
In Friedrichs Felsenburg, wo der Riese
Sinnt auf dem eisernen Lager.
Sie boten ihm die Hand und nannten ihn
Den Schützer ihrer grauen Rechte, sprachen:
»Sei unser Führer, Friedrich Herrmann
Er wollt's. Da ward der deutsche Bund.
Aber immer grauer wird deine Locke,
Einziger, nie ausgesungner Mann!
Dein Haupt nickt unter deiner Thaten Gebirglast.
Bald wirst du liegen in deiner Väter Gruft,
Und der Unsterblichkeit Ruh' wird über dir säuseln.
Voran sind schon deiner Helden viele gegangen:
Dessau, Schwerin und Winterfeld,
Und Keith, und Kleist, und Seidliz, und Ziethen,
Harren deiner im Tempel der Größe.
Stark kämpftest du den Kampf des Lebens;
Stark wirst du kämpfen den Kampf des Todes.
[169]
Deinen Herrschergeist gab dir Gott,
Erhalten wird dir Gott
Diesen Herrschergeist.
Huldlächelnd wird Er deiner Seele sagen:
»Du schwurst im Drange der größten Gefahr,
Als König zu denken, zu leben, zu sterben!
Und Wort hast du gehalten.
Man bring' ihm die Krone,
Die leuchtender strahlt,
Als alle Kronen der Erde!
Denn Friedrich, meines Lieblings Geist,
Ist's werth, ewig Kronen zu tragen.«

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Schubart, Christian Friedrich Daniel. Gedichte. Gedichte. Politisches und Zeitgeschichtliches. Auf Preußen. Friedrich der Große. Friedrich der Große. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-0112-A