Oetingers Todtenmal

Wandrer, steh!
Oetingers Aussaat
Schwillt hier zur Auferstehung.
Im Urlicht flammt sein Geist.
Ihn,
Den Schauer göttlicher Geheimnisse
Im Reiche der Natur
Und der Gnade;
Den Schreiber tiefen Sinns,
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Den sanften Prediger der strengen Wahrheit,
Das Vorbild jeder Lehre
Kennen nur wenig Edle.
Seine Gottesverehrung,
Jesusliebe,
Geistesglut,
Duldung gegen Irrende,
Bei aller Strenge gegen das Irrsal,
Seinen allumfassenden Brudersinn,
Die Kindereinfalt bei der Vielfalt großer Kenntnisse,
Demuth beim Gefühl seiner Christengröße
Kennen Christus und Engel allein.
Was er im Nachtthal glaubte,
Das schaut er nun auf Sions
Sonnenberg,
Und predigt im Geist,
Was er gepredigt im Fleisch.
Wandrer, geh!
Lern ihn verstehen;
Dann folg' ihm.
Bei Luther, Arndt, Bengel,
Im Strahlenheer
Der Erstlinge Christus
Findst du ihn wieder.
Kindlein, die er weidete mit treuem Stabe,
Weinet nicht!
Oetinger, euer Vater und Hirt,
Erwacht am Tage der rufenden Schnitter
Und des Christus-Triumphs,
Um ewig zu strahlen
In der erkämpften Krone.
Halleluja!
Kindlein! weinet nicht!

(Starb den 11. Februar 1782 im 82. Jahre.)


Notes
Entstanden 1782. Erstdruck nicht ermittelt.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Schubart, Christian Friedrich Daniel. Oetingers Todtenmal. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-0355-6