Frage

Warum ist mir das Morgenroth
So blutgestreift? die Welt so todt?
Warum strahlt mir das Sonnenlicht
Oft so beschwerlich ins Gesicht?
Und warum weint die Wolke mir?
Was trau'rt der Linde Blütenzier?
Die Lüfte wimmern: jedes Bild
Ist mir in Trauerflor gehüllt!
Der Thau, beglänzt vom Sonnenschein,
Däucht mir, vom Schmerz geweint zu sein,
Die Wohlgerüche in der Luft
Umschwimmen mich, wie Gräberduft;
Die lieben Blümlein allzumal
Sind mir versengt vom Sonnenstrahl.
Der Vogel aus der Luft herab
Tönt mir, wie Sterbgesang am Grab;
Und alles, alles um mich her
Scheint kummervoll und thränenschwer.
Die Farben grün und weiß und roth,
Sind abgestanden, schwarz und todt.
Die Menschen, deren Trost ich such',
Sind Geister, die im Leichentuch
Mich ansehn bleich, und furchtbarstumm.
Du guter Gott! warum, warum?
Hast du der ganzen Erde Pracht
Zu einem Todtenschlund gemacht?
Ach nein! die Welt ist noch, wie vor,
Nur dem, der, Freiheit! dich verlor,
[73]
Ist diese Welt, so schön gemacht,
Ein Todtenschlund voll Fluch und Nacht;
Wo alles heult, den Schädel schlägt,
Verzweiflung brüllt, und Ketten trägt!
O Gott im Himmel, mach' mich frei
Aus dieser Höllentäuscherei!

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Schubart, Christian Friedrich Daniel. Gedichte. Gedichte. Zu Schubarts Leben. Frage. Frage. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-038D-A