[40] 18.

O wie vereinet sich Scherz mit Ernst bei meiner Geliebten,
Wie mit den Sitten der Welt tiefer, romantischer Sinn!
Jetzt erheitert mit fröhlichem Witz sie den glänzenden Cirkel,
Und jetzt schwärmt sie mit mir über die Erde hinaus.
Gleich dem Chamäleon wandelt ihr Geist sich in jegliche Form um,
Und in jeglicher Form reizt und entzücket ihr Geist.
Jüngst durchschwärmt' ich mit ihr Ariostos göttliche Dichtung,
Und wir entschwanden der Welt, irrten durch Wunder dahin.
Fröhlich ergriff mich des bunten Gewirrs fantastischer Zauber,
Und mit glühendem Blick rief ich im Taumel des Wahns:
Liebchen, o blühete doch noch jetzt die begeisternde Zeit uns,
Wo nur Mühe den Lohn, Liebe nur Liebe gewann,
Wo sich im Wort nicht blos ausprägte des Herzens Empfindung,
Wo auch kräftig die That bürgte für's innre Gefühl.
Ha, dann stürzt' ich für dich zum Kampf beim schmetternden Schlachtruf,
Siegt' in jeglichem Kampf, holde Geliebte, für dich,
Denn hoch weht', an den Speer mir geknüpft, muthwinkend die Farbe,
Die du mir gabst, dein Blick schenkte mir eiserne Kraft.
Ha, dann sträubt' ich mich nicht durch Libyas Wüste zu wandern,
Tappte durch Klüfte, die nie Strahlen des Tages gesehn,
Wollte durch's Meer, durch's stürmische Meer hinschwimmen, ein Blümchen
Dir zu brechen, das fern schmückte den feindlichen Strand.
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Doch dann lohnt' auch selige Ruh' die beständige Treue,
Und nicht bliebe der Lohn zärtlicher Minne mir aus.
Friedlich wallten wir dann durch blühende Fluren und spannten,
Wo es der Laune Gebot wollte, das schattige Zelt,
Wohnten auf duftigen Wiesen, wo süß rings wärmerer Lufthauch
Säuselt', und ewiges Blau schmückte den himmlischen Dom.
Lieder dichtet' ich dann voll Lieb' und schüchterner Sehnsucht,
Schmelzend sänge des Hains Muse die Weisen dazu.
Oft auch raubt' ich mit leiser Gewalt dir bebend ein Küßchen,
Und du drohetest zwar, aber doch zürntest du nie.
Doch das ist jetzt Alles vorbei; mit eisernen Banden
Hält uns die Welt, und der Wahn kürzte die Schwingen uns ab.
Also rief ich entflammt. Sie lächelte. Wahrlich, in Manchas
Luft nur, wähnet' ich sonst, könn' ein Ouixote gedeihn;
Sprich, wie zeugte der kältere Nord und der ewigen Haiden
Unfruchtbares Gefild solch ein romantisches Herz?
Nun so kniee denn nieder, mein Amadis, wenn es dir Ernst ist,
Daß ich zum Ritter dich mir weihe nach altem Gebrauch.
Also rief sie mit scherzendem Ton. Ich sank ihr zu Füßen;
Lächerlich schien mir das Spiel, aber bedeutend zugleich.
Großes verlang' ich von dir, so sprach sie mit ernsterer Stimme,
Großes verlang' ich von dir, prüfe dich wacker, mein Freund.
Nicht heischt Müh' und Gefahr mein Dienst, nicht blutige Kämpfe,
Ehrsucht peinigte nie dieses zufriedene Herz;
Keine beleidigte Fee verfolgt in mir die Rivalin,
Nimmer, so viel ich erfuhr, fand mich ein Zauberer schön.
Du nur bist mein einziger Feind; dich selber bekämpfe,
Banne mit tapferem Muth siegend den flüchtigen Sinn,
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Banne des Mißtrauns Schlang' aus der Brust und der Eifersucht Lindwurm,
Und zum ewigen Dienst gieb mir gefangen dein Herz.
Also rief sie. Das große Gelübd schon wollt' ich beginnen,
Aber ein langer Kuß schloß mir behende den Mund.
Listige, weißt du vielleicht, daß der Liebenden Schwüre nur Schaum sind?
Sagt dir dein Inneres wohl: Selten ist Treue wie Gold!
Jetzt entriß sie ein seidenes Band dem Kleide; noch glühte
Schmeichelnd der wallenden Brust üppiges Feuer darauf.
Küssend weihete sie's und schlang mit flüchtigen Fingern
Um des enthülleten Arms zitternde Nerven es fest.
Nimm dies, rief sie mir feyerlich zu, holdseliges Lächeln
Füllte den schwärmenden Blick, leise nur lauschte der Scherz
Hinter der Rührung Thränen hervor; nimm dieses, und ewig
Weihe dies magische Band meinen Geboten dein Herz.
Oft schon hast du mir Treue gelobt, doch deine Gelübde
Brachst du noch stets, und stets rächt' ich mich fröhlich dafür!
Jetzt sey Sünd' und Strafe vorbei; ausdauernde Liebe
Wohne bei dir, bei mir weiche die Rache der Huld.
Also sprach sie und hob mich empor, und trunken enteilt' ich,
Und erinnernd des Schwurs drohte sie lächelnd mir nach.
Schlaue, wie kennst du die Schwächen so gut der bethörten Empfindung,
Was mich besiegt und rührt hast du noch nimmer verfehlt,
Doch dein Reich ist nur der Moment, und der taumelnde Rausch flieht
Schnell den beweglichen Geist, wittert er kältere Luft.
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Fern zwar bin von dir sechs traurige Monden, doch standhaft
Halt' ich das große Gelübd, brichst du nicht selbst es zuerst;
Duldsam zeigten die Ritter sich stets, doch nimmer gefühllos;
Bist du Angelika, schnell folg' ich dem Englischen Pair.

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TextGrid Repository (2012). Schulze, Ernst. Gedichte. Elegieen. 18. [O wie vereinet sich Scherz mit Ernst bei meiner Geliebten]. 18. [O wie vereinet sich Scherz mit Ernst bei meiner Geliebten]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-04F7-1