2.

Motto.


Süße Liebe denkt in Tönen,

Denn Gedanken stehn zu fern;

Nur in Tönen mag sie gern

Alles, was sie will, verschönen.

Tieck.


Ach, wie sind so manche Glossen
Auf dies Thema schon gemacht!
Doch der Liebe nur zum Possen
Scheinen sie mir ausgedacht.
Dem Verstande nicht zu fröhnen,
Klingeln sie in Tönen fort,
Und von keiner gilt das Wort:
Süße Liebe denkt in Tönen.
[115]
Wer am Blick der Liebsten hängt,
Wird die Wahrheit besser inne;
Nichts ist, was er nicht erdenkt,
Daß er ihre Hand gewinne.
Nur wenn jeder Hoffnungsstern
Ihm erlischt in dunkeln Räumen,
Kann er schweigen nur und träumen,
Denn Gedanken stehn zu fern.
Ach, dies mußt' ich längst erfahren!
Dient' ich um den süßen Sold
Treu ihr auch seit manchen Jahren,
Nimmer ward ihr Herz mir hold.
In des Wohllauts Reich zu wohnen,
Freut sie sich, dem Leben fern.
Ahnen, träumen, lieben, lohnen
Nur in Tönen mag sie gern.
Doch versteht ihr holdes Lied
Mächtig auch das Herz zu binden.
Der kann nie die Kunst ergründen,
Wer das warme Leben flieht.
Nur dem irdisch süßen Sehnen
Knüpft das himmlische sich an,
Und die reiche Liebe kann
Alles, was sie will, verschönen.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Schulze, Ernst. 2. [Ach, wie sind so manche Glossen]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-0558-E