[141] Am 10ten Februar 1816

1.
Nichts wollt' ich mehr verlangen, nichts mehr flehen,
Dürft' ich mit dir, in sel'ger Gluth entbrannt,
Von deinem Arm mit leisem Druck umspannt,
Nur einmal mich im raschen Tanze drehen,
Und süß umhaucht von deines Mundes Wehen,
Und Blick auf Blick in trunkner Lust gewandt,
Mich, den ich nie in deinem Herzen fand,
Ach, einmal nur in deinem Auge sehen!
Doch hält mich längst von jenem einz'gen Glück,
Das gern vielleicht dein strenger Sinn gewährte,
Ein ernster Schwur, den ich mir that, zurück;
Und wenn auch einst die Sehnsucht mich bethörte,
Nah wärst du mir den kurzen Augenblick,
Doch ich dir fern, weil ich mich selbst nicht ehrte.
[142] 2.
Ihr bunten Au'n, ihr Quellen und ihr Höhn,
Ihr Thäler und ihr dunkeln Laubenhallen,
Wo's ihr zu ruhn, zu wandeln einst gefallen,
Nie mag die Spur der Schönen euch vergehn!
Euch, Wiesen, soll ein rein'rer Duft umwehn,
Ihr Wälder sollt von holdern Liedern schallen,
Mit kühlerm Trank, ihr klaren Bäche, wallen,
Und grünender, ihr stolzen Berge, stehn.
Daß, wenn bey euch des langen Pfads Beschwerde
Im süßen Schlaf der Wandrer überwunden,
Beym Scheiden so sein segnend Wort euch dankt:
Du sel'ge Flur des Friedens, heil'ge Erde,
Fast ist mir hier der Heimath Bild verschwunden,
Die Alles hegt, wonach mein Herz verlangt.

License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Schulze, Ernst. Am 10ten Februar 1816. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-0672-A