115


Was ich dir vormals schrieb, falsch muß ich's nennen:
»Nie könnt' ich wärmer lieben dich als heut.«
Denn wie die Glut je heller sollte brennen,
Sah da mein Urteil keine Möglichkeit.
Und doch: wenn Zeit und Zufall tausendfältig
Gelübde lockert, fest Zwecke lähmt,
Geweihte Schönheit schwärzt, der Fürsten Rat gewältigt,
Dem Ungefähr die Störrigsten bequemt:
Ach! durft' ich da, bang vor der Zeiten Hand,
Nicht sagen: »Jetzt lieb' ich am meisten ihn.«
Als ich gewiß war über Unbestand,
Das Heut ergriff, weil Morgen dunkel schien?
Lieb' ist ein Kind, das fort und fortgedeiht;
Zu vollem Wachstum ließ mein Wort ihm Zeit.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Shakespeare, William. Poetische Werke. Sonette. 115. 115. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-0C64-F