Finale

»Aus tiefsten Nächten dämmern neue Morgenröten«


Wie Siegesjauchzen ist es, das
Jahrtausende verrauschend weiterwerfen.
Die Berge donnern.
An den Eisenklammern
Rüttelt Prometheus,
[176]
Rüttelt, rüttelt,
Sie rucken – springen –
Ein Erlösungsschrei
Gellt über die Welten hin.
Doch er
Schüttelt die Glieder, die lang entwöhnten,
Reckt die Arme, die lang gelähmten,
Schreitet hinab,
Ein Sturzbach, den der Tauwind losgeküßt –
Vom Kaukasus hinab zu seinen Menschen.
Festglocken dröhnen,
Sonnentrunkne Reigen
Flattern um ihn, dionysisch verschlungen,
Weinlaubumkränzt:
»Prometheus!
Gott des Lichts!
Heil dem Erlösten, der die Welt erlöst!«
An seinen Armen glühn die Eisenstriemen
In roten Flammen auf.
Und dann –
Plötzlich ist er's nicht mehr:
An den Händen klaffen
Braune Wundenmale wie von Kreuzesnägeln,
Blutige Schmerzensmale. –
Doch aus den Augen bricht ein goldner Strom
Von Morgenlicht,
Aus tiefen Balduraugen ...
Baldur-Prometheus-Christus –
Heiliges Leben
[177]
In Licht, in Schönheit,
Nie sterbender Götterrausch
Glühendster Trunkenheit! ...
Nur fühlen, atmen, schwelgen. Seligstes
Nirwana und
Aus tausend Himmeln tausend Morgensonnen.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Stadler, Ernst. Gedichte. Verstreute Gedichte aus den Jahren 1902 bis 1904. Baldur. Finale. Finale. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-1461-0