Einer Toten

1.

Du glaubtest nicht an frohe Tage mehr,
Verjährtes Leid ließ nimmer dich genesen;
Die Mutterfreude war für dich zu schwer,
Das Leben war dir gar zu hart gewesen. –
Er saß bei dir in letzter Liebespflicht;
Noch eine Nacht, noch eine war gegeben!
Auch die verrann; dann kam das Morgenlicht.
»Mein guter Mann, wie gerne wollt ich leben!«
Er hörte still die sanften Worte an,
Wie sie sein Ohr in bangen Pausen trafen:
»Sorg für das Kind – ich sterbe, süßer Mann.«
Dann halb verständlich noch: »Nun will ich schlafen.«
Und dann nichts mehr; – du wurdest nimmer wach,
Dein Auge brach, die Welt ward immer trüber;
Der Atem Gottes wehte durchs Gemach,
Dein Kind schrie auf, und dann warst du hinüber.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Storm, Theodor. Gedichte. Gedichte (Ausgabe 1885). Erstes Buch. Einer Toten. 1. [Du glaubtest nicht an frohe Tage mehr]. 1. [Du glaubtest nicht an frohe Tage mehr]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-1BA2-A