Crecy

Romanzen nach altenglischer Balladenweise

Seinem geliebten Vater zum Geburtstage

vom Verfasser

Zueignung

Wenn sich die Klänge fassen tiefgewaltig,
Im Schlachtendonner himmelanwärts streben,
Und Heldenbilder mächtig, traumgestaltig,
Aus tiefer Nacht die rost'gen Klingen heben,
Da zieht durchs Herz leishauchend, liederhaltig,
Ein tief geheimnisvolles Zauberleben,
Da treibt mich's auf, der Helden Wert zu singen,
Der Schlacht Getos und zartes Minnedringen.
Nimm denn der Harfe mutig Kind zur Gabe,
Du! dem ich weihte meine ersten Träume,
Du Vater, dem der liederfrohe Knabe
So oft gerauscht des Herzens Wellenschäume,
Es ist das Lied des Sängers beste Habe,
Dein sei die Blüte meiner Lenzesbäume,
Dein sei des Kampfes und des Friedens Weise,
Dein sei das Gold im blauen Liedergleise.

[215] Der schwarze Prinz

Motto:


Denn ewig bleibt es wahr: französisch Blut

Und englisch kann sich redlich nie vermischen.

Schillers Johanna d'Arc


Wohl kann ich nicht stürmend mit bloßem Schwert
Aufdonnern im Kampfesflug,
Doch kann ich singen der Helden Wert
Im wirbelnden Windeszug.
Doch will ich spotten dem Minnedank
Im brausenden Liedergeroll,
Doch will ich singen und sagen frank,
Wie das mutige Herz mir schwoll.

[216] Der schwarze Prinz

Herr Eduard war's von Engelland,
Ein Ritter, kühn und gut,
Der hat ein Söhnlein, keck und schlank,
Ein rasches Heldenblut.
Es sprach der Herr zum Sohne sein:
»Du Junker frank, hab' acht!
Ich will dir geben Land und Burg
Und reisige Heeresmacht.«
»Ich will dir geben ein Mägdlein lieb,
Recht rosig rot und mild,
Ich will dir geben ein gutes Schwert
Und ein schnaubendes Rotroß wild.«
»Ich will dir geben ein Sammetkleid,
Von Purpur und Golde blank,
Ich will dir geben den Helmbusch weiß
Und die funkelnde Lanze schlank.«
»Laßt Land und Leut' und Burg und Schloß,
Gebt Panzer mir und Schwert,
Da will ich sitzen auf gutem Roß,
Ein reisiger Ritter wert.«
»Zum Bräutlein gebt mir Altengland grün,
Das liebliche Mädchen hold,
Und gebt zum Gewand mir das Panzerhemd
Statt Seide und rotem Gold.«
»Und nehmt mich mit euch übers blaue Meer
Durch tosenden Wogendrang,
Da will ich zerbrechen des Franzmanns Helm
Mit grimmigem Schwertesschwang.«
[217]
»Da will ich zerreißen des Franzmanns Panier,
Will's treten in Schmach und Tod,
Da will ich stampfen die Lilie weiß
Tief in den blutigen Kot.«
»So ziehe zum Meere, du Ritter frank,
Nach Frankreich mit Schwert und Schild.
Und nehme St. Georg dich in feste Hut,
Du wackerer Degen wild.«

[218] Des Prinzen Fahrt

Der Ritter stand im Meergetos
Wohl hoch auf schwankem Mast,
Es heult der Sturm, es schlägt die See
Wild an die Heldenrast.
Im Winde weht der Helmbusch weiß,
Der Panzer blitzt im Strahl,
Wie fliegt des Löwen Auge heiß
Durchs blaue Wogental.
Das Banner rauscht in Sturmesnacht
Nach Frankreich seinen Gruß,
Der Ritter auf der Segelwacht
Steht stolz im Windeskuß.
Da rauscht es dumpf, da klingt's empor
Wohl aus der Tiefe Nacht,
Da schlägt es an des Ritters Ohr
In wundervoller Macht.
Aus tiefem Grund der Feye Mund
Erschallt im Zauberland,
Die Welle ruht, es horcht der Sturm
Den Klängen wundertraut.
»Wir tragen Dich, wir heben Dich,
Du Leu! auf laue Flut,
Wir küssen, wir umschweben Dich
In himmelsblauer Glut.«
»Du bist der Sohn der Meeresfey,
Die Englands Lippe kost;
Drum braust das Meer so hoch und frei,
Das an die Klippe tost.«
[219]
»Du Meereswoge, wild und kalt!
Wie tobst Du raschen Grimms!
Wie schleuderst Du die Schaumesflut
An Englands Felsensims!«
»Wie klammerst Du Dich inniglich
An seines Busens Schnee,
Wie rauschest Du so minniglich,
Du dunkelblaue See.«
»Siehst Du den Löwen flattern hoch,
Der heiß nach Frankreich schaut,
Den Löwen von Britannien,
Den Meeresbuhlen traut?«
»Du Löwenbruder wunderschön!
Dich grüßt der Wogen Lied,
Dir klingt des Sturmes Schlachtgetön,
Der rasche Bogen zieht.«
»Zerreiße Du des Franzmanns Stolz
Mit Deiner Klauen Wucht,
Wir schaukeln Dich im Segelholz
Zur meeresblauen Bucht.«
»Wir schützen Dir Dein England grün
Mit Sturm und Wogennacht,
Du ziehe hin, mein Löwe kühn,
In wetterschneller Macht.«
Der Ritter horcht und staunt und sinnt.
Verklungen ist das Lied,
Da ist die weiße Lilie
In Todesnacht verblüht.

[220] Die Bitte

Es stand am Hügel der alte Leu
Wohl hoch ob Crecys Feld,
Und vor ihm auf blutigem Rasengrün
Der blühende Königsheld.
Es dunkelt der Panzer so nächtlich grimm,
Drum blutiger Helmbusch wallt,
Du Franzmann, hüte die Lilie fein,
Vor des schwarzen Prinzen Gewalt!
»Herr Vater mein, so hoch und stark,
Zur Scheide nur königlich Schwert!
Auf! laßt mich prüfen das Rittermark,
Ihr habt mich's wacker gelehrt.«
»Laßt mich ausfechten des Straußes Zorn
Mit gewappneter Ritterfaust,
Laßt mich ausschlürfen des Sieges Born,
Der schäumend aus Herzen braust.«
Da hallt es wie schmetternder Todesruf,
Da blitzt es in Berg und Schlucht,
Da rasselt's heran mit des Donners Huf
Und rasselnder Hiebeswucht.
»Ha, siehst Du sie ziehen, die Franken stolz,
In ungemessener Zahl?
Willst führen mit tausend Rittern Dein
Den dampfenden Würgerstahl?«
»Erringen will ich den goldenen Sporn,
Und gält' es den höllischen Wurm,
Und läg' ich noch heut in dem Herzblut mein
Auf zuckender Leichen Turm.«
Zu Rosse schwang sich der Knabe gut,
Zu Rosse die Ritter all;
Herr Eduard faltet die Panzerhand
Zum rollenden Sonnenball.

[221] Des Prinzen Not und Sieg

Durch Crecys Felder da schritt der Tod,
Da hielt er blutige Mahd,
Da neigte welkend die Lilie sich
Ins purpurne Wellenbad.
Wie rang im Schaume der starke Leu
Im markigen Kampfeszorn,
Wie schwang die Sense der schwarze Prinz
Durchs fränkische Ritterkorn.
Wie wogt so golden die Locke hell
Aus mächtigen Helmessaum,
Wie zieht am Bogen die Sense schnell
Im triefenden Todesschaum.
Da ward zum Purpur das Panzerhemd
In schäumender Farben Glut,
Da dampfte kochend der Helmbusch rot
Vom träufelnden Frankenblut.
Wie tobst Du so mächtig! Du junger Leu!
Halt an Dein stöhnendes Roß,
Willst erfechten Du Dir das Spornes Gold
Als des Todes Waffengenoß?
Sieh hin! wie sie sinken, die Ritter Dein
Um Dich in blutigem Kreis,
Schau hin! wie dampfet von Englands Blut
Die fränkische Erde heiß!
Schau hin, wie den Boden der Bannerherr
Mit stöhnender Lippe preßt!
Ha, wahre Dich, Leu, in des Stromes Macht,
Daß die Kraft Dich nimmer verläßt.
Da stürzte getroffen des Prinzen Tier
In mächtigen Todeswucht,
[222]
Da schoß im Bogen der Heldenstrom
Aus klaffender Helmesbucht.
Und über ihn hin des Franken Tier
Mit stampfendem Hufesrand,
Da lag in grimmiger Todesnot
Die Blume von Engelland!
Da ringt er gewaltig, da hebt er sich hoch,
Zum Banner die Linke greift,
Da läßt er sausen die Klinge gut,
Wie prasselnder Hagel streift.
Da tritt er stolz auf des Rosses Leib,
Des blutigen Helmes bar,
Da schüttelt er wild in des Löwen Zorn
Sein rollendes Löwenhaar.
»Und soll denn brechen mein Königsherz,
So werd' es dem Franken zum Gift!
So will ich zeichnen den Todestag
In purpurner Riesenschrift.«
Und mächtiger tobt er und mäht und würgt
Auf zuckender Blutessaat,
Und mächtig zieht er mit grimmer Wucht
Das flammende Schwertesrad.
Und als die Sonne zur Neige ging,
Da brach die fränkische Macht,
Da hatte geschlagen der schwarze Prinz
Die mutige Siegesschlacht.
Da hatt' er gebrochen den Lilienzweig
Auf blutigem Blumenrevier,
Da trat die Klaue des Britenleu'n
Auf Frankreichs Kriegspanier.

[223] Des Königs Zorn und Lust

Von Norwich war's, der tapf're Graf,
Der saß auf blut'gem Pferd,
Wohl quoll ihm hell aus Brust und Helm
Die Heldenfeuchte wert.
Und als zusammenbrach das Roß
Im letzten Todeskrampf,
Da sank er vor Herrn Edward hin
Im blut'gen Schaumesdampf.
»Herr König auf! Zu Roß! Zu Roß!
Wollt retten Euer Blut!
Seht fechten Euren Heldensproß
In rascher Todeswut.«
»Seht fallen seine Ritter all'
Vertreten und zerfetzt;
Schaut, wie der Frankenlilie Schwert
Die scharfe Klinge wetzt.«
»Schaut, wie er ficht im hellen Zorn,
Das Banner in der Faust,
Herr König, auf! Zu Roß! Zu Roß!
Daß neu das Treffen braust.«
»Ausfechten wollt' er den ersten Strauß,
Der Knabe keck und wild,
So mag er fechten als guter Held
Und sterben auf Englands Schild.«
»Ich rühre nimmer die Klinge mein,
Tut ihm die Worte kund.«
Der König wandte den Rücken stolz
Dem Ritter todeswund.
[224]
Doch als er schaute ins Blutesfeld,
Da ward sein Auge klar,
Da stand im Blute der junge Held
Auf zuckender Leichenschar.
Da hatte geschwelget der Löwe gut
Im purpurnen Schlachtenmahl,
Da schritt als Sieger der schwarze Prinz
Durchs dampfende Blutestal.
Da stieg Herr Edward vom Rosse fein
Aufs Knie in das strömende Rot:
»Hab' Dank, St. Georg, für die Hilfe dein
In würgender Kampfesnot!«

[225] Des Böhmenkönigs Tod

Von Böhmen war's der blinde Held,
Der hielt am Bergessaum,
Es brandet die Schlacht wohl an sein Ohr
Wie blutiger Todestraum.
Er horcht und lauscht dem Kampfesgetos
Wie verklungenem Zauberschall,
Er neigt sich leis von des Sattels Saum
Dem tönenden Widerhall.
»Auf, sag' mir an! Du Knappe brav,
Fliegt Frankreichs Banner im Sturm?
Liegt England nieder im Blute rot,
Der trotzige Meereswurm?«
»Hoch bäumt er auf, Herr König mein,
Die Lilie bleicht im Tod,
Für England ficht ein Ritter schwarz,
Der bringt uns grimmige Not.«
Da hebt sich hoch der Heldengreis
In der Jugend erloschener Kraft,
Aus der Augen Höhlung stumm und tot
Dringt's leuchtend zauberhaft.
Da fährt die Faust an das alte Schwert,
Da Helm und Panzer erklingt,
Da haut er wild in die Nebelluft,
Daß leuchtender Funke springt.
»Soll Frankreich strecken, für das ich focht,
Die blutige Klinge scharf?
Soll singend brüllen der Inselleu,
Der's zornig in Stücke warf?«
»Ha! wäre noch markig der greise Arm,
Noch wuchtig der Schwerterschlag,
[226]
Ich wollte bestehen den Ritter schwarz,
Es wäre sein letzter Tag.«
»Ha! Könnt' ich noch schauen der Sonne Gold,
Noch schauen des Schwertes Strahl,
Ich wollte zerreißen des Löwen Herz
In zuckender Todesqual.«
»Will fechten den letzten Ritterstreit,
Will führen den letzten Hieb,
O! nimm mich auf in die Arme dein,
Du heilige Jungfrau lieb!«
In die Mitte nehmen die Ritter ihn,
Sie koppeln die Rosse all',
Sie sprengen hinunter zum Schlachtgewog'
Vom blutigen Hügelwall.
Da führte der König den letzten Stoß,
Bis alle das Schwert verschlang,
Da führte der König den letzten Streich,
Bis das mutige Herz ihm sprang.

[227] Das Schlachtfeld

Herr Edward ritt durch Crecys Feld
Mit Ritter und mit Graf,
Und neben ihm der schwarze Prinz,
Der stolze Degen brav.
Da sah man stehn in blut'ger Schrift
Des kühnen Siegers Zorn,
Da hatte geleert ob kühner Trift
Der Tod sein Füllehorn.
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TextGrid Repository (2012). Strachwitz, Moritz von. Crecy. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-1FAB-5