528. Goldenstedt.

a.

Als der junge Graf Rudolf von Diepholz auf Abenteuer auszog, kam er an den Hof des Königs von Schweden, wo er unbekannt als Küchenjunge sich verdang, bald aber zu des Königs Kämmerer sich aufschwang. Als er einst bei Verfolgung eines Hirsches sich im Walde verirrt hatte, traf er eine wunderschöne Jungfrau an, die ihm einen kostbaren mit Edelsteinen verzierten Ring schenkte und ihn auf den rechten Weg geleitete. Als er nun einst bei dem König Wache hatte und dieser den glänzenden Stein bemerkte, mußte er ihm seine Herkunft, und wie er zu dem Ringe gekommen, entdecken. Da gab der König dem Jüngling, den er schon vorher lieb gewonnen, seine Tochter Marina zur Gemahlin und eine andere dem Prinzen Primislaus in Pommern, der sich schon länger um sie beworben hatte. Beider Beilager wurde zu Nicoden an einem Tage gefeiert, und Rudolf kehrte mit seiner Gemahlin und mit großen Schätzen in seine Heimat [314] zurück. Seine Untertanen empfingen ihn an der Grenze des Kirchspiels Goldenstedt, wo die Brücke über die Hunte führt. Die Gräfin warf hier eine Menge Goldmünzen unter das Volk, und von dieser Zeit an führt die Brücke den Namen Goldene Brücke, wie das ganze Kirchspiel und der Kirchort den Namen Goldenstedt. (Nach Nieberding, in den Mitt. des Vereins f. Osnabr. Geschichte, III., S. 50.)

(In der Geschichte des Grafen von Diepholz kommt 1219 ein Rudolf von Diepholz vor, der erste in dieser Familie mit dem Vornamen Rudolf. Im Volksmunde lebt ein Graf Rudolf, der etwa 200 Jahre früher regierte und viele wunderbare Abenteuer bestanden haben soll. Auf dem gräflichen Schlosse in Lemförde befand sich früher ein Bild, das ihn folgendermaßen verherrlichte:


Rudolff von Diepholz geborner Graff
Dient in Schweden ans Königs Hoffs
Für einen Küchenjungen ohnbekandt,
Ward des Königs Kämmerling zuhandt.
Drauf er einen Hirsch nachspürt,
Und dadurch in den Wald verirrt,
Trifft an eine Jungfrau lobesam,
Die zeigt ihm die rechte Straß und Bahn.
Und damit künftig solche Ding
Nicht vergessen, gab sie ihm ein Ring,
Versetzet mit Carfunkelstein,
Der gab von sich gar hellen Schein.
Einsmals der König in der Nacht
Des Steins Glantz sah, in Kundschaft bracht,
Woher der Ring und Jüngling geboren,
Darauf ihn Fräwlein Marina erkohren.
Welche von Konig Waldemar
Mit seinem Gemahl Ehelich gezeuget war,
Und ihr Schwester eben der Zeit
Priemsle Herzoge in Pommern gefreyt.
Die beyden Beylager auf einen Tag
Zu Nicoden hernach geschah,
Aus Königs Hoff mit Ritterspiel
Panquet, Thurnier und Frewde viel.

Nach Diepholzer Berichten soll diese Heirat des Rudolf mit der schwedischen Königstochter 1011 geschehen sein. Nieberding, Geschichte des Niederstifts I, 247.)

[315] b.

Im Kirchspiel Goldenstedt in der Lahrer Heide ist eine Stelle, welche den Namen Königsbänke führt. Dort soll früher einmal im Jahre das Münstersche Gericht gehalten worden sein, welches Münster von dem Grafen von Diepholz streitig gemacht wurde. Wenn nun das Gericht gehalten werden sollte, wurde von der Münsterschen Behörde ein Mann, welcher dort gut Bescheid wußte, nach Drebber geschickt und mußte, wenn die Leute aus der Kirche kamen, mit lauter Stimme rufen: »Donnerdag werd dat Münstersche Gericht hollen«. Dann lief er aus allen Kräften fort. Entkam er glücklich, so war die Münstersche Gerichtsbarkeit auf ein Jahr gesichert, und der Graf von Diepholz mußte alle seine Gerechtsame über die streitigen Dörfer auf ein Jahr aufgeben. Aber selten glückte es, denn gewöhnlich wurden, wenn die Zeit herankam, viele auf die Lauer gestellt, und sobald er rief, stürmten sie von allen Seiten auf ihn zu, und konnten sie ihn ergreifen, so bekam er Schläge und wurde ins Gefängnis geworfen, aus welchem ihn die Münsterschen wieder loskaufen mußten. Und dann hatte Diepholz ein Jahr lang Gerichtsbarkeit und Gerechtsame. Um das gefährliche Amt, in Drebber das Gericht auszurufen, meldeten sich jedes Jahr genug, denn wenn es glückte, so gab es eine große Belohnung und Abgabenfreiheit auf ein Jahr.

c.

Am Wege von Goldenstedt nach Vechta liegen die Reste der Arkeburg oder, wie das Volk spricht:Harkeburg. Sie bestehen aus zwei Erdwällen, welche beide eine unregelmäßige Ellipse bilden, und wovon der äußere den inneren einschließt. Der längste Durchmesser des äußeren Walles ist 550 Fuß, der kürzere 410 Fuß, der innere Wall ist bis zu 18, der äußere bis zu 10 Fuß hoch. Die Wälle sind mit zum Teil verschütteten Gräben umgeben. Von der Nordseite des äußeren Walles geht ein aus Wall und Graben bestehender Arm 350 Fuß weit bis an das Thornmoor, ein anderer 600 Fuß langer Arm erstreckt sich nach Süden bis an das Moor. Beide Arme bilden mit dem Hauptwerke einen flachen nach der Westseite gekehrten Bogen. An der Westseite des südlichen Arms liegen eine Menge Urnenhügel. Von der Harkeburg nach der Ottenburg bei Astrup, Ksp. Visbek, führte ehemals ein Damm, zum Teil Blockweg, von welchem man noch Spuren entdeckt haben will. Auf der Harkeburg wohnte ein Ritter Harke, auf der Ottenburg aber ein Ritter Otto, [316] von denen die Burgen ihren Namen erhielten. Früher in Freundschaft lebend, benutzten sie den Damm zu gegenseitigen Besuchen. Einst jedoch entzweiten sie sich, und der starke Ritter Harke warf von seiner Harkeburg ein Beil in die Ottenburg – eine Stunde weit. (Nieberding, Gesch. d. Niederstifts Münster, I., S. 79, 86.) – Andere Sagen von der Harkeburg und dem Ritter Harke: 184c, 258e.

Ein Gesicht von einer großen Schlacht bei Goldenstedt: 158s. – Der rufende Kerl, welcher von Großefeldhus nach dem Desum und weiter geht: 181a. – Krähwinkeleien vom ehemaligen Dorfe Holtwedehusen: 615q, r. – Wilken Mühle in Einen: 220m; Wilken Holzweib: 176k.


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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 528. Goldenstedt. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-2219-5