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Bei Scharrel nahe am Esche liegt eine sumpfige Wiesenfläche, die Worßene genannt, und in einem Krätsel genannten Teile dieser Fläche befindet sich ein stehendes Wasser, der Krätseldobbe. Dies Wasser soll unergründlich sein, und in ihm wohnt der Teufel, der einen Schatz bewacht, der alle sieben Jahre nach oben kommt. Einige sagen, der Schatz sei in der französischen Zeit versenkt; man habe ihn verschiedentlich zu heben versucht, sei aber jedesmal durch Gewitter oder andere merkwürdige Himmelserscheinungen darin gestört. Dies verhält sich aber vielmehr so. Als die Mansfelder in Ostfriesland waren, kamen einmal ein paar hundert von ihnen herüber und nahmen den Scharrelern ihre Glocke aus dem Turme und zogen damit fort. Die Männer von Scharrel [364] waren grade nicht zu Hause, und die zu Hause waren, mußten mit guten Augen ansehen, wie sie die Glocke aus dem Turme herabarbeiteten und Anstalt machten, wie sie sie wegbrachten. Derweil die Mansfelder mit der Glocke unterwegs und schon zwischen Scharrel und Holle waren, kam aber das Volk zu Haufe. Da sagte einer: »Sollen wir uns unsere gute Glocke nehmen lassen von so wenig Volk? das darf nicht sein! Halloh, hinternach!« Sie waren auch gleich bereit, holten die Mansfelder bald wieder ein und nahmen ihnen die Glocke mit Gewalt fort, und klopften die Soldaten, daß sie Reißaus nahmen. Als sie die Glocke wieder in Scharrel hatten, sprach der eine, der das Wort führte: »Damit ist es nicht genug, daß wir ihnen die Glocke wieder abgenommen haben. Wir haben es jetzt nur mit zwei hundert zu tun gehabt, aber nicht lange, dann kommen zweitausend, und dann müssen wir sie auch hingeben, wenn wir sie nicht auf die Seite bringen; Dann wird das letzte noch schlimmer als das erste, und das Geld, das in Scharrel ist, nehmen sie dann auch noch mit. Wir tun am besten, wenn wir alles Geld, das wir haben, zusammenbringen und in die Glocke legen und die Glocke, das unterste oben, in den Krätseldobben versenken und legen einen Stein darauf. Wenn sie dann auch wiederkommen, können sie auch nichts finden, und hernach bei ruhiger Zeit holen wir dann die Glocke mit dem Gelde wieder heraus.« Der Anschlag gefiel und wurde ausgeführt. Hernach, als die Mansfelder aus der Gegend fort waren, wollten sie denn auch die Glocke mit dem Gelde wieder heraus holen, aber was war geschehen? Die Glocke mit dem Gelde und dem Steine war so tief in den weichen Grund hineingesunken, daß wohl haushoch Wasser darüber stand. Es war unmöglich, die Glocke wieder herauf zu holen, und so soll sie mit Geld und Stein noch heute darin stecken. Vor etwa siebzig Jahren kam es einigen aus Scharrel in den Sinn, den Dobben los zu schöpfen, und sie brachten es auch so weit, daß sie den großen Stein, unter welchem die Glocke liegen soll, zu sehen bekamen, und einige haben sogar auf dem Stein gestanden. Nun ging es an ein Lärmen, daß die Leute im Dorfe es hörten; sie rannten alle herzu und wollten mit zu dem Gelde gehören. Das wollten die ersten nicht zugeben, und es wäre beinahe eine Schlägerei entstanden, und der Quell im Dobben warf sich so stark auf, daß sie das Wasser nicht länger zwingen konnten, sie mußten es notgedrungen [365] zugeben und ließen liegen, was da lag. Und so liegt es noch, der Dobben ist wieder voll Wasser und ans Losschöpfen wird nicht mehr gedacht. (Vorstehende Aufzeichnung ist 1846 niedergeschrieben, verlegt also den Vorfall etwa in das Jahr 1776. Eine im Wesentlichen übereinstimmende Aufzeichnung vom Jahre 1863 sagt, er sei vor etwa 60 Jahren geschehen, verlegt ihn also etwa in das Jahr 1803.)

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TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. Sagen. Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg. Zweiter Band. Drittes Buch. Erster Abschnitt. I. Saterland. 552. Scharrel und Neuscharrel. h. [Bei Scharrel nahe am Esche liegt eine sumpfige Wiesenfläche, die]. h. [Bei Scharrel nahe am Esche liegt eine sumpfige Wiesenfläche, die]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-2C3A-9