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Bei einem Bauern dienten ein Knecht und eine Magd, die einander treu liebten und sich zu heiraten gedachten. Aber das Schicksal wollte es, daß der junge blühende Bräutigam starb. Die Braut begleitete ihn zu Grabe und nahm sich vor, auch dem Toten die Treue zu halten und keines anderen jungen Mannes Bewerbungen anzunehmen. Nicht lange, so hieß es, daß der Bräutigam in dem Hause, wo die Magd diente, sich habe sehen lassen, bekleidet mit dem weißen Totenhemde und seiner weißen Schlafmütze. Die Magd beschloß, sich sobald wie möglich von der Wahrheit dieser Rede zu überzeugen. Als sie nun eines Abends an dem Kirchhofe vorbei mußte, begegnete ihr eine weiße Gestalt, eine weiße Mütze auf dem Kopfe, und schwebte stumm an ihr vorüber. Rasch griff sie nach der Mütze, erfaßte sie und eilte mit ihr nach Hause; dort untersuchte sie die Mütze und fand, daß es wirklich die Mütze [270] ihres Bräutigams war. In der nächsten Nacht klopfte der Geist an die Tür, aber niemand hatte den Mut, ihn anzureden. Dies wiederholte sich jede Mitternacht. Endlich nahm sich der Hausherr zusammen und fragte den Geist, was seine Ruhe störe. Der Geist antwortete, er könne eher keine Ruhe finden, bis ihm die Magd an seinem Grabe die Mütze wieder aufgesetzt habe. Die Magd überwand ihre Furcht und begab sich um die nächste Mitternacht mit ihrem Herrn auf den Kirchhof, um den Willen des Geistes zu erfüllen. Als sie hinkamen, stand der Geist schon stumm und regungslos an seinem Grabe. Sie trat herzu und setzte ihm die Mütze auf, da umfaßte sie der Geist, und mit dem Rufe: »Auf ewig mein!« zog er sie mit sich ins Grab. (Ostfriesld.)